Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Pauschalierung der Lohnsteuer für Teilzeitbeschäftigte

 

Leitsatz (NV)

Nach § 40a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 EStG in der für die Streitjahre 1978 bis 1982 geltenden Fassung (§ 40a Abs. 2 EStG 1990) können auch die Löhne von Teilzeitbeschäftigten, die nicht laufend bei dem Arbeitgeber beschäftigt sind, pauschal besteuert werden, wenn die Tätigkeit während der Beschäftigungsdauer 20 Stunden und der Arbeitslohn 120 DM wöchentlich nicht übersteigen (Anschluß an Urteil vom 24. August 1990 VI R 70/85, BFHE 162, 270, BStBl II 1991, 318). Für die Einhaltung dieser Grenzen kommt es auf die Beschäftigungs- und Lohnverhältnisse der einzelnen Woche an (Anschluß an Urteil in BFHE 157, 431, BStBl II 1989, 1032).

 

Normenkette

EStG 1978 § 40a Abs. 1; EStG 1990 § 40a Abs. 2

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt einen Handel mit . . .maschinen. In den Jahren 1978 bis 1982 setzte er zwei Arbeitnehmer, W und K, als Aushilfskräfte wie folgt ein:

Anzahl der Einsatztage

1978 1979 1980 1981 1982

W K W K W K W K W K

Januar 4 6 2 3 1 3

Februar 5 3 1 2 4

März 5 2 6 1 2 2

April 6 3 5 3 2 1 2 1

Mai 4 4 3 3 2 3 5

Juni 2 1 1 3 1 1

Juli 3 2 2 1 2 3 2

August 3 2 3 2 2 2 2 2 1

September 5 4 1 2 1 1 3 2

Oktober 1 2 1 3 3 1

November 3 1 1 2 2 2 2

Dezember 2 4 2 1 1 3 2

38 6 23 22 20 18 25 24 17 7

Die beiden Arbeitnehmer erhielten einen festen Stundenlohn von zunächst 10 DM und später 12 DM. DM. Die Auszahlung des Lohnes erfolgte entsprechend den geleisteten Arbeitsstunden vierteljährlich. Der Tagesverdienst lag größtenteils über 42 DM. Der Kläger besteuerte die Löhne pauschal nach § 40a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit 10 v. H. Er ging dabei davon aus, daß es sich um laufend bei ihm im geringen Umfang und gegen geringes Entgelt beschäftigte Arbeitnehmer handle. In dieser Auffassung fühlte er sich durch eine Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Düsseldorf vom 19. Februar 1968 (Der Betrieb - DB - 1968, 594) bestärkt, nach der eine regelmäßige Tätigkeit auch bei fehlender vertraglicher Vereinbarung gegeben sei, sofern die Tätigkeit mehr als viermal im Kalenderjahr ausgeübt werde, und zwar unabhängig von den Zeitabständen der Tätigkeit und ihrer jeweiligen Dauer.

Nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung kam der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) zu der Überzeugung, daß die beiden Arbeitnehmer kurzfristig und gelegentlich i. S. von § 40a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG tätig gewesen seien. Demgemäß verneinte er eine Pauschalierung nach § 40a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG. Eine Pauschalierung nach § 40a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG hielt er deshalb für unzulässig, weil die Tagesverdienste größtenteils 42 DM überschritten hätten. Das FA erließ gegen den Kläger einen Haftungsbescheid, in dem die an die beiden Aushilfskräfte gezahlten Löhne unter Anrechnung der bereits abgeführten Pauschalsteuern mit 28,2 v. H. nachversteuert wurden.

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) bejahte die Zulässigkeit einer Pauschalierung nach § 40a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG und führte zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen aus: Wie die gelegentliche, nicht regelmäßig wiederkehrende Tätigkeit von der laufenden Beschäftigung abzugrenzen sei, sei höchstrichterlich noch nicht entschieden. Kurzfristig i. S. des § 40a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG sei derjenige Arbeitnehmer beschäftigt, der von Fall zu Fall einmalig eine Tätigkeit ausübe. Es müsse sich um eine Beschäftigung für einen von vornherein begrenzten Zeitraum handeln. Eine Beschäftigung sei auch dann noch als kurzfristig anzusehen, wenn sie mehrfach im Jahr stattfinde, sofern sie sich nicht regelmäßig wiederhole. Dabei dürfe sich weder aus der Art der Beschäftigung noch aus den getroffenen Vereinbarungen eine wiederkehrende Beschäftigung ergeben. Eine laufende Beschäftigung i. S. des § 40a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG liege dagegen vor, wenn von Anfang an ein wiederholter Einsatz vereinbart sei. Dafür sei aber nicht erforderlich, daß die Tätigkeit von vornherein zu bestimmten Zeiten vereinbart werde. Es genüge vielmehr, wenn die Beteiligten einig seien, daß die Aushilfskräfte jeweils bei Bedarf für den Arbeitgeber tätig werden sollten. Entscheidend sei daher, ob im Einzelfall von Anfang an eine Wiederholungsabsicht gegeben sei. Entgegen der Auffassung der OFD Düsseldorf könne aber aus einer mehr als viermaligen Wiederholungstätigkeit im Jahr allein nicht auf eine laufende Beschäftigung geschlossen werden. Im Streitfall ergebe sich schon aus der vierteljährlichen Abrechnung über die geleisteten Stunden, daß eine mehrfache Tätigkeit vorgesehen gewesen sei. Bei einer einmaligen, gelegentlichen Tätigkeit ohne Wiederholungsabsicht wäre die Arbeit üblicherweise nach Beendigung des jeweiligen Einsatzes entlohnt worden. Auch aus der Anzahl der Arbeitstage könne auf einen laufenden Arbeitseinsatz geschlossen werden. Zudem habe der Kläger in der mündlichen Verhandlung glaubhaft erklärt, daß er die beiden Arbeitnehmer ständig zu Arbeiten heranziehe. Beide Arbeitnehmer seien dem Kläger vor allem bei Montagen von Maschinen auf Messen im Ausland behilflich. Dabei würden sie nur soweit für den Kläger tätig, als dieser sie benötige und soweit dies neben ihrer eigentlichen Berufstätigkeit möglich sei. Die Tatsache, daß mit Ausnahme der Messetermine die Arbeitseinsätze nicht von vornherein feststünden, stehe einer laufenden Beschäftigung i. S. des § 40a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift dürfe die Lohnsteuer nur pauschaliert werden, wenn die Tätigkeit 20 Stunden und der Arbeitslohn 120 DM wöchtlich nicht übersteige. Im Streitfall seien diese Grenzen zwar in verschiedenen Wochen überschritten. Nach Abschn. 95 Abs. 5 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) 1978 gälten diese Grenzen jedoch nur bei einem wöchentlichen Lohnzahlungszeitraum oder Lohnabrechnungszeitraum. Werde ein längerer Zeitraum gewählt, seien diese Grenzbeträge umzurechnen. Dementsprechend seien bei einem vierteljährlichen Lohnzahlungszeitraum 90/7 von 120 DM (= 1 543 DM) und 90/7 von 20 Stunden (= 257 Stunden) zugrunde zu legen. Diese Grenzen seien im Streitfall eingehalten. Dabei könne offenbleiben, ob diese Umrechnung dem Gesetz entspreche. Selbst wenn das Gesetz für eine solche Umrechnung keine Rechtsgrundlage biete, würde es gegen Treu und Glauben verstoßen, solche Bezüge beim Kläger als dem Haftenden nachzuversteuern, die dieser im Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit einer Verwaltungsanweisung pauschaliert habe.

Mit seiner (vom FG zugelassenen) Revision begehrt das FA die Aufhebung der Vorentscheidung und die Abweisung der Klage.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

Der erkennende Senat hat durch Urteil vom heutigen Tage VI R 70/85, BFHE 162, 270, BStBl II 1991, 318 zum Verhältnis von Nr. 1 und Nr. 2 des § 40a Abs. 1 Satz 2 EStG Stellung genommen. Nach diesem Urteil können auch die Löhne von Teilzeitbeschäftigten, die nicht laufend bei dem Arbeitgeber beschäftigt sind, nach § 40a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG pauschal besteuert werden, wenn die Tätigkeit während der Beschäftigungsdauer 20 Stunden und der Arbeitslohn 120 DM wöchentlich nicht übersteigen. Dies gilt auch für einen kurzfristig beschäftigten Arbeitnehmer, dessen Lohn - wie im Streitfall - schon deshalb nicht nach § 40a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG pauschal besteuert werden kann, weil der Arbeitslohn während der Beschäftigungsdauer 42 DM durchnittlich je Arbeitstag übersteigt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf das Urteil VI R 70/85 verwiesen.

Nach den Grundsätzen des vorstehenden Urteils konnten die Löhne der beiden Aushilfskräfte in denjenigen Wochen der pauschalen Besteuerung des § 40a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG unterworfen werden, in denen die wöchentliche Tätigkeit und der wöchentliche Arbeitslohn sich innerhalb der Grenzen dieser gesetzlichen Vorschrift hielten. Das FG hat ausgeführt, daß diese Grenzen in verschiedenen Wochen überschritten waren. Dies führt dazu, daß die Pauschalierung für diese Wochen nicht zulässig war; denn nach dem Urteil des Senats vom 21. Juli 1989 VI R 157/87 (BFHE 157, 431, BStBl II 1989, 1032) kommt es für die Zulässigkeit der Pauschalierung auf die Beschäftigungs- und Lohnverhältnisse der einzelnen Woche an. Die vom FG durchgeführte Durchschnittsberechnung für den im Streitfall vereinbarten vierteljährlichen Lohnzahlungszeitraum entspricht damit nicht dem Gesetz. Für diejenigen Wochen, in denen die Pauschalierung nicht zulässig war, waren die Löhne daher dem normalen Lohnsteuerabzug zu unterwerfen. Zu Unrecht geht das FG davon aus, daß die Inanspruchnahme des Klägers für diese Lohnsteuer gegen Treu und Glauben verstoßen würde, da die LStR eine Umrechnung auf einen vierteljährlichen Lohnzahlungszeitraum zuließen. Nach Abschn. 95 Abs. 5 LStR 1978 waren die Grenzen des § 40a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG zwar bei einem anderen als wöchentlichen Lohnzahlungs- oder Lohnabrechnungszeitraum entsprechend umzurechnen und z. B. für einen Tag mit 1/7 und für einen Monat mit 30/7 anzusetzen. Hieraus läßt sich aber nicht ableiten, daß auch eine Umrechnung bei einem vierteljährlichen Lohnabrechnungszeitraum gebilligt werden sollte.

Die Vorentscheidung, die von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war aufzuheben; die Sache war an das FG zu weiteren Feststellungen entsprechend den vorstehenden Grundsätzen zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417315

BFH/NV 1991, 443

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