Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Es begründet keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz nach Art. 3 GG, wenn ein Unternehmer zur Umsatzsteuer herangezogen wird, obwohl er sie nicht überwälzen kann.
Normenkette
UStG §§ 1-2
Tatbestand
Der Beschwerdeführer (Bf.) ist als Anzeigenvertreter ausschließlich für einen Verlag auf Grund eines Agenturvertrages vom 1. Dezember 1948 tätig, wonach er den Bezirk Hessen und die nördliche französische Zone zu bearbeiten und die Verpflichtung übernommen hat, in Zusammenarbeit mit dem Verlag und nach dessen Anweisungen die in diesem Bezirk liegende Textil- und Bekleidungsindustrie und den Großhandel systematisch zu erfassen. Der Bf. erhält nach diesem Vertrag 15 % Provision, für Abonnementsaufträge außerdem eine einmalige Provision von 3 DM sowie Fahrkosten- und Spesenersatz. Der Bf. ist entsprechend seiner Steuererklärung für den Veranlagungszeitraum 1950 zu 335,90 DM Umsatzsteuer herangezogen worden.
Mit der gegen diese Veranlagung gerichteten Sprungberufung hat der Bf. Freistellung von der Umsatzsteuer beantragt. Er hält sich als Handlungsagent, insbesondere als Einfirmenvertreter, nicht für umsatzsteuerpflichtig. Denn infolge der starken Abhängigkeit von seinem Auftraggeber fehle ihm die Unternehmereigenschaft; er habe vielmehr eine arbeitnehmerähnliche Stellung. Infolge der Unmöglichkeit, die Umsatzsteuer wie die anderen Unternehmer abwälzen zu können oder doch in seine feste Provision einzukalkulieren, werde durch seine Heranziehung zur Umsatzsteuer, die auf dem Grundgedanken der Steuerüberwälzung aufgebaut sei, der im Art. 3 des Grundgesetzes (GG) festgelegte Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz verletzt.
Die Berufung wurde als unbegründet zurückgewiesen. In der Vorentscheidung wird ausgeführt, daß sich die Heranziehung zur Umsatzsteuer gemäß § 1 des Steueranpassungsgesetzes nicht nach formalen Rechtsbegriffen richte, sondern es komme, wie auch die Rechtsprechung der Steuergerichte bestätige, hierfür auf den nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu beurteilenden Tatbestand an. So bürge das Steuerrecht selbst für die Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes, indem es gleiche Tatbestände gleich behandle, d. h. die unselbständigen Vertreter wie Handlungsgehilfen und die selbständigen Vertreter wie Handlungsagenten, also wie selbständige Kaufleute, besteuere. Im Streitfalle rechtfertige auch der Umstand, daß der Bf. nur für einen Auftraggeber tätig sei, nach dem Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht die Verneinung der Selbständigkeit. Eine überwälzung der Umsatzsteuer sei auch bei anderen Unternehmern, z. B. bei Preisbindungen oder Verlustgeschäften, ausgeschlossen.
Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde (Rb.) macht sich die Ausführungen eines Rechtsgutachtens zu eigen, das zwar die Handelsvertreter nach dem typischen Gesamtbild als selbständig im Sinne des Umsatzsteuerrechts ansieht, aber zu der Auffassung kommt, daß die soziale und wirtschaftliche Situation der Handelsvertreter die überwälzung der Umsatzsteuer unmöglich mache, und daß die dadurch bedingte umsatzsteuerliche Schlechterstellung eine tatsächliche und rechtlich erhebliche Ungleichheit vor dem Gesetz ergebe, weil die Abwälzbarkeit der Umsatzsteuer ein begriffliches Wesensmerkmal dieser Steuer sei.
Entscheidungsgründe
Die Rb. kann keinen Erfolg haben.
Die noch in der Vorinstanz vertretene Auffassung, der Bf. sei nicht als Unternehmer im Sinne des § 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) anzusehen, wird im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr aufrechterhalten. Es sei deshalb nur kurz darauf hingewiesen, daß die Vorentscheidung, die die Selbständigkeit des Bf. bejaht hat, keinen Rechtsirrtum erkennen läßt. Zutreffend wird hier dem vom Bf. erhobenen Vorwurf, die Steuerbehörden hätten sich nicht von der Formaldefinition des Handelsagenten im Handelsgesetzbuch gelöst, mit dem Hinweis auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise begegnet, die den Rechtsbegriffen des Handelsrechts einen völlig eigenen Inhalt gibt, der vom Sinn und Zweck allein des Umsatzsteuerrechts bestimmt wird. Wenn in dem erwähnten Rechtsgutachten betont wird, daß hierin ein erfreulicher Fortschritt liege, so sei demgegenüber darauf hingewiesen, daß die Ausführungen des Finanzgerichts insoweit einer jahrzehntelangen Rechtsprechung entsprechen und zuletzt in dem Urteil des erkennenden Senats V 17/52 S vom 17. Juli 1952 (Bundessteuerblatt - BStBl. - III S. 234/235) ihren grundsätzlichen Ausdruck gefunden haben. An dem Vorrang dieser wirtschaftlichen Betrachtungsweise hält der Senat bei Auslegung des UStG in vollem Umfang fest.
Es bleibt deshalb zu untersuchen, was es im Streitfall mit der Verletzung des in Art. 3 GG festgelegten Grundsatzes der Gleichheit vor dem Gesetz auf sich hat. Die rechtliche Tragweite dieses gemäß Art. 1 Abs. 3 GG auch die Gesetzgebung bindenden Grundrechts kann durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und anderer deutscher Verfassungsgerichtshöfe als weitgehend geklärt angesehen werden. Hiernach kann als maßgeblicher Gesichtspunkt für die dem Gesetzgeber obliegende Auslegung des Art. 3 GG angesehen werden, daß wesentlich Gleiches auch gleich, nicht dagegen, daß wesentlich Ungleiches entsprechend der bestehenden Ungleichheit auch ungleich behandelt wird (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Oktober 1951, BVerfG E I Nr. 10 S. 14 ff., 52). Mit dem hier angeführten Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Oktober 1951 ist demnach auch der erkennende Senat der Auffassung, daß der Gleichheitsgrundsatz nur dann verletzt ist, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung nicht finden läßt, mit anderen Worten, wenn die gesetzliche Bestimmung als willkürlich zu bezeichnen ist.
Die Rb. geht davon aus, daß es einem Handelsvertreter die soziale und wirtschaftliche Stellung unmöglich mache, die Umsatzsteuer zu überwälzen. Hinsichtlich der sozialen Situation wird betont, daß der Berufsstand der Handelsvertreter ungeachtet seiner handelsrechtlichen Selbständigkeit als einzige Unternehmergruppe des Umsatzsteuerrechts durch soziale Abhängigkeit gekennzeichnet sei; dieses auf rein tatsächlichen Feststellungen beruhende Ergebnis werde durch die Einbeziehung rechtlicher Elemente in die Betrachtung nur noch gefestigt. Diese ergebe, wie an Hand von steuerlicher und finanzwissenschaftlicher Literatur belegt wird, daß die Abwälzung auf den letzten Verbraucher ein Wesensmerkmal der Verbrauchsteuern, also auch der Umsatzsteuer, sei. Da aber tatsächlich feststehe, daß der Handelsvertreter die von ihm geforderte Umsatzsteuer nicht überwälzen könne, folge aus der sich aus dem Wesen der Umsatzsteuer ergebenden rechtlichen Bedeutung dieser Nichtabwälzbarkeit zwingend, daß Handelsvertreter überhaupt nicht umsatzsteuerlich erfaßt werden könnten. Die sich auf der gleichwohl erfolgenden Besteuerung der Handelsvertreter ergebende gesetzgeberische Differenzierung liege weder in der Natur der Sache, noch lasse sie sich aus vernünftigen Erwägungen rechtfertigen; sie sei deshalb, an der Gerechtigkeitsidee gemessen, nicht haltbar.
Folgt man diesen Ausführungen insoweit, als sie die tatsächliche Unmöglichkeit der Abwälzung - gemeint ist offenbar die überwälzung der Umsatzsteuer - für die Unternehmergruppe der Handelsvertreter darlegen, so sind doch aus dem mit dem Wesen der Verbrauchsteuern verknüpften Prinzip der überwälzbarkeit Folgerungen gezogen, denen der erkennende Senat nicht beizutreten vermag. Vor allem fehlt jeder Nachweis für die Behauptung, die Heranziehung der Handelsvertreter zur Umsatzsteuer lasse sich durch keinerlei vernünftige Erwägungen rechtfertigen.
Unter der hier allein in Rede stehenden überwälzung der Umsatzsteuer ist die Zuschiebung der Steuerlast auf den am Verkehrsakt beteiligten nächsten Kontrahenten zu verstehen (vgl. Mann in Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 4. Auflage 1928 Bd. VIII S. 336 ff., 344). Die überwälzung wird bei der deutschen Umsatzsteuer vorausgesetzt, so daß man mit Popitz (UStG, 3. Auflage Einleitung II S. 9) die überwälzung geradezu als eine vorausgesetzte Funktion dieser Steuer bezeichnen kann; sie ist jedoch in offener Form verboten (§ 10 UStG 1934), und ihr Gelingen ist im einzelnen Fall keineswegs Voraussetzung der Erhebung (so schon die ständige Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs, vgl. Urteile II A 146/20 vom 12. Mai 1920, Slg. Bd. 2 S. 339; V A 426 vom 7. November 1922, Reichssteuerblatt - RStBl. - 1923 S. 46, und V A 310/25 vom 14. Dezember 1925, Slg. Bd. 18 S. 67). Selbst bei dem Gesetz über einen Warenumsatzstempel vom 26. Juni 1916 (Reichsgesetzblatt - RGBl. - S. 639) ging man schon davon aus, daß das Gelingen der überwälzung dem freien Spiel der wirtschaftlichen Kräfte überlassen bleiben müßte (vgl. Kloß, Deutsche Juristen- Zeitung 1917 S. 739), obwohl durch dieses Gesetz nur Lieferungen erfaßt werden. Als das Gesetz vom 26. Juli 1918 (RGBl. S. 779), auf dessen Text gerade in seinen ersten Vorschriften auch das Gesetz vom 24. Dezember 1919 (RGBl. S. 2157) und alle späteren Umsatzsteuergesetze zurückgehen, die Ausdehnung auf Leistungen brachte, war insonderheit die Frage der überwälzung Gegenstand eingehender Erörterungen. Man war sich schon in diesem Zeitpunkt darüber im klaren, daß die überwälzung überhaupt nur dann eine kalkulatorische Bedeutung hat, wenn der Unternehmer die Preise selbst bestimmen kann (vgl. Popitz a. a. O. S. 19). Daß dies in den ersten Jahren der Geltung des UStG infolge der damals geltenden zahlreichen Höchstpreisbestimmungen, später durch das Aufkommen von Markenartikeln, durch kartellmäßige Preisabreden, bei Verlustgeschäften usw., weitgehend oder vollständig unmöglich gemacht wurde, daß die Umsatzbesteuerung bei steigenden Steuersätzen in ihrer volkswirtschaftlichen Wirkung sogar bis zur Ausschaltung des Großhandels führen, und daß schließlich bei Mißlingen der überwälzung die Umsatzsteuer die Wirkung einer proportionalen Einkommensteuer haben kann (vgl. Popitz a. a. O. S. 21), alle diese Erwägungen und Befürchtungen haben den Gesetzgeber nicht abgehalten, ungeachtet aller finanzwissenschaftlicher Auffassungen über das Wesen der überwälzbarkeit die Umsatzsteuer so zu gestalten, daß zwar an dem Grundgedanken der überwälzbarkeit festgehalten, aber Steuerbarkeit und Steuerpflicht auch aller der Umsätze bejaht wurde, die nach der Sachlage eine überwälzung ausschließen. Es liegt auf der Hand, daß insbesondere die Einbeziehung der freien Berufe wie überhaupt der "sonstigen Leistungen" als Steuergegenstand der Umsatzsteuer mannigfachen Anlaß zur Erörterung der hier streitigen Frage boten. Die verschiedene Behandlung dieser Gruppe von Unternehmern (vgl. Popitz a. a. O. § 1 Nr. 1 B V Str 5 S. 340) in den verschiedenen Gesetzen und deren Entwürfen, die Sonderbehandlung bei Gebühren und Taxen durch den jetzigen § 10 UStG, die Gewährung von Freibeträgen für Angehörige dieser Unternehmergruppen (vgl. § 4 Ziff. 13 UStG 1934, § 4 Ziff. 17 UStG 1951) zeigen klar wie der Gesetzgeber den ihm bekannten Schwierigkeiten und Härten begegnen wollte. Kommt hiernach der erkennende Senat zu der Auffassung, daß nach dem Willen des Gesetzgebers, der im § 10 UStG übrigens auch unzweideutig zum Ausdruck gekommen ist, durch die Unmöglichkeit der überwälzung die Steuerpflicht nicht berührt wird, so bleibt zu untersuchen, ob der Gesetzgeber mit einer solchen Gestaltung der Umsatzsteuer das auch ihn nunmehr gemäß Art. 1 Abs. 3 GG bindende Grundrecht der Gleichheit vor dem Gesetz verletzt hat.
Auch dies ist zu verneinen. Die Umsatzsteuer ist in ihrer heutigen Form in einer Notzeit geschaffen worden, um den infolge der Kriegslasten des verlorenen ersten Weltkriegs bedingten außergewöhnlich hohen Finanzbedarf des Reichs decken zu helfen. Sie ist in Zeiten weiter steigenden Finanzbedarfs aufrechterhalten und wiederum unter den gewaltigen Anforderungen, die der verlorene zweite Weltkrieg mit sich brachte, in ihrer letzten gesetzlichen Fassung mit gesteigerten Steuersätzen weiter ausgestaltet worden. Aus der Begründung des Entwurfes des UStG vom 26. Juli 1918 (Drucksache des Reichstags 1914/1918 Nr. 1461) geht hervor, daß der Gesetzgeber schon damals das Mißglücken der überwälzung als Folge der wirtschaftlichen Machtverhältnisse in Rechnung stellte und für diesen Fall mit einer Belastung des Unternehmergewinns rechnete. Wenn demgegenüber in der Begründung gesagt ist, daß in den Fällen, in denen die überwälzung gelingt, die Steuer auf dem letzten Abnehmer der Ware haften bleibe und somit eine Verteuerung des Verbrauchs eintrete, und daß eine solche preissteigernde Steuer durchaus unerwünscht erscheinen könne, so beruht die unter diesem Gesichtspunkt geregelte Steuerpflicht von Umsätzen, die für eine überwälzung außer Betracht bleiben, jedenfalls nicht auf Erwägungen, die sich nicht aus der Natur der Sache ergeben oder keinen einleuchtenden Grund darstellen, keineswegs aber als willkürlich bezeichnet werden können. Die oben angeführte Gesetzesbegründung befaßt sich überdies im besonderen mit dem hier zur Untersuchung stehenden Steuergegenstand der "sonstigen Leistungen" und untersucht mit positivem Ergebnis die Frage, ob es gerechtfertigt war, über den Warenumsatzstempel als Vorläufer der jetzigen allgemeinen Umsatzsteuer hinaus auch die sonstigen Leistungen und die Unternehmergruppe der freien Berufe zu besteuern. Wenn hier gesagt ist, daß auf wirtschaftlichem Gebiete die Sonderstellung der Warenlieferungen nicht gerechtfertigt sei, und daß es weder vom Standpunkt des Unternehmers noch vom Standpunkt des Verbrauchers aus einen Unterschied mache, ob die Leistungen, die gegen Entgelt ausgeführt würden, sich in einer Ware verkörperten oder sich in einer Arbeitsleistung erschöpften, und daß die Grenze der Umsatzbesteuerung allein bei der Unselbständigkeit geschäftlicher oder beruflicher Tätigkeit liege, so ist auch aus diesen Erwägungen des Gesetzgebers zu entnehmen, daß die tatsächlichen Ungleichheiten, die sich aus der Besteuerung von Umsätzen mit oder ohne gelungener überwälzung ergeben, nicht so bedeutsam sind, daß sie der am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Gesetzgeber beachten müßte (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30 April 1952, BVerfG E I S. 264 ff., 275).
Es ist auch in der Tat nicht einzusehen, wie der Gesetzgeber der ungleichen Wirkung der Besteuerung, die auch bei gewöhnlichen Warenlieferungen heute wie in früheren Jahren vielfach eintritt, durch Herausnahme einer Gruppe von Unternehmern Rechnung tragen sollte, wenn er die Umsatzsteuer als Verbrauchsbelastung allgemeiner Art, die nur verhältnismäßig roh ausgestaltet sein kann, durchführen sollte. Wenn man das Wesen der Umsatzsteuer dahin umreißt, daß sie die wirtschaftliche Kraft besteuert, die sich darin ausdrückt, daß eine Ware (Leistung) Absatz findet (vgl. Herting, UStG 1938 unter A S. 1 und Deutsche Steuer-Zeitung 1936 Nr. 43) und dieses Ziel nur dadurch erreichen kann, daß ohne Rücksicht auf die individuelle Leistungsfähigkeit, Familienstand und sonstige persönliche Verhältnisse grundsätzlich der gesamte wirtschaftliche Leistungsaustausch erfaßt wird, so bedeutete es schon eine Durchbrechung dieses Grundsatzes, als, ungeachtet des die Bedenken gegen diese Gesetzesänderung hervorhebenden Gutachtens des Reichsfinanzhofs V D 6 vom 27. Mai 1925 (RStBl. 1925 S. 147), die Befreiungsvorschrift zugunsten der Handlungsagenten und Makler in das UStG eingeführt wurde (vgl. § 4 Ziff. 13 UStG 1934, § 4 Ziff. 17 UStG 1951). Das schon vom Reichstag hierfür angeführte Argument, daß die Umsatzsteuer für Handlungsagenten und Makler nicht überwälzbar sei, beweist nach den obigen Erörterungen nicht die Berechtigung dieser Befreiungsvorschrift. Die Lage mancher Zwischenhändler, die in Fällen besonderer Art praktisch die Steuer auch nicht überwälzen können und gleichwohl die Umsatzsteuer vom ganzen Verkaufspreis und nicht nur wie der Agent von der Provision zahlen müssen, ist demgegenüber noch ungünstiger. Die Einführung dieser Befreiungsvorschrift beweist aber immerhin, daß der Gesetzgeber in größerem Umfange als dem System der Umsatzsteuer zuträglich ist, den sich aus der allgemeinen Verbrauchsbesteuerung ergebenden Härten Rechnung tragen wollte. Man kann also nicht, wie die Rb. ausführt, in der Heranziehung der Handelsvertreter zur Umsatzsteuer nur einen relativen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz erblicken, der durch einen die allgemeine Befreiung der Handelsvertreter sanktionierenden Zusatz zum UStG ausgeräumt werden könnte. Mit der Beweisführung der Rb. ließe sich allenfalls die Folgerung rechtfertigen, daß die Umsatzsteuer generell nur in den Fällen zu erheben wäre, in denen die Steuerüberwälzung sichergestellt ist. Daß dies praktisch unmöglich wäre und das Ende der Umsatzbesteuerung in der heutigen Form bedeutete, bedarf keiner näheren Erörterung; diese kann auch um deswillen unterbleiben, weil die ungleiche Wirkung der Erhebung einer Steuer im Sinne der bisherigen Rechtsprechung keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes bilden kann (vgl. auch die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 10. November 1952, Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1952 S. 319 ff., 328). Es wäre ein für den Gesetzgeber untragbares Ergebnis, wollte er ungleiche tatsächliche Verhältnisse unter allen Umständen stets berücksichtigen; auf dem Gebiete des Steuerrechts würde eine wirksame Besteuerung damit überhaupt unmöglich gemacht werden.
Nach alledem vermag der Senat die Auffassung der Rb., daß die §§ 1, 2 UStG mit Art. 3 GG unvereinbar seien, nicht zu teilen. Es besteht deshalb keine Veranlassung, das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen (vgl. Mangoldt, Das Bonner Grundgesetz 1953 Anmerkung 3 zu Art. 100 S. 539 sowie Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 23. März. 1952 I BvL 12/51 in Juristen-Zeitung 1952 S. 269, und Urteil des Bundesfinanzhofs I 34/53 S vom 9. Juni 1953, BStBl. III S. 250).
Der Vorentscheidung ist deshalb beizutreten und die Rb. als unbegründet zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 307 der Reichsabgabenordnung.
Fundstellen
Haufe-Index 407761 |
BStBl III 1953, 332 |
BFHE 1954, 109 |
BFHE 58, 109 |