Entscheidungsstichwort (Thema)
Einnahmen aus Grasgewinnung und Verpachtung/Erbbaurechtsüberlassung von Weideland, das danach stückweise veräußert wird, als solche aus LuF
Leitsatz (redaktionell)
1) Ausgehend von einer eigenen landwirtschaftlichen Bewirtschaftung von Grund und Boden durch Grasgewinnung kann sich diese auch über die schrittweise Verpachtung an Dritte für deren Landwirtschaft fortsetzen, solange der Verpächter keine Betriebsaufgabe erklärt. Dasselbe gilt bei der Bestellung von Erbbaurechten.
2) Werden Grundstücke später veräußert, so ergeben sich steuerpflichtige Betriebsvermögensveräußerungsgewinne.
3) Für die Qualifikation des Grundvermögens als landwirtschaftlich kommt es nur auf eine Entnahme, nicht aber auf den Übergang zur Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG an.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1 S. 4, Abs. 3, §§ 13, 4 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1995 bis 1998, ob die von der Klägerin (Klin.) erzielten Einkünfte als solche aus Land- und Forstwirtschaft oder aus Vermietung und Verpachtung zu qualifizieren sind.
Die Klin. ist eine Erbengemeinschaft nach dem im Jahre 1892 verstorbenen A. Sie besitzt verschiedene Grundstücke im Ortsteil B der Stadt C. Dabei handelt es sich um ehemalige von Gräben durchzogene Kanalwiesen (Rieselwiesen), die über Generationen hinweg in der Weise selbst bewirtschaftet wurden, dass Gras erzeugt und dieses an die Landwirte der Umgebung auf dem Halm zur weiteren Verarbeitung verkauft wurde. Das für die Bewässerung erforderliche Wasser wurde im Rahmen eines großen Teils der Senne umfassenden Wasserverbandes bei D der Lippe entnommen und bei E wieder zugefürt. Die Käufer des Grases hatten sich um den Schnitt und alles Weitere selbst zu kümmern. Teilweise konnten sie nach dem zweiten Schnitt die Wiesen auch noch durch ihr Vieh abgrasen lassen (sog. Nachhude). Eine Hofstelle war nicht vorhanden. In den 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde diese Bewirtschaftung nach und nach aufgegeben, weil sich aufgrund veränderter Strukturen in der Landwirtschaft immer weniger Käufer für das Gras fanden. Die Grundstücke wurden schrittweise in Ackerland umgewandelt, das bisherige Bewässerungssystem aufgegeben und die entbehrlich gewordenen Bewässerungsgräben planiert.
In dieser Zeit wurde von den Mitgliedern der Klin. überlegt, ob sie oder einzelne ihrer Mitglieder selbst aktiv Ackerbau betreiben sollten. Insbesondere der jetzige Vertreter der Klin. hat, wie er in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, seinerzeit ernsthaft überlegt, selbst Landwirt zu werden und die Flächen zu bewirtschaften, davon jedoch im Ergebnis Abstand genommen. Vielmehr wurden einzelne Parzellen der Grundstücke nach und nach an verschiedene Landwirte verpachtet. So war am 01. Juli 1970 das Grundstück „F.” an 6 Landwirte, später lediglich noch an 2 Landwirte verpachtet, das Grundstück „G.” an 16 Landwirte, später nur noch an 7 Pächter, und das Grundstück „H.” an 15 Pächter, später nur noch an 7 Pächter verpachtet. Ferner war das Grundstück „I.” vor dem 01.07.1970 an 6 Landwirte verpachtet. Im Übrigen war dort eine Bausiedlung entstanden. Vor dem 01.07.1970 gab es dort 16 Erbbaugrundstücke. Später entstanden dort ca. 50 Erbbaugrundstücke. Die Pachteinnahmen aus allen Grundstücken betrugen für das Wirtschaftsjahr vom 01.07.1969 bis 30.06.1970 insgesamt 17.891,65 DM. Ferner wurde noch ein Erlös aus dem Verkauf von Gras in Höhe von 400 DM erzielt.
Die Klin. wird beim beklagten Finanzamt als verpachteter landwirtschaftlicher Betrieb geführt. Die Einkünfte wurden bis einschließlich 1994 in bestandskräftig gewordenen Feststellungsbescheiden des Beklagten (Bekl.) als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft festgestellt. Die damit für die an der Klin. Beteiligten verbundenen steuerlichen Vergünstigungen nach § 34 e des Einkommensteuergesetzes (EStG) und § 13 EStG wurden gewährt. Als Wirtschaftsjahr wurde – wie jeweils auch den Steuererklärungen zugrunde gelegt – der Zeitraum vom 01.07. eines Jahres bis zum 30.06. des Folgejahres angenommen. Aus den seit 1979 noch vorhandenen Feststellungsakten ergibt sich, dass die Einkünfte von der Klin. jeweils aufgrund einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG erklärt wurden. Ausgefüllte Anlagen Landwirtschaft oder Vermietung und Verpachtung wurden von der Klin. allerdings nicht abgegeben. Für die Jahre 1979, 1985 und 1987 befinden sich Anlagen Vermietung und Verpachtung in den Akten des Bekl., die jedoch keine Eintragungen zu den Einkünften enthalten. Im Jahre 1979 wurden auch Einnahmen aus Grundstücksveräußerungen erklärt. Die vom damaligen Bevollmächtigten der Klin. eingereichten Anlagen zur Feststellungserklärung 1979 – eingegangen beim Bekl. am 19.12.1980 – enthalten folgende Erläuterungen zu den Einnahmen aus Grundstücksveräußerungen: „B. Steuerpflichtiger Gewinn aus Verkauf von ...