Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpächterwahlrecht; Strukturwandel; Erbbaurecht
Leitsatz (NV)
1. Ein landwirtschaftlicher Futterbaubetrieb liegt auch dann nicht vor, wenn die notwendigen Erntearbeiten Dritten überlassen werden und keine Hofstelle vorhanden ist.
2. Das Verpächterwahlrecht besteht auch für den Fall, dass die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche an verschiedene Landwirte parzellenweise verpachtet wird. Auch in diesem Fall setzt die endgültige Betriebsaufgabe eine ausdrückliche Aufgabeerklärung voraus.
3. Ein innerbetrieblicher Strukturwandel eines landwirtschaftlichen Betriebes führt nicht zur Einstellung der bisherigen landwirtschaftlichen Tätigkeit.
4. Die Nutzungsänderung eines landwirtschaftlichen Betriebsgrundstücks führt nur dann zu einer Entnahme, wenn das Grundstück in Folge der Nutzungsänderung notwendiges Privatvermögen geworden ist.
5. Die entgeltliche Bestellung einer Vielzahl von Erbbaurechten an einem land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstück und die anschließende Bebauung durch die Berechtigten führen grundsätzlich nicht zu einer Entnahme, wenn die Nutzungsänderung nur eine Fläche erfasst, die im Vergleich zur Gesamtfläche des Betriebs von geringer Bedeutung ist (Festhalten an bisheriger Rechtsprechung).
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1 S. 4, § 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 14 S. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine ungeteilte Erbengemeinschaft nach dem im Jahre 1892 verstorbenen K. Sie besitzt verschiedene Grundstücke in S. Dabei handelt es sich um ehemalige von Gräben durchzogene Kanalwiesen (Rieselwiesen), die über Generationen hinweg in der Weise bewirtschaftet wurden, dass Gras erzeugt und dieses an die Landwirte der Umgebung auf dem Halm zur Verarbeitung verkauft wurde. Die Käufer des Grases hatten sich um den Schnitt und alles Weitere selbst zu kümmern. Teilweise konnten sie nach dem zweiten Schnitt die Wiesen noch durch ihr Vieh abgrasen lassen (Nachhude). Eine Hofstelle war nicht vorhanden. In den 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde diese Bewirtschaftung nach und nach aufgegeben, weil sich aufgrund veränderter Strukturen in der Landwirtschaft immer weniger Käufer für das Gras fanden. Die Grundstücke wurden schrittweise in Ackerland umgewandelt, das bisherige Bewässerungssystem aufgegeben und die entbehrlich gewordenen Bewässerungsgräben planiert.
In dieser Zeit überlegten die Mitglieder der Klägerin, ob sie oder einzelne von ihnen selbst aktiv Ackerbau betreiben sollten. Von diesen Überlegungen nahmen die Mitglieder jedoch Abstand und verpachteten die Grundstücke nach und nach an verschiedene Landwirte. Auf einem der Grundstücke war eine Bausiedlung entstanden. Vor dem 1. Juli 1970 gab es dort 16 Erbbaugrundstücke, später entstanden dort ca. 50 Erbbaugrundstücke.
Die Klägerin wird beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) als verpachteter landwirtschaftlicher Betrieb geführt. Die Einkünfte aus dem Betrieb wurden bis einschließlich 1994 mit bestandskräftig gewordenen Feststellungsbescheiden als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft festgestellt. Die Gewinnermittlung erfolgte unter Zugrundelegung des Wirtschaftsjahres nach § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) jedenfalls für die Jahre ab 1979 nach § 4 Abs. 3 EStG. Im Rahmen der Feststellungsveranlagungen 1979 und 1980 erklärte die auch zum damaligen Zeitpunkt steuerlich beratene Klägerin Gewinne aus Grundstücksveräußerungen.
Mit Schreiben vom 28. Mai 1972 teilte die Klägerin dem FA mit, dass sie im Siedlungsgebiet S noch ca. 3 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche besitze, die für die Bebauung vorgesehen sei. Sie beantrage daher die Feststellung eines höheren Teilwertes nach § 55 Abs. 5 EStG. Dem Antrag entsprach das FA mit Bescheid vom 31. August 1973.
Im Wirtschaftsjahr 1995/1996 erfolgten weitere Grundstücksveräußerungen. Im Rahmen der Veranlagung für 1995 beantragte die Klägerin, die Grundstücke als Privatvermögen und die daraus erzielten Einkünfte als solche aus Vermietung und Verpachtung zu behandeln sowie die aus den Grundstücksveräußerungen erzielten Gewinne unberücksichtigt zu lassen. Das FA folgte dem Begehren nicht, sondern stellte die Einkünfte unter Berücksichtigung der Veräußerungsgewinne aus den Grundstücksverkäufen in den Streitjahren (1995 bis 1998) --wie in den Vorjahren-- als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft fest.
Die dagegen nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 1593 abgedruckten Gründen ab.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vom FG zugelassenen Revision.
Zutreffend habe das FG festgestellt, dass die Klägerin mit der ursprünglichen Bewirtschaftung der Kanalwiesen selbst Landwirtschaft betrieben habe. Unzutreffend sei jedoch der Schluss, die Klägerin habe die Landwirtschaft auch dann fortgeführt, als sie in den 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts die Bewirtschaftung nach und nach aufgegeben und die Grundstücke schrittweise parzelliert und verpachtet habe. Tatsächlich sei dies als Betriebsaufgabe zu würdigen, da die Klägerin die Art und Weise der vorherigen Bewirtschaftung nach deren Aufgabe nicht mehr habe durchführen können. Durch die Umwandlung der Grundstücke in Ackerland und die damit zwangsläufig zusammenhängende Aufgabe des Bewässerungssystems sei die bisherige Betätigung endgültig eingestellt worden. Die wesentlichen Betriebsgrundlagen seien in einem einheitlichen Vorgang durch sukzessive Verpachtung an selbstbewirtschaftende Landwirte klar und eindeutig sowie äußerlich erkennbar in das Privatvermögen überführt worden. Entgegen der Auffassung des FG sei in diesem Vorgang keine die Betriebsaufgabe hindernde Strukturänderung innerhalb des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs oder eine Betriebsunterbrechung zu sehen. Eine bloße Strukturänderung setzte voraus, dass die Betätigung der Klägerin weiterhin die Definition der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit erfülle. Dies sei jedoch bei der Verpachtung des Grund und Bodens an verschiedene Landwirte nicht der Fall.
Ebenso wenig liege eine Betriebsunterbrechung vor. Eine solche setzte voraus, dass der stillgelegte Betrieb in gleichartiger oder ähnlicher Weise wieder aufgenommen werden könne, der stillgelegte und der wieder aufgenommene Betrieb mithin wirtschaftlich identisch seien. Eine identische Bewirtschaftung sei aber nach Entfernung der entbehrlich gewordenen Bewässerungsgräben und Umwandlung der Grundstücke in Ackerland nicht mehr möglich gewesen. Eine land- und forstwirtschaftliche Betätigung der Klägerin hätte eine wesentlich andere Gestalt annehmen müssen, als dies vorher der Fall gewesen sei. Zu Unrecht habe das FG darauf abgestellt, dass die Klägerin von ihrem Verpächterwahlrecht keinen eindeutigen Gebrauch gemacht habe. Das Wahlrecht bestehe nur, wenn die wesentlichen Grundlagen des Betriebs oder des Teilbetriebs als Ganzes verpachtet seien. Mit der Verpachtung der Flächen an verschiedene Landwirte habe ein Wahlrecht nicht mehr bestanden. Die von dem FG vorausgesetzte Aufgabeerklärung sei daher weder möglich noch erforderlich gewesen.
Auch das von dem FG herangezogene Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15. Oktober 1987 IV R 66/86 (BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260) stehe dieser Ansicht nicht entgegen. Denn nach der genannten Entscheidung müssten die wesentlichen Grundlagen des (vormals betriebenen) land- und forstwirtschaftlichen Betriebes erhalten bleiben und es müsste daneben eine ausdrückliche Erklärung des Steuerpflichtigen vorliegen, dass er den Betrieb nicht aufgebe. Beide Voraussetzungen lägen im Streitfall nicht vor. Die wesentlichen Betriebsgrundlagen seien durch die Planierung der Bewässerungsgräben und die Umwandlung der Felder in Ackerland nicht erhalten geblieben. Auch eine Nichtaufgabeerklärung der Klägerin liege nicht vor. Soweit die Grundstücke überhaupt vor dem 1. Juli 1970 Betriebsvermögen gewesen seien, sei die Betriebsvermögenseigenschaft mit deren Verpachtung verloren gegangen.
Unabhängig davon seien die streitgegenständlichen Grundstücke schon vor dem 1. Juli 1970 kein Betriebsvermögen gewesen. Bei einem Landwirt, der seine Einkünfte nach § 4 Abs. 3 oder § 13a EStG ermittelt habe, hätten die selbst bewirtschafteten Flächen bis zum 30. Juni 1970 kein Betriebsvermögen dargestellt. Da die Flächen bereits vor diesem Zeitpunkt verpachtet gewesen seien, hätten sie zum 1. Juli 1970 nicht erstmals Betriebsvermögen werden können.
Dass die Einkünfte der Klägerin als solche aus Land- und Forstwirtschaft deklariert worden seien, könne der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen. Das FA könne sich in diesem Zusammenhang nicht auf Treu und Glauben berufen. Insoweit gelte auch im Streitfall das Prinzip der Abschnittsbesteuerung.
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und unter Änderung der Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1995 vom 9. Februar 1998, für 1996 und 1997 vom 7. April 2000 und für 1998 vom 3. Mai 1999 sowie unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 27. Januar 2000 die Einkünfte der Klägerin als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung festzustellen und Gewinne aus Grundstücksveräußerungen in Höhe von insgesamt 95 788 DM mit je 1/2 im Feststellungsjahr 1995 und 1996 außer Ansatz zu lassen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin in den Streitjahren durch die Verpachtung der ehemaligen Kanalwiesen an verschiedene Landwirte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 13 EStG Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bezogen hat und die im Wirtschaftsjahr 1995/1996 veräußerten Grundstücke noch Betriebsvermögen waren (dazu I.).
Mangels tatsächlicher Feststellungen kann der Senat jedoch nicht darüber entscheiden, ob diejenigen Grundstücke, an denen die Klägerin Erbbaurechte bestellt hat, noch im Betriebsvermögen verblieben und die vereinnahmten Erbbauzinsen daher zutreffend bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft erfasst worden sind (dazu II.).
I.
1. Das FG hat in Übereinstimmung mit den Beteiligten zutreffend angenommen, dass die Klägerin mit der Bewirtschaftung der ehemaligen Kanalwiesen (Rieselwiesen) selbst Landwirtschaft betrieben hat. Mit der Erzeugung von Gras unter Nutzung eines Bewässerungssystems hat die Klägerin durch nachhaltige planmäßige Bearbeitung des Grund und Bodens pflanzliche Produkte gewonnen und damit eine landwirtschaftliche Tätigkeit i.S. der in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG genannten Urproduktion entfaltet. Dieser Beurteilung als Futterbaubetrieb steht weder entgegen, dass die Klägerin die notwendigen Erntearbeiten (Grasschnitt) den Käufern überlassen hat noch dass der Betrieb nicht über eine Hofstelle verfügte (zu dem Erfordernis einer Hofstelle: Senatsurteile vom 18. März 1999 IV R 65/98, BFHE 188, 310, BStBl II 1999, 398, und vom 26. Juni 2003 IV R 61/01, BFHE 202, 525, BStBl II 2003, 755).
2. Anders als die Klägerin meint, gehörten die streitgegenständlichen Kanalwiesen auch zum Betriebsvermögen des ursprünglichen landwirtschaftlichen Betriebs (Kanalwiesenbewirtschaftung) der Klägerin und nicht zu deren notwendigem Privatvermögen. Der Umstand, dass der Grund und Boden bei der Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft vor Einführung der Bodengewinnbesteuerung zum 1. Juli 1970 durch das Zweite Steueränderungsgesetz 1971 vom 10. August 1971 (BStBl I 1971, 373) außer Ansatz blieb, schloss dessen Zugehörigkeit zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen nicht aus (vgl. zur Begründung im Einzelnen: Senatsurteil vom 18. Mai 2000 IV R 27/98, BFHE 192, 287, BStBl II 2000, 524).
3. Der Landwirtschaftsbetrieb ist auch nicht dadurch aufgegeben worden, dass die Klägerin in den 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts die Bewirtschaftung der Kanalwiesen nach und nach einstellte, die Grundstücke schrittweise in Ackerland umwandelte und sodann verpachtete.
a) Wird ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb im Ganzen verpachtet, so kann der Verpächter wählen, ob er den Vorgang als Betriebsaufgabe i.S. des § 14 Satz 1 EStG behandelt und damit die Gegenstände seines Betriebs in sein Privatvermögen überführt mit der Folge, dass die im Betriebsvermögen ruhenden stillen Reserven realisiert werden, oder ob er das Betriebsvermögen während der Verpachtung fortführen will (BFH-Urteil vom 13. November 1963 GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124). Ein solches Wahlrecht hat der erkennende Senat auch für den Fall bejaht, dass die gesamte Nutzfläche parzellenweise an verschiedene Landwirte verpachtet worden ist (Senatsurteile vom 28. November 1991 IV R 58/91, BFHE 167, 19, BStBl II 1992, 521, und vom 22. August 2002 IV R 57/00, BFHE 200, 236, BStBl II 2003, 16). Aus Beweisgründen kann die Absicht, der Betrieb werde bei einer Verpachtung der wesentlichen Betriebsgrundlagen endgültig aufgegeben, nur bei einer unmissverständlichen und eindeutigen Aufgabeerklärung des Steuerpflichtigen angenommen werden (Senatsurteil vom 2. März 1995 IV R 52/94, BFH/NV 1996, 110). Die Erklärung ist indes nicht an eine bestimmte Form gebunden, sie kann sich daher auch aus konkludenten Handlungen ergeben (Senatsurteil vom 15. Oktober 1987 IV R 91/85, BFHE 151, 392, BStBl II 1988, 257). Liegt eine derartige Erklärung nicht vor, so ist in der Regel das bisherige Betriebsvermögen nach der Verpachtung so lange weiter als Betriebsvermögen anzusehen, wie dies rechtlich möglich ist (vgl. BFH-Urteil vom 24. Oktober 1979 VIII R 49/77, BFHE 129, 334, BStBl II 1980, 186, m.w.N. zu einem gewerblichen Betrieb). Entsprechendes gilt, wenn der Steuerpflichtige oder sein Rechtsnachfolger erst während der Betriebsverpachtung die Absicht aufgibt, die betriebliche Tätigkeit künftig wieder aufzunehmen und fortzuführen. Andererseits entfällt das Wahlrecht, wenn anlässlich der Verpachtung die wesentlichen Betriebsgrundlagen so umgestaltet werden, dass sie nicht mehr in der bisherigen Form genutzt werden können. In diesem Fall stellt der Verpächter die unternehmerische Tätigkeit endgültig ein (Senatsurteil in BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260, mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung).
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt eine Betriebsaufgabe im Streitfall nicht vor. Das FG hat zu Recht das Vorliegen einer ausdrücklichen oder konkludenten Aufgabeerklärung der Klägerin verneint. Es hat vielmehr zutreffend die Angaben der Klägerin in den für die Vorjahre eingereichten Steuererklärungen nebst Einnahme-Überschussrechnungen sowie die Nichtbeanstandung der Erfassung der Einkünfte als solche aus Land- und Forstwirtschaft als Indizien für die Absicht der Klägerin gewertet, den landwirtschaftlichen Betrieb fortzuführen.
Zu Unrecht entnimmt die Klägerin der Senatsentscheidung in BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260, dass es im Fall einer parzellenweisen Verpachtung der landwirtschaftlichen Betriebsgrundstücke grundsätzlich einer ausdrücklichen Nichtaufgabeerklärung (Betriebsfortführungserklärung) bedarf und anderenfalls von einer Betriebsaufgabe auszugehen ist. Der Senat hat in dieser Entscheidung die Erklärung des Steuerpflichtigen, er wolle den landwirtschaftlichen Betrieb nicht aufgeben, lediglich als ein zusätzliches Indiz im Rahmen der Beurteilung des konkreten Einzelfalles (Verkauf des lebenden und toten Inventars, Umwidmung des Hofgebäudes und Krankheit des Steuerpflichtigen) herangezogen. Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass es im Falle der parzellenweisen Verpachtung der Betriebsgrundstücke stets einer Nichtaufgabeerklärung bedarf. Zwar hatte die Finanzverwaltung für den Fall der parzellenweisen Verpachtung im koordinierten Ländererlass vom 17. Dezember 1965 (BStBl II 1966, 30, 34) eine ausdrückliche Betriebsfortführungserklärung gefordert; der Senat hat jedoch aus dem Fehlen einer solchen Erklärung keine Folgerungen gezogen und diesen Umstand insbesondere nicht als Betriebsaufgabe gewürdigt (Senatsurteil in BFHE 167, 19, BStBl II 1992, 521 unter 3. der Gründe).
c) Entgegen der Auffassung der Klägerin wurde durch die Umwandlung der Kanalwiesen in Ackerland der landwirtschaftliche Betrieb auch nicht derart umgestaltet, dass von einer endgültigen Einstellung der betrieblichen Tätigkeit auszugehen war. Die Umwandlung der landwirtschaftlich genutzten Flächen war zunächst nur die Reaktion der Klägerin auf die veränderten Absatzbedingungen für das von ihr erzeugte Gras. Aufgrund der Strukturänderung in der Landwirtschaft ging der Bedarf an Gras zurück. Das von der Klägerin erzeugte Gras war daher auf dem Markt nicht mehr absetzbar, so dass zur Aufrechterhaltung des Betriebs sukzessive ein Strukturwandel hin zum Ackerbaubetrieb erfolgte. Der Strukturwandel vollzog sich jedoch innerhalb der landwirtschaftlichen Betätigung, da beide Bewirtschaftungsformen auf die planmäßige Nutzung des Bodens und die Verwertung der dadurch gewonnenen Erzeugnisse gerichtet sind. Allein durch die marktorientierte Änderung der Bewirtschaftungsform des Bodens wird daher lediglich ein innerbetrieblicher Strukturwandel vollzogen, nicht jedoch der bisherige landwirtschaftliche Betrieb aufgegeben und ein neuer eröffnet. Maßgeblich ist insoweit allein, dass auch nach der Umstrukturierung ein lebensfähiger selbständiger landwirtschaftlicher Betrieb existiert. Dies ist im Streitfall zu bejahen. Zwar fehlte es der Klägerin an einer Hofstelle und den für den Ackerbau notwendigen Betriebsmitteln. Darauf kommt es aber nicht an, weil der Grund und Boden bei einem Eigentumsbetrieb die wesentliche Grundlage eines landwirtschaftlichen Betriebs darstellt und es dem Betriebsinhaber jederzeit möglich ist, die Bewirtschaftung durch Maschinenring und Lohnarbeit (wieder) aufzunehmen (Senatsurteil in BFHE 188, 310, BStBl II 1999, 398). Dass auch aus der Sicht der Klägerin nach der Umgestaltung der Kanalwiesen ein lebensfähiger selbständiger landwirtschaftlicher Betrieb existiert hat, wird zudem dadurch bestätigt, dass die Mitglieder und insbesondere der jetzige Vertreter der Klägerin zunächst ernsthaft in Erwägung gezogen haben, auf den landwirtschaftlichen Flächen selbst aktiv Ackerbau zu betreiben.
II. Ob diejenigen Grundstücke, an denen die Klägerin Erbbaurechte bestellt hatte, aus dem Betriebsvermögen des ursprünglich selbstbewirtschafteten landwirtschaftlichen Betriebs bzw. des nach der Verpachtung fortgeführten Verpachtungsbetriebs ausgeschieden sind, hängt maßgeblich davon ab, in welchem Verhältnis die durch diese Nutzungsänderung betroffenen Flächen zu der Gesamtfläche des Betriebes stehen.
1. Zutreffend hat das FG in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück allein durch die Nutzungsänderung grundsätzlich seine Eigenschaft als Betriebsvermögen nicht verliert. Entsprechend dem Rechtsgedanken, der der Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG zugrunde liegt und der nach der Rechtsprechung des Senats auch schon vor In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Neuregelung der Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirtschaft vom 25. Juni 1980 (BGBl I 1980, 732, BStBl I 1980, 400) anzuwenden war (Urteil vom 4. November 1982 IV R 159/79, BFHE 137, 294, BStBl II 1983, 448), können nicht zum notwendigen Betriebsvermögen gehörende Wirtschaftsgüter unabhängig von der Gewinnermittlungsart des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs entweder durch eine eindeutige, mit einer ausdrücklichen Willenserklärung verbundene, aber auch schlüssige Entnahmehandlung oder durch einen entsprechenden Rechtsvorgang entnommen werden. Als schlüssige Entnahmehandlung ist eine bloße Nutzungsänderung landwirtschaftlich genutzter Flächen jedoch nur dann anzuerkennen, wenn das Grundstück damit notwendiges Privatvermögen geworden ist (Senatsurteil vom 10. Dezember 1992 IV R 115/91, BFHE 170, 141, BStBl II 1993, 342, m.w.N.). Weder die Belastung eines betrieblichen Grundstücks mit einem entgeltlich eingeräumten Erbbaurecht noch die anschließende Bebauung durch den Erbbauberechtigten sind daher als Entnahme anzusehen (Senatsurteile in BFHE 170, 141, BStBl II 1993, 342, und in BFHE 200, 236, BStBl II 2003, 16).
2. Gleichwohl hat der Senat eine Entnahme der Grundstücke infolge einer Nutzungsänderung für den Fall erwogen, dass durch die Bestellung einer Vielzahl von Erbbaurechten der Charakter des landwirtschaftlichen Betriebs derart verändert wird, dass die Vermögensverwaltung insoweit die landwirtschaftliche Betätigung verdrängt. Eine derartige Beeinträchtigung, die zu einer Entnahme der Grundstücke zwingen würde, hat der Senat indes auch bei der Bestellung einer Vielzahl von Erbbaurechten erst dann angenommen, wenn die von der Nutzungsänderung betroffene Fläche die Geringfügigkeitsgrenze von 10 % der gesamten landwirtschaftlichen Fläche überschreitet (Senatsurteile in BFHE 170, 141, BStBl II 1993, 342, und in BFHE 200, 236, BStBl II 2003, 16).
Ob durch die Bestellung der ca. 66 Erbbaurechte nach dem Gesamtbild der Verhältnisse insbesondere unter Berücksichtigung der vorgenannten Geringfügigkeitsgrenze die Vermögensverwaltung die landwirtschaftliche Betätigung (teilweise) verdrängt hat, kann mangels entsprechender Feststellungen des FG nicht beurteilt werden.
3. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben, um dem FG die Gelegenheit zu geben, die entsprechenden Feststellungen nachzuholen.
Fundstellen
Haufe-Index 1315251 |
BFH/NV 2005, 674 |
HFR 2005, 747 |