Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer, Kfz-Steuer, sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Unter einem Landwirt im Sinne des § 1 Abs. 1 Ziff. 2 des baden-württembergischen Gesetzes über Erleichterungen bei der Grunderwerbsteuer für den Erwerb von Grundstücken zur Verbesserung der inneren Verkehrslage land- und forstwirtschaftlicher Betriebe vom 6. Februar 1956 (GesBl für Baden-Württemberg 1956 S. 8, BStBl 1956 II S. 46) ist nur der zu verstehen, dem ein eigener landwirtschaftlicher Betrieb gehört und der in diesem landwirtschaftlichen Betrieb hauptberuflich tätig ist.
GrEStG § 1 Abs. 1 Ziff. 1; baden-württembergisches Gesetz über Erleichterungen bei der Grunderwerbsteuer für den Erwerb von Grundstücken zur Verbesserung der inneren Verkehrslage land- und forstwirtschaftlicher Betriebe vom 6. Februar 1956 (GesBl für Baden-Württemberg 1956 S. 8,
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1; GrEStLandGBW 1/1/2
Tatbestand
Der Bf. hat die Landwirtschaft erlernt und arbeitet überwiegend in dem landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern. Er erwarb durch Kaufvertrag vom 3. September 1957 ein landwirtschaftliches Grundstück in einer Größe von 810 qm. Bis dahin gehörte ihm lediglich eine 3.300 qm große, von ihm selbst landwirtschaftlich genutzte Grundstücksfläche.
Streitig ist, ob auf den vorbezeichneten Erwerbsvorgang (Kaufvertrag vom 3. September 1957) die Steuerbefreiung des § 1 Abs. 1 Ziff. 2 des baden-württembergischen Gesetzes über Erleichterungen bei der Grunderwerbsteuer für den Erwerb von Grundstücken zur Verbesserung der inneren Verkehrslage land- und forstwirtschaftlicher Betriebe vom 6. Februar 1956 (Gesetzblatt für Baden-Württemberg 1956 S. 8, BStBl 1956 II S. 46) anwendbar ist. § 1 Abs. 1 a. a. O. lautet, soweit es im Streitfall darauf ankommt:
"(1) Von der Besteuerung nach dem Grunderwerbsteuergesetz vom 29. März 1940 (RGBl. I S. 585) ist auf Antrag ausgenommen:
....
Der Erwerb eines land- oder forstwirtschaftlich genutzten Grundstücks durch einen Landwirt, wenn folgende Voraussetzungen sämtlich gegeben sind:
Der Wert der Gegenleistung darf 1.000 Deutsche Mark nicht übersteigen;
der Grundstückserwerber muß im Hauptberuf Landwirt sein oder dem Personenkreis im Sinne des § 35 BVFG (Anm.: Bundesvertriebenengesetz) angehören;
das erworbene Grundstück muß auch weiterhin land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken dienen;
der Wirtschaftswert (ß 5 Ziff. 2 der Durchführungsverordnung zum Bewertungsgesetz vom 2. Februar 1935, RGBl. I S. 81, in der Fassung der Verordnung zur änderung der Durchführungsverordnung zum Bewertungsgesetz vom 10. April 1954, BGBl. I S. 83) des landwirtschaftlichen Betriebs, zu dem das Grundstück hinzuerworben wird, darf 15.000 Deutsche Mark nicht übersteigen.
....." Das Finanzamt hat es abgelehnt, die bezeichnete Befreiungsvorschrift anzuwenden, und den Bf. zur Grunderwerbsteuer herangezogen.
Die ordnungsmäßig eingelegte Sprungberufung wurde als unbegründet zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Auch die Rb. ist ohne Erfolg.
Wie das Wort "Landwirt" ergibt, tritt die Steuerbefreiung nicht bereits ein, wenn der Erwerber seinen Lebensunterhalt hauptsächlich aus der Arbeit in einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb bezieht. Erforderlich ist vielmehr, daß ihm ein eigener landwirtschaftlicher Betrieb gehört. Landwirt ist hiernach eine als solcher selbständig tätige Person. Personen, die in der Landwirtschaft tätig sind (zum Beispiel Landwirtssöhne im elterlichen Betrieb), ohne daß sie einen eigenen Betrieb bewirtschaften, sind nicht bereits aus diesem Grund von der Grunderwerbsteuer befreit. Allerdings gehörte dem Bf., als er das in Betracht kommende Grundstück erwarb, bereits eine Grundstücksfläche von 3.300 qm, die er neben seiner Tätigkeit in der elterlichen Landwirtschaft selbst bewirtschaftete. Wie aber aus dem Wort "Hauptberuf" (a. a. O. Ziff. 2b) gefolgert werden muß, ist notwendig, daß die Tätigkeit als selbständiger Landwirt hauptberuflich ausgeübt wird. Ein 3.300 qm großes Grundstück genügt aber nicht, um von dem Bf. als einem im Hauptberuf selbständigen Landwirt zu sprechen. Beabsichtigt war vom Gesetzgeber offensichtlich, eine Steuerbefreiung dann eintreten zu lassen, wenn kleine landwirtschaftliche Betriebe, damit sie rationeller bewirtschaftet werden können, durch Hinzuerwerb von Grundstücken vergrößert werden; beabsichtigt war dagegen offensichtlich nicht, der Entstehung neuer Kleinstbetriebe Vorschub zu leisten.
Die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Ziff. 2 des Gesetzes vom 6. Februar 1956 ist offenbar an den Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 15. August 1940 (RStBl 1940 S. 754), die Grunderwerbsteuerbefreiung beim Landerwerb zur Festigung der Existenzgrundlage eines landwirtschaftlichen Kleinbetriebs betreffend, angelehnt worden. Damals wurde gefordert, daß der Erwerber "entweder hauptberuflich Kleinlandwirt oder Landarbeiter" ist, "der seinen Lebensunterhalt hauptsächlich aus der Arbeit in der Land- oder Forstwirtschaft bezieht". Die hier in Betracht kommende Steuerbefreiung spricht jedoch nur noch von "Landwirten", nicht auch von "Landarbeitern". Daraus ergibt sich gleichfalls, daß der begünstigte Personenkreis enger gezogen, insbesondere Landarbeiter - die nicht zugleich hauptberufliche Landwirte sind - nicht mehr unter die Steuerbefreiung fallen sollten. Was aber für Landarbeiter gilt, muß auch für Landwirtssöhne zutreffen, zumal diese als solche nicht einmal nach dem Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 15. August 1940 begünstigt waren.
Auch der Erlaß des Finanzministeriums Baden-Württemberg S 4500 - 172/56 vom 30. August 1957 sieht vor, worauf das Finanzamt im Schreiben an das Finanzgericht vom 11. November 1957 hinweist, daß nur derjenige als hauptberuflicher Landwirt anerkannt werden kann, der seine Arbeitskraft zum überwiegenden Teil für die Bewirtschaftung seines eigenen landwirtschaftlichen Betriebs einsetzt. Dieser Erlaß ist zwar als Verwaltungsanweisung für den Senat nicht verbindlich. Er liefert jedoch einen beachtlichen Anhaltspunkt für die Auslegung des Gesetzes und bestätigt die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung.
Es mag zutreffen, daß im Sinne des Bewertungsrechts auch ein 3.300 qm großes landwirtschaftlich genutztes Grundstück als landwirtschaftlicher Betrieb zu bezeichnen ist, weil die Worte landwirtschaftlicher Betrieb dem Bewertungsrecht als Bezeichnung für die wirtschaftliche Einheit des landwirtschaftlichen Vermögens dienen. Jedoch kann dahingestellt bleiben, ob deshalb ein derartiges Grundstück auch im Sinne des hier in Betracht kommenden Gesetzes als landwirtschaftlicher Betrieb anzusehen ist. In keinem Fall kann davon gesprochen werden, daß der Bf. das Grundstück hauptberuflich bewirtschaftet.
Ob es zweckmäßiger gewesen wäre, eine andere Regelung als die angeführte zu treffen, kann unerörtert bleiben. Die Rechtsprechung ist an Gesetz und Recht gebunden (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes).
Nach alledem war die Rb. als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 410167 |
BStBl III 1961, 540 |
BFHE 1962, 752 |
BFHE 73, 752 |