Leitsatz (amtlich)
Wer im Auftrag von Apotheken Rezepte ordnet, deren Ergebnisse addiert, Rabatte abzieht und das rechnerische Ergebnis zum Zwecke der Vergütung durch die Krankenkassen an die Abrechnungsstelle weitergibt, übt keine freiberufliche, sondern eine gewerbliche Tätigkeit aus.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1; GewStG § 2 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) eine gewerbesteuerpflichtige Tätigkeit ausübt.
Die Klägerin erstellt Rezeptabrechnungen für Apotheken. Sie übernimmt monatlich von 14 Apotheken die eingereichten Rezepte und errechnet daraus die Forderungen jeder Apotheke gegenüber den verschiedenen Krankenkassen. Zu diesem Zweck ordnet sie die Rezepte nach Krankenkassen, Versichertengruppen und Erstattungshöhe, numeriert die Rezepte, addiert die Ergebnisse, zieht Rabatte ab und gibt das Rechnungsergebnis an die Abrechnungsstelle der Apotheken weiter, die die Überweisung durch die Krankenkassen veranlaßt. Die einzelnen Apotheken übernehmen das Rechnungsergebnis in ihre Buchführung.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) sah diese Tätigkeit als eine gewerbliche an und erließ gegen die Klägerin für das Jahr 1970 einen Gewerbesteuermeßbescheid.
Die gegen diesen Bescheid gerichtete Sprungklage hatte keinen Erfolg.
Mit ihrer Revision beantragt die Klägerin, das Urteil des FG und den angefochtenen Bescheid aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet; das FG hat mit Recht angenommen, daß die Klägerin gewerblich tätig ist.
Das FG führte zur Begründung seiner Entscheidung aus, die Tätigkeit der Klägerin sei nicht in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG genannt, auch nicht als eine einer der dort aufgeführten Berufstätigkeiten ähnliche Tätigkeit anzusehen. Die Klägerin berechne die Apothekenforderungen nach vorgegebenen Merkmalen. Diese Arbeit lasse sich mit derjenigen eines Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten nicht vergleichen. Die Angehörigen dieser Berufe hätten nach § 2 des StBerG die Aufgabe, ihre Auftraggeber in Steuersachen zu beraten und zu vertreten und ihnen bei der Erledigung der Steuerangelegenheiten zu helfen. Hierzu zähle auch die Hilfe bei der Erfüllung der auch im steuerlichen Interesse bestehenden Buchführungspflichten, insbesondere der Aufstellung von Steuerbilanzen. Die Klägerin führe keine dieser für den Berufstand wesentlichen Arbeiten aus. Sie errechne lediglich Grundlagen für die Buchführung, sei sonst aber an der betrieblichen Rechnungslegung nicht beteiligt. Zu Unrecht berufe sie sich daher darauf, daß die selbständige Übernahme von Buchführungsarbeiten, insbesondere die Tätigkeit als sogenannter "Stundenbuchhalter" von der Rechtsprechung als freiberufliche Tätigkeit behandelt worden sei, wobei dahingestellt bleiben könne, ob dieser Rechtsprechung gefolgt werden könne. Jedenfalls könne die Klägerin ihr Ziel nicht durch Vergleich mit einem anderen Beruf erreichen, der nur als "ähnlicher Beruf" anerkannt worden sei; vielmehr müsse der Vergleich unmittelbar mit einem der aufgeführten Berufe angestellt werden. Das vom Senat gebilligte Urteil des BFH vom 15. Juni 1965 IV 283/63 U (BFHE 83, 151, BStBl III 1965, 556) habe nicht einmal die Bewertung von Mengenaufstellungen über Apothekenwaren für die Zwecke der Steuerbilanz als eine mit den steuerberatenden Berufen vergleichbare Tätigkeit angesehen, da steuerliche Grundkenntnisse zu jeder gehobenen kaufmännischen Ausbildung gehörten. Um so weniger lasse sich der Vergleich für die Tätigkeit der Klägerin anstellen, die auf steuerrechtliche Vorschriften keine Rücksicht zu nehmen brauche. Es könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Beruf des Steuerberaters und Steuerbevollmächtigten einen bestimmten Ausbildungsgang und die Ablegung bestimmter Prüfungen voraussetze.
Der Senat macht sich diese Ausführungen in vollem Umfang zu eigen.
Die Angriffe der Klägerin hiergegen gehen fehl. Sie macht geltend, das FG habe zu Unrecht verneint, daß sie Buchführungsarbeiten ausführe. Denn zum Wesen der Buchführung gehöre nicht, daß die ermittelten Zahlen eigenhändig in das Buchführungswerk geschrieben würden. Auch soweit jemand nach bestimmten Ordnungsprinzipien Anschreibungen vornehme und Zusammenstellungen fertige, die in die steuerliche Buchführung des Auftraggebers eingingen, liege die Erledigung von Buchführungsarbeiten vor. Nach dem Erlaß des niedersächsischen Finanzministers vom 22. April 1968 - S 1144 - 1 (DB 1968, 782) liege in einer derartigen Tätigkeit eine Hilfeleistung in Steuersachen im Sinne des § 107a Abs. 2 Nr. 5 AO, weil nach § 107a Abs. 1 Satz 2 AO zum Begriff der Hilfeleistung in Steuersachen auch die Hilfeleistung bei der Erfüllung steuerrechtlicher Buchführungspflichten gehöre. Sie, die Klägerin, führe im Debitorenbereich die eigentlichen Buchführungsarbeiten für die Apotheken aus, die diese nur noch mechanisch in ihr Buchführungswerk zu übertragen brauchten. Die Buchführung sei eine freiberufliche Tätigkeit. Mit der Hilfeleistung in Steuersachen erfülle sie, die Klägerin, aber auch typische Berufsaufgaben der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten.
Die Klägerin verkennt hierbei, daß, selbst wenn sie gewisse Aufgaben ausführt, die unter anderem auch Steuerbevollmächtigte und Steuerberater ausführen, ihre Tätigkeit damit noch nicht der viel umfassenderen und in wesentlichen Punkten auch anders gearteten Berufstätigkeit der genannten Berufsträger ähnlich ist.
Das gilt auch hinsichtlich der Frage, ob die Klägerin eine Tätigkeit ausübt, die der buchführenden Tätigkeit ähnlich ist. Es kann dahinstehen, inwieweit eine buchführende Tätigkeit, wenn sie allein und nicht im Rahmen eines steuerberatenden Berufes durchgeführt wird, als einer der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG genannten Tätigkeiten ähnlich angesehen werden kann. Wenn die Klägerin einen - kleinen - Teilbereich innerhalb der wesentlich umfassenderen und vielseitigeren Buchführungstätigkeit ausübt und damit die eigentlichen Buchführungsarbeiten vorbereitet, nimmt sie damit noch keine Buchführungsarbeiten wahr. Weder aus dem angeführten - die Gerichte nicht bindenden - Ministerialerlaß noch aus § 107a AO läßt sich ein anderes Ergebnis herleiten. Die Klägerin übersieht, daß § 107a AO definiert, was "Hilfeleistung in Steuersachen" ist, und bestimmt, wer solche Hilfeleistungen erbringen darf. Wer aber solche Leistungen erbringen darf und erbringt, ist damit noch nicht Träger eines der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aufgeführten freien Berufe oder eines einem von ihnen ähnlichen Berufs.
Fundstellen
Haufe-Index 70930 |
BStBl II 1974, 515 |
BFHE 1974, 176 |