Entscheidungsstichwort (Thema)
Beteiligte einer Feststellung des gemeinen Werts nichtnotierter Anteile an einer Kapitalgesellschaft; Einfluss auf die Geschäftsführung einer KGaA bei Einbringung sämtlicher Aktien in eine Pool-GbR
Leitsatz (NV)
- Werden sämtliche Aktien einer KGaA in eine Pool-GbR eingebracht, sind nicht deren Gesellschafter, sondern ist die GbR Inhaber der Aktien (Anteilsinhaber).
- Weder § 3 Satz 2 BewG noch § 39 Abs. 2 Nr. 2 oder § 179 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 AO 1977 zwingen dazu, abweichend vom Wortlaut des § 5 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 AntBewV nicht die GbR, sondern deren Gesellschafter als Feststellungsbeteiligte anzusehen.
- Der nach § 113a BewG a.F. gesondert festzustellende Anteilswert ist auf das Grund- oder Stammkapital der jeweiligen Kapitalgesellschaft und nicht auf die Anteile bestimmter Personen bezogen. Das Verfahren der Anteilsbewertung dient nicht der aufteilenden Zurechnung des Grund- oder Stammkapitals der Gesellschaft.
- Die Pool-GbR verfügt als alleinige Anteilsinhaberin in der Hauptversammlung der KGaA über den größtmöglichen Einfluss. Durch die Zwischenschaltung der Pool-GbR unterliegt die Ausübung der mit den Aktien verbundenen Mitgliedschaftsrechte einem einheitlichen Willen, auch wenn dieser intern erst im Wege einer Mehrheitsentscheidung gebildet werden muss.
- Die Strukturen der KGaA gemäß den §§ 278 ff. AktG führen nicht dazu, dass die Aktien kraft Gesetzes keinen Einfluss auf die Geschäftsführung vermitteln können.
- Zu den Rechtsfolgen eines Feststellungsbescheides, der nicht gegen die zu Beteiligenden gerichtet und gegenüber denen, gegen die er sich richtet, nicht wirksam geworden ist.
Normenkette
AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 2, § 179 Abs. 2 Sätze 1-2, § 182 Abs. 3; BewG § 3 S. 2, § 113a; AktG § 278; AntBewV § 5 Abs. 1 Nrn. 2-3
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) das … Ihre persönlich haftenden Gesellschafter haben als solche keine Vermögenseinlagen erbracht. Gemäß § 6 ihrer Satzung ist als fakultatives Gesellschaftsorgan ein Aktionärsausschuss zu bilden, der die Interessen der Aktionäre und der Klägerin gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern vertritt. Nach § 12 der Satzung hat der Aktionärsausschuss die ihm durch die Hauptversammlung oder nach der Satzung zugewiesenen Aufgaben durchzuführen. Die Wahl seiner Mitglieder erfolgt gemäß § 13 Abs. 2 der Satzung auf Vorschlag der persönlich haftenden Gesellschafter durch die Hauptversammlung. Mit 3/4-Mehrheit kann auch ein nicht vorgeschlagener Kandidat gewählt werden.
Sämtliche Aktien ―es handelt sich um Namensaktien― befinden sich im Gesellschaftsvermögen der Beigeladenen, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die die über 40 Aktionäre zur Bündelung ihrer Interessen und zur Verwaltung der Beteiligung an der Klägerin eingegangen sind und in die sie ihre Aktien eingebracht haben. An dieser GbR sind die Aktionäre, zu denen auch die persönlich haftenden Gesellschafter gehören, im Verhältnis ihres ursprünglichen Anteils am Grundkapital der Klägerin beteiligt. Die Beteiligungen belaufen sich auf 0,4 bis 7,5 v.H.; lediglich eine Beteiligung erreicht 10 v.H. Nach § 5 des Gesellschaftsvertrages der GbR werden die Aktien unter der für die GbR vereinbarten Bezeichnung aufbewahrt. Gemäß § 7 des Vertrages bildet die GbR ein sog. Pool-Sekretariat zur internen Verwaltung und ―soweit erforderlich― zur Vertretung nach außen. Nur die Mitglieder dieses Pool-Sekretariats sind über das Aktiendepot verfügungsberechtigt. Es beruft die Gesellschafterversammlung ein, auf der jeweils 1 000 DM der "wirtschaftlichen Beteiligung" am Grundkapital eine Stimme gewähren und auf der grundsätzlich mit einfacher Mehrheit und nur bei bestimmten Beschlüssen wie etwa dem einer Änderung des Gesellschaftsvertrages mit 3/4-Mehrheit entschieden wird.
Mit letztmalig geändertem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des gemeinen Werts der Anteile auf den 31. Dezember 1989 und 1990 vom 18. Februar 1998 stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) den Wert der Anteile an der Klägerin auf … DM bzw. … DM für je 100 DM des Grundkapitals fest, ohne dabei einen Abschlag gemäß Abschn. 80 der Vermögensteuer-Richtlinien (VStR) 1989 wegen fehlenden Einflusses auf die Geschäftsführung vorzunehmen. Als Beteiligte führten die Bescheide "die Gesellschafter der GbR" an. In einer Anlage zu den Bescheiden waren die Gesellschafter der GbR unter Angabe ihrer "Beteiligungsquoten" aufgelistet. Die Klägerin selbst ist in den Bescheiden lediglich als Empfangsbevollmächtigte für die Gesellschafter der GbR angesprochen.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Zur Begründung der Klage, mit der nicht die Aufhebung der Feststellungsbescheide, sondern lediglich deren Änderung wegen eines angeblich fehlenden Einflusses auf die Geschäftsführung der Klägerin beantragt worden war, hatte die Klägerin vorgetragen, die Aktien seien nicht gemäß § 3 des Bewertungsgesetzes in der zu den streitigen Stichtagen geltenden Fassung (BewG a.F.) als einheitliches Wirtschaftsgut zu behandeln und nicht der GbR, sondern gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) anteilig deren einzelnen Gesellschaftern zuzurechnen. Daraus wiederum folge, dass für die Frage des Einflusses auf die Geschäftsführung auf den einzelnen Gesellschafter abzustellen sei. Dieser habe aber wegen der Besonderheiten der Rechtsform einer KGaA sowie wegen der Ausgestaltung der Satzung der Klägerin und des Gesellschaftsvertrages der GbR keinen Einfluss auf die Geschäftsführung der Klägerin ausüben können. Bei den Gesellschafterversammlungen der GbR handele es sich um vorgezogene Hauptversammlungen der Klägerin. Der Einfluss eines Gesellschafters sei dort nicht größer als er es bei gleichem Anteil in der Hauptversammlung wäre. Die Regelungen über das Zustandekommen und die Aufgaben des Aktionärsausschusses minderten die Einflussmöglichkeiten des einzelnen Gesellschafters der GbR zusätzlich.
Mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 1021 veröffentlichten Urteil führte das Finanzgericht (FG) aus, bei der Wertung der Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsführung der Klägerin sei nicht auf die Größe der Beteiligungen der einzelnen Gesellschafter an der GbR abzustellen, sondern auf die Beteiligung der GbR an der Klägerin. Die GbR sei nämlich Inhaberin der Anteile. Sie verfüge somit über 100 v.H. des Grundkapitals. Demgemäß sei in den Feststellungsbescheiden auch zutreffend nur die GbR als Beteiligte genannt. Die Anlage der Gesellschafterlisten stelle lediglich eine formlose Unterfeststellung dar. Allerdings bestehe Unsicherheit, ob die Angabe der GbR als einzige Beteiligte in den angefochtenen Feststellungsbescheiden mit § 179 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 vereinbar sei, wonach Feststellungsbescheide gegen denjenigen zu richten seien, dem der Gegenstand der Feststellung bei der Besteuerung zuzurechnen ist. Aus diesem Grunde sei die Revision zuzulassen.
Mit der Revision macht die Klägerin geltend, die angefochtenen Bescheide sowie die vorausgegangenen geänderten Bescheide litten an Bekanntgabemängeln. Sie seien zum einen an sie ―die Klägerin― nur als Empfangsbevollmächtigte der an ihr Beteiligten, nicht aber als nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 der Anteilsbewertungsverordnung (AntBewV) vom 19. Januar 1977 (BGBl I, 171) vorgesehene zusätzliche Inhaltsadressatin gerichtet. Zum anderen seien entgegen § 5 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 und 3 AntBewV und entgegen der Ansicht des FG die Gesellschafter der GbR als Beteiligte benannt worden, obwohl ―in diesem Punkt hat sich die Rechtsauffassung der Klägerin geändert― nur die GbR selbst Anteilsinhaberin gewesen sei und die Bescheide daher an sie als neben der Klägerin einzige Beteiligte zu richten gewesen wären. Im Übrigen verletze die Vorentscheidung materielles Steuerrecht insofern, als die Frage nach dem Einfluss auf die Geschäftsführung bezogen auf die GbR anstatt bezogen auf deren einzelne Gesellschafter beantwortet und die Besonderheiten einer KGaA sowie ihrer satzungsmäßigen Ausgestaltung im Streitfall vernachlässigt worden sei(en).
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung sowie die Einspruchsentscheidung vom 1. April 1998 und die Feststellungsbescheide auf den 31. Dezember 1989 und 1990 vom 18. Februar 1998, vom 29. September 1995 und ―nur bezogen auf den Stichtag 31. Dezember 1989― vom 25. September 1991 aufzuheben.
Das FA ist der Revision entgegengetreten. Es vertritt weiterhin die Ansicht, auch die Klägerin sei Inhaltsadressatin der Bescheide.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Es sind keine (wirksamen) Bescheide über die Feststellung des gemeinen Werts der Anteile an der Klägerin auf den 31. Dezember 1989 und 1990 vorhanden. Die angefochtenen Feststellungsbescheide geben als Feststellungsbeteiligte ―und damit als Inhaltsadressaten― entgegen der materiellen Rechtslage die Gesellschafter der GbR an, denen die Bescheide aber nicht wirksam bekannt gegeben worden sind. Die Klägerin und die GbR, die beide hätten beteiligt werden müssen, werden dagegen nicht als Feststellungsbeteiligte angesprochen. Da das FG dies verkannt hat, war die Vorentscheidung aufzuheben (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).
1. Die Klagebefugnis der Klägerin ergibt sich daraus, dass das FA der Auffassung ist, die Feststellungsbescheide an die Klägerin auch als Inhaltsadressatin gerichtet zu haben (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 6. April 1994 I B 192/93, BFH/NV 1995, 272). Mit dem auf Aufhebung der streitigen Feststellungsbescheide gerichteten Revisionsantrag geht die Klägerin über den Klageantrag, der lediglich auf Änderung der Bescheide im Umfang des begehrten Abschlags wegen fehlenden Einflusses auf die Geschäftsführung gerichtet war, hinaus; dies ist jedoch ausnahmsweise zulässig, da geltend gemacht wird, die angegriffenen Bescheide seien unwirksam. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung erfährt die Bindung an die Anträge gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ―ggf. i.V.m. § 121 FGO― dann eine Ausnahme, wenn das Rechtsmittel auf Abänderung einer Hoheitsmaßnahme gerichtet ist, das Gericht aber feststellt, dass der Verwaltungsakt unwirksam ist (vgl. BFH-Urteil vom 16. Mai 1989 VIII R 216/84, BFH/NV 1989, 803). Im Hinblick darauf kann es einem Revisionskläger nicht verwehrt sein, bereits selbst mit der Revision über den Klageantrag hinaus die Unwirksamkeit des angefochtenen Steuerbescheides geltend zu machen.
2. Gemäß § 113a Satz 1 BewG a.F. ―aufgehoben mit Wirkung ab 1. Januar 1998 durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (BGBl I, 2590)― wird der Wert der in § 11 Abs. 2 BewG bezeichneten Anteile an inländischen Kapitalgesellschaften gesondert festgestellt.Gemäß § 113a Satz 2 BewG a.F. sind das Feststellungsverfahren und dabei auch die Beteiligung der Kapitalgesellschaft und ihrer Gesellschafter durch eine Rechtsverordnung zu regeln. Dies ist durch die AntBewV geschehen. Nach deren § 5 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 sind neben der Kapitalgesellschaft ―von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen― die Anteilsinhaber am Feststellungsverfahren zu beteiligen. Diesem Erfordernis genügen die angefochtenen Feststellungsbescheide nicht.
a) Anteilsinhaber, nämlich Inhaber der von der Klägerin ausgegebenen Aktien, ist im Streitfall ausschließlich die GbR und sind nicht deren Gesellschafter (vgl. dazu Urteil des BFH vom 16. Juni 1999 II R 36/97, BFH/NV 2000, 170, unter II. A.). Entgegen der Annahme der Klägerin bzw. des FG zwingt weder § 3 Satz 2 BewG noch § 39 Abs. 2 Nr. 2 oder § 179 Abs. 2 Satz 1 und 2 AO 1977 dazu, abweichend vom Wortlaut des § 5 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AntBewV nicht die GbR, sondern deren Gesellschafter als Feststellungsbeteiligte anzusehen. Denn der nach § 113a BewG a.F. gesondert festzustellende Anteilswert ist auf das Grund- oder Stammkapital der jeweiligen Kapitalgesellschaft und nicht auf die Anteile im Eigentum bestimmter Personen bezogen. Daher dient das Verfahren der Anteilsbewertung nicht der aufteilenden Zurechnung des Grund- oder Stammkapitals der Gesellschaft, sondern lediglich der Feststellung eines verbindlichen Bewertungsfaktors für die von den Gesellschaftern gehaltenen Beteiligungen (so Rid in Gürsching/Stenger, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, § 113a BewG Anm. 8.1, sowie Troll, Bewertung der Aktien und GmbH-Anteile bei der Vermögensteuer, 5. Aufl. 1989, S. 210 Rdnr. 13; Hofmann, Steuer und Wirtschaft 1991, 247, 252).
b) Die angefochtenen Feststellungsbescheide bezeichnen aber in eindeutiger und damit nicht auslegungsfähiger Weise nicht die GbR, sondern deren Gesellschafter als Beteiligte. Dies gilt sowohl für die letztmaligen Änderungsbescheide vom 18. Februar 1998 als auch für die vorausgegangenen Bescheide vom 29. September 1995 bzw. 25. September 1991. Diese fehlerhafte Angabe der Feststellungsbeteiligten, denen gegenüber der Anteilswert gesondert festzustellen ist, führt für sich allein zunächst nur zur Unwirksamkeit der angefochtenen Bescheide gegenüber der GbR, aber noch nicht zur Unwirksamkeit der Bescheide insgesamt. Die Angabe des Inhaltsadressaten ―die Feststellungsbeteiligten sind Inhaltsadressaten― ist gemäß § 157 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 konstituierender Bestandteil jedes Steuerbescheides (BFH-Urteil vom 25. September 1990 IX R 84/88, BFHE 162, 4, BStBl II 1991, 120). Ist eindeutig ein anderer als Inhaltsadressat bezeichnet als derjenige, gegen den der Bescheid materiell-rechtlich zu richten gewesen wäre, bleibt der Bescheid diesem gegenüber auch dann unwirksam, wenn er ihn erhalten und auch auf sich bezogen hat (vgl. BFH in BFH/NV 2000, 170).
c) Die Angabe der Gesellschafter der GbR als Beteiligte stellt jedoch nicht den einzigen Mangel bezüglich der Inhaltsadressaten dar. Die angefochtenen Bescheide sind nämlich ebenso wie die ihnen vorausgegangenen geänderten Bescheide auch nicht gegenüber der Klägerin und damit gegenüber keinem der am Feststellungsverfahren zu Beteiligenden ergangen. Die Vordrucke für die Feststellungsbescheide unterscheiden danach, ob die Bescheide gegenüber der Kapitalgesellschaft als Beteiligte und/ oder als Empfangsbevollmächtigte für die in der "Anlage Beteiligungsverhältnisse" aufgeführten Beteiligten ergehen sollen. Die Klägerin ist ―wie von ihr zu Recht gerügt― in sämtlichen Bescheiden lediglich als Empfangsbevollmächtigte der Gesellschafter der GbR und entgegen § 113a BewG a.F. sowie § 5 Abs. 1 Nr. 1 AntBewV nicht zusätzlich als Beteiligte in eigener Person angesprochen worden.
d) Die Tatsache, dass die im Streitfall angefochtenen Bescheide gegenüber keinem der am Feststellungsverfahren zu Beteiligenden ergangen sind, führt gegenüber denjenigen, die hätten beteiligt werden müssen, nämlich gegenüber der Klägerin und der GbR dazu, dass ihnen gegenüber keine (wirksamen) Feststellungsbescheide vorliegen. Der Regelung des § 182 Abs. 3 AO 1977, wonach die unrichtige Bezeichnung eines von mehreren Feststellungsbeteiligten, die durch Rechtsnachfolge eingetreten ist, durch einen besonderen Bescheid gegenüber dem Rechtsnachfolger berichtigt werden kann, ist zwar zu entnehmen, dass die fehlerhafte Angabe eines der am Feststellungsverfahren Beteiligten für sich allein nicht die Nichtigkeit des Feststellungsbescheides bewirkt. Ein nichtiger Bescheid könnte nicht berichtigt werden (vgl. dazu BFH-Urteil vom 21. Mai 1992 IV R 47/90, BFHE 168, 217, BStBl II 1992, 865, unter 3. b). Ist aber nicht nur einer von mehreren Beteiligten unrichtig bezeichnet, wie es die Anwendung des § 182 Abs. 3 AO 1977 voraussetzt, sondern neben dem oder den unrichtig Bezeichneten kein materiell-rechtlich zu Beteiligender angegeben ―richtet sich der Bescheid somit nur gegen materiell-rechtlich nicht zu Beteiligende― ist der Bescheid jedenfalls gegenüber denjenigen, gegen die er zu richten gewesen wäre, aber nicht gerichtet ist, endgültig unwirksam (vgl. BFH-Urteil vom 7. April 1987 VIII R 259/84, BFHE 150, 331, BStBl II 1987, 766, unter I. 2.). Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben.
e) Die Sache ist spruchreif. Die angefochtenen Feststellungsbescheide sind auch nicht gegenüber den fälschlich als Inhaltsadressaten angesprochenen Gesellschaftern der GbR wirksam geworden, weil die Klägerin keine Empfangsvollmacht besaß, die Bescheide für die Gesellschafter der GbR entgegenzunehmen. Ihnen gegenüber fehlt es daher an einer Bekanntgabe gemäß § 122 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 1 AO 1977. Damit sind gegenüber niemandem Bescheide über die Feststellung des gemeinen Werts der Anteile an der Klägerin auf den 31. Dezember 1989 und 1990 vorhanden. Zur Beseitigung des von ihnen ausgehenden Rechtsscheins (vgl. BFH-Urteil vom 7. August 1985 I R 309/82, BFHE 145, 7, BStBl II 1986, 42, unter B. 5.) waren sie gleichwohl aufzuheben.
3. Die Frage, ob die Aktien einen Einfluss auf die Geschäftsführung der Klägerin vermitteln oder nicht, beantwortet der Senat informatorisch dahin, dass das FA zu Recht eine Minderung des Vermögenswerts entsprechend Abschn. 80 VStR 1989 abgelehnt hat. Weder die Größe des Anteilsbesitzes noch die rechtlichen Strukturen der KGaA im Allgemeinen oder die Satzung der Klägerin im Besonderen oder der Gesellschaftsvertrag der GbR ergeben, dass die Anteile an der Klägerin keinen Einfluss auf die Geschäftsführung vermitteln.
a) Wie oben ausgeführt, ist Anteilsinhaber die GbR, die als solche zu 100 v.H. an der Klägerin beteiligt ist. Die GbR verfügt damit in der Hauptversammlung der Klägerin über den größtmöglichen Einfluss. Die Ausübung der mit den Aktien verbundenen Mitgliedschaftsrechte in der Hauptversammlung der Klägerin unterliegt durch die Zwischenschaltung der GbR einem einheitlichen Willen, auch wenn dieser intern erst im Wege einer Mehrheitsentscheidung gebildet werden muss.
b) Die Strukturen der KGaA gemäß den §§ 278 ff. des Aktiengesetzes (AktG) führen nicht dazu, dass die Aktien gleichsam kraft Gesetzes keinen Einfluss auf die Geschäftsführung vermitteln können. Nach § 278 Abs. 3 AktG hat die Hauptversammlung als für die Bewertung der Einflussmöglichkeiten maßgebliches Gesellschaftsorgan (vgl. BFH-Urteil vom 23. Juli 1976 III R 79/74, BFHE 119, 496, BStBl II 1976, 706) die gleichen Kompetenzen wie die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft (AG) nach § 119 Abs. 1 AktG, wobei gemäß Nr. 3 der Vorschrift an die Stelle der Entlastung des Vorstandes die Entlastung der persönlich haftenden Gesellschafter tritt. Auch in den übrigen Fällen, in denen bei der AG nach den gesetzlichen Vorschriften ein Hauptversammlungsbeschluss erforderlich ist, ist bei der KGaA ebenfalls ein Hauptversammlungsbeschluss zu fassen (Herfs in Münchener Kommentar zum Gesellschaftsrecht, Bd. 4 Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 1999, § 77 Rdnr. 38). Aus § 286 Abs. 1 Satz 1 AktG und § 278 Abs. 2 AktG i.V.m. § 164 des Handelsgesetzbuchs (HGB) ergeben sich sogar Erweiterungen der Kompetenzen der Hauptversammlung der KGaA gegenüber denen der Hauptversammlung einer AG. Nach § 286 Abs. 1 Satz 1 AktG beschließt die Hauptversammlung der KGaA stets über die Feststellung des Jahresabschlusses, während die Hauptversammlung der AG dazu nur in den Fällen des § 173 Abs. 1 AktG berufen ist. Nach § 278 Abs. 2 AktG müssen die persönlich haftenden Gesellschafter der KGaA bei außergewöhnlichen Geschäften die Zustimmung der Hauptversammlung einholen, während die Hauptversammlung einer AG gemäß § 119 Abs. 2 AktG über Fragen der Geschäftsführung nur entscheiden kann, wenn der Vorstand es verlangt (Herfs, a.a.O., § 77 Rdnr. 39).
c) Auch die Satzung der Klägerin und der Gesellschaftsvertrag der GbR führen zu keiner anderen Beurteilung der Einflussmöglichkeiten der GbR in der Hauptversammlung der Klägerin. Der nach der Satzung der Klägerin zu bildende Aktionärsausschuss schmälert die Einflussmöglichkeiten der GbR nicht, da seine Mitglieder von der Hauptversammlung gewählt werden. Das Vorschlagsrecht der persönlich haftenden Gesellschafter führt zu keiner anderen Beurteilung, da es jederzeit von der GbR mit der erforderlichen 3/4-Mehrheit überspielt werden kann. Soweit der Aktionärsausschuss seine Aufgaben durch die Hauptversammlung zugewiesen bekommt, sind die Einflussmöglichkeiten der GbR durch die Entscheidung über die Zuweisung gewahrt. Auch soweit ihm die Aufgaben nach der Satzung zugewiesen sind, kann sich daraus keine so gewichtige Beschränkung der Befugnisse der Hauptversammlung ergeben, dass die mit den Stimmrechten in der Hauptversammlung verbundenen Einflussmöglichkeiten wegen einer Beschneidung der Befugnisse der Hauptversammlung entscheidend ausgehöhlt sein könnten. Hinsichtlich der Kompetenzen der Hauptversammlung einer KGaA verweist § 278 Abs. 3 AktG auf den Aufgabenkatalog in § 119 Abs. 1 des Gesetzes, der zwar wegen der unterschiedlichen Reichweite der zwingenden Kompetenzordnung nach § 23 Abs. 5 AktG für die AG nur sehr begrenzt (vgl. Gessler/Hefermehl/Eckard/Kropf, Aktiengesetz, Bd. II, 1973/1974, § 119 Anm. 10 und 11, sowie Hüffer, Aktiengesetz, 5. Aufl. 2002, § 119 Anm. 10) und für die KGaA ―soweit sie dem Recht der Kommanditgesellschaft unterliegt― in größerem Umfang (vgl. Aktiengesetz, Großkommentar, 4. Aufl., 17. Lfg. 2001, § 278 Anm. 4 und 5) erweitert, nicht aber eingeschränkt werden kann (vgl. Herfs, a.a.O., § 77 Rdnr. 61). Soweit die Befugnisse des Aktionärsausschusses im Streitfall zu Lasten des Aufsichtsrates gehen, kommt dem für die Frage, ob die Aktien Einfluss auf die Geschäftsführung gewähren, keine Bedeutung zu.
§ 35 der Satzung der Klägerin über die Feststellung des Jahresabschlusses entspricht § 286 Abs. 1 AktG, und zwar auch hinsichtlich der Regelung, wonach der Feststellungsbeschluss der Hauptversammlung über den Jahresabschluss der Zustimmung der persönlich haftenden Gesellschafter bedarf. Entgegen der Ansicht der Klägerin stellt diese gesetzliche Regelung ―wie bereits erwähnt― eine Erweiterung der Befugnisse der Hauptversammlung einer KGaA gegenüber denen der Hauptversammlung einer AG dar und keine Einschränkung. Der Umstand, dass nach § 33 Abs. 1 der Satzung Beschlüsse der Hauptversammlung zur Satzungsänderung der Zustimmung einer 3/4-Mehrheit der persönlich haftenden Gesellschafter bedürfen, ändert nichts daran, dass eine Satzungsänderung ohne Mitwirkung der Hauptversammlung nicht möglich ist. Damit bleibt die Einflussmöglichkeit der GbR auf die Satzungsänderung gesichert. Davon, dass die Satzung der Klägerin die Rechte der Hauptversammlung auf ein Mindestmaß reduziere bzw. vollständig ausschließe ―wie die Klägerin meint―, kann nach allem keine Rede sein. Etwas derartiges wäre auch mit § 278 Abs. 3 i.V.m. § 119 Abs. 1 AktG nicht vereinbar.
d) Die Regelungen im Gesellschaftsvertrag der GbR über das sog. Pool-Sekretariat können die Einflussmöglichkeiten der GbR als Anteilsinhaberin in der Hauptversammlung ebenfalls nicht in rechtserheblicher Weise einschränken, weil es sich bei dem Sekretariat um ein Vollzugsorgan des Einheitswillens der GbR handelt. Die Erwägungen der Klägerin, wonach sich das Sekretariat einflussmindernd auswirke, stellen auf den einzelnen Gesellschafter der GbR und nicht auf die GbR als solche ab. Dies ist aber ―wie oben unter 3. a dargelegt― verfehlt.
Fundstellen
Haufe-Index 1093692 |
BFH/NV 2004, 467 |