Leitsatz (amtlich)
Aufwendungen für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers sind, soweit sie im Rahmen eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses gemacht werden, keine abzugsfähigen Betriebsausgaben.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob bei Vorliegen eines für das Streitjahr steuerlich anerkannten Arbeitsverhältnisses zwischen Ehegatten Aufwendungen für die Zukunftssicherung der Ehefrau als Betriebsausgaben abzugsfähig sind.
Die Revisionsbeklagten sind Eheleute. Der steuerpflichtige Ehemann (im folgenden als Steuerpflichtiger bezeichnet) betreibt seit dem Jahre 1950 die Fabrikation von Wurstwaren und Pasteten. Die Ehefrau ist als Prokuristin im Betrieb ihres Ehemannes gegen Zahlung eines als angemessen anerkannten Gehalts tätig. Im Jahre 1954 hatte der Steuerpflichtige als Versicherungsnehmer mit einer Versicherungsgesellschaft auf das Leben seiner Ehefrau einen Rentenversicherungsvertrag abgeschlossen, auf Grund dessen er seit dem 1. Dezember 1954 eine jährliche Prämie von 290,70 DM zahlt. Die aus dem Versicherungsvertrag zu zahlende Jahresrente von 1 000 DM steht der Versicherten vom 1. Dezember 1984 ab zu.
Der Revisionskläger (das FA) ließ die für das Streitjahr 1962 gezahlte Versicherungsprämie unter Bezugnahme auf den Erlaß des Niedersächsischen Ministers der Finanzen vom 2. November 1962 - S 2123-117-31 1 - (abgedruckt bei Felix, Steuererlasse in Karteiform, Einkommensteuergesetz § 12 Nr. 5) nicht als Betriebsausgabe zum Abzug zu; Aufwendungen für die Zukunftssicherung der mitarbeitenden Ehefrau könnten lediglich im Rahmen der privaten Aufwendungen des Steuerpflichtigen als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Als Sonderausgabe wirkte sich die Prämie infolge anderweiter Ausschöpfung der Höchstbeträge nur mit einem Teilbetrag aus.
Der Sprungberufung des Steuerpflichtigen (§ 261 AO a. F.) gab das FG statt. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es aus:
Zu den Betriebsausgaben im Sinne der Vorschrift des § 4 Abs. 4 EStG zählten auch Prämienzahlungen des Arbeitgebers an eine Lebensversicherung zur Zukunftssicherung seiner Arbeitnehmer (Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 8. Aufl., Anm. 919 zu §§ 4, 5), unbeschadet des Umstandes, daß sie steuerpflichtigen Arbeitslohn nur insoweit darstellten, als sie den Betrag von 312 DM im Jahre übersteigen (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 LStDV). Das gelte auch dann, wenn der Arbeitnehmer zugleich der Ehegatte des Arbeitgebers sei. Der gegenteiligen Auffassung des Erlasses vom 2. November 1962, a. a. O., könne nicht zugestimmt werden, da § 12 EStG in diesem Falle nicht durchgreife, die streitigen Aufwendungen vielmehr im Rahmen eines echten Arbeitsverhältnisses gemacht worden und daher gerade nicht Ausfluß der durch die eheliche Lebensgemeinschaft begründeten Unterhaltspflicht seien. Auch auf die Urteile des BFH IV 47/64 vom 17. Februar 1966 (BFH 85, 97, BStBl III 1966, 247) und IV R 83/66 vom 21. Oktober 1966 (BFH 87, 82, BStBl III 1967, 22) zur Frage der Zulässigkeit von Zuführungen zur Pensionsrückstellung auf Grund von Pensionszusagen an Arbeitnehmer-Ehegatten könne die Auffassung des FA nicht gestützt werden. Abgesehen davon, daß der BFH offengelassen habe, ob die später auf Grund der Pensionszusage geleisteten Zahlungen Betriebsausgaben seien, beruhe diese Rechtsprechung entscheidend auf der Erwägung, daß infolge der Gleichrichtung der Interessen des berechtigten und des verpflichteten Ehegatten "die Verwirklichung der Pensionszusage in beliebiger, vom Standpunkt steuerlicher Gleichmäßigkeit und Gerechtigkeit aus gesehen willkürlicher Weise jederzeit beeinflußt, umgestaltet und verhindert werden kann". Soweit der BFH dabei auf das Fehlen der Sozialversicherungspflicht in Ansehung des Arbeitnehmer-Ehegatten abgestellt habe, seien nach dem 1. Januar 1967 nach dem Zweiten Rentenversicherungs-Änderungsgesetz vom 23. Dezember 1966 (BGBl I 1966, 745) nunmehr auch Arbeitnehmer-Ehegatten der Rentenversicherungspflicht unterworfen.
Demgegenüber richte sich im Streitfall der Anspruch der aus dem Versicherungsvertrag berechtigten Ehefrau gegen die Versicherungsgesellschaft und nicht gegen den Steuerpflichtigen. Es sei kein Grund ersichtlich, die zur Alterssicherung des Arbeitnehmer-Ehegatten geleisteten Prämienzahlungen eines Steuerpflichtigen anders zu beurteilen als Prämienzahlungen zur Alterssicherung eines dem Steuerpflichtigen fremden Arbeitnehmers. Die steuerlich zutreffende Behandlung von Heirats-, Geburts-, Notstandsbeihilfen und Stillgeldern an den Arbeitnehmer-Ehegatten könne dahingestellt bleiben.
Das FG hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen.
Das FA begründet seine gegen diese Entscheidung eingelegte Revision wie folgt:
Dem FG könne nicht darin zugestimmt werden, daß die Verpflichtung des Steuerpflichtigen zur Alterssicherung seiner Ehefrau auf dem Arbeitsverhältnis beruhe und nicht bereits eine Folge des Wesens der Ehe und damit nicht als ein Teil der gegenseitigen Unterhaltspflicht grundsätzlich der privaten Lebenssphäre des Steuerpflichtigen zuzuordnen sei. Der BFH habe im Urteil IV 47/64 (a. a. O.) herausgestellt, daß die Verpflichtung, den anderen Ehegatten im Alter zu versorgen, so eng mit dem Wesen der Ehe verknüpft und in so hohem Maße eine sich aus der Ehe ergebende Verpflichtung sei, daß sie nicht in den betrieblichen Bereich verlagert werden könne, selbst wenn man sich auf den Standpunkt stellen wollte, daß für die Gewährung von Ruhegeld eine Gegenleistung in Form der in der Vergangenheit geleisteten Dienste vorliege. Die Sicherung des Unterhalts des Ehegatten obliege dem anderen Ehegatten, nicht aber dem Betrieb. Nach dieser, auch von Littmann (a. a. O., Anm. 816 ff. zu §§ 4, 5) geteilten Auffassung könne die streitige Versicherungsprämie nicht als Betriebsausgabe zum Abzug zugelassen werden.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Wiederherstellung des Steuerbescheides.
Dem FA ist darin zuzustimmen, daß nicht jede formal auf einem steuerlich anerkannten Arbeitsverhältnis zwischen Ehegatten beruhende Leistung des Arbeitgeber-Ehegatten an den Arbeitnehmer-Ehegatten eine Betriebsausgabe darstellen muß. Betriebsausgaben sind nach § 4 Abs. 4 EStG Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Gleichwohl dürfen nach § 12 Nr. 1 EStG die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge und nach § 12 Nr. 2 EStG freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen an eine gegenüber dem Steuerpflichtigen gesetzlich unterhaltsberechtigte Person nicht gewinnmindernd behandelt werden, selbst wenn die zuletzt genannten Zuwendungen auf einer besonderen Vereinbarung beruhen.
Das gilt für die Beantwortung der Frage, ob bestimmte freiwillige Leistungen, die der Arbeitgeber-Ehegatte seinem Arbeitnehmer-Ehegatten erbringt, dem zwischen den Ehegatten begründeten Arbeitsverhältnis oder der privaten Lebenssphäre des Arbeitgeber-Ehegatten zuzuordnen sind, nach Auffassung des Senats auch dann, wenn der Arbeitgeber-Ehegatte die gleichen freiwilligen Leistungen seinen übrigen Mitarbeitern (Arbeitnehmern) erbringt. Denn auch in diesem Falle wird die Grenze zwischen den Aufwendungen, die dem Arbeitsverhältnis, und den Aufwendungen, die der privaten Lebenssphäre des Arbeitgeber-Ehegatten zuzuordnen sind, dort zu ziehen sein, wo nach allgemeiner Anschauung die Grenze zwischen arbeitsgerechter Bezahlung und echter freiwilliger Leistung liegt. Der Senat nimmt hierzu im einzelnen auf sein zur Veröffentlichung bestimmtes Urteil I R 158/67 vom 28. November 1968 Bezug.
Demgemäß wollen die Finanzbehörden Aufwendungen für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmer-Ehegatten auch dann als eine in die private Lebenssphäre des Arbeitgeber-Ehegatten fallende Fürsorgemaßnahme angesehen wissen, wenn dieser seine Leistung im Rahmen eines mit einem Dritten, einer Versicherungsgesellschaft, geschlossenen Versicherungsvertrags erbringt.
Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Zwar ist es - für die Berücksichtigung einer solchen Leistung als Sonderausgabe - unerheblich, auf wessen Leben die Versicherung genommen wurde, wer der Versicherungsnehmer und wer der Bezugsberechtigte ist (BFH-Urteil IV 6/52 U vom 20. November 1952, BFH 57, 91, BStBl III 1953, 36). Dennoch kann nach der Rechtsprechung des BFH zur Behandlung der Zuführungen zu einer Pensionsrückstellung, die auf Grund einer Pensionszusage an die Ehefrau des Steuerpflichtigen gebildet wurde, wie auch nach der Entscheidung des erkennenden Senats I R 158/67 (a. a. O.) nicht übersehen werden, daß die Alterssicherung des Arbeitnehmers - und somit auch des Arbeitnehmer-Ehegatten - zu den freiwilligen Leistungen des Arbeitgebers gehört, so daß § 12 EStG den Abzug solcher Leistungen verbietet.
Fundstellen
Haufe-Index 68398 |
BStBl II 1969, 161 |
BFHE 1969, 330 |