Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer. Gewerbesteuer. Zurechnung des Ausgleichsanspruchs des Handelsvertreters bei dessen Tod
Leitsatz (redaktionell)
Der Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b HGB entsteht bei Tod des Handelsvertreters noch in seiner Person und geht mit dem Nachlaß auf dessen Erben über. Der Ausgleichsanspruch zählt einkommensteuerrechtlich und gewerbesteuerrechtlich zum laufenden Gewinn des Erblassers, wenn er seinen Gewinn durch Bestandsvergleich ermittelt hat und diese Gewinnermittlungsart auch für das Todesjahr beibehalten worden ist, ungeachtet der Frage, ob der Betrieb noch vom Erblasser oder erst durch die Erben aufgegeben worden ist.
Normenkette
HGB § 89b; EStG § 16; GewStG § 7
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind die Kinder und Erben ihres am … Februar 1978 verstorbenen Vaters, der als selbständiger Handelsvertreter tätig war. Die Kläger haben die Einkünfte des Verstorbenen im Streitjahr 1978 anhand der laufenden Provisionen ermittelt und gegenüber dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt – FA–) erklärt. Ausgleichsansprüche nach § 89 b des Handelsgesetzbuches (HGB) haben sie hierbei nicht berücksichtigt. Sie waren der Auffassung, daß der hieraus resultierende Gewinn nicht beim Erblasser, sondern in ihrer Person angefallen sei; jedenfalls unterliege er aber als Veräußerungsgewinn beim Erblasser nicht der Gewerbesteuer. Das FA folgte dem nicht, sondern berücksichtigte die in den Jahren 1978 und 1979 an die Kläger ausgezahlten Ausgleichsforderungen bei der Berechnung des Gewinns des Erblassers und bezog sie auch bei Festsetzung des Gewerbesteuermeßbetrags in den Gewerbeertrag ein. Der Erblasser hatte seinen Gewinn durch Bestandsvergleich ermittelt; da für 1977 und 1978 keine hinreichenden Aufzeichnungen vorlagen, mußte der Gewinn für diese Zeiträume geschätzt werden.
Die Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) entschied, daß die Ausgleichsansprüche noch in der Person des Erblassers entstanden seien und in die Schlußbilanz seines Gewerbebetriebs aufgenommen werden müßten; der daraus entstandene Gewinn gehöre zum Gewerbeertrag. Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, mit der sie ihre Rechtsauffassung wiederholen und die Verletzung materiellen Rechts rügen.
Die Kläger beantragen sinngemäß, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Ausgleichsansprüche bei der Berechnung der gewerblichen Einkünfte und des Gewerbeertrags des Verstorbenen außer Betracht zu lassen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Nach § 25 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hatte das FA für den Verstorbenen eine Einkommensteuerveranlagung durchzuführen und die Einkommensteuer gegenüber den Erben festzusetzen; dabei war das Einkommen zugrunde zu legen, das der Erblasser bis zu seinem Tode erzielt hatte (§ 25 Abs. 2 Satz 1 EStG).
Zum laufenden Gewinn eines Handelsvertreters gehört auch die Vermögensmehrung aus der Entstehung von Ausgleichsansprüchen gemäß § 89 b HGB (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH– vom 9. Februar 1983 I R 94/79, BFHE 137, 355, BStBl II 1983, 271, m.w.N.). Das gilt selbst dann, wenn das Vertretungsverhältnis durch den Tod des Handelsvertreters gelöst wird; der Ausgleichsanspruch entsteht noch in der Person des Erblassers und geht mit dem Nachlaß auf die Erben über (BFH-Urteil vom 17. Mai 1978 I R 89/76, BFHE 125, 172, BStBl II 1978, 497). Hatte der Erblasser, wie im Streitfall, seinen Gewinn durch Bestandsvergleich ermittelt, muß der Anspruch daher grundsätzlich in die auf den Todestag aufzustellende Schlußbilanz aufgenommen und in der abschließenden Einkommensteuerveranlagung für den Erblasser berücksichtigt werden (Urteil in BFHE 125, 172, BStBl II 1978, 497). Ob anders zu verfahren ist, wenn der Erblasser seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt und die Ausgleichszahlungen an die Erben geleistet werden (vgl. BFH-Urteil vom 10. Juli 1973 VIII R 34/71, BFHE 110, 137, BStBl II 1973, 786), braucht nicht entschieden zu werden. Auch kann offenbleiben, ob im Streitfall der Betrieb des Erblassers noch durch diesen oder erst durch die Erben aufgegeben worden ist (in diesem Sinne Urteil in BFHE 110, 137, BStBl II 1973, 786); denn der Gewinn aus der Realisierung der Ausgleichsansprüche gehört in keinem Fall zum Aufgabegewinn (Urteil in BFHE 137, 355, BStBl II 1983, 271).
Ebensowenig ist zu beanstanden, daß der Gewinn aus dem genannten Vorgang bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zum Zwecke der Festsetzung des Gewerbesteuermeßbetrags berücksichtigt wurde. Die Entstehung des Ausgleichsanspruchs erhöht bei einem bilanzierenden Kaufmann den nach § 7 des Gewerbesteuergesetzes als Gewerbeertrag zu erfassenden laufenden Gewinn, selbst wenn er zeitlich mit der Betriebsaufgabe zusammentreffen sollte (Urteil in BFHE 137, 355, BStBl II 1983, 271). Ob im Falle der Gewinnermittlung durch Überschußrechnung die Annahme gerechtfertigt wäre, daß der Gewinn erst bei den Erben entstanden sei, bei ihnen aber nicht der Gewerbesteuer unterliege, weil die Einnahmen erst nach der Einstellung der betrieblich worden seien (Urteil in BFHE 110, 137, BStBl II 1973, 786), kann auch an dieser Stelle offenbleiben, weil der Erblasser seinen Gewinn nicht in dieser Weise ermittelt hat.
Fundstellen