Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG und Erbauseinandersetzung
Leitsatz (NV)
Erhält ein Miterbe im Wege der Erbauseinandersetzung gegen Ausgleichszahlung das Alleineigentum an einer eigengenutzten Wohnung, erwirbt er nur einen Anteil im Sinne des § 10e Abs. 1 Satz 6 EStG entgeltlich. Der Abzugshöchstbetrag nach § 10e Abs. 1 Satz 1 EStG steht ihm daher nur anteilig im Verhältnis der Ausgleichszahlung zum Verkehrswert der Wohnung zu.
Baut der Miterbe die zu Alleineigentum erworbene Wohnung aus oder erweitert er sie, kann er die Aufwendungen für den Ausbau/die Erweiterung als nachträgliche Herstellungskosten der vorhandenen Wohnung (§ 10e Abs. 3 Satz 2 EStG) behandeln und zusammen mit der Ausgleichszahlung im Rahmen des anteiligen Abzugshöchstbetrags wie Sonderausgaben abziehen. Er kann die Aufwendungen aber auch selbständig als Herstellungskosten einer Erweiterung/eines Ausbaus im Sinne des § 10e Abs. 2 EStG geltend machen. Der Abzugshöchstbetrag für den Ausbau/die Erweiterung ist nicht anteilig zu kürzen.
Normenkette
EStG § 10e
Verfahrensgang
FG Münster (EFG 1996, 265) |
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Die Klägerin, ihr Bruder und ihre Mutter waren Miterben eines Einfamilienhauses. Die Mutter starb im August 1988 und wurde von der Klägerin und ihrem Bruder zu gleichen Teilen beerbt. Durch notariellen Erbauseinandersetzungsvertrag vom 13. März 1989 erhielt die Klägerin gegen Zahlung von 80 000 DM das alleinige Eigentum an dem Einfamilienhaus übertragen. Der Wert des Grundbesitzes einschließlich Wohnhaus ist im Vertrag mit 160 000 DM angegeben.
Die Klägerin renovierte das Einfamilienhaus umfassend und ließ einen Anbau sowie eine Garage errichten. Die Aufwendungen betrugen insgesamt 331 612,89 DM. Seit Mai 1990 nutzt die Klägerin das Gebäude zu eigenen Wohnzwecken.
Die im Streitjahr 1990 bis zum Einzug entstandenen Bauaufwendungen sah die Klägerin in Höhe von 78 366,18 DM als Erhaltungsaufwendungen an, die sie zur Hälfte (39 183 DM) gemäß § 10e Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Vorkosten geltend machte und zur Hälfte als anschaffungsnahen Herstellungsaufwand der Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG zurechnete. Ferner machte sie als Vorkosten Schuldzinsen in Höhe von 8 473 DM geltend. Die bis Ende 1990 entstandenen Anschaffungs- und nachträglichen Herstellungskosten (abzüglich der Hälfte der mit 26 v.H. angesetzten Anschaffungskosten für den Grund und Boden) ermittelte die Klägerin mit insgesamt 299 093 DM und beantragte hieraus einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG in Höhe von 5 v.H. (= 14 954 DM).
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte die Vorkosten in der beantragten Höhe, den Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG jedoch nur mit dem hälftigen Höchstbetrag von 7 500 DM, weil die Klägerin nur einen Grundstücksanteil von 1/2 entgeltlich erworben habe.
Der Einspruch der Kläger gegen den Einkommensteuerbescheid für 1990 war insoweit erfolglos. In der Einspruchsentscheidung lehnte das FA außerdem --nach vorheriger Ankündigung-- den Abzug der als Vorkosten geltend gemachten Erhaltungsaufwendungen von 39 183 DM ab, weil sie auf den unentgeltlich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erworbenen Grundstücksanteil entfielen und deshalb mangels Anschaffung nicht abziehbar seien.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage, mit der die Kläger weiterhin einen Abzugsbetrag von 14 954 DM sowie den Abzug von Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 39 183 DM als Vorkosten begehrten, teilweise statt. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1996, 265 veröffentlicht.
Das FG führte im wesentlichen aus: Die Aufwendungen für die Baumaßnahmen seien insgesamt als Herstellungskosten zu beurteilen und daher nicht als Vorkosten abziehbar. Es handle sich um nachträgliche Herstellungskosten, da sie "für ein bautechnisch im wesentlichen schon einmal fertiggestelltes Objekt" aufgebracht worden seien. Jedoch stehe der Klägerin die Grundförderung mit dem vollen Höchstbetrag von 15 000 DM zu, da der von ihr ermittelten Bemessungsgrundlage von 299 093 DM die als Erhaltungsaufwand behandelten Kosten von 39 139 DM hinzuzurechnen seien. Entgegen der Auffassung des FA sei nicht von zwei Objekten (unentgeltlich und entgeltlich erworbener Anteil) auszugehen. Denn für die Entscheidung, ob ein Anteil oder eine ganze Wohnung angeschafft worden sei, komme es darauf an, in welchem Umfang im Zeitpunkt des entgeltlichen Erwerbs eine Wohnung dem Steuerpflichtigen zugerechnet werden könne. Im Streitfall habe die Klägerin im Wege der Erbauseinandersetzung den Erbanteil des Bruders für 80 000 DM erworben und sei damit Alleineigentümerin des gesamten Hauses geworden, so daß es auch als ganzes Objekt i.S. des § 10e Abs. 1 EStG angesehen werden müsse.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 10e EStG. Es trägt vor:
Nach dem Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 5. Juli 1990 GrS 2/89 (BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837) entstünden einem Miterben, der den Erbanteil eines Miterben erwerbe, "Anschaffungskosten für die hinzuerworbenen Anteile am Gemeinschaftsvermögen". Folglich sei von zwei rechtlich eigenständigen Wohnungsanteilen auszugehen: einem durch Gesamtrechtsnachfolge unentgeltlich erworbenen und einem entgeltlich vom Miterben erworbenen Anteil. Die Klägerin habe somit nicht die ganze Wohnung, sondern nur einen Anteil entgeltlich erworben. Nur in Höhe des entgeltlich erworbenen Anteils im Verhältnis zum unentgeltlich erworbenen Anteil stehe ihr der Abzugshöchstbetrag zu. Da es sich um zwei rechtlich selbständige Anteile handle, seien zudem die nachträglichen Herstellungskosten nicht in voller Höhe zu berücksichtigen, sondern nur soweit, als sie auf den entgeltlich erworbenen Anteil entfielen.
Das FA beantragt, das finanzgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Sie sind der Auffassung, der Abzugshöchstbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG stehe ihnen ungekürzt zu, da die Klägerin zu Beginn des Abzugszeitraums Alleineigentümerin des Grundstücks gewesen sei. Ergänzend tragen die Kläger vor: Der Erwerb, der Anbau und die grundlegende Renovierung des Gebäudes seien als einheitlicher Vorgang anzusehen (vgl. auch BFH-Urteil vom 10. Mai 1995 IX R 62/94, BFHE 178, 46, BStBl II 1996, 639). Die Baumaßnahmen im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb hätten neuen Wohnraum geschaffen und das Gebäude erheblich verändert. Auch der Vergleich der Anschaffungskosten mit den Herstellungskosten zeige, daß das Gepräge des Gebäudes nach Abschluß der Arbeiten ganz überwiegend durch die Herstellungskosten beeinflußt worden sei. Es handle sich damit um primäre Herstellungskosten eines neuen Gebäudes und nicht um nachträgliche Herstellungskosten. Der Anbau sei im Rahmen der Übernahme und der grundlegenden Renovierung des bestehenden Gebäudes errichtet worden. Er sei daher nicht als neues weiteres Objekt i.S. des § 10e Abs. 2 EStG einzustufen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Zu Unrecht hat das FG den Abzugshöchstbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG in Höhe von 15 000 DM gewährt.
a) Nach § 10e Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Satz 1 EStG kann der Steuerpflichtige bei Anschaffung einer eigengenutzten Wohnung im eigenen Haus --unter weiteren Voraussetzungen-- im Jahr der Anschaffung und in den folgenden sieben Jahren 5 v.H. der Anschaffungskosten, höchstens jeweils 15 000 DM wie Sonderausgaben abziehen. "Bei einem Anteil an der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung" kann er "nur den entsprechenden Teil der Abzugsbeträge nach Satz 1" geltend machen (§ 10e Abs. 1 Satz 6 EStG).
b) Erhält ein Miterbe im Wege der Erbauseinandersetzung das Alleineigentum an einer eigengenutzten Wohnung gegen Ausgleichszahlung an den anderen Miterben übertragen, erwirbt er nur einen Anteil an der Wohnung entgeltlich.
aa) Nach dem Beschluß des Großen Senats des BFH in BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837 bilden Erbfall und Erbauseinandersetzung für die Einkommensbesteuerung keine rechtliche Einheit; die Auseinandersetzung ist weder zivilrechtlich noch einkommensteuerrechtlich Bestandteil des Erbfalls.
Wird durch die Aufteilung des Nachlasses im Wege der Auseinandersetzung lediglich der erbrechtliche Auseinandersetzungsanspruch erfüllt, liegt kein Anschaffungs- oder Veräußerungsgeschäft vor (BFHE 161, 332, 347, BStBl II 1990, 837, unter C. II. 2. a). Mit der Übertragung des Vermögens genügt die Erbengemeinschaft dem erbrechtlichen Auseinandersetzungsanspruch der Miterben, der durch die Auseinandersetzungsvereinbarung konkretisiert wird. Die einkommensteuerrechtlichen Folgen entsprechen denjenigen der Liquidation einer Personengesellschaft. In der Erfüllung des --konkretisierten-- Auseinandersetzungsanspruchs liegt nach den Grundsätzen der BFH-Entscheidung vom 19. Januar 1982 VIII R 21/77 (BFHE 135, 282, BStBl II 1982, 456) weder ein Tausch von Miteigentumsrechten zwischen den Gesellschaftern noch ein Tausch eines untergehenden Gesellschaftsanteils gegen einzelne Vermögensgüter zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft; ein derartiger Tausch kann deshalb auch nicht zwischen der Erbengemeinschaft und den Miterben angenommen werden (BFHE 161, 332, 347, BStBl II 1990, 837, unter C. II. 1. d). Bei der Realteilung des Nachlasses ohne Abfindungszahlungen liegt somit insgesamt ein unentgeltlicher Erwerb vor.
Erhält der Miterbe bei der Auseinandersetzung mehr an Vermögen als ihm aufgrund seines Erbanteils zusteht und hat er deshalb die Miterben abzufinden (Realteilung mit Abfindungszahlung), liegt insoweit ein entgeltliches Geschäft vor. Die Ausgleichszahlungen sind bei ihm Anschaffungskosten und zwar grundsätzlich auch dann, wenn sie im Rahmen einer gegenständlichen Auseinandersetzung über einen Teil des Vermögens der Erbengemeinschaft erbracht werden (BFHE 161, 332, 347, 348, BStBl II 1990, 837, unter C. II. 2. a, b).
In Höhe seines Erbanteils erwirbt der Miterbe unentgeltlich. Insoweit wird der --mit dem Erbfall entstandene-- erbrechtliche Auseinandersetzungsanspruch erfüllt. Soweit der Miterbe gegen Abfindungszahlung mehr erhalten soll, als ihm aufgrund seines Erbanteils zusteht, liegt ein Anschaffungsgeschäft vor. Da sich eine derartige Abwicklung nicht aus dem erbrechtlichen Auseinandersetzungsanspruch ergibt, bedarf es hierzu einer besonderen Vereinbarung unter den Beteiligten. Es handelt sich daher bei der Realteilung mit Abfindungszahlung um zwei als rechtlich selbständig zu beurteilende Vorgänge (gl.A. z.B. BFH-Urteil vom 29. Oktober 1991 VIII R 51/84, BFHE 166, 431, 436, 437, BStBl II 1992, 512, unter II. 2. a; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 11. Januar 1993 IV B 2 -S 2242- 86/92, BStBl I 1993, 62, Rz. 14, 28; Ruban, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1991, 65, 67; Groh, Der Betrieb --DB-- 1990, 2135, 2138; Stephan, DB 1991, 2051; Märkle, DStR 1994, 812, 815).
bb) Erwirbt ein Miterbe im Wege der Erbauseinandersetzung das Alleineigentum an einer eigengenutzten Wohnung, sind die dafür geleisteten Ausgleichszahlungen an die Miterben nach der vorstehenden Rechtsprechung Anschaffungskosten und als solche nach § 10e Abs. 1 EStG begünstigt. Da die Erfüllung des Auseinandersetzungsanspruchs durch Realteilung und die Abfindungsvereinbarung nicht auf einem einheitlichen Rechtsvorgang beruhen und die aufgrund der Erbauseinandersetzungsvereinbarung zu leistende Abfindung nur für das bezahlt wird, was der Miterbe mehr erhält, als ihm aufgrund seines Erbanteils zusteht, erwirbt er aufgrund der Erbauseinandersetzung nur einen Anteil an der Wohnung i.S. des § 10e Abs. 1 Satz 6 EStG entgeltlich (h.M., z.B. BMF-Schreiben vom 31. Dezember 1994 IV B 3 -S 2225 a- 294/94, BStBl I 1994, 887, Rz. 66 Beispiel 3; Stephan, DB 1991, 1038, 1090; Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 10e EStG Anm. 133; Stuhrmann in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 10e Rz. 41 ff.). Der Abzugshöchstbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG steht ihm daher gemäß § 10e Abs. 1 Satz 6 EStG nur anteilig im Umfang des entgeltlichen Erwerbs zu.
c) Der Grundbesitz hatte einen Gesamtwert von 160 000 DM. Wertmäßig standen der Klägerin aufgrund ihrer Erbanteile nur 80 000 DM zu. Sie hatte daher 80 000 DM an ihren Bruder als Ausgleich zu zahlen. Insoweit liegen Anschaffungskosten und damit ein entgeltlicher Erwerb eines Grundstücksanteils vor. Der Ausgleichsbetrag entspricht 50 v.H. des Grundstückswerts. Folglich hat die Klägerin einen Grundstücksanteil von 50 v.H. entgeltlich von ihrem Bruder und einen Grundstücksanteil von 50 v.H. unentgeltlich aufgrund der Erbfolge erworben. Der Abzugshöchstbetrag nach § 10e Abs. 1 Satz 1 EStG beträgt daher im Streitfall nur 7 500 DM.
d) Der Abzugshöchstbetrag steht der Klägerin auch nicht aufgrund ihres Alleineigentums zu. Der unentgeltlich und der entgeltlich erworbene Anteil bleiben steuerrechtlich selbständige Objekte, auch wenn der Miterbe zivilrechtlich nach der Erbauseinandersetzung Alleineigentümer der Wohnung geworden ist. Denn mehrere Anteile an einer nach § 10e EStG begünstigten Wohnung werden nur dann als einheitliches Objekt behandelt, wenn der Steuerpflichtige die Anteile bis zum Ende des ersten Jahres des Abzugszeitraums angeschafft, also entgeltlich erworben hat (Senatsurteil vom 9. November 1994 X R 69/91, BFHE 176, 110, BStBl II 1995, 258). Der unentgeltliche Erwerb und der entgeltliche Erwerb von Grundstücksanteilen aufgrund unterschiedlicher Rechtsvorgänge (Erbfall und Erbauseinandersetzung) können dagegen nicht zusammengerechnet werden, weil der unentgeltliche Erwerb eines Anteils nicht begünstigt ist. Eine Verschmelzung zu einem Objekt könnte nur angenommen werden, wenn man der herrschenden Meinung folgte, der Erbe trete hinsichtlich der Anschaffungs-/Herstellungskosten in die Rechtsstellung des Erblassers ein (vom Senat bisher offen gelassen, vgl. z.B. Urteil vom 23. Oktober 1996 X R 138/93, BFH/NV 1997, 391, m.w.N.) und Anschaffung/Herstellung durch den Erblasser sowie Erbfall und Erbauseinandersetzung in dasselbe Jahr fielen.
2. Entgegen der Auffassung der Kläger ist durch die Baumaßnahmen keine Wohnung i.S. von § 10e Abs. 1 Satz 2 EStG hergestellt worden, für die der Abzugshöchstbetrag ungekürzt zu gewähren wäre.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats bedeutet Herstellen einer Wohnung im Sinne dieser Vorschrift, daß eine neue, bisher nicht vorhandene Wohnung geschaffen wird (Urteile vom 15. November 1995 X R 102/95, BFHE 179, 290, BStBl II 1998, 92; vom 15. November 1995 X R 87/92, BFH/NV 1996, 545). Durch Umbau- und Sanierungsmaßnahmen an einem Gebäude wird nur dann eine neue Wohnung hergestellt, wenn die Baumaßnahmen bautechnisch einem Neubau gleichkommen.
Bautechnisch neu heißt, daß das Gebäude in seiner wesentlichen Substanz verändert wird. Ein Neubau kann daher nicht angenommen werden, wenn lediglich der durch die Außenmauern umbaute Raum umgestaltet wird. Vielmehr müssen die neu eingefügten Gebäudeteile dem Gesamtgebäude das bautechnische Gepräge eines neuen Gebäudes geben. Das ist insbesondere der Fall, wenn verbrauchte Teile ersetzt werden, die für die Nutzungsdauer bestimmend sind, wie z.B. Fundamente, tragende Außen- und Innenwände, Geschoßdecken und die Dachkonstruktion (BFH-Urteile in BFHE 179, 290, BStBl II 1998, 92, und in BFH/NV 1996, 545, jeweils m.w.N.).
b) Nach den Feststellungen des FG handelt es sich bei den Baukosten um nachträgliche Herstellungskosten "für ein bautechnisch im wesentlichen schon einmal fertiggestelltes Objekt". Soweit die Kläger im Revisionsverfahren vorgetragen haben, die Baumaßnahmen hätten zu einer erheblichen Veränderung der Gebäudesubstanz geführt und das Gepräge des Gebäudes beeinflußt, haben sie nicht dargelegt, inwiefern durch die Baumaßnahmen ein bautechnisch neues Gebäude entstanden ist. Im übrigen liegt insoweit neues tatsächliches Vorbringen vor, das im Revisionsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden kann.
3. Wird durch die Baumaßnahmen zwar keine neue Wohnung, aber durch Ausbau oder Erweiterung der bisherigen Wohnung zusätzlicher Wohnraum geschaffen, kann der Steuerpflichtige die Aufwendungen für den Ausbau/die Erweiterung entweder als nachträgliche Herstellungskosten der vorhandenen Wohnung (§ 10e Abs. 3 Satz 2 EStG) oder als Herstellungskosten einer Erweiterung/ eines Ausbaus i.S. des § 10e Abs. 2 EStG behandeln.
Das FG hat für die Anschaffungskosten und die nachträglichen Herstellungskosten den Abzugshöchstbetrag von 15 000 DM gewährt. Es kam daher nicht darauf an, inwieweit die nachträglichen Herstellungskosten auch nach § 10e Abs. 2 EStG begünstigt gewesen wären. Da der Abzugshöchstbetrag für die Anschaffungs- und nachträglichen Herstellungskosten aber nur 7 500 DM beträgt, könnte die Inanspruchnahme eines Abzugsbetrages nach § 10e Abs. 2 EStG für die Herstellungskosten des Anbaus günstiger sein, da insoweit der Abzugshöchstbetrag nicht zu kürzen ist.
Das FG wird vor einer erneuten Entscheidung prüfen, inwieweit die Aufwendungen für die Baumaßnahmen auf den Anbau entfallen und ob insoweit die Voraussetzungen des § 10e Abs. 2 EStG vorliegen. Ergibt sich als Abzugsbetrag ein 7 500 DM übersteigender Betrag, können sich die Kläger statt der bisher beantragten Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG für die Grundförderung nach § 10e Abs. 2 EStG entscheiden.
Fundstellen
Haufe-Index 422523 |
BFH/NV 2000, 180 |
HFR 2000, 101 |