Normenkette
EStG § 4 Abs. 1; AStG § 1; UmwStG 1969 § 17
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, gehört zum Konzern der X Ltd. (= X) in Kanada. Das Stammkapital der Klägerin befand sich bis 31. Dezember 1971 zu 100 v. H. in Händen der X, seither zu 90 v. H. in Händen der Y NV, Amsterdam, einer 100 %igen Tochtergesellschaft der X.
Die X gewährte der Klägerin seit 1957 langfristige Darlehen. Diese wurden in Verträgen vom 2. September 1965 (Darlehen I) und vom 25. April 1968 (Darlehen II) zusammengefaßt. Ende 1971 war das Darlehen I beziffert mit ... DM und das Darlehen II mit ... DM. Die Darlehen waren mit 5,5 v. H. zu verzinsen; die Zinsen zahlbar halbjährlich zum 30. Juni und 31. Dezember. Mit Wirkung vom 1. April 1973 wurde der Zinssatz auf 7 v. H. erhöht. Für das Darlehen I hat die X bis zum 31. Dezember 1969 in vollem Umfang, für die Jahre 1970 bis 1972 in Höhe von 2 v. H. auf die Zahlung der vereinbarten Zinsen verzichtet. Für das Darlehen II hat die X bis zum 31. März 1973 auf jede Zinszahlung verzichtet. Die Zinsverzichtserklärungen hat die X in der Regel vor Beginn der jeweiligen Zinslaufzeit ausgesprochen.
Die Zinsverzichte wurden jeweils in Schreiben der X an die Klägerin ausgesprochen; dies geschah in der Regel vor Beginn des für das Darlehen I maßgebenden Kalenderjahrs bzw. vor Beginn des für das Darlehen II maßgebenden Zinsjahrs (in der Regel vom 1. Oktober bis zum 30. September). Im einzelnen wurden die Zinsverzichte wie folgt erklärt:
Schreiben Zinsjahr Umfang des
vom Zinsverzichts
Darlehen I
20. 10. 1969 1969 voll, d. h. mit 5 1/2 v. H.
27. 12. 1969 1970 2 v. H. von 5 1/2 v. H.
28. 12. 1970 1971 2 v. H. von 5 1/2 v. H.
10. 1. 1972 1972 3 v. H. von 5 1/2 v. H.
Darlehen II
18. 9. 1968 1. 10. 1968 bis 30. 9. 1969 voll
20. 10. 1969 1. 10. 1969 bis 30. 9. 1970 voll
27. 9. 1970 1. 10. 1970 bis 30. 9. 1971 voll
24. 9. 1971 1. 10. 1971 bis 30. 9. 1972 voll
15. 9. 1972 1. 10. 1972 bis 31. 12. 1972 voll
27. 12. 1972 1. 1. 1973 bis 30. 6. 1973 voll
15. 3. 1973 begrenzt auf 1. 1. bis 31. 3. 1973 voll
In den Körperschaftsteuererklärungen hat die Klägerin in den Jahren 1964 bis 1973 Beträge als Einkommensminderung infolge der Zinsverzichte angegeben.
Bei der Körperschaftsteuerveranlagung 1973 hat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) den Zinsverzicht nicht einkommensmindernd berücksichtigt. Den für das Streitjahr mit ... DM anerkannten Verlustabzug errechnete das FA in der Weise, daß es die von der Klägerin für die Vorjahre geltend gemachten Zinsverzichte unberücksichtigt gelassen hat (Minderungen des Verlustvortrags). Außerdem erhöhte das FA das der Klägerin aufgrund Organschaftsvertrags mit der Z-GmbH (= Z) zuzurechnende Einkommen der Z für 1973. Dabei handelte es sich um den folgenden Sachverhalt:
Die Klägerin hatte ihre Zweigniederlassung in R als Sacheinlage in die Z eingebracht. Die Z hat in ihrer Eröffnungsbilanz den Grund und Boden mit den Buchwerten der Klägerin, das übrige Anlagevermögen indes mit Teilwerten angesetzt. Das FA vertrat die Ansicht, daß die Z verpflichtet gewesen sei, die stillen Reserven in der aufgedeckten Höhe von ... DM gleichmäßig aufzustocken, so daß ... DM auf den Grund und Boden entfielen. Dadurch verminderten sich die Absetzungen für Abnutzung (AfA) des abnutzbaren Anlagevermögens der Z und zugleich der der Klägerin zuzurechnende Verlust der Z.
In ihrer Sprungklage gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1973 macht die Klägerin geltend, daß das vom FA zugrunde gelegte Einkommen in Höhe von ... DM um Zinsverzichte im Gesamtbetrage von ... DM und um die vom FA vorgenommenen Erhöhungen der Organergebnisse der Z im Betrage von ... DM zu ermäßigen sei.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es entschied, daß die X dadurch, daß sie ihre ursprünglich vereinbarten Zinsansprüche ganz oder teilweise nicht geltend mache, nicht den Tatbestand einer verdeckten Einlage erfüllt habe (Hinweis insbes. auf Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 3. Februar 1971 I R 51/66, BFHE 101, 501, BStBl II 1971, 408). Die Z sei nicht befugt gewesen, das von der Klägerin eingebrachte Betriebsvermögen in der Weise zu bewerten, daß es die Grundstücke mit den Buchwerten, die anderen Wirtschaftsgüter aber mit den Teilwerten ansetzte.
In ihrer Revision beantragt die Klägerin, die Vorentscheidung aufzuheben und die Körperschaftsteuer 1973 nach einem Einkommensbetrag von ... DM festzusetzen. Sie rügt Verletzung rechtlichen Gehörs, mangelnde Sachaufklärung und unrichtige Anwendung sachlichen Rechts.
Das FA beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Auf die Revision ist das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
1. Zinsverzichte der ausländischen Muttergesellschaft.
1.1 Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs.
Die Klägerin macht geltend, das FG habe seine Entscheidung darauf gestützt, daß es an klaren und eindeutigen Vereinbarungen zwischen den beteiligten Gesellschaften, welche als nahestehende Personen anzusehen seien, fehle. Diesen rechtlichen Gesichtspunkt habe aber das FG mit den Parteien nicht erörtert. Der erkennende Senat kann offenlassen, ob die Rüge zu Recht erhoben worden ist. Denn die Klägerin kann mit ihr jedenfalls nicht als Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) durchdringen. Auf die beanstandete Feststellung des FG kommt es, wie sich aus den folgenden Ausführungen ergibt, unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt an (vgl. Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 119 Anm. 6 F, m. w. N.). Auch dann, wenn das FG das Bestehen klarer und eindeutiger Vereinbarungen festgestellt hätte, könnte die Revision in diesem Punkte keinen Erfolg haben.
2. Zur Frage der verdeckten Einlage.
2.1 Der erkennende Senat hat wiederholt entschieden, daß keine verdeckte Einlage anzunehmen ist, wenn ein Gesellschafter seiner Kapitalgesellschaft Nutzungsvorteile ohne Entgelt oder gegen ein unangemessen niedriges Entgelt überläßt (so zunächst in BFHE 101, 501, BStBl II 1971, 408; sodann insbes. in dem Urteil vom 28. Januar 1981 I R 10/77, BFHE 133, 172, BStBl II 1981, 612, sowie zuletzt in dem Urteil vom 19. Mai 1982 I R 102/79, BFHE 136, 105, BStBl II 1982, 631). Dieser Ansicht haben sich inzwischen auch die obersten Finanzbehörden angeschlossen (vgl. Schreiben des Bundesministers der Finanzen - BMF - vom 24. Juli 1979, BStBl I 1979, 564). Bereits in der Entscheidung in BFHE 133, 172, BStBl II 1981, 612, welche die Gewährung von Zinsvorteilen bei Darlehensverträgen zwischen inländischen Schwestergesellschaften einer ausländischen Muttergesellschaft betraf, hat der Senat ausgeführt, daß der oben bezeichnete bilanzrechtliche Grundsatz auch auf Auslandsbeziehungen anzuwenden ist. An dieser Rechtsauffassung hält der Senat fest.
2.2 Unzutreffend ist der Hinweis der Klägerin auf die Rechtsprechung zur Einlagefähigkeit obligatorischer Nutzungsrechte als Wirtschaftsgüter (so insbes. BFHE 129, 485, BStBl II 1980, 244).
Die Rechtsprechung betraf stets die Einlage bei Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften (vgl. BFH-Urteile vom 16. November 1977 I R 83/75, BFHE 124, 501, BStBl II 1978, 386; vom 31. Oktober 1978 VIII R 196/77, BFHE 127, 168, BStBl II 1979, 401; vom 22. Januar 1980 VIII R 74/77, BFHE 129, 485, BStBl II 1980, 244, und vom 26. Mai 1982 I R 104/81, BFHE 136, 118, BStBl II 1982, 594). Die Rechtsprechung, die die Einlagefähigkeit von Nutzungsvorteilen bei Kapitalgesellschaften verneint, steht damit jedenfalls nicht in Widerspruch. Zwar war hierfür der Gesichtspunkt maßgebend, daß bei dem Vermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Einlagen abzuziehen sind und deshalb als Einlagen nur solche Wirtschaftsgüter geeignet sind, die das Vermögen einer Kapitalgesellschaft vermehrt haben (vgl. Urteil in BFHE 101, 501, BStBl II 1971, 408). Obwohl. die über § 6 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) a. F. bei Kapitalgesellschaften anwendbare Vorschrift des § 4 Abs. 1 EStG bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften unmittelbar gilt, so besteht doch kein Widerspruch, wenn die Auswirkungen der Einlage von Nutzungsrechten unterschiedlich beurteilt werden. Die verdeckte Einlage bei Kapitalgesellschaften ist ihrem Wesen nach nicht in jeder Beziehung vergleichbar mit der Einlage aus dem Privatvermögen eines Einzelunternehmers in sein Betriebsvermögen (Urteil in BFHE 129, 485, BStBl II 1980, 244).
2.3 Die Klägerin kann sich für die Einlagefähigkeit von Nutzungen nicht auf § 27 Abs. 2 des Aktiengesetzes (AktG) berufen, wonach Sacheinlagen Vermögensgegenstände sein können, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist und die Verpflichtungen zu Dienstleistungen nicht Sacheinlagen sein können. Abgesehen davon, daß diese Fassung der Vorschrift erst mit Wirkung vom 1. Juli 1979 an gilt (vgl. Gesetz vom 13. Dezember 1978, BGBl I, 1959), bezieht sie sich nicht auf die verdeckte Einlage, sondern lediglich auf die Einlage im Zusammenhang mit der Gewährung von Aktien (Sacheinlage). Soweit bereits vor Geltung der jetzigen Fassung des § 27 AktG die Einlagefähigkeit obligatorischer Nutzungsrechte im Schrifttum bejaht wurde (vgl. die Nachweise in BFHE 124, 501, BStBl II 1978, 386), beziehen sich die Äußerungen auf die Sacheinlage und nicht auf die verdeckte Einlage.
2.4 Die Klägerin kann sich für ihre Rechtsauffassung nicht auf die Grundsätze der verdeckten Gewinnausschüttung berufen.
Sie weist mit Recht darauf hin, daß die Bereiche der verdeckten Gewinnausschüttung und der verdeckten Einlage sich nicht decken (vgl. Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei Kapitalgesellschaften, S. 122 ff.).
2.5 Ob sich die Überlassung der Nutzungsvorteile bei der AC in einer den steuerlichen Gewinn mindernden Wertberichtigung ihrer Darlehensforderung auswirkt, ist ohne Einfluß auf die Beurteilung des Vorgangs bei der Klägerin. Dies gälte selbst dann, wenn die steuerlichen Verhältnisse der Klägerin insoweit das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) berühren würden.
2.6 Die Ablehnung einer verdeckten Einlage in den Fällen der Nutzungsüberlassung gründet sich auf die Erwägung, daß als verdeckte Einlage nur Wirtschaftsgüter geeignet sind, die das Vermögen der Kapitalgesellschaft vermehrt haben, sei es durch den Ansatz oder die Erhöhung eines Aktivpostens, sei es durch den Wegfall eines Passivpostens. Ob die Voraussetzungen der Erhöhung eines Aktivpostens oder der Verminderung eines Passivpostens gegeben sind, bestimmt sich nach Bilanzrecht (Urteile in BFHE 136, 105, BStBl II 1982, 631, und vom 22. November 1983 VIII R 133/82, BFHE 140, 69). Dem steht nicht entgegen, daß bei Personen, die den Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, eine Einlage in Form von Nutzungsrechten in Betracht kommt (vgl. Urteil in BFHE 127, 168, BStBl II 1979, 401). Daraus kann nicht geschlossen werden, daß es für die Frage der Einlagefähigkeit von Nutzungen bei Kapitalgesellschaften nicht auf das Bilanzrecht ankomme; denn die verdeckte Einlage bei Kapitalgesellschaften ist ihrem Wesen nach nicht in jeder Beziehung vergleichbar mit der Einlage aus dem Privatvermögen eines Einzelunternehmens in sein Betriebsvermögen (vgl. oben 2.2.).
Da die bilanzielle Auswirkung entscheidend dafür ist, ob eine verdeckte Einlage vorliegt, kommt es nicht auf die Auswirkung des Vorgangs bei der Vermögensteuer und der Gesellschaftsteuer an. Wenn bei dem Verzicht auf Zinsen eines Darlehens kein Passivposten in Wegfall kommt, liegt keine verdeckte Einlage vor, selbst wenn der Vorgang dazu führen sollte, daß die Verbindlichkeit infolge der Unverzinslichkeit in der Vermögensaufstellung der Kapitalgesellschaft nur mit dem abgezinsten Wert anzusetzen ist und nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVStG) Gesellschaftsteuerpflicht ausgelöst wird. Unerheblich ist auch, daß die Darlehensforderung im Falle des Konkurses der Kapitalgesellschaft gemäß § 65 Abs. 2 der Konkursordnung (KO) nur mit dem abgezinsten Betrag berücksichtigt wird.
2.7 Entgegen der Ansicht der Klägerin kann das Vorliegen einer verdeckten Einlage im Fall von Nutzungsüberlassungen auch nicht mit der Vorschrift des § 1 des Außensteuergesetzes (AStG) begründet werden. Diese setzt voraus, daß die Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus Geschäftsbeziehungen mit einer ihm nahestehenden Person dadurch gemindert werden, daß er im Rahmen solcher Geschäftsbeziehungen zum Ausland ungewöhnliche Bedingungen vereinbart. Ohne die von der Klägerin angestrebte Gewinnkorrektur sind aber die Einkünfte wegen der geringeren Zinsaufwendungen erhöht. § 1 AStG kommt schon deshalb nicht zum Zuge (so auch Flick/Wassermeyer/Becker, Kommentar zum Außensteuergesetz, Anm. 39 ff. zu § 1). Eine solche Gewinnerhöhung kann deshalb allenfalls nach den allgemeinen Grundsätzen der Gewinnermittlung berichtigt werden. Danach kommt eine Gewinnberichtigung nur in Form der verdeckten Einlage in Betracht, deren Voraussetzungen jedoch - wie dargelegt - nicht gegeben sind.
2.8 Im Streitfall liegt keine verdeckte Einlage vor, wenn der Zinsverzicht jeweils zu einem Zeitpunkt erklärt worden ist, zu dem die Zinsverbindlichkeit bei der Klägerin noch nicht zu passivieren war und damit kein Passivposten weggefallen ist. Zinsansprüche und Zinsverbindlichkeiten sind nach den Grundsätzen über die Bilanzierung schwebender Verträge grundsätzlich nicht zu aktivieren und zu passivieren, obwohl der Anspruch bereits mit der Ausreichung des Darlehens entstanden ist (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juli 1974 I R 195/72, BFHE 113, 115, BStBl II 1974, 684).
Die Zinsverbindlichkeit ist zu passivieren, soweit zum Bilanzstichtag die Zinsen für einen Zeitraum geschuldet werden, der vor dem Bilanzstichtag liegt. Darauf, ob die Zinsen zu dem Zeitpunkt fällig sind, kommt es für die Bilanzierung nicht an. Im Streitfall ist damit entscheidend, inwieweit im Zeitpunkt der ausgesprochenen Verzichte Zinsverbindlichkeiten in eine Bilanz hätten eingestellt werden müssen, die zum Zeitpunkt des Verzichts erstellt worden wäre. Soweit der Senat nicht auf die Fälligkeit der Zinsen abstellt, weicht er von dem Urteil in BFHE 140, 69 nicht ab. Das Urteil hält zwar bei Miet- und Pachtzinsen für maßgebend, ob der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft auf einen rechtlich entstandenen und fälligen Anspruch verzichtet hat. Auf die Fälligkeit der Ansprüche kam es jedoch in dem vom VIII. Senat entschiedenen Fall nicht an, weil der Verzicht zu einem Zeitpunkt ausgesprochen wurde, der vor dem Zeitraum lag, für den die Pachtzinsen geschuldet waren.
2.9 Eine verdeckte Einlage kann entgegen den Ausführungen der Klägerin im Falle der Gewährung eines unverzinslichen bzw. zinsverbilligten Darlehens nicht mit einem aktiven Rechnungsabgrenzungsposten begründet werden. Es ist zwar richtig, daß ein bilanzierender Darlehensschuldner, der 95 als Darlehensvaluta erhält, jedoch verpflichtet ist, 100 zurückzuzahlen, auf der Passivseite eine Schuld von 100 und auf der Aktivseite einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten von 5 ausweisen muß (BFH-Urteil vom 19. Januar 1978 IV R 153/72, BFHE 124, 320, BStBl II 1978, 262). Wird jedoch ein Darlehen unverzinslich bzw. zu einem zu niedrigen Zins gewährt, kann nicht unterstellt werden, der Vorgang sei in der beschriebenen Weise gestaltet worden, um zu begründen, daß es durch die Unverzinslichkeit des Darlehens letztlich bei einer auszuweisenden Schuld von 95 verbleibe und eine Erhöhung des Aktivvermögens durch einen Rechnungsabgrenzungsposten von 5 eingetreten sei.
2.10 Damit kommen lediglich die Verzichtserklärungen in den Schreiben vom 20. Oktober 1969 (Darlehen I), vom 10. Janaur 1972 (Darlehen I), vom 20. Oktober 1969 (Darlehen II) und vom 15. März 1973 (Darlehen II) als Grundlage für eine verdeckte Einlage in Betracht. Die anderen Verzichtserklärungen wurden vor dem maßgebenden Zinsjahr (Schreiben vom 27. Dezember 1969, vom 28. Dezember 1970, vom 18. September 1968, vom 27. September 1970, vom 24. September 1971, vom 15. September 1972 und vom 27. Dezember 1972) abgegeben. Bei der Verzichtserklärung vom 15. März 1973, die sich auf den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 1973 bezog, ist unklar, ob sie sich überhaupt auswirkt, nachdem sich die Verzichtserklärung vom 27. Dezember 1972 bereits auf den Zeitraum vom 1. Januar 1973 bis 30. Juni 1973 bezogen hat.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen, damit dieses feststellen kann, inwieweit die Verzichtserklärungen, die Grundlage einer verdeckten Einlage sein können, sich auf Zinsverbindlichkeiten bezogen, die zum Zeitpunkt des Verzichts zu bilanzieren gewesen wären.
3. Einbringungsbilanz der Organgesellschaft Z.
In diesem Punkt ist die Vorentscheidung zu bestätigen. Dabei geht der Senat mit dem FG davon aus, daß es sich bei dem in die Organgesellschaft Z eingebrachten Betriebsvermögen der Zweigniederlassung der Klägerin um einen Teilbetrieb im Sinn des § 17 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform (UmwStG 1969) handelte.
3.1 Nach § 17 Abs. 2 UmwStG 1969 durfte die Z das eingebrachte (übernommene) Betriebsvermögen mit seinem Buchwert oder mit einem höheren Wert ansetzen. Bei diesem Ansatz durften die Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter nicht überschritten werden (Satz 5). Die Z machte von diesem Wahlrecht in der Weise Gebrauch, daß sie die Grundstücke zu Buchwerten, die übrigen Wirtschaftsgüter zu Teilwerten ansetzte. Das war nicht zulässig. Die Auslegung der Vorschrift des § 17 UmwStG 1969 (= § 20 UmwStG 1977) ergibt, daß eine gleichmäßige Aufstockung geboten ist.
3.1.1 Die Klägerin meint, das von ihr behauptete Recht zur gezielten Aufstockung folge aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 2 Satz 5 UmwStG 1969 ("Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter"). Dem kann nicht zugestimmt werden. Die Vorschrift geht davon aus, daß bei dem "Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens" der Wert auf die einzelnen Wirtschaftsgüter verteilt werden muß und sie bestimmt, daß dabei die Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter nicht überschritten werden dürfen. Diese Begrenzung entspricht allgemein bilanzrechtlichen Grundsätzen (vgl. § 6 Abs. 1 Nrn. 5 bis 7 EStG). Das Gewicht liegt in dieser Vorschrift auf der Bestimmung der Teilwerte als Höchstgrenzen. Der Vorschrift läßt sich nicht entnehmen, daß innerhalb dieser Grenzen nach Belieben gezielte Aufstockungen vorgenommen werden könnten.
3.1.2 Das Gebot gleichmäßiger Aufstockung ist zwar in § 17 UmwStG 1969 nicht ausdrücklich geregelt. Im Schrifttum ist die Frage seit langem streitig (vgl. die Übersicht bei Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 17 UmwStG 1969, Rz. 4209; dieselben, Umwandlungsrecht, Neuauflage Bd. 3, § 20 UmwStG 1977, Rz. 7209). Das Aufteilungsgebot ergibt sich jedoch aus dem Zusammenhang der Vorschriften des § 17 des Umwandlungs-Steuergesetzes (UmwStG) mit den §§ 16, 34 EStG in Verbindung mit einer sinngemäßen Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 7 EStG (für Fälle, in denen das Entgelt niedriger ist als der Teilwert des Betriebsvermögens). Den Vorschriften für die Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft unter Ansatz eines über dem Buchwert des Betriebsvermögens beim Einbringenden liegenden Wertes liegt die Vorstellung einer Veräußerung einerseits, einer Anschaffung andererseits zugrunde.
Nach § 17 Abs. 4 UmwStG gilt für den Einbringenden der Wert, mit dem die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen ansetzt, als "Veräußerungspreis" (und als Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile), während umgekehrt bei der Kapitalgesellschaft dieser Wert die rechtliche Bedeutung von Anschaffungskosten der einzelnen eingebrachten Wirtschaftsgüter hat. Auf die Verteilung dieses Wertansatzes auf die einzelnen Wirtschaftsgüter sind deshalb die gleichen Grundsätze anzuwenden, die auch sonst für die Bewertung eines entgeltlich erworbenen Betriebsvermögens gelten (§ 6 Abs. 1 Nr. 7 EStG). Diese Grundsätze besagen, daß ein Anschaffungspreis nach dem Verhältnis der Teilwerte auf die einzelnen Wirtschaftsgüter zu verteilen ist (so schon Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 14. Januar 1942 VI 129/41, RStBl 1942, 314, betr. Verteilung des Mehrbetrags bei einer Gesellschafterabfindung). Für den umgekehrten Fall der Wertabstockung ist dies schon mehrfach entschieden worden (vgl. BFH-Urteil vom 19. Februar 1981 IV R 41/78, BFHE 133, 510, BStBl II 1981, 730, m. w. N., betr. Bilanzierung eines Minderbetrags unter dem Kapitalkonto des Abgefundenen). Dementsprechend war schon nach früherem Recht (UmwStG 1957) anerkannt, daß bei der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft durch Übertragung ihres Vermögens auf den Alleingesellschafter im Falle einer Abstockung der Buchwerte der übernommenen Wirtschaftsgüter diese Abstockung gleichmäßig vorgenommen werden mußte und der Steuerpflichtige dabei nicht nach Belieben verfahren durfte (BFH-Urteil vom 22. Juni 1965 I 405/61 U, BFHE 82, 651, BStBl III 1965, 482). Im gleichen Sinne hat der IV. Senat im Falle eines ausscheidenden Gesellschafters für die Verteilung eines Minderbetrags der Abfindung bei den verbleibenden Gesellschaftern entschieden (BFH-Urteil vom 30. Januar 1974 IV R 109/73, BFHE 111, 483, BStBl II 1974, 352, m. w. N.).
3.1.3 Die Anerkennung eines Bewertungswahlrechts im Sinn einer gezielten, d. h. beliebigen Aufstockung neben der Fortführung der Buchwerte für einzelne Wirtschaftsgüter im Rahmen des § 17 UmwStG 1969 würde nach alledem im Hinblick auf die allgemeinen Grundsätze der bilanzmäßigen Bewertung von Wirtschaftsgütern durch Verteilung eines einheitlichen Preises eine Ausnahme begründen, die unter systematischen Gesichtspunkten nicht gerechtfertig wäre.
Der erkennende Senat folgt damit im Ergebnis dem Abschn. II Nrn. 2 und 3 - auch bezüglich des Firmenwerts - des Schreibens des BMF vom 20. Juli 1970 (BStBl I 1970, 922, 926).
Fundstellen
Haufe-Index 75091 |
BStBl II 1984, 747 |
BFHE 1985, 176 |