Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Buchführungspflichtigen Landwirten, deren Einkommen den Betrag von 6.000 DM jährlich nicht übersteigt, steht die Vergünstigung des § 13 Abs. 3 EStG 1949 auch dann nicht zu, wenn sie keine ordnungsmäßigen Bücher führen und deshalb hinsichtlich ihrer Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft geschätzt werden.

 

Normenkette

EStG § 13 Abs. 3

 

Tatbestand

Das Finanzamt hat den Gewinn des Steuerpflichtigen (Stpfl.) aus Land- und Forstwirtschaft mangels Buchführung nach der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittsätzen für die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft - VOL - vom 2. Juni 1949 (Gesetz- und Verordnungsblatt des Wirtschaftsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebiets - WiGBl. - 1949 S. 95) auf 6.700 DM geschätzt. Es hat jedoch, obwohl sich nach Abzug der Sonderausgaben von 1.437 DM ein Einkommen von unter 6.000 DM ergab, den Freibetrag von 1.000 DM gemäß § 13 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1949 nicht gewährt, weil die VOL wegen der Verpflichtung zur Führung von Büchern gemäß § 161 Abs. 1 Ziff. 1 e der Reichsabgabenordnung (AO) hier nicht anzuwenden sei.

Der Stpfl. machte hiergegen im wesentlichen folgendes geltend: Für die Gewährung des Freibetrages genüge es, daß die VOL der Gewinnermittlung tatsächlich zugrunde gelegt worden sei. Nur wenn der Gewinn auf Grund einer Schätzung nach § 217 AO, die alle Umstände des Einzelfalles berücksichtige, ermittelt werde, könne der Freibetrag versagt werden. Eine andersartige Auffassung würde zu einer ungleichmäßigen Behandlung der Stpfl. führen und sei mit Art. 3 und Art. 123 der Bayerischen Verfassung nicht vereinbar.

Das Finanzgericht trat dem Finanzamt bei. Der Stpfl. sei unbestritten zur Führung von Büchern verpflichtet. Sein Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft habe nach der bei der letzten Veranlagung vor II/1948 und 1949, nämlich für 1946 durch den Einkommensteuerbescheid vom 28. Oktober 1946 getroffenen Feststellungen 7.400 RM betragen. Durch den Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 8. Juni 1942 S. 1160-381 III R (Reichssteuerblatt - RStBl. - 1942 S. 569) sei zwar für die Kriegszeit die Grenze von 6.000 RM auf 12.000 RM erhöht worden. In Abschn. 30 der Einkommensteuer-Ergänzungsrichtlinien (EStER) 1943, Abschn. 90 Abs. 1 b der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1946 (Amtsblatt 1947 des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen 1947 S. 117) und Abschn. 133 Abs. 1 b EStR II/1948 und 1949 sei jedoch das Anwendungsgebiet der VOL auf die Fälle begrenzt worden, in denen die im § 161 Abs. 1 Ziff. 1 e AO festgesetzte Grenze von 6.000 RM nicht überschritten sei. Da das Finanzamt andere Unterlagen für die Gewinnfestsetzung nicht gehabt habe, sei kein anderer Ausweg geblieben, als die landwirtschaftlichen Einkünfte gemäß § 217 AO im Anhalt an die VOL zu schätzen. Es würde nicht verständlich sein, daß ein buchführungspflichtiger Unternehmer je nach dem voraussehbaren Ergebnis eines Wirtschaftsjahres durch Unterlassen der Buchführung sich Vorteile verschaffen könne und Anspruch auf Gewährung des Freibetrages erlange.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.), die das Vorbringen im bisherigen Verfahren wiederholt, ist unbegründet.

§ 13 Abs. 3 EStG 1949 knüpft die Vergünstigung an die Voraussetzung, daß es sich um einen nichtbuchführenden Landwirt handelt und die Einkünfte nach Durchschnittsätzen ermittelt werden. Es ist unbestritten, daß der Stpfl. buchführungspflichtig ist und deshalb infolge der grundsätzlichen Regelung in § 1 der Verordnung vom 2. Juni 1949, die die Regelung der Verordnung vom 31. Dezember 1936 (RStBl 1937 S. 33) unverändert übernommen hat, nicht nach Durchschnittsätzen zu veranlagen ist. Nach § 29 Abs. 2 EStG besteht allerdings unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, daß auch für buchführungspflichtige Landwirte, die keine ordnungsmäßigen Bücher führen, eine Besteuerung nach Durchschnittsätzen erfolgt. Tatsächlich sind jedoch für derartige Fälle Durchschnittsätze nicht aufgestellt worden. Wollte man auch hier die Vergünstigung gewähren, so würde das im Ergebnis bedeuten, daß ein Verstoß gegen die gesetzlich auferlegte Verpflichtung zur Buchführung zu einem Vorteil insofern führen würde, als ein Teilbetrag des Einkommens steuerbefreit würde. Dieses Ergebnis kann nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen. Es muß vielmehr mit dem Finanzgericht davon ausgegangen werden, daß § 13 Abs. 3 EStG 1949 nur für nichtbuchführungspflichtige Landwirte, also für Landwirte, die unter die VOL fallen, in Frage kommt. Die Vorschrift kann nicht als verfassungswidrig bezeichnet werden. Wenn der Gesetzgeber verschiedenartige Tatbestände steuerlich verschieden regelt, so verstößt er nicht gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit. Ob die verschiedenartige Regelung zweckmäßig ist, haben die Steuergerichte nicht zu entscheiden. Soweit für die Veranlagung buchführungspflichtiger Landwirte die Durchschnittsätze der VOL angewandt werden, handelt es sich um eine Schätzung nach § 217 AO.

Die Rb. muß somit als unbegründet zurückgewiesen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407447

BStBl III 1952, 199

BFHE 1953, 512

BFHE 56, 512

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