Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Einschränkung der Körperschaftsteuerbefreiung eines gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmens durch Auflagen
Leitsatz (NV)
1. Die Körperschaftsteuerbefreiung eines gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmens nach § 5 Abs. 1 Nr.10 KStG kann durch Auflagen in einer Ausnahmebewilligung nach § 6 Abs. 3 des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) i.V.m. § 10 Abs. 3 der hierzu ergangenen Durchführungs-Verordnung (WGGDV) eingeschränkt werden.
2. Das Wohnungsbauunternehmen ist dann mit sämtlichen Einkünften aus den in einer solchen Ausnahmebewilligung genannten Tätigkeiten nach § 1 Abs. 2 KStG körperschaftsteuerpflichtig. Bei gewerblichen Einkünften aus einer Vermietung (§ 8 Abs. 1 und 2 KStG i.V.m. § 15 und § 5 EStG) gehört hierzu auch der Gewinn aus der Veräußerung des Mietobjekts.
Normenkette
KStG § 1 Abs. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 10, § 8 Abs. 1-2; EStG §§ 5, 15; WGG §§ 1, 6 Abs. 3-4; WGGDV § 10 Abs. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist als gemeinnütziges Wohnungsbauunternehmen durch Beschluß des damaligen Regierungspräsidenten nach § 1 des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) anerkannt. Gegenstand und Zweck des Unternehmens ist der Bau und die Betreuung von Kleinwohnungen im eigenen Namen sowie der Erwerb von Grundstücken zur Erreichung dieses Zwecks.
Der Sozialminister erteilte der Klägerin auf deren Antrag vom 19. Juni 1978 mit Bescheid vom 28. November 1978 eine Ausnahmebewilligung gemäß § 10 Abs. 1c der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen (WGGDV) für die Vermietung des Bürogebäudes. Die Ausnahmebewilligung wurde mit der Maßgabe erteilt, daß für die Vermietungen die Steuerbeträge zu entrichten seien, die auf dieses Geschäft entfielen, wenn die Klägerin die steuerlichen Vergünstigungen nicht genösse. Es sei sicherzustellen, daß die zur Festsetzung der Steuerbeträge erforderlichen organisatorischen und buchmäßigen Maßnahmen getroffen werden.
Die Klägerin nahm die teilweise gewerbliche Vermietung des Grundstücks, das ihr zuvor selbst als Verwaltungsgebäude gedient hatte, bereits am 1. Februar 1974 auf. Sie erstellte zu diesem Zeitpunkt keine Anfangsbilanz, in der der Teilwert des Grundstücks und des Gebäudes Eingang fand.
Im Streitjahr verkaufte sie das Grundstück zum Preis von . . . DM. Einen Veräußerungsgewinn erklärte sie nicht.
Diesen ermittelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) unter Mitwirkung seines Bausachverständigen wie folgt:
. . .
Das FA erhöhte das von der Klägerin erklärte zu versteuernde Einkommen um diesen Betrag und setzte die Körperschaftsteuer entsprechend fest.
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 5 Abs. 1 Nr.10 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG).
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Klägerin war in den Streitjahren grundsätzlich von der Körperschaftsteuer gemäß § 5 Abs. 1 Nr.10 KStG 1977/1981 befreit. Sie war aufgrund des WGG als gemeinnützig anerkannt. Dem steht nicht entgegen, daß die Anerkennung aus dem Jahre 1937 stammt und das WGG erst im Jahre 1940 erlassen wurde. Zugunsten der Klägerin ist davon auszugehen, daß sie von der Übergangsregelung des § 31 WGG Gebrauch gemacht hat. Danach konnten Wohnungsunternehmen, die beim Inkrafttreten des WGG aufgrund anderer Gesetze als gemeinnützig bezeichnet wurden oder von den Behörden als gemeinnützig behandelt wurden, die Anerkennung bis zum 31. März 1941 aufgrund des WGG beantragen.
Der Senat kann offenlassen, in welchem Verhältnis § 5 Abs. 1 Nr.10 KStG zu § 1 WGG steht, insbesondere ob § 1 WGG durch § 5 Abs. 1 Nr.10 KStG gegenstandslos geworden ist, ohne daß dies das Gesetz ausdrücklich bestimmte (so der Erlaß des Sozialministers des Landes Niedersachsen vom 24. März 1981 - 304 - 302032 - A, Niedersächsisches Ministerialblatt 1981, 442). Die Rechtsfolgen des § 5 Abs. 1 Nr.10 Satz 1 KStG und des § 1 WGG entsprechen sich nämlich. § 5 Abs. 1 Nr.10 KStG spricht die Steuerfreiheit der als gemeinnützig anerkannten Wohnungsunternehmen aus. § 1 WGG begründet die Steuerfreiheit, indem die Vorschrift die nach dem WGG als gemeinnützig anerkannten Wohnungsunternehmen den Unternehmen gleichstellt, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dienen und deren wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb über den Rahmen einer Vermögensverwaltung nicht hinausgeht. Soweit § 5 Abs. 1 Nr.10 Satz 1 KStG das Wort ,,solange" verwendet, weist das Gesetz klarstellend darauf hin, daß die Steuerfreiheit mit der Entziehung der Anerkennung (vgl. §§ 19 ff. WGG) endet.
Die Steuerbefreiung der Klägerin war durch die Auflagen in der erteilten Ausnahmebewilligung (§ 6 Abs. 3 WGG, § 10 Abs. 3 WGGDV) eingeschränkt. Soweit die Klägerin die in der Ausnahmebewilligung erwähnten Tätigkeiten ausübte, war sie mit sämtlichen Einkünften aus dieser Tätigkeit nach § 1 Abs. 2 KStG steuerpflichtig. Zu den Einkünften rechnete auch der Gewinn aus der Veräußerung des Bürogebäudes. Es handelt sich um gewerbliche Einkünfte (§ 8 Abs. 1 und 2 KStG i.V.m. § 15 und § 5 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Der Senat verweist insoweit auf sein Urteil vom 28. Juni 1989 I R 123/88, BFHE 158, 216, BStBl II 1989, 997).
Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, daß die Ausnahmebewilligung lediglich den Steuerbetrag anspricht, der auf die Vermietung zu entrichten sei. Sie kann daraus nicht ableiten, daß sie lediglich mit den Einkünften steuerpflichtig ist, die eine natürliche Person hätte, wenn sie das in ihrem Privatvermögen befindliche Bürogebäude vermietet hätte. Mit dem Hinweis auf die Vermietung spricht die Ausnahmebewilligung den Teilbereich der Tätigkeit der Klägerin an, für den die Steuerbefreiung nicht gelten soll und für den die Steuern anfallen sollen, die entstanden wären, wenn die Klägerin nicht steuerbefreit wäre. Wäre die Klägerin nicht steuerbefreit gewesen, hätte sie nicht nur Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf der Grundlage zu versteuern wie eine natürliche Person, bei der das Bürogebäude zum Privatvermögen gehört.
Die Auflage bezieht sich nicht auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sondern auf die Vermietung und auf die Steuerbeträge, die auf dieses Geschäft entfallen. Besteht die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft in der Vermietung eines Bürogebäudes, zählen zu den durch die Tätigkeit ausgelösten Steuerbeträgen auch diejenigen, die sich aufgrund der Veräußerung des Mietobjekts ergeben (vgl. Bundesfinanzhofs - BFH - in BFHE 158, 216, BStBl II 1989, 997).
Nch § 5 Abs. 1 Nr.10 Satz 2 KStG sollen Auflagen abgabenrechtlicher Art für Geschäfte i.S. des § 6 Abs. 4 WGG und des § 10 WGGDV zu der Steuer führen, die sich ergäbe, wenn diese Geschäfte Gegenstand eines organisatorisch getrennten und voll steuerpflichtigen Teils des Unternehmens wären. Der Senat kann für den Streitfall letztlich offenlassen, ob § 5 Abs. 1 Nr.10 Satz 2 KStG lediglich als Anweisung an die Anerkennungsbehörde aufzufassen ist, wie die Auflagen abgabenrechtlicher Art auszugestalten sind, oder ob die Vorschrift die zwingenden Folgen regelt, die sich ergeben, wenn Auflagen abgabenrechtlicher Art ausgesprochen werden.
Dafür, daß die Regelung in dem zuletzt genannten Sinne zu verstehen ist, spricht allerdings die Aufnahme in das Gesetz. Der Gesetzgeber hat damit zu erkennen gegeben, daß ein Tätigwerden der grundsätzlich steuerbefreiten als gemeinnützig anerkannten Wohnungsunternehmen außerhalb der durch das WGG zugelassenen Tätigkeiten im Interesse der Wettbewerbsneutralität die steuerlichen Folgen auslösen soll, die sich ergäben, wenn das Wohnungsunternehmen nicht steuerbefreit wäre. Es ist nicht anzunehmen, daß der Gesetzgeber diese im Interesse der Wettbewerbsneutralität gebotene Regelung von einer Entscheidung der Anerkennungsbehörde abhängig machen wollte.
Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf den im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder und des Bundesministers der Finanzen ergangenen Erlaß des Finanzministers Nordrhein-Westfalen vom 17. Dezember 1968 - S 2726a - 7 - VB 4 (Der Betrieb 1969, 63) berufen. Zum einen ist der BFH an die Verwaltungsanweisung nicht gebunden (Art.20 Abs. 3 des Grundgesetzes). Zum anderen regelt die Verwaltungsanweisung lediglich die Folgen der Auflage, wonach zur Abgeltung der Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Vermögensteuer jährlich je Quadratmeter vermietete Fläche eines Büro- bzw. Lagerraums bestimmte Beträge zu zahlen sind. Wenn die Verwaltungsanweisung daraus ableitet, daß damit auch der mit der Grundstücksveräußerung entstandene Gewinn als abgegolten anzusehen ist, der auf die gewerblich genutzten Räume entfällt, spricht dies nicht gegen die Auffassung des Senats. Im Streitfall wurde der Klägerin gegenüber keine derartige auf die Quadratmeter der vermieteten Fläche abgestellte Auflage ausgesprochen. Außerdem ist nicht auszuschließen, daß die Verwaltungsanweisung durch die Neuregelung in § 5 Abs. 1 Nr.10 Satz 2 KStG überholt ist.
Fundstellen
Haufe-Index 418313 |
BFH/NV 1993, 329 |