Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzugsbetrag nach § 9 Abs. 1 DB-StÄndG DDR
Leitsatz (NV)
Die Eröffnung eines Teilbetriebs kann eine Neueröffnung eines Betriebes im Sinne des § 9 Abs. 1 DB-StÄndG DDR sein, wenn der Betriebsinhaber auf dem Gebiet der ehemaligen DDR noch keinen Betrieb hatte (Anschluß an BFH-Urteil vom 27. Oktober 1994 I R 107/93, BFHE 176, 529, BStBl II 1995, 403).
Normenkette
DB-StÄndG DDR § 9 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt in Z (alte Bundesländer) eine Metzgerei. Am 1. September 1990 eröffnete er in X (Beitrittsgebiet) einen ambulanten Verkaufsstand für Wurst- und Fleischwaren, der ständig am selben Ort stand und in dem der Kläger selbst, dessen Schwager und angestellte Mitarbeiter tätig waren. Im Bescheid für natürliche Personen im Beitrittsgebiet über Steuern und Ausgleichszahlungen für lohnpolitische Maßnahmen für 1990 vom 3. November 1992 zog der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) den beantragten Steuerabzugsbetrag in Höhe der gesamten festgesetzten Steuerrate von ... DM nicht ab. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, daß der Kläger keinen Betrieb neueröffnet habe. Bei dem Marktstand des Klägers handele es sich nicht um eine Neugründung i. S. des § 9 der Durchführungsbestimmung zum Gesetz zur Änderung der Rechtsvorschriften über die Einkommen-, Körperschaft- und Vermögensteuer (DB-StÄndG DDR). Es sei nur eine mit einer gewissen Selbständigkeit versehene Betriebsstätte im Juni 1990 gegründet worden. Hierbei habe der Kläger auf Erfahrungen, Betriebsmittel und auf bestehende wirtschaftliche Kontakte seines Erstbetriebs zurückgreifen können. Auch wenn die Niederlassung in X weitgehend selbständig habe agieren können und auch personell unabhängig gewesen sei, liege dennoch kein neueröffneter Betrieb i. S. des § 9 DB-StÄndG DDR vor. Soweit sich der Kläger darauf berufe, daß für die Auslegung des Begriffes "Neueröffnung" die isolierende Betrachtungsweise des internationalen Steuerrechts maßgebend sei, könne dem nicht gefolgt werden.
Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts. Der Begriff der Neueröffnung sei nicht länderübergreifend auszulegen. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27. Oktober 1994 I R 107/93 (BFHE 176, 529, BStBl II 1995, 403) könne ein Betrieb im Sinne der steuerlichen Vorschriften der DDR auch ein Teilbetrieb sein. Diese Voraussetzung sei hier gegeben.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet; sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Das FG hat nicht geprüft, ob dem Kläger der Steuerabzugsbetrag gemäß § 9 Abs. 1 DB-StÄndG DDR wegen Neueröffnung eines Teilbetriebs zusteht.
1. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 DB-StÄndG DDR wird bei Neueröffnung eines Handwerks-, Handels- oder Gewerbebetriebs dem Inhaber eine einmalige Steuerbefreiung für zwei Jahre höchstens bis 10 000 DM gewährt. Nach dem Urteil in BFHE 176, 529, BStBl II 1995, 403 kann Betrieb im Sinne der Vorschriften des DDR-Rechts auch ein Teilbetrieb sein und kann die Eröffnung eines Teilbetriebs dann eine Neueröffnung eines Betriebs i. S. des § 9 Abs. 1 DB-StÄndG DDR sein, wenn der Betriebsinhaber auf dem Gebiet der ehemaligen DDR noch keinen Betrieb hatte. Der erkennende Senat schließt sich dieser Beurteilung an und nimmt wegen der Begründung im einzelnen auf die genannte Entscheidung Bezug.
2. Der Senat kann auf der Grundlage der vom FG getroffenen Entscheidungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit beurteilen, ob der Marktstand des Klägers ein Teilbetrieb ist. Zwar deuten die vom FG festgestellten Tatsachen auf das Vorliegen eines Teilbetriebs hin; ob aber die für einen Teilbetrieb erforderliche Selbständigkeit (dazu vgl. BFH-Urteil in BFHE 176, 529, BStBl II 1995, 403; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 14. Aufl., 1995, § 16 Rz. 148) tatsächlich gegeben ist, kann der Senat nicht abschließend entscheiden.
Fundstellen
Haufe-Index 421066 |
BFH/NV 1996, 396 |