Leitsatz (amtlich)
Die Vergünstigungsvorschrift des § 7 GrEStG greift auch dann Platz, wenn ein vier Miteigentümern gehöriges Grundstück unter Auflösung dieser Bruchteilsgemeinschaft derart geteilt wird, daß je zwei Miteigentümer je eine Grundstückshälfte, wiederum zu Miteigentum, erhalten.
Normenkette
GrEStG § 7
Tatbestand
Der Kläger und drei andere Personen waren Miteigentümer zu gleichen Teilen an einem Grundstück. Unter Aufhebung der bisherigen Bruchteilsgemeinschaft teilten die Miteigentümer das Grundstück in der Weise, daß je zwei Miteigentümer wertgleiche Hälften - wiederum je in Miteigentum - erhielten.
Das FA (Beklagter) besteuerte den Erwerb des Klägers von den beiden Miteigentümern, die die andere Grundstückshälfte erwarben. Die vom Kläger beantragte Steuerbefreiung gemäß § 7 Abs. 1 GrEStG lehnte das FA auch durch Einspruchsentscheidung ab, da diese Vorschrift nur für die vollständige Auseinandersetzung zutreffe, also nur, wenn jeder der früheren Miteigentümer Alleineigentum an einer realen Teilfläche erhalte.
Die Berufung hatte Erfolg. Das FG vertrat die Auffassung, daß nach Sinn und Zweck des § 7 GrEStG auch in Fällen der streitigen Art eine Grunderwerbsteuer dann nicht zu erheben sei, wenn ein Beteiligter nicht mehr erhalte, als seiner bisherigen Berechtigung entspricht.
Mit der Rechtsbeschwerde rügt der Beklagte, die Auslegung des FG widerspreche dem eindeutigen Gesetzeswortlaut und damit dem Willen des Gesetzgebers.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Rechtsbeschwerde - jetzt Revision - ist nicht begründet.
Die Vergünstigungsvorschrift des § 7 Abs. 1 GrEStG setzt allerdings voraus, daß die bisherigen Miteigentümer an dem zu teilenden Grundstück durch flächenweise (Real-) Teilung Flächeneigentum erwerben (vgl. insoweit Beschluß des Senats II B 24/68 vom 10. Dezember 1968, BFH 94, 291). Den Schluß des Beklagten, aus der Verwendung der Begriffe der "flächenweisen" Teilung und des "Teilgrundstücks" folge eindeutig, daß "der einzelne Erwerber" Alleineigentum an der ihm zugeteilten Fläche erwerben müsse, läßt aber bereits der Wortlaut des § 7 GrEStG nicht zu. Grundstück im Sinne des § 7 Abs. 1 GrEStG ist das Grundstück im Sinne des bürgerlichen Rechts (§ 2 Abs. 1 GrEStG), also der räumlich abgegrenzte Teil der Erdoberfläche, der im Grundbuch eine besondere Stelle (Grundbuchblatt) erhalten hat (vgl. § 3 der Grundbuchordnung - GBO -). Andererseits wird - wie das FG bereits zutreffend bemerkt hat - auch Miteigentum unbeschadet der Regelung in den §§ 1008 ff. BGB bürgerlich-rechtlich und dementsprechend (§ 2 Abs. 1 GrEStG) auch grunderwerbsteuerrechtlich als Volleigentum wie Alleineigentum behandelt. Bei Veräußerung von Miteigentum liegen getrennte Erwerbsvorgänge über jeden Miteigentumsanteil als Grundstück je für sich durch jeden "einzelnen Erwerber" vor (vgl. Urteil des BFH II 116/63 vom 5. Oktober 1966, BFH 87, 91; BStBl III 1967, 29).
Wird ein vier Miteigentümern gehöriges Grundstück unter Auflösung dieser Bruchteilsgemeinschaft derart geteilt, daß je zwei Miteigentümer je eine Grundstückshälfte erhalten, so liegt es durchaus im Rahmen des grunderwerbsteuerrechtlich möglichen Wortsinns des § 7 Abs. 1 GrEStG, auch in diesem Falle von einer flächenweisen Teilung des Grundstücks in zwei Teilgrundstücke zu sprechen, die die je beiden Miteigentümer zweier neuen Bruchteilsgemeinschaften als einzelne Erwerber erhalten haben; dies auch deshalb, weil abweichend von der allgemeinen Vorschrift des § 1 Abs. 4 GrEStG der Austausch von Grundstücksbruchteilen zur flächenweisen Aufteilung eines Grundstücks zugunsten der Steuerpflichtigen gemäß § 7 Abs. 1 GrEStG als einheitlicher Erwerbsvorgang zu behandeln ist (vgl. insoweit auch die amtliche Begründung zum GrEStG 1940 § 7, RStBl 1940, 387, 400 linke Spalte). Das Gesetz geht in § 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 GrEStG selbst davon aus, daß "ein Grundstück" "mehreren Miteigentümern" gehören kann. Es besteht kein Grund, § 7 GrEStG anders auszulegen. Wäre es gewollt gewesen, daß in den Fällen des § 7 GrEStG der Erwerber "Alleineigentümer" werden müßte, so hätte dies ausdrücklich ausgesprochen werden müssen.
Für eine demgegenüber einengende Auslegung besteht kein Anhalt (vgl. z. B. Urteil des Senats II 89/64 vom 16. Februar 1966, BFH 85, 302, BStBl III 1966, 319). Eine solche Auslegung wäre sinnwidrig. Gemäß §§ 6, 7 GrEStG werden die Umwandlung von Gesamthandeigentum in Bruchteilseigentum - diese vielfach nur als Zwischenlösung - und die Umwandlung von Bruchteilseigentum in Flächeneigentum weitgehend und sinnvoll grunderwerbsteuerrechtlich derart begünstigt, daß bisherige Gesamthand- bzw. Miteigentümer Grunderwerbsteuer nur insoweit zu entrichten haben, als sie einen "echten" Grundstückserwerb erzielen, also nur insoweit, als - im Falle des § 7 GrEStG - ein Miteigentümer bei der Teilung wertmäßig einen größeren Grundstücksteil erhält, als ihm auf Grund seiner Beteiligung als Miteigentümer dem Wert nach zustand (vgl. auch die amtliche Begründung zum GrEStG 1940 a. a. O.). Bei diesem, nachweisbar aus dem Sinnzusammenhang ersichtlichen Gesetzeszweck (vgl. Urteil des Senats II R 96/66 vom 21. Dezember 1966, BFH 88, 250, BStBl III 1967, 345) ist kein Grund ersichtlich, weshalb nur der Erwerb von Alleineigentum durch die bisherigen Miteigentümer - also unter völliger Auflösung der Bruchteilsgemeinschaft - gemäß § 7 Abs. 1 GrEStG begünstigt sein sollte, trotz möglichen Wortsinns aber nicht die weitere Zwischenstufe der Aufspaltung der einen Bruchteilsgemeinschaft unter flächenmäßiger Teilung des Grundstücks und Erwerb der zwei Grundstückshälften durch je zwei der bisherigen vier Miteigentümer in nunmehr zwei Bruchteilsgemeinschaften.
Fundstellen
Haufe-Index 68659 |
BStBl II 1969, 669 |
BFHE 1969, 431 |