Leitsatz (amtlich)
Bei Fahrten eines Unternehmers zwischen zwei Niederlassungen seines Betriebes sind Mehraufwendungen für Verpflegung im allgemeinen nicht als Betriebsausgaben anzuerkennen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob Mehraufwendungen für Verpflegung bei Fahrten zwischen zwei Niederlassungen des Betriebes als Betriebsausgaben anzuerkennen sind.
Die Revisionsklägerin (OHG) unterhält einen Fertigungsbetrieb. Sitz und kaufmännische Verwaltung - mit einer Angestellten - sind in B, der Fertigungsbetrieb mit durchschnittlich 12 Arbeitnehmern liegt etwa 14 km entfernt in D.
Die beiden Gesellschafter der OHG, die in B wohnen, besuchten in den Streitjahren fast täglich mit Kraftfahrzeugen der OHG den Betrieb in D. Die Kfz-Kosten setzte die OHG als Betriebsausgaben an. Für die Mehraufwendungen für Verpflegung buchte sie als Betriebsausgaben pauschalierte Beträge.
Nach einer Betriebsprüfung erkannte das FA den Verpflegungsmehraufwand nicht an, billigte aber jedem der Gesellschafter für kleinere Aufwendungen (z. B. Parkgebühren) den Abzug von 150 DM bis 250 DM jährlich zu.
Die Sprungberufung gegen die entsprechend berichtigten Feststellungsbescheide war ohne Erfolg. Das FG führte u. a. aus:
Bei den Fahrten der Gesellschafter vom Ort der einen zum Ort der anderen Betriebstätte habe es sich um Fahrten zur Aufnahme der täglichen Arbeit in der eigenen Betriebstätte gehandelt. Das FA habe daher zu Recht den behaupteten Mehrverpflegungsaufwand nicht als abzugsfähige Betriebsausgaben anerkannt.
Zur Begründung ihrer Rechtsbeschwerde, jetzt Revision, trägt die OHG u. a. vor:
Die Reisen der beiden Gesellschafter zwischen B und D seien Geschäftsreisen. Mit dem FG Kassel (Urteil I 468/57 vom 24. Februar 1959, EFG 1959, 371) sei darauf abzustellen, wo bei mehreren Betriebstätten der Schwerpunkt der Tätigkeit eines Unternehmers liege. Wie sich aus den vom FG angeführten Zahlen ergebe, habe für den Gesellschafter K der Schwerpunkt seiner geschäftlichen Tätigkeit in B gelegen, für den Gesellschafter B dagegen in D.
Im übrigen werde der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung verletzt, wenn bei Bestehen einer Betriebstätte in einem anderen Ort als der Wohngemeinde Mehraufwendungen für Verpflegung nicht anerkannt würden, während ohne eine Betriebstätte der Abzug möglich sei.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
Das FG hat mit Recht die Fahrten der Gesellschafter zwischen B und D nicht als Geschäftsreisen angesehen und den behaupteten Verpflegungsmehraufwand nicht als Betriebsausgabe anerkannt.
Aufwendungen für die Ernährung gehören zu den nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abzugsfähigen Kosten der Lebensführung. Das Abzugsverbot greift lediglich dann nicht ein, wenn und soweit Verpflegungsaufwendungen ausschließlich oder weit überwiegend durch den Beruf oder den Betrieb des Steuerpflichtigen veranlaßt sind (vgl. z. B. Urteil des BFH I 205/60 S vom 11. April 1961, BFH 73, 535, BStBl III 1961, 461 mit Anführung weiterer Urteile).
Eine solche Ausnahme gilt bei Geschäftsreisen eines Steuerpflichtigen. Die Mehraufwendungen für Verpflegung, die ausschließlich und unmittelbar durch die beruflichen Zwecken dienenden Geschäftsreisen veranlaßt sind, werden nicht mehr als Aufwendungen für den Haushalt des Steuerpflichtigen im Sinne des § 12 Nr. 1 EStG angesehen, sondern sind Betriebsausgaben oder Werbungskosten. Eine Geschäftsreise liegt indessen nach dem in der Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil IV 354/55 U vom 15. November 1956, BFH 64, 257, BStBl III 1957, 99) entwickelten Begriff nur dann vor, wenn sich der Steuerpflichtige von dem Ort, an dem sich seine Betriebstätte, der Schwerpunkt seiner beruflichen Existenz, befindet, zu beruflichen Zwecken an einen anderen Ort begibt. Unter diesem Gesichtspunkt hat die Vorinstanz zutreffend bei den hier fraglichen Fahrten das Vorliegen von Geschäftsreisen abgelehnt. Die beiden Gesellschafter haben sich bei den Fahrten zwischen B und D nicht von dem Ort ihrer Betriebstätte an einen anderen Ort - ohne eine Betriebstätte - zu betrieblichen Zwecken begeben, sondern sie sind von einer ihrer Betriebstätten zu einer anderen Betriebstätte oder von ihrer Wohnung in B zu ihrer Betriebstätte in D gefahren. Wenn die OHG darauf hinweist, daß einer ihrer Gesellschafter vornehmlich in B, der andere vornehmlich in D tätig sei, so kann das nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Selbst wenn unterstellt wird, daß der eine Gesellschafter regelmäßig nur von seiner Wohnung in B nach D gefahren sei, so kann auch insoweit nicht von einer Geschäftsreise, sondern nur von einer Fahrt zwischen Wohnung und Betriebstätte gesprochen werden. Das würde sich nicht dadurch ändern, daß dieser Gesellschafter nicht unmittelbar von seiner Wohnung in B nach D, sondern über den Betrieb in B nach dort fahren würde.
Der vorliegende Fall kann nicht anders beurteilt werden als der Normalfall des außerhalb seines Betriebsortes wohnenden selbständigen Unternehmers (vgl. BFH-Urteil I 205/60 S). Die durch die räumliche Entfernung zwischen Wohnung und Betrieb veranlaßten Mehrverpflegungskosten des Unternehmers sind keine Betriebsausgaben. Das ändert sich nicht, wenn am Ort der Wohnung des Kaufmanns noch ein Zweigbetrieb ist. Wenn ein von seinem Betrieb entfernt wohnender Unternehmer sein Büro und die kaufmännische Leitung seines Betriebes in seine Wohnung verlegt, kann er damit nicht die Fahrten zwischen dem Ort der kaufmännischen Betriebsleitung und dem Ort des technischen Betriebs zu Geschäftsreisen machen.
Zu Unrecht wendet die OHG ein, daß Arbeitgeber nicht schlechtergestellt werden können als Arbeitnehmer. Nach der BFH-Rechtsprechung können zwar bei Arbeitnehmern Mehraufwendungen für Verpflegung unter bestimmten Voraussetzungen, so bei langer Abwesenheit von zu Hause, Werbungskosten sein (vgl. BFH-Urteil IV 119/53 U vom 17. September 1953, BFH 58, 81, BStBl III 1953, 322). Daraus läßt sich aber nicht ein allgemeiner Grundsatz ableiten, daß selbständige Unternehmer, die in der Gestaltung ihrer betrieblichen Verhältnisse frei sind und über andere Dispositionsmöglichkeiten verfügen als Arbeitnehmer, in gleicher Weise zu begünstigen sind. Man kann von der Lebenserfahrung ausgehen, daß es einem Unternehmer, im Gegensatz zu dem Arbeitnehmer, möglich ist, Vorrichtungen zu treffen, die es ihm ermöglichen, am Ort seiner ständigen beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit seine Verpflegung, wenn er es für erforderlich hält, so billig wie möglich zu gestalten. Das gilt für die ständige Betriebstätte genauso wie für eine zweite Betriebstätte, an die der Unternehmer seine Haupttätigkeit verlegt oder an der er mit Regelmäßigkeit tätig wird.
Im übrigen kann die OHG auch nicht damit durchdringen, daß sie sich auf den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung beruft, der dadurch verletzt sei, daß Verpflegungsmehraufwand ohne das Bestehen einer Betriebstätte an dem anderen Ort anerkannt würde, bei Vorhandensein einer dortigen Betriebstätte aber abgelehnt werde. Die OHG übersieht, daß bei Nichtvorhandensein einer Betriebstätte Fahrten zur Betriebstätte ausscheiden, so daß dann eine Geschäftsreise vorliegen kann. Nur bei einer Geschäftsreise begründet aber die sich für den Steuerpflichtigen ergebende Notwendigkeit, die Mahlzeiten in einer Gaststätte einzunehmen, in der er sonst nicht zu essen pflegt, die Rechtfertigung für die Annahme von ausschließlich beruflich oder betrieblich bedingten Mehrverpflegungsaufwendungen und damit ihre Abzugsfähigkeit als Betriebsausgabe.
Fundstellen
Haufe-Index 69308 |
BStBl II 1971, 103 |
BFHE 1971, 528 |