Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschlußfristen für Kapitalertragsteuererstattung gemäß § 44 c EStG

 

Leitsatz (NV)

Die Ausschlußfristen gemäß § 44c Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 36b Abs. 4 Satz 1 und gemäß § 44c Abs. 3 Satz 3 EStG gelten auch dann, wenn die Bescheinigung gem. § 44c Abs. 1 Satz 2 EStG erst nach Ablauf der regulären Antragsfrist ausgestellt wurde.

 

Normenkette

EStG 1983/1987 § 44c Abs. 1 S. 2; EStG 1983/1987 § 44c Abs. 3; EStG 1983/1987 § 36b Abs. 4

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Der Kläger, ein eingetragener Verein, war Gesellschafter einer GmbH. Im Januar 1983 schüttete diese an den Kläger . . . DM aus. Von dem Ausschüttungsbetrag behielt sie Kapitalertragsteuer ein und führte sie an das Finanzamt (FA) ab. Mit Schreiben vom 20. Januar 1983 beantragte der Kläger beim FA, ihm für 1983 eine Bescheinigung gemäß § 44 c Abs. 1 Satz 2 des EStG - NV 2 Bescheinigung - zu erteilen. Der Antrag wurde zunächst abgelehnt, weil der Kläger keine gemeinnützigen Zwecke verfolge. Am 1. Februar 1988 entsprach das FA dem Antrag und erteilte dem Kläger eine NV 2 Bescheinigung für 1983 und 1984. Nach deren Erhalt beantragte der Kläger mit Schreiben vom 22. Februar 1988 beim Bundesamt für Finanzen - BfF - (Beklagter) die Erstattung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer. Das BfF lehnte den Antrag ab, weil der Kläger die Antragsfrist nach § 44 c Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 36 b Abs. 4 Satz 1 EStG versäumt habe. Einspruch, Klage und Revision des Klägers waren erfolglos. Der BFH führte aus:

 

Entscheidungsgründe

1. Rechtsgrundlage des vom Kläger mit der Klage geltend gmachten Erstattungsanspruchs ist § 44 c Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der in den Jahren 1983 bis 1988 gültigen Fassung (EStG 1983/1987). Nach dieser Vorschrift ist das BfF verpflichtet, einer inländischen Körperschaft i. S. des § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1977), die Gläubigerin von Kapitalerträgen ist, auf Antrag die von den Kapitalerträgen einbehaltene Kapitalertragsteuer zu erstatten. Der Antrag ist fristgebunden. Die reguläre Antragsfrist endet am 31. Dezember des auf den Zufluß der Kapitalerträge folgenden Kalenderjahres (§ 44 c Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 36 b Abs. 4 Satz 1 EStG 1983/1987). Das BfF kann die Frist auf Antrag des Gläubigers der Kapitalerträge verlängern, wenn dieser verhindert ist, die reguläre Frist einzuhalten; der Fristverlängerungsantrag ist vor Ablauf der regulären Antragsfrist schriftlich zu stellen und zu begründen (§ 44 c Abs. 3 Sätze 2 und 3 EStG 1983/1987). Die reguläre Frist und die für den Fristverlängerungsantrag sind gesetzliche Ausschlußfristen. Versäumt der Gläubiger sie, verliert er seinen Erstattungsanspruch, es sei denn, ihm ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 110 Abgabenordnung - AO 1977 -).

2. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der Senat gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), verlor der Kläger seinen Erstattungsanspruch, weil er die Ausschlußfristen versäumte.

Die Kapitalertragsteuer, deren Erstattung der Kläger begehrt, wurde von Kapitalerträgen einbehalten, die dem Kläger im Jahr 1983 zugeflossen sind. Die reguläre Antragsfrist endete somit am 31. Dezember 1984. Die Erstattung beantragte der Kläger erst im Februar 1988. Die Antragsfrist wurde dem Kläger vom BfF auch nicht gemäß § 44 c Abs. 3 Satz 2 EStG 1983/1987 verlängert. Denn der Kläger beantragte - wie das FG festgestellt hat - keine Fristverlängerung.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht (§ 110 Abs. 3 AO 1977).

3. Die Ausschlußfristen gelten entgegen der Ansicht des Klägers auch dann, wenn - wie im Streitfall - die NV 2 Bescheinigung erst nach Ablauf der regulären Antragsfrist ausgestellt worden ist. Die Vorlage der NV 2 Bescheinigung durch den Gläubiger ist eine Voraussetzung für die Erstattung der Kapitalertragsteuer (§ 44 c Abs. 1 Satz 2 EStG 1983/1987). Ob sie - wie der Kläger meint - auch Voraussetzung für einen wirksamen Erstattungsantrag ist, muß der Senat in diesem Verfahren nicht klären. Selbst wenn ein ohne Beifügung der Bescheinigung gestellter Erstattungsantrag nicht wirksam sein sollte, rechtfertigte dies nicht den Schluß, daß die Ausschlußfristen in Fällen wie dem Streitfall nicht gelten. Dies folgt aus dem § 44 c Abs. 3 Sätze 2 und 3 EStG 1983/1987. Satz 2 räumt dem BfF zwar das Recht ein, die reguläre Antragsfrist zu verlängern, wenn der Erstattungsberechtigte verhindert ist, die Frist einzuhalten. Satz 3 macht die Fristverlängerung aber u. a. davon abhängig, daß sie vor Ablauf der zu verlängernden Frist beantragt wird. Kann innerhalb der regulären Antragsfrist ein wirksamer Erstattungsantrag nicht gestellt werden, gilt demnach die Ausschlußfrist des § 44 c Abs. 3 Satz 3 EStG 1983/1987. Wird sie versäumt - und ist wie im Streitfall eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch hinsichtlich dieser Frist nicht zu gewähren (§ 110 Abs. 3 AO 1977) - so gilt für den Antrag wieder die Frist des § 44 c Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 36 b Abs. 4 Satz 1 EStG 1983/1987.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417652

BFH/NV 1992, 16

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