Leitsatz (amtlich)
Werden einem Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes bei Dienstreisen von seinem Arbeitgeber die Übernachtungskosten nach den Reisekostensätzen im öffentlichen Dienst ersetzt, so kann der Arbeitnehmer den Unterschied zwischen dieser Zahlung und den in Abschn. 21 LStR für die steuerfreie Erstattung von Übernachtungskosten durch den Arbeitgeber vorgesehenen Beträgen nicht als Werbungskosten geltend machen. Als Werbungskosten berücksichtigungsfähig ist vielmehr nur der Unterschied zwischen dem vom öffentlichen Arbeitgeber gezahlten Betrag und dem nachgewiesenen tatsächlichen Aufwand.
Normenkette
LStR 1970 Abschn. 21 Abs. 8, 4 Nr. 2; EStG § 9
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Zollamtmann im Betriebsprüfungsdienst der Bundeszollverwaltung tätig. Im Streitjahr hat er von seinem Dienstherrn insgesamt 1 340 DM an Übernachtungsvergütungen erhalten. Beim Lohnsteuer-Jahresausgleich 1971 wollte er den Unterschied zwischen diesem Betrag und den sich bei Anwendung des Pauschsatzes des Abschn. 21 Abs. 8 LStR 1970 ergebenden 1 898 DM = 558 DM ohne Einzelnachweis als Werbungskosten abgesetzt haben. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) entsprach dem Antrag des Klägers nicht. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das FG führte aus: Der Kläger könne sich nicht auf das Urteil des BFH vom 10. Dezember 1971 VI R 180/71 (BFHE 104, 241, BStBl II 1972, 257) berufen. Der BFH habe damals nur entschieden, daß auch bei Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes in der Regel der Unterschied zwischen den nach Reisekostenrecht erstatteten Beträgen und den Pauschbeträgen der Lohnsteuer-Richtlinien als Werbungskosten anerkannt werden könnten. Dabei habe es sich aber nur um Fahrtkosten und um Mehrverpflegungsaufwand gehandelt. Arbeitnehmer müßten unterschiedslos ihre tatsächlichen Mehrkosten darlegen und nachweisen, wenn sie über den Übernachtungskostenersatz des Arbeitgebers hinaus Werbungskosten anerkannt haben wollten. Die Pauschbeträge des Abschn. 21 LStR hätten nur für die Frage der Steuerfreiheit des vom Arbeitgeber bei Inlandsdienstreisen geleisteten Übernachtungskostenersatzes Geltung, nicht aber für den Ansatz von Werbungskosten des Arbeitnehmers.
Mit seiner wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision trägt der Kläger vor, daß es keine sachlichen Gründe dafür gebe, vom Arbeitnehmer den Einzelnachweis für Übernachtungskosten zu verlangen und beim Arbeitgeber darauf zu verzichten. Die Reisekostensätze im öffentlichen Dienst seien durch die Preisentwicklung der letzten Jahre ohnehin völlig überholt. Bei Anwendung der Pauschbeträge des Abschn. 21 LStR ergebe sich daher auch keine unzutreffende Besteuerung. Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Einspruchsentscheidung weitere 558 DM Übernachtungsaufwendungen als Werbungskosten im Lohnsteuer-Jahresausgleich 1971 anzuerkennen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Die Bedeutung der Entscheidung VI R 180/71 liegt darin, daß sie die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes mit denen der Privatwirtschaft auf dem Gebiet der Werbungskosten bei Dienstreisen gleichgestellt hat. Für die privaten Arbeitnehmer hat der Senat bereits mit Urteil vom 2. Juli 1971 VI R 35/68 (BFHE 103, 333, BStBl II 1972, 67) entschieden, daß sie bei unter den Pauschbeträgen der Lohnsteuer-Richtlinien liegendem Reisekostenersatz des Arbeitgebers in der Regel den Unterschiedsbetrag als Werbungskosten geltend machen können. Zu Recht hat das FG ausgeführt, daß darüber hinaus aber keine Änderung der Richtlinienregelung erfolgen sollte, zu der die Gerichte auch nicht zuständig wären. Nach Abschnitt 21 Abs. 4 Nr. 2 LStR 1970 hat also der Arbeitnehmer die Kosten für die Unterbringung nachzuweisen, wenn er sie als Werbungskosten geltend machen will. Damit wird nicht der Grundsatz verletzt, daß ein Arbeitnehmer selbst bestimmen kann, welche Werbungskosten bei der Ausübung seines Berufs erforderlich sind (BFH-Urteil VI R 35/68); denn die Wahl seiner Unterkunft steht ihm frei. Nur die Anerkennung seiner Ausgaben als Werbungskosten wird von einem entsprechenden Nachweis abhängig gemacht. Die Behörde hat auch die Grenzen ihres Verwaltungsermessens nicht überschritten, wenn sie bei Ersatz inländischer Übernachtungskosten durch den Arbeitgeber bis zu einer bestimmten Höhe ohne Nachweis steuerfreien Werbungskostenersatz annimmt. Hier spricht eine Vermutung dafür, daß ein entsprechender tatsächlicher Aufwand abgegolten wird. Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes liegt nicht vor; denn der Ersatz von Übernachtungskosten durch den Arbeitgeber ist ein anderer Sachverhalt als die Geltendmachung von Aufwendungen für die Unterkunft durch den Arbeitnehmer. Auch die Preisentwicklung im Hotel- und Gaststättengewerbe kann auf die Entscheidung keinen Einfluß haben.
Fundstellen
Haufe-Index 71266 |
BStBl II 1975, 279 |
BFHE 1975, 359 |