Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für Schulskileiter-Lizenz als Werbungskosten
Leitsatz (NV)
Zu den erforderlichen Feststellungen, die eine abschließende Würdigung von Aufwendungen für den Erwerb einer Schulskileiter-Lizenz als Werbungskosten erlauben.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Oberstudienrat an einem Gymnasium und unterrichtet die Fächer Sport und Biologie. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) lehnte es im Einkommensteuerbescheid u. a. ab, die Aufwendungen des Klägers für einen Skikurs in X als Werbungskosten zu berücksichtigen. Diesen Lehrgang hatte das staatliche Institut für Lehrerfortbildung in . . . (SIL) in der Zeit vom 27. Dezember . . . bis 7. Januar . . . veranstaltet.
Mit dem Einspruch trug der Kläger u. a. vor, der Lehrgang habe dazu gedient, die Befähigung zur Durchführung von Schullandheimaufenthalten mit Skilauf zu erlangen. Nach den Richtlinien des Kultusministeriums vom 29. Dezember 1976 i. d. F. vom 2. April 1979 müßten Lehrer, die einen Schullandheimaufenthalt mit Skilauf durchführten, eine besondere Qualifikation haben. Diese sei mit dem Skikurs in X erworben worden. Die rein berufliche Veranlassung ergebe sich auch daraus, daß der Dienstherr eine Dienstreise veranlaßt habe und das SIL einen Zuschuß von 300 DM bezahlt habe.
Das FA wies den Einspruch zurück. Es führte aus, die Teilnahme am streitigen Lehrgang sei insofern aus beruflichen Gründen erfolgt, als der Kläger mit ihm die Befähigung zur Durchführung von Schullandheimaufenthalten mit Skilauf erworben habe. Der Kläger sei aber weder vom Dienstherrn angewiesen noch gezwungen gewesen, diese Befähigung zu erwerben. Die Notwendigkeit zur Teilnahme habe sich erst durch seine freiwillige Bereitschaft ergeben, an Schullandheimaufenthalten als Aufsichtsperson mitzuwirken. Damit seien berufliche Gründe für die Teilnahme nicht allein entscheidend gewesen. Der Kläger habe vielmehr sein sportliches Hobby mit einer vom Dienstherrn erwünschten Leistung verbunden. Bei Skireisen der zu beurteilenden Art lägen auch private Interessen von nicht untergeordneter Bedeutung vor. Ein außerberuflicher Reisezweck sei im allgemeinen schon deshalb anzunehmen, weil derartige Reisen infolge ihres sportlichen Charakters vornehmlich der Erholung dienten und einen hohen Freizeitwert besäßen. Das Skilaufen erfolge nämlich aus sportlichen Gründen bzw. zum Vergnügen. Dabei verbinde sich ein mehr oder weniger attraktiver Erlebnisgehalt untrennbar mit dem beruflichen Reisezweck. Aufwendungen aus Anlaß derartiger Lehrgänge fielen unter das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Daran ändere nichts, daß der Kurs durch das SIL veranstaltet und bezuschußt worden sei.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage gemäß § 105 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in abgekürzter Form und nach Art. 3 § 5 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (VGFGEntlG) ohne mündliche Verhandlung ab. Ergänzend zu den Gründen der Einspruchsentscheidung führte die Vorinstanz aus, der Lehrgang sei zwar für die berufliche Tätigkeit des Klägers von Nutzen gewesen, er sei jedoch nicht ausschließlich oder weitaus überwiegend beruflich veranlaßt gewesen. Nach dem Schreiben des Landesverbandes im Deutschen Sportlehrerverband vom 21. September 1974 habe es sich um einen Fortbildungskurs gehandelt, der eine Fortbildung im alpinen Skilauf und eine Aus- bzw. Fortbildung im nordischen Skilauf beinhaltet habe. Damit sei bereits vorhandenes skifahrerisches Können vorausgesetzt worden. Der Kläger müsse den Skisport schon vorher und unabhängig von dem Ziel betrieben haben, eine Befähigung für schulische Zwecke zu erwerben. Das bedeute, daß der Kläger sich dem Skifahren zugewandt habe wie viele andere, die privat und ohne jeden beruflichen Bezug Ski führen, nämlich aus sportlichem Antrieb oder Vergnügen. Wer aber ohnehin gern Ski fahre, sei nach allgemeiner Lebenserfahrung schon deshalb geneigt, sich darin auch fortbilden zu lassen. Ein Skilehrgang wie der vorliegende biete ein sportliches Erlebnis, ähnlich wie eine Privatreise, und der sportliche Ehrgeiz trage dazu bei, den Lehrgang nicht als bloße Pflicht anzusehen. In dieser Überzeugung werde der Senat durch den Vortrag des Klägers bestärkt, daß er sich entschieden dagegen gewehrt hätte, diese Art der Fortbildung unter Druck des Dienstherrn durchführen zu müssen.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Das FG habe nicht ohne mündliche Verhandlung entscheiden dürfen, da der Streitwert 500 DM überschritten habe. Im übrigen habe das FG den Sachverhalt durch Heranziehen der schulischen Lehrpläne weiter aufklären müssen.
In der Sache vertritt der Kläger die Ansicht, die geltend gemachten Aufwendungen seien ausschließlich beruflich veranlaßt gewesen. Skilauf (alpin und nordisch) stelle nach dem Lehrplan des Kultusministeriums als Sportart der Gruppe D ein ergänzendes Angebot zu den traditionellen Schulsportarten dar, wobei die Vermittlung dieser Sportart spezielle Qualifikationen voraussetze, die nur durch einen Kurs der zu beurteilenden Art hätten erworben werden können. Ein daneben bestehendes privates Interesse sei schon deshalb auszuschließen, weil das Schulungsprogramm in straffester Weise organisiert und durchgeführt worden sei. Für private Veranstaltungen oder Vergnügungen sei keine Möglichkeit verblieben. Wie der Vergleich mit Berufssportlern, Reisebegleitern, Reitlehrern usw. zeige, könne eine aus beruflichen Gründen ausgeübte Tätigkeit nicht generell dem privaten Bereich zugeordnet werden, weil solche Betätigungen auch außerhalb des Berufes von vielen Personen zur Entspannung oder aus Freude an der Sportausübung erfolgten. Auch skitechnische Vorkenntnisse führten nicht zu den vom FG gezogenen Folgen, sondern seien vielmehr Voraussetzung für die Teilnahme an der Fortbildungsveranstaltung und die mit dem Kurs angestrebte Qualifikation.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.
1. Allerdings ist nicht zu beanstanden, daß das FG gemäß Art. 3 § 5 VGFGEntlG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen hat; der Streitwert hat - auch im Verfahren vor dem FG - 500 DM offensichtlich nicht überstiegen. Die Vorinstanz war nicht verpflichtet, die Beteiligten vor Erlaß des Urteils darauf hinzuweisen, daß es beabsichtige, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22. Juli 1983 VI B 180/82, BFHE 139, 22, BStBl II 1983, 762, und vom 5. Juni 1986 IX R 152/84, BFH/NV 1986, 629). Die Rüge, das FG habe gegen seine Verpflichtung zur Sachverhaltsaufklärung verstoßen, greift nicht durch. Dies bedarf keiner Begründung (Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG -).
2. Die Sache muß zurückverwiesen werden, weil die tatsächlichen Feststellungen eine abschließende Würdigung nicht zulassen.
a) Der Senat hat mit Urteil vom 26. August 1988 VI R 175/85 (BFHE 154, 513, BStBl II 1989, 91) entschieden, daß Aufwendungen aus Anlaß eines Kurses zum Erwerb einer Schulskileiterlizenz unter eng begrenzten Voraussetzungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anerkannt werden können (vgl. auch BFH-Urteile vom 26. August 1988 VI R 72/87, BFH/NV 1989, 292; VI R 76/87, BFH/NV 1989, 292; VI R 80/87, BFH/NV 1989, 293; VI R 159/87, BFH/NV 1989, 294, und vom 21. September 1990 VI R 116/86, BFH/NV 1991, 315).
Danach ist Voraussetzung für den Werbungskostenabzug, daß der betreffende Lehrer tatsächlich Sportunterricht erteilt hat oder eine entsprechende Arbeitsgemeinschaft geleitet hat, daß der Teilnehmerkreis im wesentlichen homogen ist, daß Veranstalter des Lehrgangs ein anerkannter Verband oder die Schulverwaltung ist, daß Sonderurlaub erteilt oder das dienstliche Interesse an der Lehrgangsteilnahme bescheinigt ist, daß der Lehrgang darauf abzielt, den Teilnehmern Kenntnisse zu vermitteln, die die Beaufsichtigung und Unterrichtung von Schülern beim Skilaufen betreffen, daß Programm und Durchführung des Lehrgangs durch eine straffe Organisation gekennzeichnet sind, die tatsächliche Teilnahme des Betreffenden feststeht, der Lehrgang mit einer Prüfung abgeschlossen wird, über die ein dem Lehrgangsziel entsprechendes Zertifikat erteilt wird und die erworbenen Fähigkeiten anschließend im Lehrberuf verwendet werden. Im übrigen ist es schädlich, wenn der Teilnehmer bei Eintritt des Kurses das Skifahren noch nicht beherrscht.
b) Demgegenüber hält das angefochtene Urteil Aufwendungen für Lehrgänge, die Lehrer zum Erwerb der Schulskileiterlizenz besuchen, im Hinblick auf den sportlichen Charakter, den hohen Freizeitwert und die Tatsache, daß die Veranstaltung im wesentlichen Umfang der Erholung dienten, generell nicht für abziehbar.
c) Die Feststellungen des FG lassen eine abschließende Würdigung nach den oben unter 2 a) wiedergegebenen Kriterien nicht zu. Bislang ist lediglich festgestellt, daß der Kläger im Fach Sport unterrichtet hat, daß der Kurs von einem anerkannten Verband veranstaltet worden ist, daß der Kläger die vom Kultusministerium geforderte Qualifikation erworben und skifahrtechnische Vorkenntnisse besessen hat. Zu den weiteren Kriterien, insbesondere dazu, ob in straffer lehrgangsmäßiger Organisation unter fachlicher Anleitung ein vorgegebenes Schulungsprogramm durchgeführt worden ist, sind Feststellungen nicht getroffen worden. Dies wird das FG nunmehr nachzuholen haben.
3. Wegen der Höhe der ggf. abziehbaren Beträge wird auf § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG sowie auf das Urteil des BFH vom 11. Mai 1990 VI R 140/86 (BFHE 160, 546, BStBl II 1990, 777) verwiesen.
4. Der Senat braucht auf die Frage, ob im Rahmen des durch die Revision eingeschränkten Klagebegehrens aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Minderung der Steuerbelastung in Betracht kommt, nicht einzugehen, da der zuletzt zum Gegenstand des Verfahrens gemachte Einkommensteuerbescheid 1984 aus diesem Grund vorläufig ergangen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 417922 |
BFH/NV 1991, 815 |