Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Empfängerbegriff nach § 160 AO 1977 bei Warenankäufen von Personengesellschaften; rechtzeitige Geltendmachung eines möglichen Verwertungsverbots für eine Zeugenaussage, die auf nach Meinung des Klägers unzulässigen Ermittlungsmaßnahmen des FA im Ausland beruht
Leitsatz (NV)
1. Zur Anwendung des § 160 AO 1977, insbesondere zu den Zumutbarkeitsanforderungen an die Empfängerbenennung bei Warenankäufen von BGB-Gesellschaften, denen für den Steuerpflichtigen nur schwer identifizierbare Personenkreise angehören.
2. Zur erhöhten Nachweispflicht nach § 90 Abs. 2 AO 1977, wenn im Rahmen von Geschäftsbeziehungen zu einem ausländischen Finanzmakler Provisionszahlungen erbracht werden, deren Abzug als Betriebsausgabe begehrt wird.
3. Wird im Rahmen einer vom FG durchgeführten, dem Kläger rechtzeitig mitgeteilten Beweiserhebung ein Finanzbeamter vernommen, der eine nach Meinung des Klägers unzulässige Zeugenvernehmung im Ausland durchgeführt hat, so kann ein daraus möglicherweise ableitbares Verwertungsverbot nur bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung geltend gemacht werden.
Normenkette
AO 1977 § 160; FGO § 96 Abs. 1; EStG § 4 Abs. 4; AO 1977 § 90 Abs. 2; FGO § 155; ZPO § 295
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, die . . . einen Großhandel mit Rohstoffen betreibt; insbesondere sammelt und verarbeitet sie Schrott.
Der Schrott wurde von Händlern, Baufirmen, Abbruchunternehmen und Betrieben mit großem Schrottanfall angekauft, seit 1973 auch von ,,Belegschaften". Er wurde bei der Klägerin angeliefert, die hierüber eine Gutschrift erteilte. Der Abrechnungsbetrag wurde meist in bar, sonst in Schecks ausgezahlt.
Nach Einführung der Mehrwertsteuer hat die Klägerin das Abrechnungsverfahren verfeinert. Der angelieferte Schrott wird gewogen. Durch die Waage wird automatisch die Warenmenge auf dem Wareneingangsbeleg eingedruckt. Dieser Abrechnungsbeleg sieht Angaben über die Anschrift des Empfängers, der den Abrechnungsbetrag erhalten hat, vor; ferner folgende Angaben: Artikelnummer, Bezeichnung, Einzelpreis, Gesamtpreis, Gewicht, Mehrwertsteuer, Kassennummer, Datum, Unterschrift des Empfängers, die Bestätigung des Empfängers der Abrechnung, daß er zum Abzug der Vorsteuer berechtigt sei, fortlaufende Belegnummer, Unterschriften der Wiege- und Lademeister.
Während einer bei der Klägerin von 1976 bis 1978 durchgeführten Betriebsprüfung wurde festgestellt, daß sie im Streitjahr 1974 in größerem Umfang Schrott und Altmetall von den ,,Belegschaften" großer Bau- und Abbruchunternehmen gekauft hatte, die teilweise als Arbeitsgemeinschaften organisiert waren - Fallgruppe Benennung von Zahlungsempfängern -. Der Prüfer sonderte etwa 1 500 Belege über derartige Ankäufe aus, weil sie nur unzureichende Angaben über Person und Anschrift des Anlieferers enthielten. Er forderte die Klägerin im Frühsommer 1977 mehrmals mündlich auf, die Empfänger genau zu bezeichnen; eigene Ermittlungen nach den Empfängern habe er erfolglos abbrechen müssen. Schließlich schrieb er an die Klägerin am 29. Juli 1977: ,,. . . 3) Auf meinem Schreibtisch liegen vier Ordner mit Einkaufsbelegen, bei denen die genauen Anschriften zu ergänzen sind."
Nach den Feststellungen des Betriebsprüfers enthielten die Abrechnungsbelege als Empfängerbezeichnungen im wesentlichen nur ,,Belegschaft der Firma X" oder ,,Belegschaft der ArGe (Arbeitsgemeinschaft) Y" - die genaue Anschrift des Unternehmens, bei dem die Belegschaft beschäftigt ist, befand sich entweder auf den Belegen selbst oder ergab sich aufgrund einer Anschriftenliste, welche die Klägerin im Klageverfahren vorlegte - sowie die Unterschrift des Anlieferers als Bestätigung des Geldempfangs. In Tz. 59 des Betriebsprüfungsberichts vom 2. Januar 1979 vertritt der Prüfer hierzu die Auffassung, es hätten auch die Anschriften der Anlieferer angegeben werden müssen.
Der Prüfer kam daher zu dem Ergebnis, daß die bei den oben geschilderten Schrotteinkäufen gezahlten Beträge teilweise nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen seien (§ 160 der Abgabenordnung - AO 1977 -).
Ausgehend von einer Steuerbelastung der Klägerin von 60 v. H. schätzte er den Steuerausfall auf 30 v. H. und somit die nicht zu berücksichtigenden Ausgaben auf 50 v. H., die er für das Streitjahr 1974 wie folgt ermittelte:
Schrotteinkäufe
Belegschaften 947 683 DM
davon 50 v. H. 473 841 DM.
Der Prüfer ließ ferner für einen Teil der Wareneinkäufe der Klägerin bei den jeweiligen Veräußerern durch Kontrollmitteilungen feststellen, ob diese ihren steuerlichen Verpflichtungen aus dem Verkauf nachgekommen sind - Fallgruppe Auswertung von Kontrollmitteilungen -. Die jeweils zuständigen Finanzämter (FÄ) stellten dabei fest, daß bestimmte Empfänger der Zahlungen bestritten, jemals an die Klägerin verkauft zu haben, oder daß die Empfänger nicht ermittelt werden konnten.
Der Prüfer war der Ansicht, daß auch die Beträge, bei denen die Empfänger nicht zu ermitteln waren, zu 50 v. H. nicht zu berücksichtigen seien. Unsicherheiten, die sich durch falsche Angaben der Empfänger und bei Ermittlungen durch die FÄ ergaben, wurden durch einen Sicherheitsabschlag von 20 v. H. berücksichtigt. Es ergab sich demnach für 1974 folgende Schätzung:
Wareneinkäufe 153 006 DM
./. 20 v. H. Abschlag 30 601 DM
122 405 DM
davon 50 v. H. 61 202 DM.
Des weiteren nahm der Prüfer bei der Klägerin für 1974 eine Vorsteuerkürzung aus Wareneinkäufen in Höhe von 7 177 DM vor - Fallgruppe umsatzsteuerrechtlicher Vorsteuerabzug -, weil mangels genauer Anschrift der Anlieferer die Prüfung, ob diese zum gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer berechtigt sind, nicht möglich war. Er erkannte diesen Betrag nicht als Betriebsausgabe an.
Schließlich ließ der Prüfer 110 000 DM Vermittlungsprovisionen an den schweizerischen Finanzmakler W, von denen 100 000 DM im Streitjahr 1974 und 10 000 DM 1975 gezahlt und die von der Klägerin für 1974 als Betriebsausgaben geltend gemacht wurden, nicht zum Abzug zu.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) folgte der Sachbehandlung des Prüfers und berichtigte die nach § 100 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) vorläufige Gewinnfeststellung 1974 nach § 164 Abs. 2 AO 1977. Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos. Gegen die Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 1980 wurde Klage erhoben.
Nach Ergehen der Einspruchsentscheidung hat das FA den Gewinnfeststellungsbescheid nochmals gemäß § 175 Nr. 1 AO 1977 berichtigt. Der gegen den Berichtigungsbescheid eingelegte Einspruch blieb ebenfalls erfolglos. Die Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ermäßigte die vom FA nicht berücksichtigten Betriebsausgaben für die Schrotteinkäufe von Belegschaften und für andere Wareneinkäufe um weitere 50 v. H. und wies im übrigen die Klage ab.
In Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens hielt es die Schätzung des Steuerausfalls mit 30 v. H. für zu hoch, da sich die Erlöse aus den einzelnen Schrottverkäufen oft auf viele Arbeitnehmer verteilt hätten. Es sei daher nur von einem Steuerausfall von 15 v. H. auszugehen, und demgemäß seien die Betriebsausgaben für die Fallgruppen Benennung von Zahlungsempfängern und Auswertung von Kontrollmitteilungen lediglich um ein Viertel zu kürzen.
Die nichtabziehbaren Vorsteuern seien wegen fehlender Empfängerbezeichnung nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.
Bezüglich der an W gezahlten Vermittlungsprovisionen kam das FG u. a. aufgrund der Zeugenaussage des Herrn B, des Leiters der für das FA zuständigen Steuerfahndungsstelle, sowie unter Auswertung der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen zu dem Ergebnis, daß keine die Zahlung von 110 000 DM rechtfertigende Vermittlungsleistung erbracht worden sei. Die Unterlagen seien so geartet, daß sie nicht als Ausdruck ernsthaft gewollter und praktizierter Geschäftsbeziehungen gewertet werden könnten.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Wegen ihres Vorbringens im einzelnen wird auf das Urteil des Senats vom heutigen Tage in der Sache VIII R 350/82 verwiesen. Ergänzend macht die Klägerin im vorliegenden Verfahren geltend, daß sie in der mündlichen Verhandlung vor dem FG der Verwertung der Aussage des Leiters der Steuerfahndungsstelle widersprochen habe.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, soweit sie das Streitjahr 1974 betrifft. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
I.
Nichtanerkennung von Betriebsausgaben: Schrottankäufe von Belegschaften, Kontrollmitteilungen, Vorsteuern
1. Die von der Klägerin zu diesem Punkt erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Der Senat sieht nach Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) von einer Begründung ab.
2. Zu Unrecht hat das FG die Zahlungen der Klägerin für den bei ihr angelieferten Schrott teilweise nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt. Es hat dabei § 160 Satz 1 AO 1977 unrichtig angewandt. Die Revision ist insoweit begründet.
a) In seinem Urteil vom heutigen Tag VIII R 350/82 (BFHE 148, 406; BStBl II 1987, 286) hat der erkennende Senat die Zumutbarkeitsanforderungen an die Empfängerbenennung bei Warenankäufen von ,,Belegschaften" im einzelnen herausgearbeitet und des weiteren ausgeführt, unter welchen Voraussetzungen das FG verpflichtet ist, ein erstmaliges oder erneutes Benennungsverlangen an den Steuerpflichtigen zu richten. Er kam für das Streitjahr 1973 zu dem Ergebnis, daß das Benennungsverlangen des FA zu unbestimmt war und das FG es versäumt hat, ein erneutes Benennungsverlangen an die Klägerin zu richten.
Da die Verhältnisse im Streitjahre 1974 gleich liegen, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf dieses Urteil Bezug genommen.
b) Der Senat hat darüber hinaus den Grundsatz aufgestellt, daß die Versagung des Betriebsausgabenabzugs nach § 160 Satz 1 AO 1977 rechtswidrig ist, wenn bereits im Revisionsverfahren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, daß überwiegend aufgrund der Versäumnisse des FG und des FA dem Steuerpflichtigen die Benennung nicht mehr zugemutet werden kann. In diesem Fall erübrigt sich eine Zurückverweisung an das FG zur Nachholung des Benennungsverlangens.
3. Das FG hat im Ergebnis zu Recht bei der Fallgruppe ,,Auswertung von Kontrollmitteilungen" einen Teil der von der Klägerin geltend gemachten Beträge nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt. Die Revision ist insoweit unbegründet.
Zwar ist der Klägerin zuzustimmen, daß diese Fallgruppe zur Fallgruppe Benennung von Zahlungsempfängern derartige Unterschiede aufweist, daß die hierzu entwickelten Grundsätze zur Anwendung des § 160 AO 1977 nicht auf die den erfolglosen Kontrollmitteilungen zugrunde liegenden Sachverhalte übertragen werden können. Die Vorentscheidung ist jedoch aus einem anderen Rechtsgrund richtig. Das FA hat angesichts der bestehenden Unsicherheiten - Bestreiten der Empfänger, Zahlungen von der Klägerin überhaupt erhalten zu haben, vergebliche Empfängerermittlungsversuche der für die Auswertung der Kontrollmitteilungen zuständigen FÄ - dem Grunde nach zu Recht eine Kürzung der Betriebsausgaben der Klägerin im Wege der Schätzung nach § 162 AO 1977 vorgenommen. Der Senat ist der Überzeugung, daß die erfolglosen Ermittlungen nicht ausschließlich auf Ermittlungsfehler der zuständigen FÄ zurückzuführen sind. Dieser Fehlerquelle hat das FG durch eine hälftige Kürzung der vom FA nicht anerkannten Betriebsausgaben ausreichend Rechnung getragen.
4. Das Urteil des FG enthält zur Fallgruppe ,,umsatzsteuerrechtlicher Vorsteuerabzug" keine hinreichenden tatsächlichen Feststellungen, so daß die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden muß (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Vorsteuerbeträge gehören, soweit sie nicht bei der Umsatzsteuer abgezogen werden können, grundsätzlich zu den Anschaffungskosten des Wirtschaftsguts, auf dessen Anschaffung sie entfallen (Umkehrschluß aus § 9b Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG -; vgl. Urteil des Senats vom 29. Juni 1982 VIII R 6/79, BFHE 136, 238, 241, BStBl II 1982, 755). Dies gilt unabhängig davon, ob das Wirtschaftsgut zum Anlage- oder zum Umlaufvermögen gehört (vgl. u. a. Lademann / Söffing / Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 9b Tz. 8; Wolff-Diepenbrock in Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 14. Aufl., § 9b Rdnr. 12; Schmidt / Drenseck, Einkommensteuergesetz, 4. Aufl., § 9b Anm. 1). Die Klägerin ist offenbar dementsprechend verfahren und hat die gesamten von ihr an die Lieferanten gezahlten Beträge einschließlich der Umsatzsteuer als Anschaffungskosten verbucht. Eine Widersprüchlichkeit ihres Verhaltens liegt allerdings darin, daß sie trotz dieser Verbuchung zunächst den Standpunkt einnahm, die Vorsteuerbeträge könnten bei der Umsatzsteuer abgezogen werden, was ihnen gemäß § 9b Abs. 1 Satz 1 EStG die Eigenschaft als Teil der Anschaffungskosten genommen hätte. Aus der umsatzsteuerrechtlichen Sicht der Klägerin war somit ihre einkommensteuerrechtliche Beurteilung der Vorsteuerbeträge - Teil der Anschaffungskosten - unzutreffend; aus der bisherigen umsatzsteuerrechtlichen Sicht des FA vor Erlaß des Umsatzsteueränderungsbescheids vom 26. Februar 1986 - kein Abzug der Vorsteuer bei der Umsatzsteuer - dagegen war sie richtig.
Der Senat kann aufgrund der in der Vorentscheidung festgestellten Tatsachen nicht prüfen, ob im vorliegenden Falle die rechtlichen Voraussetzungen dafür vorliegen, daß der Vorsteuerabzug nach § 15 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) bei der Umsatzsteuer abgezogen werden kann. Das FG wird die noch ausstehenden Ermittlungen nachholen. Auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. Juni 1986 V R 75/78 (BFHE 146, 569, BStBl II 1986, 721) wird hingewiesen.
II.
Provisionen W
Das FG hat zu Recht die an W gezahlten Provisionen nicht als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG anerkannt. Die Revision ist insoweit unbegründet.
1. Geht es um den Nachweis von Aufwendungen, die im Rahmen von Geschäftsbeziehungen im Ausland entstanden sind, ist der Steuerpflichtige in erhöhtem Maße zur Sachaufklärung verpflichtet (siehe § 90 Abs. 2 AO 1977 und die Urteile des BFH vom 7. April 1959 I 2/58 S, BFHE 68, 611, BStBl III 1959, 233; vom 17. Juli 1968 I 121/64, BFHE 93, 1, BStBl II 1968, 695, und vom 18. Februar 1982 IV R 46/78, BFHE 135, 206, BStBl II 1982, 394). Nach Auffassung des Senats erstreckt sich die erhöhte Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen auch auf den Nachweis der betrieblichen Veranlassung geltend gemachter Aufwendungen.
2. Das FG kam zu der Überzeugung, daß W eine abgeltungswürdige Vermittlungsleistung nicht erbracht habe und daß auch sonst eine betriebliche Veranlassung nicht erkennbar sei. Die von der Klägerin vorgelegten, die Person W betreffenden Unterlagen seien in sich widersprüchlich, inhaltlich nicht vollzogen bzw. mit den tatsächlichen Gegebenheiten nicht vereinbar und ließen eine sachbezogene Motivation nicht erkennen. Sie seien ohne sachlichen Bezug lediglich für steuerliche Zwecke erstellt worden. Für das FG war der Gesichtspunkt entscheidend, daß der der Klägerin am 18. März 1974 gutgeschriebene Betrag von 700 000 sfr. nicht auf eine Vermittlung des W zurückging, sondern einem Kredit der Schweizerischen Kreditanstalt entstammte. Es bezog sich dabei auch auf die Zeugenaussage des Herrn B, des Leiters der Steuerfahndungsstelle, der in der Schweiz mit einem von ihm nicht benannten Herrn Y zusammengetroffen war und von diesem erfahren hatte, daß in Wirklichkeit er, Y, den Kredit vermittelt habe. Es kam daher zu dem Ergebnis, daß die in den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen mehrfach erwähnten 700 000 sfr. an die Klägerin nicht ausbezahlt worden seien, zumal im Darlehensvertrag vom 17. September 1974 davon die Rede gewesen sei, daß die genannte Summe der Klägerin am 1. Oktober 1974 ausbezahlt werde. Einen doppelten Eingang dieses Betrags bei der Klägerin hat das FG nicht festgestellt. Auch die zweite Rate von 300 000 sfr. wurde nicht, wie im Vertrag vom 17. September 1974 vereinbart, bis zum 31. Dezember 1974 bezahlt, sondern ging erst am 27. Mai 1975 bei der Klägerin ein. Die vom FG hieraus gezogene Schlußfolgerung, daß der der Klägerin eingeräumte Kredit nicht den behaupteten Vermittlungsleistungen des W zu verdanken ist, beruht nicht auf der Verletzung von Denkgesetzen und allgemeinen Erfahrungssätzen (hierzu Tipke / Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, 11. Aufl., § 118 FGO, Tz. 7; Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 118 Anm. 8, 10), da sie logisch möglich sind und auch nicht allgemein anerkannten Erfahrungssätzen zuwiderlaufen.
3. Die vom FG vorgenommene Beweiswürdigung wird auch nicht dadurch fehlerhaft, daß es in sie die Zeugenaussage des Leiters der Steuerfahndungsstelle miteinbezogen hat.
Es kann dahinstehen, ob die Anhörung des Informanten Y durch den Leiter der Steuerfahndungsstelle (Zeuge B) auf Schweizer Staatsgebiet eine rechtswidrige Verwaltungsmaßnahme darstellte und, wenn ja, ob die Klägerin sich bereits früher gegen diese Maßnahme hätte wehren können und müssen. Offenbleiben kann auch, ob das FG befugt war, im Rahmen seiner Ermittlungspflicht (§ 76 FGO) den Zeugen B über den Inhalt dieses Gesprächs zu vernehmen. Denn selbst wenn die Vernehmung des Zeugen B zu diesem Fragenkreis als Verfahrensfehler zu werten sein sollte, hätte dieser ehestmöglich, jedenfalls noch vor Schließung der mündlichen Verhandlung (§ 93 Abs. 3 Satz 1 FGO) gerügt werden müssen (§ 295 der Zivilprozeßordnung - ZPO -, § 155 FGO; siehe auch BFH-Urteil vom 4. Oktober 1974 III R 127/73, BFHE 113, 470, BStBl II 1975, 302). Ausweislich der Sitzungsniederschrift hat die Klägerin dies nicht getan. Auch in der Revisionsbegründung wird von der Klägerin lediglich das Verbot der Verwertung der Zeugenaussage geltend gemacht, nicht jedoch dargelegt, daß sie derartige ihr mögliche und zumutbare Rügen bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem FG angebracht habe. Mit der erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht aufgestellten Behauptung, sie sei bereits vor dem FG der Verwertung der Zeugenaussage entgegengetreten, das FG habe indes ihren Widerspruch nicht beachtet, macht die Klägerin zwar einen weiteren Verfahrensverstoß, nämlich die Nichtprotokollierung ihres Widerspruchs, geltend. Diese Rüge ist jedoch der Prüfung durch den Senat entzogen, weil sie nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist, mithin verspätet angebracht wurde (§ 120 Abs. 2 Satz 2 FGO).
4. Die Einwendungen der Klägerin in ihrer Revisionsbegründung (S. 11 bis 13) enthalten lediglich eine vom FG abweichende Beweiswürdigung, die sie nicht durch zulässige und begründete Verfahrensrügen erhärtet hat. Denn die am Schluß des Schriftsatzes (S. 14) erhobene Rüge, das FG habe gegen den Grundsatz der amtlichen Ermittlungspflicht verstoßen, bezieht sich sowohl auf den Bestandteil der Vorentscheidung, der sich mit den Betriebsausgaben für die Schrotteinkäufe befaßt, als auch auf die Provisionszahlungen an W und läßt nicht erkennen, welche Tatsachen etwaige Verfahrensmängel der Vorentscheidung bezüglich des Bestandteils ,,Provisionszahlungen" erweisen (§ 120 Abs. 2 Satz 2 FGO). Die Klägerin hätte nämlich sowohl hinsichtlich angeblich übergangener Beweisantritte das Beweisthema angeben als auch die Stelle bezeichnen müssen, wo der Beweisantritt erfolgt sein soll (hierzu BFH-Urteile vom 17. Dezember 1973 III R 141/68, BFHE 111, 550, BStBl II 1974, 350, und vom 29. Januar 1975 I R 135/70, BFHE 115, 107, BStBl II 1975, 553; Tipke / Kruse, a. a. O., § 120 FGO, Tz. 63; Gräber, a. a. O., § 120 Anm. 20 mit weiteren Nachweisen). Der Hinweis der Klägerin auf ihre diversen Schriftsätze und die Behauptung, das FG habe ihren Inhalt ,,teilweise nicht berücksichtigt", genügen diesen Anforderungen nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 414887 |
BFH/NV 1987, 486 |