Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Der Senat hält an der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs fest, daß für ein Nutzungsrecht an einem Vermögen kein höherer Wert als der für den Eigentümer dieses Vermögens maßgebende Wert angesetzt werden kann.
Besteht das Nutzungsrecht in einem Hundertsatz der Gesamtnutzung des Vermögens, so kann es mit keinem höheren Betrag als demjenigen angesetzt werden, der sich für den gleichen Hundertsatz des Vermögens für den Eigentümer dieses Vermögens ergibt.
Normenkette
BewG § 16 Abs. 2, § 14/2, § 17/3, § 15/3
Tatbestand
Der Beschwerdeführer (Bf.) erhielt von seiner Mutter deren Anteil an einer KG im Wege der schenkweisen übertragung. Nach dem Schenkungsvertrag vom 20. Juni 1952 behielt sich die Mutter bis zu ihrem Lebensende die Nutznießung an dem übertragenen Kommanditanteil zu 75% vor mit der Maßgabe, daß die auf den Kommanditanteil entfallenden Gewinnanteile zu 75 % ihr zustehen sollten. Die Vorbehörden haben den Bf. wegen dieser und anderer Schenkungen zur Schenkungsteuer herangezogen. Sie haben dabei seine Bereicherung wegen des übertragenen Kommanditanteils in der Weise berechnet, daß sie von dem für die Erbschaftsteuer maßgebenden Wert des Kommanditanteils von 120.000 DM entsprechend der der Mutter vorbehaltenen lebenslänglichen Nutznießung von 75 % als Belastung des Bf. (75 % von 120.000 DM =) 90.000 DM absetzen und die verbleibenden 30.000 DM der Schenkungsteuer unterwarfen. Demgegenüber bestreitet der Bf. in der Rechtsbeschwerde (Rb.) - wie bereits im bisherigen Verfahren - seine Schenkungsteuerpflicht hinsichtlich des Kommanditanteils. Nach § 16 Abs. 2, § 17 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) errechne sich der Kapitalwert der der Mutter vorbehaltenen Nutznießung bei einem angenommenen durchschnittlichen Jahresertrag der drei Viertel des Kommanditanteils von 65.530,50 DM mit (11 X 65.530,50 DM =) 720.830 DM, so daß eine der Schenkungsteuer unterliegende Bereicherung infolge der den Substanzwert des Kommanditanteils übersteigenden Belastung nicht mehr vorliege.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Das Finanzgericht hat, ausgehend von dem Urteil des Reichsfinanzhofs III 43/42 vom 19. März 1942 (Slg. Bd. 51 S. 295 Reichssteuerblatt - RStBl. - 1942 S. 542) dargelegt, daß ebenso wie für ein Nutzungsrecht an einem Vermögen steuerlich kein höherer als der für den Eigentümer dieses Vermögens maßgebende Wert angesetzt werden könne, die in einem Hundertsatz der Gesamtnutzung eines Vermögensteils bestehende Teilnutzung nicht höher bewertet werden könne als mit dem Wert, der einem dem gleichen Hundertsatz entsprechenden Bruchteil dieses Vermögens zukomme. Das bedeute, daß ein Nutzungsrecht in Höhe von 75 % der Gesamtnutzung an einem bestimmten Vermögen nicht höher als mit 75 % des steuerlichen Wertes dieses Vermögens angesetzt werden dürfe. Dieser Grundsatz müsse gleichermaßen für die steuerliche Bewertung des Nutzungsrechts beim Berechtigten wie für die steuerliche Bewertung der Belastung des Verpflichteten gelten.
Diesen Ausführungen des Finanzgerichts, die sich denkgesetzlich zwingend ergeben, ist zuzustimmen, sofern man dem Gedankengang des Urteils des Reichsfinanzhofs vom 19. März 1942 folgt. Der Reichsfinanzhof hat diese Entscheidung im wesentlichen auf folgende überlegungen gestützt:
"Eigentumsrecht an einem Wirtschaftsgut schließt das Recht der Nutzung in sich. Das Nutzungsrecht als Teilrecht des Eigentums kann keinen höheren Wert haben wie das Eigentum selbst. Beim Erwerb des Nießbrauchs an einem Vermögen kann für das Nießbrauchsrecht niemals ein höherer Wert angenommen werden als der Wert, der beim Erwerb des Eigentums an dem Vermögen maßgebend wäre. Dies gilt auch für den Erwerb des Nießbrauchsrechts an einem Betriebsvermögen (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs I e A 56/30 vom 13. Mai 1930, RStBl. 1930 S. 383). Ein Bewertungsergebnis, das diesen Grundsätzen nicht entspricht, kann nicht richtig sein und muß auf unrichtiger Anwendung der Bewertungsregeln beruhen."
Als Beispiel für eine unrichtige Anwendung der Bewertungsregeln führt das Urteil unter anderem die Berücksichtigung eines in einem Betriebsvermögen steckenden Geschäftswerts bei der Bewertung eines Nutzungsrechts an diesem Betriebsvermögen an. Denn ebensowenig wie bei der Bewertung des Betriebsvermögens selbst dürfe ein unentgeltlich erworbener Geschäftswert bei der Wertermittlung eines an diesem Betriebsvermögen bestehenden Nutzungsrechts einbezogen werden. Daher müsse bei der Ermittlung des Jahreswerts der Nutzung der Teil des Ertrags unberücksichtigt bleiben, der auf dem Geschäftswert beruhe.
Der erkennende Senat schließt sich dem Urteil des Reichsfinanzhofs vom 19. März 1942 im Ergebnis an. Das Vorgehen des Finanzgerichts stellt nicht, wie der Bf. meint, einen Verstoß gegen die klaren und deutlichen Bewertungsbestimmungen der §§ 16 Abs. 2, 17 Abs. 3 BewG dar, sondern eine im Wege sinnvoller Gesetzesauslegung dem besonderen Fall angepaßte Anwendung dieser Bestimmungen. Er folgt der Begründung des Urteils des Reichsfinanzhofs vom 19. März 1942 zwar insoweit nicht, als er nicht für angängig und auch nicht für praktisch durchführbar hält, bei der Ermittlung des Jahreswerts der Nutzung den Teil des Ertrags, der auf dem Geschäftswert beruht, auszuscheiden. Das ändert aber nichts an dem allein vernünftigen Ergebnis, das dahin geht, der steuerliche Nutzungswert an einem Vermögen könne nicht höher sein als der steuerliche Substanzwert des gleichen Vermögens. Soweit daher eine Berechnung des Nutzungswerts nach den §§ 16 Abs. 2, 17 Abs. 3 BewG zu einem den steuerlichen Substanzwert übersteigenden Betrag führt, ist der Nutzungswert gleich dem Substanzwert. Entsprechendes muß auch dann gelten, wenn, wie hier, nur an einem Bruchteil des Vermögens ein Nutzungsrecht besteht. Der steuerliche Wert dieses Nutzungsrechts kann nicht höher sein als der steuerliche Substanzwert des entsprechenden Vermögensbruchteils.
Soweit der Bf. durch Beispiele (z. B. bei Beschränkung der Nutzungen auf bestimmte Vorwegbeträge des jeweiligen Jahresgewinns) die Richtigkeit seiner Auffassung darzutun versucht, ist zu sagen, daß diese Beispiele tatbestandsmäßig anders gelagerte Fälle betreffen, die sich mit dem im Streit befangenen Sachverhalt nicht vergleichen lassen. Es bedarf daher auch keiner Prüfung, wie die Bereicherung des Bf. in diesen beispielhaften Fällen zu berechnen wäre.
Hiernach mußte die Rb. mit der Kostenfolge des § 307 der Reichsabgabenordnung als unbegründet zurückgewiesen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 408013 |
BStBl III 1954, 330 |
BFHE 1955, 309 |
BFHE 59, 309 |