Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässige Restitutionsklage
Leitsatz (NV)
1. Der Bundesfinanzhof ist als Revisionsgericht zur Entscheidung über eine Restitutionsklage nur zuständig, wenn zur Entscheidung keine tatsächlichen Feststellungen getroffen werden müssen.
2. Eine auf § 580 Nr.6 ZPO gestützte Restitutionsklage ist unzulässig, wenn der Kläger nicht schlüssig dartut, auf welches Urteil sich die Entscheidung gründet und daß das Urteil nach der Entscheidung rechtskräftig aufgehoben wurde.
Normenkette
ZPO § 580 Nr. 6, § 584 Abs. 1
Tatbestand
Auf die Klägerin, eine GmbH, ging das Vermögen der R-GmbH im Wege der Verschmelzung über.
Im Verfahren I R 74/90 war streitig, ob der Gewerbeertrag der R-GmbH mit Fehlbeträgen der Klägerin verrechnet werden kann.
Im Revisionsverfahren I R 75/90 war streitig, ob das Einkommen der R-GmbH mit Verlusten der Klägerin verrechnet werden kann.
Der erkennende Senat verneinte beide Fragen mit Urteil vom 17. Juli 1991 I R 74-75/90 (BFHE 165, 82, BStBl II 1991, 899) und wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück.
Gegen das Urteil richtet sich die auf § 580 Nr.6 der Zivilprozeßordnung (ZPO) gestützte Restitutionsklage. Mit der Klage wird geltend gemacht, der Bundesfinanzhof (BFH) habe in seinem Urteil vom 29. Oktober 1986 I R 202/82 (BFHE 148, 153, BStBl II 1987, 308) seine Rechtsprechung zum Mantelkauf geändert. Die rechtlichen Erwägungen, die den Senat in seinem Urteil vom 17. Juli 1991 geleitet hätten, seien durch die Änderung der Rechtsprechung durch das BFH-Urteil in BFHE 148, 153, BStBl II 1987, 308 nicht mehr zutreffend.
Entscheidungsgründe
1. Der erkennende Senat ist sachlich zur Entscheidung über die Restitutionsklage berufen. Grundsätzlich ist allerdings ein Revisionsgericht in den Fällen des § 580 Nr.6 ZPO für die Entscheidung über die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zuständig. Dies ergibt sich aus der Vorschrift des § 584 Abs. 1 ZPO, die nach § 134 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auch für das finanzgerichtliche Verfahren gilt. Die Rechtsprechung hat jedoch eine Zuständigkeit des Revisionsgerichts bei einer Restitutionsklage angenommen, wenn nach der Verwerfung einer Revision die dieser Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen des Revisionsgerichts angefochten wurden (vgl. BFH-Urteil vom 4. Juli 1991 IV K 1/90, BFHE 164, 504, BStBl II 1991, 813 m.w.N.). Hieran anknüpfend hat der II.Senat des BFH im Urteil vom 17. Juli 1985 II K 1/84 (BFH/NV 1986, 164) die Zuständigkeit des Revisionsgerichts auch in den Fällen des § 580 Nr.6 ZPO angenommen, wenn mit der Restitutionsklage keine tatsächlichen Feststellungen angefochten werden, sondern ausschließlich geltend gemacht wird, das Revisionsgericht habe sich zur Begründungseiner Entscheidung auf ein Urteil ge-stützt, dem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nicht gefolgt sei. Dem liegt die Erwägung zugrunde, daß es in Fällen dieser Art im Restitutionsverfahren keiner weiteren Feststellungen bedarf. Dies gilt entsprechend für den Streitfall, in dem geltend gemacht wird, der BFH sei von einem früheren, die Rechtsprechung ändernden Urteil abgewichen. Zur Prüfung, ob dies zutrifft, bedarf es keiner weiteren Feststellungen des FG (vgl. auch das zu § 580 Nr.7 ZPO ergangene BFH-Urteil in BFHE 164, 504, BStBl II 1991, 813).
2. Die Restitutionsklage ist unzulässig, weil der Kläger keinen zugelassenen Wiederaufnahmegrund schlüssig behauptet hat (BFH-Urteil in BFHE 164, 504, BStBl II 1991, 813).
Gründet sich ein Urteil auf ein anderes Urteil, so findet nach § 580 Nr.6 ZPO die Restitutionsklage statt, wenn das der Entscheidung zugrunde liegende Urteil aufgehoben ist. Das klägerische Vorbringen enthält keinen Hinweis auf ein Urteil, auf das das BFH-Urteil vom 17. Juli 1991 I R 74-75/90 (BFHE 165, 82, BStBl II 1991, 899) gegründet ist und das nach dem 17. Juli 1991 aufgehoben wurde.
Fundstellen
Haufe-Index 418642 |
BFH/NV 1993, 424 |