Leitsatz (amtlich)

Typische Markenwerbung im Sinne des BFH-Urteils VII 67/62 S vom 25. Mai 1965 (BFH 83, 73, BStBl III 1965, 526) kann – anstelle des Markeninhabers – auch von anderen als einem Alleinvertreter betrieben werden.

 

Normenkette

ZG 1939: § 53 a Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) und in West-Berlin das Unkrautvertilgungsmittel der Firma Y. Sie wurde durch Schreiben dieser Firma vom 5. Juni 1958 zunächst für eine Probezeit bis zum 31. Dezember 1959 zum „nichtexklusiven Vertreter” für diese Ware bestellt. Die Vereinbarung wurde mit Schreiben der Y vom 3. November 1959 bis zum 31. Dezember 1960 verlängert. Neben der Klägerin hatte die Y der Firma Z den Vertrieb von X übertragen. Eine Gebietsabgrenzung zwischen den beiden deutschen Vertreterfirmen bestand nicht.

Im Jahre 1958 bezog die Klägerin über die Tochterfirma der Y, insgesamt drei Partien der Ware. Die am 26. Juni 1958 über das Zollamt (ZA) V und am 21. Juli 1958 über das ZA W eingeführten Partien (EZA 7652 und 01382) sind Gegenstand dieses Verfahrens. Die Zollwerte wurden in beiden Fällen auf der Grundlage der Rechnungspreise zuzüglich der Lieferungskosten bis zum Einfuhrort festgestellt. An Eingangsabgaben wurden für die unter die Tarifnr. 38.11 des Deutschen Zolltarifs (DZT) 1958 fallende Ware je 6 % Zoll und Ausgleichsteuer erhoben. Sie betrugen bei der durch das ZA V abgefertigten Partie (100 Trommeln) 323 DM und bei der durch das ZA W abgefertigten Partie (14 Paß) 1 831,40 DM.

Die Zollwertgruppe der Bundeszollverwaltung in Köln kam anläßlich einer Buch- und Betriebsprüfung bei der Klägerin zu dem Ergebnis, daß die Ware X eine Markenware sei, die unter dem für die Firma Y eingetragenen Warenzeichen vertrieben werde, daß die Klägerin für X Markenwerbung betrieben habe und daß die Kosten für Werbung und Forschung als verlagerte Verkaufskosten in den Zollwert einzubeziehen seien. Außerdem vertrat der Prüfer die Ansicht, daß der Zollwertbemessung der reguläre Preis zugrunde zu legen sei, da die Klägerin in keinem Falle die für den Mengenrabatt von etwa 10 % maßgebende Mindestmenge eingeführt hätte.

Auf Grund dieses Prüfungsergebnisses erhöhte das ZA V den Zollwert um einen Zuschlag von 5 % und forderte mit Steuerbescheid vom 29. August 1960 16 DM (7,80 DM Zoll und 8,20 DM Ausgleichsteuer) nach. Das ZA W forderte mit Steuerbescheid vom 19. August 1960 295,50 DM (143,50 DM Zoll und 152 DM Ausgleichsteuer) nach. Es ist bei der Neufeststellung des Zollwerts statt vom Rechnungspreis von dem ungekürzten regulären Preis ausgegangen und hat den Ebenfalls in den Zollwert einbezogenen Zuschlag von 5 % von diesem Preis berechnet. Das Hauptzollamt (HZA) wies die Einsprüche, die sich nur gegen den Zuschlag von 5 % richteten, mit Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 1961 als unbegründet zurück.

Die Berufung hatte Erfolg. Die Vorinstanz vertrat die Auffassung, daß der Zuschlag von 5 % nicht gerechtfertigt sei und setzte dementsprechend die Eingangsabgaben um 116,90 DM niedriger fest.

Mit seiner nunmehr als Revision zu behandelnden Rechtsbeschwerde beantragt das in der mündlichen Verhandlung nicht vertretene HZA, die Vorentscheidung aufzuheben, offensichtlich mit dem weiteren Begehren, die Klage – früher Berufung – abzuweisen.

Zur Begründung wird vorgetragen, auf Antrag des HZA habe die Klägerin am 10. November 1964 den Schriftwechsel mit der Y vorgelegt. Obwohl das HZA in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) darum gebeten habe, sei ihm keine Gelegenheit gegeben worden, diesen Schriftwechsel einzusehen. Es liege also ein wesentlicher Verfahrensmangel wegen Nichtgewährung rechtlichen Gehörs vor.

Die Klägerin könne auf Grund ihrer Geschäftsbeziehungen zur Y nicht als Alleinvertreter im üblichen Sinn bezeichnet werden. Die Auswirkungen der Beziehungen zwischen der Klägerin und der Y seien aber denen eines Alleinvertreter-Verhältnisses ähnlich. Es sei eine Frage der vertraglichen Gestaltung, ob der ausländische Verkäufer einer Markenware mehrere Bezirks-Alleinvertreter unter Gebietsabgrenzung einsetze oder den gesamten inländischen Markt durch eine begrenzte Anzahl nicht ausschließlicher Vertriebsfirmen („distributors”) bearbeiten lasse. Sowohl der Alleinvertreter als auch der vertraglich eingesetzte „distributor” könne bestimmte Betriebsfunktionen für den Markeninhaber übernehmen. Die wischen Y und der Klägerin geschlossene Vertriebsvereinbarung vom 5. Juni 1958 diene nachhaltigen Geschäftsbeziehungen, die über die Vertragsverhältnisse zwischen unabhängigen Verkäufern und Käufern hinausgingen.

Zollwertrechtlich gehöre der Gegenwert von Werbeaufwendungen als zusätzliche Leistung im Sinne von § 53 a Abs. 1 Nr. 1 ZG zum Normalpreis. Dabei sei es unerheblich, ob der Importeur, der für den Hersteller oder Markeninhaber Markenwerbung betreibe, Alleinvertreter des Herstellers oder sonstwie geschäftlich mit ihm verbunden sei. Die Einsetzung von nichtexklusiven Vertriebsfirmen, die dem Alleinvertrieb nicht unähnlich sei, habe sich offenbar im Einfuhrhandel mit Schädlingsbekämpfungsmitteln durchgesetzt.

Im Streitfalle sei die Klägerin verpflichtet gewesen, auf Grund der Vertriebsvereinbarung vom 5. Juni 1958 X nur in Originalbehältern und nur unter diesem Namen im Vertragsgebiet zu verkaufen. Diese Verpflichtung lasse den Willen der Y erkennen, einen Markt für ihr Unkrautvertilgungsmittel unter ihrem Markennamen X zu schaffen und zu erhalten. Es wäre folglich ihre Aufgabe gewesen, die hierfür erforderlichen Anstrengungen zu unternehmen und die dadurch verursachten Aufwendungen zu tragen.

Das habe die Y aber nicht getan. Vielmehr habe die Klägerin diese der Y zukommende Funktion übernommen und Markenwerbung betrieben. Daß diese Werbeaufwendungen auch von der Klägerin als zusätzliche Leistung aufgefaßt worden seien, ergebe sich aus dem handschriftlichen Vermerk auf der Ablichtung der Übersetzung der Vertriebsvereinbarung vom 5. Juni 1958. Wenn das FG die Werbemaßnahmen der Klägerin nicht als typische Markenwerbung ansehe, so verkenne es einmal, daß nicht jede Markenwerbung sich an die Allgemeinheit weden müsse, um typisch zu sein. Für ein Spezialerzeugnis wie X brauche sich die Werbung nur an einen begrenzten Kreis möglicher Verwender zu richten. Für Schädlingsbekämpfungsmittel dürfte deshalb eine Werbung durch Versendung von Prospekten und kostenlosen Mustern sowie durch Inserate in landwirtschaftlichen Zeitungen (gemeinsame Inseratwerbung mit Z) durchaus als typisch anzusehen sein.

Zum anderen übersehe, das FG, daß es nicht darauf ankomme, daß der Name des Herstellers bei der Werbung im Vordergrund stehe. Entscheidend sei, daß die Marke des Herstellers herausgestellt werde. Dies sei aber bei der X-Werbung zweifellos der Fall. Der Hinweis des FG auf die „Händlermarke” der Klägerin sei unverständlich. Wenn die Klägerin das Präparat X in ihren Preislisten als X-N ausgewiesen habe, so könne diese Bezeichnung nicht als ihre eigene Handelsmarke, sondern nur als Unterscheidungskennzeichen gegenüber dem von Z vertriebenen X gewertet werden. Zu der im Interesse von Y geleisteten Arbeit gehöre auch die Forschungsarbeit für X.

Außerdem habe die Klägerin selbst erhebliche Kosten für die „U-Entwicklung” aufgewendet. U sei der in X enthaltene Wirkstoff. Ihre Forschungsarbeit habe schließlich zur amtlichen Anerkennung von X durch die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft in Braunschweig geführt. Die amtliche Anerkennung berechtige die Klägerin, das Anerkennungszeichen der Biologischen Bundesanstalt („amtlich-geprüft-anerkannt”) zu führen und beim Vertrieb und bei der Werbung zu verwenden. Die für Forschung und amtliche Anerkennung gemachten Aufwendungen dienten – wie die Markenwerbung – der Erschließung und Erhaltung des Marktes. Die Klägerin habe versucht, die Y an den Kosten zu beteiligen. Aus der Ablehnung von Y sei zu schließen, daß sie diese Kosten in die Verkaufspreise nicht einkalkuliert habe. Hätte die Y diese ihr nach dem Normalpreisbegriff zuzuordnenden Kosten selbst übernommen, so wäre ihr Verkaufspreis entsprechend höher gewesen.

Der Bundesminister der Finanzen (BdF), der dem Verfahren beigetreten ist, beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen:

Zur Begründung trägt er vor, es liege eine zusätzliche Leistung der Klägerin vor, weil sie für die Ware geworben habe. Sie habe Prospekte und Proben verschickt, die Anerkennung der Ware im Inland bewirkt und bei landwirtschaftlichen Instituten unter Beweis zu stellen versucht, daß die Ware zu gebrauchen sei. Sie habe damit etwas getan, was über das Maß dessen hinausgehe, was ein normaler Händler tue. Der Kaufpreis sei im Streitfalle nicht die alleinige Leistung; das habe sich im Preis niedergeschlagen. Für die Frage, wie hoch der Zollwert sei, sei das Verhältnis des Käufers zum Verkäufer nicht entscheidend. Für die Frage des Zollwerts sei nur der Normalpreis entscheidend. Das Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer werde erst in die Prüfung mit einbezogen, wenn Zweifel bestünden, ob der Rechnungspreis sich mit dem Normalpreis decke.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Zur Begründung wird vorgetragen, daß der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht verletzt worden sei. Aus dem Sitzungsprotokoll vom 3. April 1964 ergebe sich etwas derartiges nicht. Im übrigen habe das HZA rechtzeitig davon erfahren, daß der Schriftwechsel beim FG zur Einsichtnahme zur Verfügung stehe, also die Akten eingesehen werden könnten.

In sachlicher Hinsicht habe die Zollverwaltung ihre rechtliche Begründung wiederholt geändert. Im Streitfalle fehlten alle Merkmale eines Alleinvertreterverhältnisses. Die Klägerin sei nach Absicht der Y nichtexklusiver „Vertreter” als Eigenhändler geworden. Es liege ein freier Wettbewerb zwischen unabhängigen Partnern im Sinne des § 53 Abs. 2 ZG vor. Es handele sich um einen Vertrag mit Kündigungsmöglichkeit, bei dem sich der Verkäufer zur Lieferung und der Käufer zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet hätten. Dem Alleinvertreter werde Gebietsschutz und damit Konkurrenzlosigkeit auf seinem Markt zugebilligt. Im Streitfalle sei ein gleicher Vertrag mit der Firma Z geschlossen worden, und es sei die Möglichkeit offen gelassen worden, noch weitere, nichtexklusive Vertreter zu bestellen oder eine Tochtergesellschaft in Deutschland zu gründen. Aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ergebe sich, daß das Alleinvertreterrecht wegen seiner typischen Merkmale nicht ausgedehnt werden könne auf Eigenhändler, die nicht Alleinvertreter seien. Y habe jede weitere Leistung abgelehnt. Eine zusätzliche Leistung könne man nur annehmen, wenn sie vom Verkäufer anerkannt werde, damit er sie honorieren könne. Y habe auch nicht gesagt, daß ein Preisnachlaß vorliege, der im Rechnungspreis berücksichtigt sei. Bei fremden Partnern müsse man vermuten, daß sie alles schriftlich fixiert hätten und daß sie keine Nebenabreden getroffen hätten. Die Verwaltung müsse diese Vermutung entkräften.

Die Klägerin verkaufe nur auf dem Markt von N, nur sie habe ein Verkaufsinteresse. Sie werbe für ein eigenes Mittel im Rahmen ihres Sortiments. Der Registrierungshinweis sei so klein, daß er nach der Rechtsprechung des BFH als übersehbar anzusehen sei. Es fehle der unmittelbare Kontakt der Herstellerwerbung vom Hersteller zum Kunden. Nach dem Gesamtbild liege eine reine Händlerwerbung vor. Nach dem Pflanzenschutzgesetz vom 15. Mai 1968 (BGBl I 1968, 352 t.) sei die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln durch die Biologische Bundesanstalt nunmehr obligatorisch. Es habe der Gepflogenheit der Klägerin entsprochen, solche Mittel untersuchen zu lassen, um Schadensersatzansprüche zu vermeiden. Die Anerkennung sei keine typische Markenwerbung, weil sie nicht auf den Hersteller hinweise. Die Kosten für die Anerkennung seien eine einmalige Ausgabe gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision kann keinen Erfolg haben.

1. Die Rüge der Nichtgewährung rechtlichen Gehörs greift nicht durch. Die Tatsache, daß das HZA die Beiziehung des Schriftwechsels der Klägerin mit der Y beantragt und das FG diesen Schriftwechsel beigezogen hat, war für das FG kein Anlaß, von sich aus das HZA zur Einsichtnahme in den Schriftwechsel aufzufordern. Aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 10. November 1964, der dem HZA rechtzeitig zur Kenntnis gegeben worden ist, hätte es erkennen können, daß die Klägerin den Schriftwechsel eingereicht hat. Daß das HZA einen Antrag auf Akteneinsicht in der mündlichen Verhandlung gestellt hätte, ist aus dem Protokoll vom 3. Dezember 1964 nicht zu ersehen. Ein Fall des § 119 Nr. 3 FGO liegt demnach nicht vor.

2. Nach § 53 Abs. 2 des für den Streitfall maßgebenden ZG 1939 ist Zollwert der normale Preis, der für die eingeführte Ware in dem für die Anwendung der Zollvorschriften maßgebenden Zeitpunkt (§ 58 Abs. 1 und 2, § 60 ZG) bei einem Verkauf unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs zwischen unabhängigen Verkäufern und Käufern erzielt werden kann (Normalpreis). Ein Verkauf im Sinne des § 53 Abs. 2 ZG setzt nach § 53 a Abs. 1 Nr. 1 ZG u. a. voraus, daß die Zahlung des Kaufpreises die einzige Leistung des Verkäufers für den Erwerb der Ware darstellt.

Der Auffassung der Vorinstanz, daß die Frage, ob Werbeaufwendungen eines Importeurs für eine von ihm eingeführte Markenware eine zusätzliche Leistung im Sinne des § 53 a Abs. 1 Nr. 1 ZG seien, nur gestellt werden könne, wenn der Importeur Alleinvertreter des Herstellers sei, kann nicht gefolgt werden. Ist Voraussetzung für die zutreffende Feststellung des Normalpreises, daß die Zahlung des Preises die einzige Leistung des Käufers für den Warenerwerb darstellt, so kann es nicht darauf ankommen, ob der betreffende Käufer Alleinvertreter ist oder nicht, sondern allein darauf, ob er zusätzliche Leistungen im Interesse des Lieferers erbringt, für die er nicht besonders entlohnt wird und für die sich die Entlohnung in einer Preisermäßigung ausdrückt. Bei einer solchen Preisermäßigung würde der Rechnungspreis nicht mehr als Normalpreis angesehen werden können. Es sind keine Gründe erkennbar, die andere Käufer günstiger stellen sollen als Alleinvertreter, wenn sie wie diese zusätzliche, wertzollrechtlich zu erfassende Leistungen erbringen. Es ist auch nicht einzusehen, warum nicht zwei oder mehrere Vertreter nebeneinander oder gemeinsam – ohne Bezirksabgrenzung – typische Markenwerbung betreiben können sollen, insbesondere dann, wenn ihre Beziehungen zur Lieferfirma oder zum Markeninhaber in etwa denen eines Alleinvertreters entsprechen. Es kann nur auf das Ergebnis ankommen, daß die mehreren Vertreter bei der Markenwerbung überwiegend im Interesse des Lieferanten oder Markeninhabers tätig werden und nicht in erster Linie Eigenhändler-Werbung treiben (vgl. auch Groth in Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 1966 S. 259 – ZfZ 1966, 259 –). Wenn die Alleinvertreter in § 53 b (Berichtigung des Rechnungspreises) gesondert aufgeführt sind, so deswegen, weil es insbesondere bei ihnen häufig vorkommt, daß sie Aufgaben übernehmen, die üblicherweise zu den Aufgaben des Herstellers oder Lieferers der Ware gehören. Im übrigen sind die Alleinvertreter dort nur beispielhaft aufgeführt.

Diese Auffassung des erkennenden Senats steht nicht in Widerspruch zu seiner bisherigen Rechtsprechung, weil die bisher entschiedenen Fälle zur Frage von zusätzlichen Leistungen durch Werbung nur Alleinvertreter betrafen. Aus dem Urteil VII 67/62 S vom 25. Mai 1965 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 83 S. 73 – BFH 83, 73 –, BStBl III 1965, 526) geht vielmehr hervor, daß es der Senat nicht für ausgeschlossen hielt, daß auch ein anderer als ein Alleinvertreter typische Markenwerbung betreiben kann. In diesem Urteil ist gesagt, daß die typische Markenwerbung dem Wesen des Markenvertriebs entsprechend nur Sache des Markeninhabers sein kann. Es heißt dann weiter: Hierin kann sich auch dadurch nichts ändern, daß er diese Aufgabe nicht selbst wahrnimmt, sondern deren Erfüllung einem anderen, „insbesondere” dem Alleinvertreter, überläßt.

Richtig hat die Vorinstanz darauf hingewiesen, daß auch bei einem Alleinvertreter nicht jede Werbung für eine Markenware ohne weiteres zu einem Zuschlag bei der Zollwertfeststellung führen muß, sondern daß ein solcher Zuschlag nach dem BFH-Urteil VII 74/58 S vom 15. Oktober 1959 (BFH 69, 630, BStBl III 1959, 495) nur bei „typischer Markenwerbung” in Betracht kommt. Was typische Markenwerbung darstellt, ist im Urteil des BFH 67/62 S vom 25. Mai 1965 (a.a.O.) näher dargelegt.

Diese Grundsätze gelten nicht nur im Falle der Werbung durch einen Alleinvertreter, sondern auch für einen sonstigen Importeur, der für den Hersteller bzw. Markeninhaber Markenwerbung betreibt.

Die Vorinstanz hat lediglich summarisch geprüft, ob eine typische Markenwerbung im Streitfalle vorliegt, ohne zu untersuchen, wie die im Prüfungsbericht vom 16. Juni 1960 aufgeführten Werbemaßnahmen im einzelnen durchgeführt wurden, und ist zu dem Ergebnis gelangt, daß keine typische Markenwerbung vorliegt. Die Feststellungen der Vorinstanz im Zusammenhang mit dem Akteninhalt reichen nach Ansicht des Senats aber aus, um die Frage, ob die Klägerin typische Markenwerbung getrieben habe, zu verneinen.

Das FG hat ausgeführt, daß die ihm vorliegenden Prospekte nicht die Kriterien einer typischen Markenwerbung im Interesse des Herstellers erfüllen, weil bei ihnen die Händlermarke der Klägerin im Vordergrund steht und der Hersteller in den Prospekten entweder überhaupt nicht oder nur in unauffälliger und so kleiner Schrift erwähnt wird, daß der Verbraucher die Ware nicht mit dem Hersteller, sondern mit der Klägerin in Verbindung bringen wird. Der Senat tritt dieser Auffassung bei. Die in den Akten befindlichen Prospekte könnten etwa dann für eine typische Markenwerbung sprechen, wenn der Name X in Form eines Markenzeichens, Markenbildes oder einer Kombination zwischen beiden aufträte. Das ist jedoch nicht der Fall. Das Wort X ist auf den bei den Akten befindlichen Prospekten lediglich in gewöhnlicher Druckschrift enthalten, nicht etwa jeweils in gleichen stilisierten Schriftzeichen gedruckt. Dagegen erscheint auf zwei Prospekten an nicht übersehbarer Stelle das Markenzeichen der Klägerin, so daß der Eindruck nicht von der Hand zu weisen ist, daß durch die Prospekte für die Firma N geworben wird. Auf dem anderen Prospekt sind die Namen der Klägerin und der Firma Z deutlich herausgestellt, was wiederum dafür spricht, daß keine typische Markenwerbung für den Hersteller getrieben werden soll.

Mit Recht hat das FG ausgeführt, daß die Kosten der amtlichen Anerkennung des Pflanzenschutzmittels durch die Biologische Bundesanstalt keine Vertriebskosten im Sinne des § 53 Abs. 3 Nr. 2 ZG darstellen. Die Kosten dieser Anerkennung können auch nicht als Kosten für Werbezwecke angesehen werden, da die Anerkennung in erster Linie der Absicherung gegen etwaige Schadensersatzansprüche dienen sollte. Es handelt sich also nicht um eine zusätzliche Leistung im Sinne des § 53 a Abs. 1 Nr. 1 ZG für den Erwerb der Ware. Auch die Kosten für Forschung und Entwicklung stellen keine derartige zusätzliche Leistung für den Erwerb der Ware dar. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß die Klägerin verpflichtet gewesen wäre, Forschung und Entwicklung zu betreiben. Schließlich bleibt zu beachten, daß auch aus dem Schriftwechsel zwischen der Klägerin und der Y, worauf auch das FG hinweist, eine besondere Verpflichtung der Klägerin zur Werbung für den Hersteller nicht zu entnehmen ist und daß Y sich unbestrittenermaßen auch geweigert hat, Kosten für Werbezwecke zu übernehmen. Auch die Versendung von Mustern und die Veröffentlichung in Fachzeitschriften können nach den vom BFH anerkannten Merkmalen typischer Markenwerbung nicht als solche angesehen werden. Da es an den Merkmalen typischer Markenwerbung fehlt, erübrigt sich eine Prüfung, ob ein Fall einer gemischten Werbung im Sinne des BFH-Urteils VII 42/61 U vom 25. Mai 1965 (BFH 83, 91, BStBl III 1965, 532) vorliegt.

Nach allem war daher die Revision des HZA als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 514614

BFHE 1969, 237

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