Entscheidungsstichwort (Thema)
Irrige Beurteilung eines Sachverhalts i. S. des § 174 Abs. 4 AO 1977; Verletzung der Hinweispflicht gemäß § 76 Abs. 2 FGO
Leitsatz (NV)
1. Die irrige Beurteilung eines Sachverhalts i. S. des § 174 Abs. 4 AO 1977 liegt vor, wenn das FA aus einem bestimmten Sachverhalt unzutreffende steuerrechtliche Folgerungen zieht. Ob keine irrige Beurteilung gegeben ist, wenn der Bedienstete des FA absichtlich eine Rechtsnorm falsch anwendet, bleibt offen.
2. Zur Frage, ob § 174 Abs. 4 AO 1977 auch eingreift, wenn der aufgehobene oder geänderte Bescheid nicht nur aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts, sondern - zumindest auch - wegen formeller Mängel aufgehoben oder geändert worden ist.
Normenkette
AO 1977 § 174 Abs. 4; FGO § 76 Abs. 2; UStG 1980 § 15a
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) errichtete 1974/75 ein Kursanatorium, das 1975 fertiggestellt und in Betrieb genommen wurde. Ab April 1976 verpachtete die Klägerin das Kursanatorium. Sie verzichtete auf die Steuerbefreiung (§ 4 Nr. 12a des Umsatzsteuergesetzes - UStG - 1973) der Verpachtungsumsätze. Die im Rahmen der Gebäudeerrichtung angefallenen Vorsteuerbeträge zog sie wie folgt ab:
1975 … DM
1977 … DM
1978 … DM
insgesamt … DM.
Mit der am 9. Juli 1981 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) eingegangenen Umsatzsteuererklärung 1980 behandelte die Klägerin erstmalig ihre Verpachtungsumsätze als steuerfrei; andere steuerpflichtige Umsätze erklärte sie nicht. Sie berichtigte die auf die Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge mit dem Betrag von . . . DM (=1/10). Auf der Grundlage dieses Betrages errechnete sie einen Steuerabzugsbetrag gemäß § 19 Abs. 3 UStG 1980 i. d. F. vor der Aufhebung durch das Steuerreformgesetz vom 25. Juli 1988 in Höhe von (80 v. H. von . . . DM =) . . . DM, so daß sich eine Steuerschuld in Höhe von . . . DM ergab.
Nach einer am 27. Juli 1981 begonnenen Betriebsprüfung erließ das FA für die Jahre 1975 bis 1980 Änderungsbescheide vom 26. Februar 1982. Die in die Jahre 1975 bis 1978 fallenden Vorsteuerbeträge berichtigte es in den Steuerfestsetzungen für diese Jahre jeweils in einem Betrag. Die Umsatzsteuer für 1980 setzte es unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung auf 0 DM fest.
Mit dem Einspruch gegen die Umsatzsteuerbescheide 1975 bis 1979 machte die Klägerin geltend, die Vorsteuerberichtigung gemäß § 15a UStG sei nicht in den Steuerfestsetzungen für die Kalenderjahre des Vorsteuerabzugs vorzunehmen, sondern erstmals bei der Steuerfestsetzung für das Kalenderjahr zu berücksichtigen, in dem sich die Verhältnisse gegenüber dem Kalenderjahr der ersten Verwendung geändert hätten. Das FA änderte darauf die Veranlagungen für die Jahre 1975 bis 1978 und setzte die Steuer wieder in der ursprünglichen Höhe fest.
Unter Berufung auf § 174 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) setzte das FA durch Änderungsbescheid vom 29. Juni 1982 die Umsatzsteuer für 1980 auf . . . DM fest. Es übernahm damit den von der Klägerin für 1980 erklärten Berichtigungsbetrag (§ 15a UStG 1980), lehnte es jedoch zugleich ab, den Steuerabzugsbetrag gemäß § 19 Abs. 3 UStG 1980 zu gewähren.
Der gegen diesen Bescheid vom 29. Juni 1982 gerichtete Einspruch blieb erfolglos. Mit der Klage machte die Klägerin geltend: Der Leiter der Amtsbetriebsprüfung sei mit seiner Anweisung, die Vorsteuerkorrekturen nicht im Kalenderjahr der Änderung der Verhältnisse, sondern in den früheren Besteuerungszeiträumen vorzunehmen, bewußt vom geltenden Recht abgewichen. Darin sei keine irrige Beurteilung eines Sachverhalts i. S. des § 174 Abs. 4 AO 1977 zu sehen. Der Umsatzsteuerbescheid 1975 hätte im übrigen auch deshalb nicht geändert werden dürfen, weil zum Zeitpunkt der Änderung die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen gewesen sei. Da der Änderungsbescheid schon aus diesem Grunde hätte aufgehoben werden müssen, sei für die Anwendung des § 174 Abs. 4 AO 1977 kein Raum. Zumindest stehe ihr für das Streitjahr der Steuerabzugsbetrag nach § 19 Abs. 3 UStG 1980 zu, da sich dies aus dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ergebe.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1985, 580). Zur Begründung führte es aus: Das FA habe den angefochtenen Bescheid (in der Einspruchsentscheidung) zu Recht auf § 174 Abs. 4 AO 1977 gestützt. Die Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse im Jahre 1980 sei vom FA rechtsirrig beurteilt worden, indem es den Vorsteuerabzug in den Steuerfestsetzungen für das jeweilige Jahr der erstmaligen Verwendung (1975 bis 1978) vorgenommen habe. Die zuständigen Bediensteten des FA hätten offensichtlich die komplizierten Verwaltungsanweisungen mißverstanden. - Die Ansicht der Klägerin, der Änderungsbescheid für 1975 habe ohnehin wegen Verstoßes gegen die Verjährungsvorschriften aufgehoben werden müssen, gehe fehl. Gemäß Art. 97 § 10 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO 1977) i. V. m. § 144 Abs. 1 Satz 1 der Reichsabgabenordnung (AO) habe die Verjährungsfrist, weil die Steuererklärung für das Jahr 1975 im Jahre 1976 abgegeben worden sei, am 31. Dezember 1981 geendet. Da vor dem Ablauf der Verjährungsfrist mit einer Betriebsprüfung für das Jahr 1975 begonnen worden sei, sei der Fristablauf gemäß § 146a Abs. 3 AO gehemmt gewesen. - Das FA habe zutreffend die Voraussetzungen für einen Steuerabzugsbetrag gemäß § 19 Abs. 3 UStG 1980 verneint. Die Regelung des § 19 Abs. 3 Satz 6 UStG 1980 sei in den Grenzen ihres Wortlauts so auszulegen, daß der sozialpolitische Begünstigungseffekt der Regelung über den Steuerabzugsbetrag (§ 19 Abs. 3 UStG 1980) gewahrt und andererseits das Korrekturprinzip des § 15a UStG 1980 sachgerecht verwirklicht werde. Deshalb müßten Vorsteuerbeträge, die gemäß § 15a UStG 1980 erstmalig abziehbar würden (Nachholung), bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für den Steuerabzugsbetrag gemäß § 19 Abs. 3 Satz 3 UStG 1980 wie andere Vorsteuerbeträge berücksichtigt werden. Hingegen sei bei Korrektur eines unter Berücksichtigung der geänderten Verhältnisse zu hohen Vorsteuerbetrages der sich ergebende Berichtigungsbetrag nicht in die Berechnung der Steuer i. S. des § 19 Abs. 3 Satz 3 UStG 1980 einzubeziehen. Denn rückzahlbare Vorsteuerbeträge stellten keine Steuerbelastung dar, sondern seien nur Korrekturposten einer aus nachträglicher Sicht zu hohen Vorsteuervergütung. Die Gegenansicht würde zu Steuervorteilen führen, die weit über den sozialpolitischen Zweck des § 19 Abs. 3 UStG 1980 hinausgingen.
Den Antrag der Klägerin, den Tatbestand des Urteils dahingehend zu berichtigen, daß für das Jahr 1975 eine Betriebsprüfung weder angeordnet noch durchgeführt worden sei, lehnte das FG mit Beschluß vom 29. Juli 1985 ab. Die gegenteilige Feststellung gründe sich auf den Inhalt des Betriebsprüfungsberichts vom 26. November 1981. Auf die Prüfungsanordnung komme es nicht an.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie trägt vor: Die Voraussetzungen einer Änderung des Umsatzsteuerbescheides 1980 gemäß § 174 Abs. 4 AO 1977 hätten nicht vorgelegen. Der Leiter der Amtsbetriebsprüfung habe den Betriebsprüfer bewußt angewiesen, vom geltenden Recht abzuweichen. Das FG habe dieses Vorbringen als nicht glaubhaft zurückgewiesen, ohne hierzu tatsächliche Feststellungen getroffen zu haben. Es habe den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt. Sofern das FG seine Entscheidung auf Vorbringen des FA gestützt habe, zu welchem sie - die Klägerin - nicht habe Stellung nehmen können, sei ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.Der Umsatzsteuerbescheid für 1975 vom 26. Februar 1982 habe nicht nur wegen irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts, sondern bereits deshalb aufgehoben werden müssen, weil der Umsatzsteueranspruch gemäß § 144 Abs. 1 AO verjährt gewesen sei. § 174 Abs. 4 AO 1977 greife daher nicht ein (Hinweis auf FG Bremen, Urteil vom 19. Februar 1982 I 43/80 K, EFG 1982, 388). Das FG habe zu Unrecht die Ablaufhemmung gemäß § 146a Abs. 3 AO bejaht. Dem Urteil sei nicht zu entnehmen, aufgrund welcher Feststellungen das FG zu dem Ergebnis gekommen sei, vor Ablauf der Verjährungsfrist (31. Dezember 1981) sei mit einer Betriebsprüfung begonnen worden. Die im Beschluß vom 26. November 1981 geäußerte Auffassung des FG, aus dem Betriebsprüfungsbericht folge die Erstreckung der Betriebsprüfung auch auf das Jahr 1975, sei unzutreffend. Der Bericht enthalte - soweit er sich auf das Jahr 1975 beziehe - nur Formalien und tabellarische Zusammenstellungen unzutreffenden Inhalts. Prüfungshandlungen, die das Jahr 1975 berühren, seien nicht erkennbar. Alle sich auf das Jahr 1975 beziehenden Angaben im Betriebsprüfungsbericht - auch die Berechnungen und Entwicklungen in den Anlagen zum Bericht - seien erst nach der Schlußbesprechung im FA und anhand von amtsinternen Akten zusammengestellt worden. Das FG habe insoweit den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt. Außerdem habe es gegen die gemäß § 76 Abs. 2 FGO bestehende Fürsorgepflicht verstoßen, weil es sie - die Klägerin - nicht auf den Gesichtspunkt der möglichen Ablaufhemmung hingewiesen habe.
Schließlich habe das FG § 19 Abs. 3 UStG 1980 verletzt, indem es den Steuerabzugsbetrag nicht gewährt habe. Die hohen Begünstigungswirkungen als Folge der Berücksichtigung des § 15a UStG 1980 bei der Ermittlung des Steuerabzugsbetrages (§ 19 Abs. 3 Satz 6 UStG 1980) seien dem Gesetzgeber aufgrund von Äußerungen im Schrifttum bekannt gewesen und von ihm zumindest in Kauf genommen worden.
Im Hinblick auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 24. Februar 1988 X R 67/82 (BFHE 152, 564, BStBl II 1988, 622) änderte das FA den Umsatzsteuerbescheid für 1980 und setzte unter Berücksichtigung eines Steuerabzugsbetrages in Höhe von . . . DM die Steuer auf . . . DM herab. Auf Antrag der Klägerin wurde der Bescheid vom 30. März 1989 gemäß § 68 FGO Gegenstand des Verfahrens. Die Klägerin vertritt die Auffassung, das vorbezeichnete Urteil des BFH sei wegen unzulässiger Rechtsfortbildung nicht haltbar.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO 1977 für die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung 1980 vorgelegen haben. Nach dieser Vorschrift können, wenn aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen ist, der aufgrund eines Rechtsbehelfs durch die Finanzbehörde zugunsten des Steuerpflichtigen geändert wird, aus dem Sachverhalt nachträglich durch Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden.
a) Die irrige Beurteilung eines Sachverhalts liegt vor, wenn das FA aus einem bestimmten Sachverhalt unzutreffende steuerrechtliche Folgerungen zieht. In objektiver Hinsicht ist diese Voraussetzung im Streitfall gegeben. Wie das FG ausgeführt hat, beruhten die Steuerbescheide vom 26. Februar 1982 auf einer unzutreffenden Beurteilung der steuerrechtlichen Folgerungen, die aus der Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse zu ziehen waren; das FA hat die Vorsteuerberichtigung unter Verstoß gegen § 15a UStG 1980 und gestützt auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 in der Weise durchgeführt, daß es die Festsetzungen für die Jahre des Vorsteuerabzugs geändert hat.
Nach Auffassung der Klägerin muß darüber hinaus in subjektiver Hinsicht bei dem zuständigen Bediensteten des FA ein Irrtum über die Rechtsfolgen gegeben sein; ein solcher Irrtum ist nach Ansicht der Klägerin aber ausgeschlossen, wenn der Bedienstete des FA absichtlich Rechtsnormen falsch angewendet hat. Diese vom FG offengelassene Auslegungsfrage zu § 174 Abs. 4 AO 1977 kann auf sich beruhen. Jedenfalls hat das FG bei keinem Bediensteten des FA die Absicht feststellen können, das Recht zu beugen.
An diese Feststellung ist der Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden; Verfahrensrügen der Klägerin sind nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise erhoben worden (§ 120 Abs. 2 Satz 2 FGO).
Die Klägerin rügt mangelnde Sachaufklärung (§ 76 FGO) sinngemäß mit der Begründung, das FA hätte von Amts wegen Teilnehmer der Schlußbesprechung zur Frage der Rechtsbeugungsabsicht vernehmen müssen. Die Klägerin hat es jedoch versäumt darzulegen, wo diesbezügliche Tatsachen vorgetragen worden sind, denen das FG hätte nachgehen müssen. Für ihre Behauptung der Rechtsbeugungsabsicht hat sich die Klägerin nur auf die Unvertretbarkeit der Rechtsauffassung des Sachgebietsleiters der Betriebsprüfungsstelle berufen und daraus eine Vermutung auf Rechtsbeugungsabsicht abgeleitet. Konkrete Umstände, aus denen auf eine solche Absicht hätte geschlossen werden können, waren für das FG, das davon ausgegangen ist, die zuständigen Bediensteten hätten die komplizierten Verwaltungsanweisungen mißverstanden, nicht erkennbar.
Die Rüge der Klägerin, ihr Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt worden, ist nicht schlüssig vorgetragen. Die Klägerin hat nicht dargelegt, wozu sie sich nicht hat äußern können.
b) Die Klägerin vertritt unter Hinweis auf das Urteil des FG Bremen vom 19. Februar 1982 I 43/80 K (EFG 1982, 388; vgl. dazu auch FG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. April 1986 IX 173/80, EFG 1986, 534) die Auffassung, § 174 Abs. 4 AO 1977 greife nicht ein, wenn der aufgehobene oder geänderte Bescheid nicht nur aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts, sondern - zumindest auch - wegen formeller Mängel aufgehoben oder geändert worden sei. Hierzu führt die Klägerin an, der Sammeländerungsbescheid vom 26. Februar 1982 habe, soweit er die Umsatzsteuer 1975 betreffe und auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 gestützt sei, nicht ergehen dürfen, weil die Umsatzsteuerschuld 1975 verjährt gewesen sei. Es bedarf keiner Entscheidung der die Auslegung des § 174 Abs. 4 AO 1977 betreffenden Rechtsfrage. Selbst wenn die Ansicht der Klägerin zutrifft, kann die Revision keinen Erfolg haben, weil das FG zu Recht dahin erkannt hat, Verjährung der Umsatzsteuerschuld 1975 liege nicht vor.
aa) Die Verjährung ist zu verneinen, weil die Ablaufhemmung gemäß § 146a Abs. 3 AO eingreift. Nach dieser gemäß Art. 97 § 10 Abs. 1 Satz 2 EGAO 1977 im Streitfall anzuwendenden Vorschrift wird die Verjährung der Steueransprüche, auf die sich die Betriebsprüfung erstreckt, hinausgeschoben, wenn vor Ablauf der Verjährungsfrist mit der Betriebsprüfung begonnen wird. Hierbei kommt es nicht auf den Inhalt der Prüfungsanordnung an, die sich im Streitfall nur auf die Jahre 1978 bis 1980 erstreckt hat, sondern auf die tatsächlich geprüften Zeiträume (BFH-Urteil vom 10. Dezember 1971 III R 35/71, BFHE 104, 282, BStBl II 1972, 331; Tipke / Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 146a AO Rdnr. 4 m. w. N.). Das FG hat in seinem Urteil ausgeführt, vor Ablauf der Verjährungsfrist am 31. Dezember 1981 sei mit einer Betriebsprüfung für das Jahr 1975 begonnen worden. Diese Feststellung stützt das FG auf den Betriebsprüfungsbericht vom 26. November 1981. An diese Feststellung ist der Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden. Demgegenüber kann das neue Vorbringen der Klägerin, während der Betriebsprüfung seien in bezug auf das Jahr 1975 keine Prüfungshandlungen ergriffen worden, im Revisionsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden.
bb) Die Klägerin hat gegen die Feststellung des FG, vor Ablauf der Verjährung der Umsatzsteuerschuld 1975 sei mit einer sich hierauf erstreckenden Betriebsprüfung begonnen worden, keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht (§ 118 Abs. 2 FGO).
Die Klägerin rügt insofern, das FG habe seine Hinweispflicht gemäß § 76 Abs. 2 FGO verletzt, indem es sie nicht veranlaßt habe, tatsächliche Angaben zur Frage der Erstreckung der Betriebsprüfung auf das Jahr 1975 zu machen. Sie - die Klägerin - hätte dann ausgeführt und unter Beweis gestellt, daß die das Jahr 1975 betreffenden Angaben im Betriebsprüfungsbericht erst nach der Schlußbesprechung und an Amtsstelle ermittelt worden seien. Diese Rüge der Klägerin ist unbegründet.
Es bestand für das FG kein zwingender Anlaß zu einem Hinweis. Die Klägerin hatte sich auf Verjährung der Umsatzsteuerschuld 1975 berufen. Daraus ergab sich zwangsläufig und für die Klägerin erkennbar, daß die Voraussetzungen einer Ablaufhemmung, insbesondere infolge der Betriebsprüfung, vom FG zu prüfen waren. Das FG brauchte auch keine zu einem Hinweis veranlassende Zweifel daran zu haben, daß sich die Betriebsprüfung auf das Jahr 1975 erstreckt hatte. Der Betriebsprüfungsbericht bezeichnete im Inhaltsverzeichnis die Umsatzsteuer 1975 als geprüft und enthält in den Tz. 9 bis 11 sowie den Anlagen I bis III Prüfungsfeststellungen zur Umsatzsteuer 1975. In der Anlage V b ist vermerkt, die Klägerin habe zugestimmt, daß die Gewinnauswirkungen, die sich aus der Vorsteuerberichtigung - auch für 1975 - durch Erhöhung der Herstellungskosten und damit auch der Absetzung für Abnutzung (AfA) ergaben, in einem Betrag in der Gewinnfeststellung 1980 berücksichtigt wurden. Schließlich konnte das FG auch zugrunde legen, daß aufgrund der Betriebsprüfung u. a. die Umsatzsteuerveranlagung für 1975 geändert worden war.
Die Rüge mangelnder Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) ist ebenfalls unbegründet. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, waren für das FG keine Tatsachen ersichtlich, denen es auch ohne Beweisantritt (von Amts wegen) hätte nachgehen müssen.
Fundstellen