Entscheidungsstichwort (Thema)
weingeisthaltiges Erzeugnis im Sinne des Branntweinmonopolgesetzes
Leitsatz (amtlich)
Wein mit verstärktem Weingeistgehalt ist ein weingeisthaltiges Erzeugnis im Sinne des Branntweinmonopolgesetzes und unterliegt daher bei der Einfuhr aus dem Ausland dem Monopolausgleich.
Dem Monopolausgleich unterliegt nur die dem Wein zugesetzte Weingeistmenge, nicht auch der in dem Wein enthaltene, durch natürliche Gärung entstandene Weingeistgehalt.
Die dem Wein zugesetzte Weingeistmenge ist erforderlichenfalls durch Schätzung zu ermitteln.
Normenkette
BranntwMonGes. § 151 Abs. 1, § 152 Abs. 1; AO § 217
Tatbestand
Der Bundesminister der Finanzen hat durch sein Schreiben III C - V 7166 - 16/54 vom 20. März 1954 um Erstattung eines Gutachtens über die Frage gebeten:
"Ist Wein mit verstärktem Weingeistgehalt monopolausgleichspflichtig?"
Entscheidungsgründe
Der V. Senat des Bundesfinanzhofs hat in der Sitzung vom 26. Mai 1954 die vorstehende Frage bejaht.
Begründung: Nach § 151 Abs. 1 des Branntweinmonopolgesetzes (BranntwMonGes.) unterliegen (neben äther und ätherhaltigen Erzeugnissen) Branntwein und weingeisthaltige Erzeugnisse außer dem Zoll "einer der Belastung des inländischen Branntweins entsprechenden Abgabe (Monopolausgleich)". Diese Abgabe ist von aufgespritetem Wein bisher nicht erhoben worden. Solche Weine sind aber zum mindesten, wie z. B. auch Bier, weingeisthaltige Erzeugnisse im weiteren Sinn. Zu den weingeisthaltigen Erzeugnissen des § 151 BranntwMonGes. gehören sie dann nicht, wenn sie, wie heute noch Bier und wie früher auch Wein "außerhalb der Monopolgesetzgebung Gegenstand der Besteuerung sind".
Entscheidungen des Reichsgerichts 1 D 520/32 vom 20. Dezember 1932 = Mrozek-Kartei 2 zu § 58 BranntwMonGes. und des Reichsfinanzhofs V z 50/38 vom 22. September 1939 = Slg. Bd. 47 S. 269 ff., 273 = Mrozek-Kartei 3 zu Zolltarif Nr. 180 Anm. 2 -.
Da die aufgespriteten Weine nach ihrer Beschaffenheit wie Branntwein oder als Ersatz für Branntwein genossen oder sonst verwendet zu werden pflegen (vgl. Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern - ZfZ - 1930 S. 86, 208 und 242), fallen sie unter § 151 BranntwMonGes.; weder dieses Gesetz noch seine Ausführungsbestimmungen geben irgend einen Anhalt dafür, daß Wein, dem Alkohol zugesetzt ist, nicht zu den weingeisthaltigen Erzeugnissen des § 151 BranntwMonGes. gehört. Daraus, daß Wein auch mit verstärktem Weingeistgehalt Wein im Sinn des Weingesetzes ist, folgt nicht, daß er nicht als weingeisthaltiges Erzeugnis im Sinn des BranntwMonGes. angesehen werden dürfte, denn darüber hat allein das BranntwMonGes. zu entscheiden.
Ob die Erhebung des Monopolausgleichs von aufgespriteten Weinen nach dem Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen von Genf vom 30. Oktober 1947 (General Agreement on Tarifs and Trade, abgekürzt "GATT") und den übrigen Handelsverträgen rechtlich zulässig ist, ist hier nicht geprüft worden. Darüber, und ob er handelspolitisch tragbar ist, werden die dafür zuständigen Ressorts zu urteilen haben (vgl. Deutsche Weinzeitung 1954 S. 153 Teil II a).
Von welchem Weingeist in den verspriteten Weinen ist Monopolausgleich zu erheben?
Nach § 152 Abs. 1 Satz 2 BranntwMonGes. ist der Monopolausgleich bei weingeisthaltigen Erzeugnissen von der in diesen "enthaltenen" Weingeistmenge zu berechnen. Danach könnte, wie in dem Urteil des Reichsfinanzhofs V z 50/38 Teil 2 a letzter Absatz, lediglich "im Hinblick auf den Wortlaut" angenommen werden, daß (wie bei den vins de liqueur der französischen Gesetzgebung nach dem Gutachten der Staatlich Chemischen Untersuchungsanstalt in München vom 19. Januar 1954 S. 5, Akte des Bundesfinanzministeriums Bl. 84 ff.) von dem gesamten, also auch von dem Weingeist aus eigener Gärung und nicht nur von dem zugesetzten Weingeist Monopolausgleich entrichtet werden müßte (ZfZ 1930 S. 134 linke Spalte 1. Abs.). Die Heranziehung nur des zugesetzten Weingeistes zum Monopolausgleich ist als rechtlich unzulässig bezeichnet worden (vgl. Deutsche Weinzeitung a. a. O. Teil I c): Wein sei ein "einheitliches Erzeugnis, das man nicht zu steuerlichen Zwecken in verschiedene Bestandteile zerlegen könne. ... Es wäre ... vernunftwidrig, wollte man gerade diese Bestandteile herausgreifen und dem Monopolausgleich unterwerfen. Folgerichtig müßte dann bei der Verzollung der zugesetzte Weingeist der Zolltarif Nr. 2208 unterstellt werden". Demgegenüber ist hervorzuheben, daß das BranntwMonGes. nicht den Wein als solchen, sondern nur den Branntwein besteuern will (ZfZ 1930 S. 86). Geht ausländischer Wein unverspritet ein, so unterliegt der durch natürliche Gärung in ihm entstandene Weingeist nicht dem Monopolausgleich. Das gleiche muß gelten, wenn der Wein mit zugesetztem Weingeist verspritet eingeht. Ferner dürfen innere Abgaben ausländische Erzeugnisse nicht stärker belasten als gleichartige inländische Erzeugnisse durch sie betroffen werden. Beim Ausspriten von Wein im Inland - das allerdings wegen der hohen Belastung des Inlandsprits kaum vorkommen wird (vgl. ZfZ 1930 S. 244) - ist aber nur das zugesetzte Destillat und nicht der natürliche Weingeistgehalt der Monopolbelastung unterworfen (ZfZ 1930 S. 86 rechte Spalte).
Die Ermittlung der zugesetzten Weingeistmenge mag gewisse Schwierigkeiten bereiten. Dies können aber an der Rechtslage nichts ändern (ZfZ 1930 S. 208) und werden durch Schätzung nach § 217 der Reichsabgabenordnung zu überwinden sein (vgl. dazu auch den Vorschlag auf S. 24 des Gutachtens vom 19. Januar 1954).
Die wirtschaftlichen Folgen, wie sie in der Deutschen Weinzeitung a. a. O. S. 153 in Teil II b bis d geschildert sind, werden bei einer Heranziehung der verspriteten Weine zum Monopolausgleich nicht unbeachtet bleiben dürfen.
Fundstellen
Haufe-Index 425855 |
BStBl III 1955, 197 |