Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an den Nachweis, dass ein Kurzzeitpächter Milcherzeuger ist
Leitsatz (NV)
1. Ob die Voraussetzungen einer selbständigen Bewirtschaftung für die Milcherzeugung gepachteter Produktionseinheiten vorliegen, ist vom Tatrichter aufgrund einer Würdigung des Gesamtbildes der Verhältnisse zu entscheiden.
2. Der Nachweis, dass der bisher von dem Verpächter unterhaltene Milcherzeugungsbetrieb für die Dauer der Pacht auf einen anderen übergegangen ist, obliegt jedoch, wenn in dem Betrieb äußerlich alles beim Alten geblieben ist, dem Verpächter auch in dem Sinne, dass verbleibende Zweifel am Vorliegen für einen zeitweiligen Betriebsübergang ausreichender Merkmale zu seinen Lasten gewürdigt werden müssen.
3. Die Dauer der Pachtzeit ist für die tatrichterliche Würdigung, ob jemand Milcherzeuger geworden ist, nicht ohne Bedeutung oder ohne erhebliches Gewicht; bei kurzer Pachtzeit spricht vielmehr eine erste Vermutung dafür, dass der Verpächter während dieser Zeit Betriebsinhaber geblieben ist. Es bedarf bei kurzfristiger Pacht besonders gewichtiger Umstände, die bei der Gesamtwürdigung dem Fall das Gepräge geben, wenn der Pächter als Betriebsinhaber angesehen werden soll.
Normenkette
EGV 1788/2003 Art. 5 Buchst. c; FGO § 118 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) bewirtschaftet einen auf Milcherzeugung ausgerichteten landwirtschaftlichen Betrieb. Sie liefert die von ihr erzeugte Milch an eine Molkerei (im Folgenden: Molkerei). Sie hat zwei Verträge mit der X-GmbH (im Folgenden: GmbH) geschlossen, welche damals in einer knapp 400 km vom Hof der Klägerin entfernten Ortschaft ebenfalls Milcherzeugung betrieb. Mit undatierten Verträgen, die eine Vergütung von insgesamt … € vorsehen, hat sie an die GmbH ihre Milchkühe verpachtet und ihr durch einen sog. Nutzungsvertrag ein Stallgebäude einschließlich Güllebehälter für die Zeit vom 15. Dezember 2004 bis 31. März 2005 überlassen.
Aufgrund dieser Verträge und weiterer, sogleich darzustellender Vereinbarungen sieht die Klägerin die GmbH für die fragliche Zeit als Milcherzeugerin an, während der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt --HZA--) der Auffassung ist, die Klägerin sei Erzeugerin der auf ihrem Hof produzierten Milch geblieben.
Im Einzelnen enthalten die zwischen der Klägerin und der GmbH getroffenen Vereinbarungen Folgendes:
Der GmbH steht ein Kündigungsrecht für Kühe zu, die ausfallen oder in der Leistung um mehr als 20 % abfallen. Die Klägerin ist jedoch in diesem Falle berechtigt, Ersatzkühe mit vergleichbarer Leistung zu stellen. Der Klägerin ist wöchentlich ein Kontoauszug des von der GmbH zur Abwicklung des Vertragsverhältnisses einzurichtenden Geschäftskontos zu übersenden. Herr Z wird von der GmbH mit der Betreuung der Kühe vor Ort beauftragt.
Die GmbH hat dazu mit Z einen Arbeitsvertrag geschlossen, nach dem Z in der vorgenannten Zeit sämtliche Arbeiten im Bereich der Fütterung, des Melkens und der Beaufsichtigung des gemieteten Milchviehbestandes bei einer Arbeitszeit von drei Stunden täglich gegen einen Lohn von … € pro Stunde zu verrichten hat.
Das HZA hat mit --die Abgabenanmeldung der Molkerei berichtigendem-- Bescheid vom 30. November 2006 gegen die Klägerin eine Milchabgabe von … € festgesetzt. Auf die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) die Abgabenfestsetzung jedoch aufgehoben.
Es urteilte, die Klägerin sei nicht Erzeugerin der auf ihrem Hof von der GmbH produzierten Milch gewesen. Durch die zivilrechtlich wirksamen Verträge, die auch durchgeführt worden seien, sei ein Milcherzeugungsbetrieb der GmbH bezüglich der verpachteten Wirtschaftsgüter begründet worden und insbesondere das wirtschaftliche Risiko der Milcherzeugung auf diese übergegangen. Das vereinbarte besondere Kündigungsrecht stehe dem nicht entgegen. Es sei der GmbH überlassen gewesen, ob sie dieses Recht ausübe, und selbst dann wäre sie auf den bis dahin eingetretenen Verlusten sitzen geblieben. Die wöchentliche Information über das Geschäftskonto der GmbH sei für die Frage des Übergangs der Milcherzeugereigenschaft ohne wesentliche Bedeutung; denn eine Einflussnahme auf die Betriebsführung habe dies nicht ermöglicht.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des HZA.
Das HZA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision des HZA zurückzuweisen.
Die Würdigung des Gesamtbildes der Verhältnisse könne vom Bundesfinanzhof nur daraufhin überprüft werden, ob diese gegen Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze verstoße. Derartige Mängel zeige die Revisionsbegründung aber nicht auf.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des HZA ist begründet und führt zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Die vom FG getroffenen Feststellungen gestatten nicht den Schluss, dass die Klägerin nicht Erzeugerin der Milch ist, die sie der GmbH als Pächterin der während der überwiegenden Zeit des Milchwirtschaftsjahres von ihr selbst zur Milcherzeugung genutzten Produktionsmittel (Kühe, Ställe, Melkeinrichtungen etc.) zugerechnet wissen will.
1. Erzeuger im Sinne der hier anzuwendenden Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 270/123) ist nach deren Art. 5 Buchst. c der Betriebsinhaber, der einen Betrieb im geografischen Gebiet eines Mitgliedstaats bewirtschaftet und der Milch erzeugt und vermarktet. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) hat dabei in seinem Urteil vom 15. Januar 1991 C-341/89 --Ballmann-- (Slg. 1991, I-25), das zwar zu einer früheren Fassung der Milchabgaberegelung ergangen, jedoch auch für den Streitfall einschlägig ist, die Erzeugereigenschaft im Sinne der Milchabgaberegelung jeder Person zugestanden, die einen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet und die Milch oder Milcherzeugnisse verkauft oder liefert; sie braucht nicht Eigentümer der Anlagen zu sein, die sie für ihre Produktion nutzt; erforderlich ist lediglich, dass sie die Produktionseinheiten, zu deren Bewirtschaftung sie bestimmte Anlagen gepachtet hat, selbständig betreibt.
Ob die Voraussetzungen einer selbständigen Bewirtschaftung gepachteter Produktionseinheiten vorliegen, ist aufgrund einer Würdigung des Gesamtbildes der Verhältnisse zu entscheiden. Denn der Begriff des Erzeugers lässt sich nicht durch Aufzählung feststehender Merkmale abschließend bestimmen; es handelt sich nicht um einen tatbestandlich scharf umrissenen Begriff, der durch eine bestimmte Zahl hinreichender Merkmale ausreichend beschrieben werden kann. Ob jemand eine Tätigkeit "selbständig" ausübt, ist vielmehr anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Kriterien nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen, wobei die Gegebenheiten im konkreten Einzelfall zu gewichten und gegeneinander abzuwägen sind. Denn den eine selbständige Milcherzeugung kennzeichnenden Merkmalen ist eigen, dass grundsätzlich keines von ihnen für sich allein den Schluss gestattet, der Betreffende sei selbständig und eigenverantwortlich tätig, so wie grundsätzlich keines dieser Merkmale, wenn es fehlt, diesen Schluss von vornherein ausschließt. Sind jedoch die Verhältnisse des einzelnen Falls überwiegend durch Umstände geprägt, die für eine selbständige Bewirtschaftung von Produktionsmitteln für die Milcherzeugung typisch sind, kann dies rechtfertigen, den Betreffenden als Milcherzeuger anzusehen, auch wenn andere Merkmale fehlen.
Die Aufgabe der Würdigung des Einzelfalls nach dem Gesamtbild der Verhältnisse obliegt dabei im Wesentlichen dem FG; seine Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse ist revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar (Urteil des Senats vom 25. September 2007 VII R 28/06, BFHE 218, 448, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2007, 329).
2. Die vom FG im Streitfall vorgenommene Würdigung der festgestellten Tatsachen ist indes auch unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabes zu beanstanden. Denn es ist nicht nachvollziehbar und mit der Lebenserfahrung entsprechenden Beweiswürdigungsregeln nicht vereinbar, dass das FG aufgrund der von ihm festgestellten Tatsachen die GmbH und nicht die Klägerin als Erzeugerin der streitigen Milchmengen angesehen hat.
Das FG hat offenbar als allein entscheidend oder doch vor allen anderen Merkmalen des Streitfalls maßgeblich angesehen, ob die GmbH oder die Klägerin für die Pachtzeit das wirtschaftliche Risiko der Milcherzeugung getragen hat. Indes ist dies nur ein, wenn auch gewichtiges, in die Gesamtwürdigung einzustellendes Merkmal der Erzeugerstellung; der EuGH hat ebenso wenig wie der erkennende Senat entschieden, Milcherzeuger sei, wer das wirtschaftliche Risiko der Milcherzeugung trägt, sondern er hat denjenigen als Milcherzeuger angesprochen, der einen landwirtschaftlichen Betrieb selbständig bewirtschaftet, was sich im Allgemeinen nicht in der Übernahme des wirtschaftlichen Risikos erschöpft, sondern einschließt, dass der Betreffende wie ein Betriebsleiter zumindest die für die Milchwirtschaft wesentlichen Anordnungen trifft und ihre erfolgreiche Umsetzung überwacht. Dass dies im Streitfall geschehen ist, insbesondere der von der GmbH angeblich beauftragte Z als Betriebsleiter in diesem Sinne --nicht nur auf dem Papier, sondern nach den tatsächlichen Betriebsabläufen-- angesehen werden kann, ist nicht nachvollziehbar festgestellt. Die Gründe des Urteils des FG erschöpfen sich insofern in der weitgehend formelhaften, durch konkrete Feststellungen nicht gestützten Behauptung, die mit der Klägerin geschlossenen Verträge seien durchgeführt worden und die GmbH habe einen Milcherzeugungsbetrieb begründet.
In Wahrheit sind die Verhältnisse des Streitfalls hingegen durch eine Fülle von Umständen gekennzeichnet, die dafür untypisch sind, dass die GmbH (hinsichtlich der auf dem Hof der Klägerin produzierten Milch) die Stellung eines Betriebsinhabers hatte, mithin als Milcherzeugerin anzusehen ist.
Das gilt zunächst schon und keineswegs zuletzt für die nur kurze Zeit, in welcher die GmbH überhaupt Zugriff auf den Hof hatte. Der erkennende Senat hat zwar entschieden (Urteil vom 23. Januar 1996 VII R 67/95, BFH/NV 1996, 654), dass die kurze Dauer eines Pachtvertrags allein der Annahme einer selbständigen Nutzung von Kühen zur Milcherzeugung nicht entgegenstehe, weil die Eigenverantwortlichkeit des Gebrauchs und der Nutzung des Pachtgegenstands nicht notwendig erst dann gegeben sei, wenn die Kühe über eine längere Dauer genutzt werden. Er hat in seinem Beschluss vom 4. Dezember 2006 VII B 316/05 (BFHE 216, 455, ZfZ 2007, 78) sogar für möglich gehalten, dass eine Verpachtung der Stallanlage einschließlich der dort aufgestellten Milchkühe an einen anderen Milcherzeuger für nur sechs Tage dessen Milcherzeugerstellung begründen könne, allerdings in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass eine Würdigung des Tatrichters, dass der Pächter während der Pachtzeit die Milchproduktion mit Hilfe der gepachteten Produktionsmittel selbständig betrieben habe, nicht mehr möglich, sondern unvereinbar mit Erfahrungssätzen sein dürfte, wenn es sich um eine Pacht von Milchproduktionsmitteln für einen noch kürzeren Zeitraum handele, weil bei derart kurzen "Pachtzeiten" die angeblich selbständige Bewirtschaftung fremder Produktionsmittel durch einen Pächter von einer bloßen Aushilfe für einen kurzfristig an der Verrichtung der für die Milchproduktion erforderlichen Tätigkeiten verhinderten Erzeuger nicht mehr sicher unterschieden werden könne.
Aus diesen Entscheidungen ist indes nicht zu folgern, dass die Dauer der angeblichen Pachtzeit für die tatrichterliche Würdigung, ob jemand Milcherzeuger geworden ist (oder nicht vielmehr lediglich die Stellung einer Stallhilfe oder sogar eines Strohmanns hatte), ohne Bedeutung oder jedenfalls ohne erhebliches Gewicht wäre. Vielmehr spricht bei kurzer Pachtzeit, in der sich ein eigenes Bewirtschaftungskonzept aufzustellen und in der Praxis tatsächlich umzusetzen, statt alles beim Alten und den Betrieb so wie bisher vom Verpächter betrieben weiterlaufen zu lassen, für den angeblichen Pächter in der Regel als schwierig und wenig lohnend darstellen muss, eine erste Vermutung dafür, dass der Verpächter während dieser Zeit Betriebsinhaber in dem hier maßgeblichen, eben erläuterten Sinn geblieben ist. Es bedarf folglich bei kurzfristiger Überlassung der für die Milcherzeugung benutzten Produktionsmittel, insbesondere wenn es sich um den Stall und zugleich auch die Kühe handelt, besonders gewichtiger Umstände, die bei der Gesamtwürdigung dem Fall das Gepräge geben, wenn trotz der kurzen Pachtzeit der Pächter als Betriebsinhaber angesehen werden soll.
Solche Umstände fehlen im Streitfall weitgehend. Es ist nicht festgestellt und auch nicht einmal substantiiert behauptet worden, dass die GmbH ein eigenes Bewirtschaftungskonzept aufgestellt und umgesetzt hat --was nicht unabdingbare Voraussetzung einer Milcherzeugerstellung, aber gleichwohl für einen Betriebsinhaber typisch ist--. Es ist überhaupt nichts festgestellt, worin sich die Dispositionsbefugnis der GmbH tatsächlich geäußert hätte und dass diese in irgendeiner Form von dieser Gebrauch gemacht hätte. Die Betreuung der Kuhherde hat sie jedenfalls mit Z einer Person überlassen, der sie offenbar nicht aus eigenem Urteil und aufgrund eigener Erfahrung vertraut hat, sondern weil ihr dies die Klägerin abverlangt hat. Es ist indes für einen Milcherzeuger nicht typisch, dass er die Betreuung seiner Herde jemandem überlässt, den er nicht selbst ausgesucht hat. Es ist auch nicht typisch, dass ein Milcherzeuger die sonstige Betriebsführung jemandem überlässt, der sich, mag er auch in seinen Diensten stehen, nicht unter seiner Aufsicht und Anleitung befindet. Dass eine solche Aufsicht und Anleitung seitens der GmbH bei Z bestanden hat, ist nicht festgestellt; dass Z überhaupt in irgendeiner Weise bei der Bewirtschaftung der Kuhherde tatsächlich tätig geworden ist oder nach seinen Kenntnissen und Erfahrungen betreffend die Milchwirtschaft auch nur hätte tätig werden können, ist ebenfalls nicht festgestellt. Ob es im Übrigen für einen Milcherzeuger, wenn er die Rechtsform einer juristischen Person hat, typisch ist, mehrere hunderte Kilometer von seinem Stammsitz entfernte Betriebsstätten zu unterhalten, mag auf sich beruhen; das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin gibt jedoch Anlass zu dem Hinweis, dass es insofern nicht darauf ankommt, ob eine solche Gestaltung (marktordnungs-)rechtlich zulässig ist und (zur Ausnutzung sonst ungenutzter Referenzmengen) tatsächlich angewandt wird, sondern wie sie bei der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen ist. Gegen die (vorübergehende) Übertragung der Milcherzeugerstellung auf die GmbH spricht allemal, dass die Klägerin es offenbar nötig fand, wöchentlich Einblick in deren Betriebs-Sonderkonto nehmen zu können, mag sie auch von der betreffenden Vertragsklausel später tatsächlich keinen Gebrauch gemacht haben, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat vorgetragen hat.
Das Viehfutter hat die GmbH nicht nur offenbar zumindest weitgehend von der Klägerin bezogen, sondern es ist auch weder festgestellt noch auch nur behauptet, dass nicht diese, sondern die GmbH bzw. Z in diesem Zusammenhang irgendwelche Entscheidungen oder Anordnungen z.B. über die Art und Menge des zu liefernden Futters, Preise, Lieferzeitpunkt oder dergleichen getroffen und dazu eigene Überlegungen angestellt hätten. Über die wichtige und für einen Milcherzeuger kennzeichnende Befugnis zur Befruchtung der Tiere konnte sie ohnehin nicht entscheiden.
Was danach als Merkmal einer Milcherzeugerstellung der GmbH verbleibt, ist, dass diese ein freilich sehr begrenztes wirtschaftliches Risiko übernommen hat. Dieses fällt nicht nur deshalb gering aus, weil sie gegen Ausfall und entscheidenden Leistungsabfall von Kühen geschützt war, sondern weil das vom FG hervorgehobene Risiko des --durch mangelhafte Milchlieferungen bedingten-- Ausfalls des Milchgeldes von der GmbH ohne weiteres steuerbar gewesen wäre, das Insolvenzrisiko der Molkerei bei einer nur zweimonatigen Pachtzeit relativ gut einzuschätzen gewesen sein dürfte und die Belastung mit der Stallpacht trotz Ausfalls von Kühen selbst im Falle ausbleibenden Ersatzes derselben wirtschaftlich schwerlich als ins Gewicht fallend beurteilt werden kann.
Die angebliche Betriebsinhaberstellung der GmbH lässt sich mithin weitgehend nur daraus herleiten, dass sich die Klägerin und die GmbH in ihren vertraglichen Abmachungen darum bemüht haben, die GmbH so weitgehend als Betriebsinhaberin erscheinen zu lassen, wie dies ohne ernstliche Gefährdung der tatsächlichen Stellung der Klägerin möglich war, welche ihren Betrieb wie bisher fortgeführt wissen und dies auch kontrollieren wollte. Die Erzeugerstellung der GmbH stand mit anderen Worten auf dem Papier, war aber an den tatsächlichen Verhältnissen nicht erkennbar und hat sich in ihnen in kaum einer Hinsicht niedergeschlagen.
Es überschreitet unter diesen Umständen die Beurteilungsfreiheit des Tatrichters, den Nachweis als geführt anzusehen, dass der bisher von der Klägerin unterhaltene Betrieb für die Dauer der Pacht auf einen anderen übergegangen ist. Dieser Nachweis obliegt, wenn in dem Betrieb äußerlich alles beim Alten geblieben ist, dem Verpächter, nicht nur was Inhalt und Abschluss der --hier undatierten-- Verträge angeht (so schon Urteil des Senats in BFHE 218, 448, ZfZ 2007, 329); er obliegt ihm auch in dem Sinne, dass verbleibende Zweifel am Vorliegen für einen (zeitweiligen) Betriebsübergang ausreichender Merkmale zu seinen Lasten gewürdigt werden müssen, weil er es ist, der sich auf einen außergewöhnlichen Vorgang sowie Vorgänge und Umstände beruft, die in seiner Sphäre liegen.
3. Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Die Würdigung des Tatsachengerichts muss, um für das Revisionsgericht bindend zu sein, zwar nicht zwingend, sie muss aber auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen vertretbar und nachvollziehbar begründet sein. Daran fehlt es hier. Den Erwägungen des FG ist allenfalls zu entnehmen, dass es die zwischen der Klägerin und der GmbH getroffenen Vereinbarungen als eine in (zivil-)rechtlicher Hinsicht taugliche Grundlage für eine Übergabe der Betriebsführung an die GmbH ansieht, nicht aber, dass festgestellt worden ist, dass die Betriebsführung tatsächlich an die GmbH übergegangen ist. Es reicht indes insbesondere nicht aus, Verträge zu schließen, die einen rechtlichen Rahmen für einen Übergang der Milcherzeugung an einen anderen bereitstellen, wenn in dem tatsächlichen Vollzug dieser Verträge dem Verpächter die Betriebsführung (hier z.B. die Futterbereitstellung) überlassen wird, mag dies von Anfang gewollt oder erst später so praktiziert worden sein.
Da bei einer dem Bundesrecht entsprechenden Würdigung der getroffenen Feststellungen und des Vorbringens der Beteiligten im Streitfall keine andere Beurteilung als die in Betracht kommt, dass die Klägerin auch während der Pachtzeit Milcherzeugerin geblieben ist, muss das Urteil des FG aufgehoben und die Klage abgewiesen werden. Die Abgabenfestsetzung gegen die Klägerin ist rechtmäßig.
Fundstellen
Haufe-Index 2216662 |
BFH/NV 2009, 1849 |
HFR 2010, 42 |