Leitsatz (amtlich)
Scheidet ein Gesellschafter aus einer Personengesellschaft aus und erhält er als Abfindung (u. a. ) einen flächenmäßigen Teil eines Gesellschaftsgrundstücks, während der andere Teil im gesamthänderischen Eigentum der übrigen Gesellschafter verbleibt, so fällt die Grundstücksübertragung auf den ausscheidenden Gesellschafter insoweit unter § 7 Abs. 2 GrEStG, als der Wert dieses Teilgrundstücks dem Anteil entspricht, zu dem er am Vermögen der Gesamthand beteiligt war.
Normenkette
GrEStG NRW § 7 Abs. 2
Tatbestand
Nach den Feststellungen des FG war der Kläger an der unter der Firma ... betriebenen Kommanditgesellschaft (KG) beteiligt. Die übrigen Gesellschafter waren seine beiden Neffen. 1969 hatte der Kläger seine Absicht bekundet, aus der KG "mit der Maßgabe" auszuscheiden, daß er 50 v. H. des zum Vermögen der KG gehörenden Grundstücks erhielte, das damals im Grundbuch unter einer Nummer des Bestandsverzeichnisses eingetragen war. In der Folge wurde das Grundstück in zwei etwa gleich große Parzellen geteilt und unter zwei Nummern des Bestandsverzeichnisses eingetragen.
Der Vertrag über das Ausscheiden des Klägers aus der KG ist im Jahr 1972 abgeschlossen worden. Als Abfindung hat der Kläger die eine der beiden durch Teilung entstandenen Parzellen und einen Betrag von ... DM erhalten.
Das beklagte FA hat auf den Grundstückserwerb durch den Kläger § 6 Abs. 2 GrEStG in der Fassung der Bekanntmachung des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 12. Juli 1970 (BStBl I 1970, 982), nicht aber § 7 Abs. 2 GrEStG angewandt und durch vorläufigen Bescheid vom 4. Mai 1973 eine Grunderwerbsteuer in Höhe von ... DM festgesetzt. Die vom Kläger erhobene Sprungklage, mit der er die völlige Freistellung von der Grunderwerbsteuer gemäß § 7 Abs. 2 GrEStG begehrte, hat keinen Erfolg gehabt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Bei der Prüfung der Revision geht der erkennende Senat zugunsten des Klägers von der übereinstimmenden Auffassung der Beteiligten aus, daß die zuletzt unter zwei Nummern des Bestandsverzeichnisses im Grundbuch eingetragenen Grundstücke A-Straße 9 und B-Straße 23 im Zeitpunkt des Ausscheidens des Klägers aus der KG eine wirtschaftliche Einheit bildeten. Beide Grundstücke sind unter diesen Voraussetzungen im Sinne des § 7 Abs. 2 i. V. m. § 2 Abs. 3 Satz 1 GrEStG als ein Grundstück zu behandeln, weil sich der "Gesellschafterbeschluß" aus dem Jahr 1972 über das Ausscheiden des Klägers aus der KG in seinen rechtlichen Folgen auf beide Grundstücke bezog und eine Teilung der wirtschaftlichen Einheit, auf die sich der Gesellschafterbeschluß bezog, bewirkte. Das Grundstück A-Straße 9 wurde dabei dem Kläger übertragen und aufgelassen. Das Grundstück B-Straße 23 verblieb im Eigentum der KG, deren Gesellschafter jedoch der Kläger nach seinem Ausscheiden nicht mehr war. Hinsichtlich dieses Grundstücks trat insofern eine Änderung in seiner eigentumsmäßigen Zuordnung ein, als es nach dem Ausscheiden des Klägers infolge Anwachsung (§ 738 Abs. 1 Satz 1 BGB) nur noch im gesamthänderischen Eigentum der beiden Neffen des Klägers stand.
Daß diese Änderung keine grundbuchmäßigen Auswirkungen hatte, ist allein die Folge des § 161 Abs. 2 i. V. m. § 124 Abs. 1 HGB, wonach die KG wie die OHG unter ihrer Firma Grundstückseigentum erwerben kann. Dies ändert jedoch nichts daran, daß infolge Anwachsung eine Änderung in der eigentumsmäßigen Zuordnung des Grundstücks B-Straße 23 eingetreten ist. Dies wird besonders deutlich, wenn angenommen wird, daß jemand als Gesellschafter aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausscheidet. In diesem Fall würde das Grundbuch infolge der Eigentumsveränderung durch Anwachsung unrichtig werden und der Berichtigung bedürfen.
Werden danach die beiden Grundstücke als wirtschaftliche Einheit wie ein Grundstück behandelt, so sind hinsichtlich dieser Grundstücke auch dem Grunde nach die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 GrEStG erfüllt. Die als ein Grundstück zu behandelnden beiden Grundstücke sind flächenmäßig dahin geteilt worden, daß das eine Grundstück dem Kläger und das andere Grundstück den verbleibenden Gesellschaftern, den Neffen des Klägers, flächenmäßig zugeteilt worden ist, wie sich dies aus dem Gesellschafterbeschluß des Jahres 1972 ergibt.
Hieran ändert sich auch dadurch nichts, daß die Veränderung in der eigentumsmäßigen Zuordnung des Grundstücks B-Straße 23 als Gesellschafterwechsel nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt. Wenn deshalb auch mangels Grunderwerbsteuerbarkeit der Veränderung in der eigentumsmäßigen Zuordnung des Grundstücks B-Straße 23 der § 7 Abs. 2 GrEStG nicht zum Zuge kommen kann, so ist doch kein Grund erkennbar, in diesem Falle die genannte Vorschrift auch hinsichtlich des Erwerbes des Grundstücks A-Straße 9 nicht anzuwenden.
Daß es bei der flächenmäßigen Teilung im Sinne des § 7 GrEStG nicht erforderlich ist, daß an allen Teilflächen jeweils Alleineigentum begründet wird, hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 29. Juli 1969 II 94/65 (BFHE 96, 431, BStBl II 1969, 669) für die Fälle der Bildung von Miteigentum nach Bruchteilen an den Teilflächen ausgesprochen. Er hat sich hier darauf berufen, daß das Gesetz in § 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 GrEStG selbst davon ausgehe, daß ein Grundstück mehreren Miteigentümern gehören könne und daß kein Grund bestehe, den § 7 GrEStG anders auszulegen. Was in dieser Entscheidung für das Miteigentum gesagt worden ist, muß auch für das gesamthänderische Eigentum an Teilflächen gelten. Gehört z. B. ein Grundstück vier Personen in Gesellschaft bürgerlichen Rechts, so ist § 7 Abs. 2 GrEStG nicht nur dann anwendbar, wenn dieses Grundstück flächenmäßig geteilt auf die vier Gesellschafter als Alleineigentümer oder Miteigentümer übertragen wird, sondern auch dann, wenn die Gesellschafter zwei jeweils zweigliedrige Gesellschaften bürgerlichen Rechts gebildet haben und das der viergliedrigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts gehörende Grundstück flächenmäßig geteilt auf die beiden zweigliedrigen Gesellschaften bürgerlichen Rechts übertragen wird.
Der vorstehend erörterte Fall unterscheidet sich von dem vorliegenden Fall dadurch, daß die Übertragung der Teilgrundstücke auf die zweigliedrigen Gesellschaften bürgerlichen Rechts jeweils eines notariell beurkundeten Vertrages sowie der Auflassung und Eintragung im Grundbuch bedarf, während dies im vorliegenden Fall nur für das auf den Kläger zu übertragende Teilgrundstück galt, da bei der KG die Eigentumsveränderung durch Anwachsung (§ 738 BGB) erfolgte. Das vom Gesetzgeber beim Ausscheiden aus einer Personengesellschaft verwendete Prinzip der Anwachsung kann jedoch nichts daran ändern, daß auch das der KG im vorliegenden Fall verbliebene Grundstück Gegenstand des Teilungsvorgangs ist, wenn dieses Grundstück auch in dem Gesellschafterbeschluß über das Ausscheiden des Klägers aus der KG nicht ausdrücklich angesprochen worden ist.
Daß die KG trotz des Ausscheidens des Klägers ihre Identität als KG nicht geändert hat, kann ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung führen. Die KG ist zwar der gleiche selbständige Rechtsträger im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes geblieben. Bei Anwendung der §§ 5 bis 7 GrEStG ist jedoch auf die Anteile ihrer Gesellschafter abzustellen. Daraus ergibt sich, daß die beiden Grundstücke, als wirtschaftliche Einheit verstanden, die zunächst dem Kläger und seinen Neffen zur gesamten Hand gehörten, zwischen dem Kläger einerseits und den Neffen andererseits dahin geteilt worden sind, daß das eine Grundstück dem Kläger übertragen worden ist, während das andere Grundstück den Neffen im Wege der Anwachsung zugeordnet wurde.
Die Revision des Klägers ist danach begründet. Der Senat kann jedoch in der Sache selbst nicht abschließend entscheiden, da hierzu die Feststellungen des FG nicht ausreichen.
Das FG wird nunmehr zu prüfen haben, ob es sich der Auffassung der Beteiligten anschließt, daß die beiden Grundstücke beim Ausscheiden des Klägers aus der KG eine wirtschaftliche Einheit bildeten. Es wird darüber hinaus zu prüfen haben, ob und inwieweit der Wert des dem Kläger übertragenen Grundstücks dem Anteil entsprach, zu dem er am Vermögen der Gesamthand beteiligt war.
Fundstellen
Haufe-Index 72405 |
BStBl II 1977, 677 |
BFHE 1978, 358 |