Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht, Abgabenordnung, Berufsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Nach der im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Auffassung sind Aufgaben und Tätigkeit der Steuerberater und der Steuerbevollmächtigten grundsätzlich nicht die gleichen; es widerspricht daher die Beibehaltung der Trennung in zwei steuerberatende Berufe durch das StBerG nicht dem GG.

Die Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 StBerG, die für die Zulassung zur Prüfung als Steuerberater u. a. ein wirtschafts- oder rechtswissenschaftliches Hochschulstudium des Bewerbers erfordert, verstößt nicht gegen das GG.

GG Art. 1 Abs. 1, 3. Abs. 1, 12 Abs. 1, 20 Abs. 3, 33 Abs. 2; StBerG § 1 Abs. 1 und 3, § 2, § 4, § 5, §§

 

Normenkette

AO § 107a; StBerG § 1 Abs. 1, § 1/3, §§ 2, 4-8, 17/1, § 17/2, §§ 23, 119; VwGO § 162 Abs. 2; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3, Art. 33; AO § 107

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Bf. prüfungsbefreit als Steuerberater zu bestellen ist oder ob er zur Prüfung als Steuerberater zugelassen werden kann.

Der Bf. wurde am 15. August 1920 geboren. Er besuchte die Realschule und die landwirtschaftliche Landesfachschule in X vom 15. Oktober 1934 bis 15. April 1935 und vom 15. Oktober 1935 bis 15. April 1936, später auch die Handelsschule. Dann war er als kaufmännischer Angestellter und als Hauptbuchhalter tätig. Am 12. Juli 1958 wurde er als Helfer in Steuersachen zugelassen. Vom 1. Juli 1958 bis 31. Dezember 1960 war der Bf. bei einem Wirtschaftsprüfer und Steuerberater als Revisor und Steuersachbearbeiter, vom 1. Januar 1961 bis 31. März 1961 bei einer Revisions- und Treuhandgesellschaft als Revisor und Steuersachbearbeiter und seit dem 1. April 1961 bei einer anderen Revisions- und Treuhandgesellschaft als Steuersachbearbeiter und Handlungsbevollmächtigter tätig.

Mit Schreiben vom 15. September 1962 beantragte der Bf. die Zulassung zur Prüfung als Steuerberater. Der Zulassungsausschuß für Steuerberater beim Finanzministerium lehnte den Antrag ab, weil der Bf. die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 1 und 2 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten (StBerG) nicht erfülle.

Auch die vom Bf. gegen die ablehnende Entscheidung des Zulassungsausschusses eingelegte Berufung blieb erfolglos. Das Finanzgericht führte u. a. aus: Die von § 5 StBerG für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung aufgestellten Voraussetzungen erfülle der Bf. nicht. Weder träfen die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 StBerG bei ihm zu noch die des Abs. 3 Nr. 2 noch die des Abs. 3 Nr. 1 a. a. O. Auch § 5 Abs. 2 StBerG sei auf den Bf. nicht anwendbar, weil er nicht zu den ehemaligen Beamten oder Angestellten der Finanzverwaltung zähle. Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 StBerG für die Befreiung von der Steuerberaterprüfung seien ebenfalls nicht gegeben.

Der Bf. hat Rb. eingelegt und in Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen: Verfahrensrechtlich rügt er, daß die Vorinstanz seinen Schriftsatz vom 17. August 1963 unberücksichtigt gelassen und ihm nicht rechtliches Gehör gewährt habe. Weiter sei das Finanzgericht zu Unrecht in der Vorentscheidung der Meinung, daß der Besuch einer landwirtschaftlichen Landesfachschule einem abgeschlossenen landwirtschaftlichen Hochschulstudium nicht gleichstehe; das Finanzgericht dürfe sich auch nicht auf die Feststellung beschränken, daß der Bf. die in § 5 Abs. 3 Nr. 2 StBerG geforderte Erklärung nicht abgegeben habe. Es hätte gemäß §§ 204, 243 AO dem Bf. die Frage vorlegen müssen, ob er die Erklärung abgeben wolle. Auf seinen Antrag, ihm die Wehrdienstzeit und die Zeit der Kriegsgefangenschaft auf die in § 5 Abs. 3 Nr. 1 StBerG geforderten zehn Jahre anzurechnen, sei das Finanzgericht nicht eingegangen, ebenso nicht auf seinen schriftsätzlichen Vortrag und den in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht, daß die diskriminierenden Zulassungsbestimmungen des StBerG gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verstießen. Die Vorschriften der §§ 5 Abs. 1 in Verbindung mit 23 Satz 1, 5 Abs. 2, 3 Nr. 1, 8 Abs. 1 Nr. 2 StBerG stünden mit Art. 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 Art. 1, 33 Abs. 2 GG nicht im Einklang. Die unterschiedlichen Zulassungsbestimmungen des StBerG für Steuerbevollmächtigte und Steuerberater seien mit dem GG nicht vereinbar. Verfassungswidrig sei insbesondere § 5 Abs. 3 Nr. 1 StBerG im Hinblick auf die ehemalige Beamte und Angestellte der Finanzverwaltung privilegierenden Vorschriften des § 5 Abs. 2 und des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StBerG. Ein genügender Sachgrund für diese diskriminierenden Zulassungsvorschriften des StBerG und ihre die Steuerbevollmächtigten benachteiligende Differenzierung liege nicht vor. Das schwierige Steuerrecht beherrsche nur derjenige, der ständig praktisch auf diesem Gebiet arbeite., gleichviel, ob er Akademiker sei oder nicht, zumal rund 43 v. H. der Steuerberater Nichtakademiker seien. Auch der Bundesfinanzhof gehe in seiner Rechtsprechung grundsätzlich davon aus, daß die für einen Steuerberater erforderliche Sachkunde durch eine qualifizierte Praxis erreicht werden könne. § 5 Abs. 1 StBerG sei eine Ermessensvorschrift. Den Steuerbevollmächtigten und den Steuerberatern sei vom StBerG der gleiche Aufgabenbereich zugewiesen und es sei für beide Berufsgruppen der Inhalt ihrer Tätigkeit gleichlautend umschrieben worden. Unterschiede zwischen Steuerbevollmächtigten und Steuerberatern bestünden nach dem StBerG nur noch darin, daß an ihre Vorbildung und an ihre Kenntnisse unterschiedliche Anforderungen gestellt würden. Das StBerG sei als erster Schritt zur Zusammenführung der beiden Berufsgruppen anzusehen. Während § 5 Abs. 2 StBerG die Voraussetzungen des Abs. 1 a. a. O. bei ehemaligen Beamten und Angestellten der Finanzverwaltung entfallen lasse, die ... fünf Jahre lang auf dem Gebiet des Steuerwesens als Sachgebietsleiter oder in mindestens gleichwertiger Stellung tätig gewesen sind, fordere § 5 Abs. 3 Nr. 1 StBerG bei nicht akademischen Steuerbevollmächtigten, daß sie ihren Beruf zehn Jahre hauptberuflich ausgeübt und sich besonders bewährt haben; das verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Im übrigen habe der Bundesfinanzhof die Tätigkeit eines Steuerbevollmächtigten höher gewertet als die Tätigkeit eines Steuerinspektors. In den Fällen des § 5 Abs. 2 StBerG spiele die Frage, seit wie langer Zeit der Bewerber aus der Finanzverwaltung ausgeschieden ist und welchen Beruf er inzwischen ausgeübt hat, keine Rolle. Entsprechend § 5 Abs. 2 StBerG lasse § 8 Abs. 1 Nr. 2 StBerG sogar für die Befreiung von der Steuerberaterprüfung u. a. bei ehemaligen Beamten und Angestellten des höheren Dienstes der Finanzverwaltung eine mindestens fünfjährige Tätigkeit ... auf dem Gebiet des Steuerwesens als Sachgebietsleiter oder mindestens in gleichwertiger Stellung ausreichen.

Der Bf. hat beantragt: das Urteil des Finanzgerichts aufzuheben und ihn prüfungsbefreit als Steuerberater zu bestellen; hilfsweise: ihn zur nächsten Steuerberaterprüfung zuzulassen; ferner: ggf. die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung darüber vorzulegen, ob § 5 Abs. 1 und 2, 3 Nr. 1 und § 8 Abs. 1 Nr. 2 StBerG mit dem GG zu vereinbaren sind.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. hat keinen Erfolg.

I. Dem Antrag des Bf., ihn prüfungsbefreit als Steuerberater zu bestellen, konnte das Finanzgericht schon deshalb nicht entsprechen, weil dieser Antrag erst im Verfahren vor dem Finanzgericht, nicht schon vor der Verwaltungsbehörde, gestellt worden ist; die Verwaltungsbehörde hatte deshalb über diesen Antrag des Bf. auch gar nicht entschieden. Das Finanzgericht hätte daher über diesen Antrag in den Gründen der Vorentscheidung auch nicht sachlich entscheiden dürfen. Die Rb. ist somit im Ergebnis insoweit unbegründet. Der erkennende Senat hat hiernach im Streitfall auch nicht zu prüfen, ob die Vorschrift des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StBerG mit dem GG vereinbar ist.

II. Auch mit seinem Antrag auf Zulassung zur Prüfung als Steuerberater kann der Bf. keinen Erfolg haben.

Die Verfahrensrüge des Bf., das Finanzgericht habe ihm nicht rechtliches Gehör gewährt, insbesondere habe es seinen Schriftsatz vom 17. August 1963 zu Unrecht nicht berücksichtigt, geht fehl. Wie das Finanzgericht in der Vorentscheidung ausgeführt hat, ist das Vorbringen des Bf. in dem Schriftsatz vom 17. August 1963, beim Finanzgericht eingegangen am 19. August 1963, nicht mehr berücksichtigt worden, da zu diesem Zeitpunkt das Urteil des Finanzgerichts vom 2. August 1963 bereits beschlossen, abgesetzt und unterschrieben war. Die mündliche Verhandlung vor dem Finanzgericht hatte bereits am 2. August 1963 stattgefunden. Der Bf. hatte zwar mit Schriftsatz vom 17. Juli 1963 im Hinblick auf die bevorstehende mündliche Verhandlung gebeten, zunächst von einer Gegenstellungnahme zur Stellungnahme des zuständigen Finanzministeriums Abstand nehmen zu dürfen, weil er das Ergebnis der mündlichen Verhandlung abwarten möchte. Weder die Niederschrift über die Sitzung des Finanzgerichts vom 2. August 1963 noch sonst die Akten ergeben aber, daß der Bf. auch in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, noch einen Gegenschriftsatz einreichen zu wollen. Die mündliche Verhandlung ist laut Niederschrift des Finanzgerichts vom Vorsitzenden mit der Verkündung des Beschlusses geschlossen worden, daß die Entscheidung den Beteiligten zugestellt werde. Bei dieser Sachlage bestand für das Finanzgericht keine Veranlassung, noch auf einen etwaigen Schriftsatz des Bf. zu warten und den erst nach Unterzeichnung des Urteils eingegangenen Schriftsatz noch zu berücksichtigen. Die mündliche Verhandlung vor dem Gericht ist dazu da, daß die Beteiligten in ihr den Sach- und Streitstoff eingehend vortragen und zur Rechtslage Stellung nehmen. Die Akten ergeben nichts dafür, daß dem Bf. - wie er behauptet - rechtliches Gehör nicht gewährt worden sei. Nachdem der Bf. am 25. Mai 1963 einen eingehenden Schriftsatz an das zuständige Finanzministerium gerichtet hatte, hat er weiter Gelegenheit gehabt, in der mündlichen Verhandlung seinen Standpunkt darzulegen. Im Schreiben vom 14. September 1963 an den Bundesfinanzhof gibt der Bf. selbst an, daß er "bereits in der mündlichen Verhandlung" am 2. August 1963 ausgeführt habe, nach seiner Auffassung verstießen die diskriminierenden Zulassungsbestimmungen des StBerG gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG; ferner heißt es a. a. O.: "Ebenso ist die von mir in den Schriftsätzen vom 25. Mai 1963 und vom 17. August 1963 - auch darauf habe ich in der mündlichen Verhandlung hingewiesen - angeführte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und des Bundesverfassungsgerichts nicht beachtet." Zuzugeben ist dem Bf. allerdings, daß das Finanzgericht auf verschiedene rechtliche Fragen, die der Bf. im Verfahren vor dem Finanzgericht angeschnitten hatte - besonders auf die Fragen der Verfassungsmäßigkeit der einschlägigen Vorschriften des StBerG -, nicht eingegangen ist.

Der Bf. macht geltend, die Vorschriften des StBerG über die verschiedene Vorbildung der Steuerbevollmächtigten und der Steuerberater sowie die ungleichen Zulassungsbestimmungen entsprächen nicht dem GG. Dieser Meinung kann nicht gefolgt werden. Nach der vor dem Ergehen des StBerG bestehenden gesetzlichen Regelung gab es zwei verschiedene Berufe, denen die steuerberatende Tätigkeit zur Aufgabe gemacht war: die Steuerberater und die "Helfer in Steuersachen". Die damalige Regelung ging davon aus, daß den Steuerberatern in der Regel die schwierigere beratende Tätigkeit, insbesondere die Bearbeitung schwierigerer Fälle und die qualifizierte beratende Tätigkeit, zufiel, was nicht ausschloß, daß es auch sehr tüchtige Helfer in Steuersachen gab, die auch schwierigere Fälle in qualifizierter Weise erledigten. An diesen tatsächlichen Zustand knüpft die Gesetz gewordene Fassung des StBerG, das am 1. November 1961 in Kraft getreten ist, in der Frage, ob zwei steuerberatende Berufe zunächst weiter bestehen sollen, an. Das Gesetz beläßt es bei den beiden getrennten steuerberatenden Berufen. Zwar soll das StBerG einerseits den Weg zu einer Zusammenführung der beiden Berufe offenhalten und einen ersten Schritt zu dieser Zusammenführung darstellen (vgl. auch § 44 StBerG). Deshalb hat auch § 2 Abs. 1 StBerG ein neutrale Fassung erhalten. Andererseits aber geht das Gesetz in seiner jetzigen Fassung in übereinstimmung mit der früheren Regelung dem Grundsatz nach davon aus, daß die Aufgaben der beiden Berufe nicht gleich, sondern der Schwierigkeit nach ungleich sind und daher zwei verschiedene Berufe rechtfertigen, und daß die schwierigere beratende Tätigkeit, also auch die Bearbeitung besonders schwieriger Fälle und damit die qualifizierte Tätigkeit grundsätzlich die Steuerberater ausüben. Das Gesetz fordert folgerichtig von den Steuerberatern eine höhere Vorbildung; sie müssen sich auch einer schwereren Prüfung unterziehen. Die Formulierung des § 2 Abs. 1 StBerG widerspricht dem nicht; denn er besagt nicht, daß Aufgaben und Inhalt der steuerberatenden Tätigkeit der beiden Berufe stets die gleichen sind.

Gewisses steuerberatendes Tätigwerden behält das Gesetz ausdrücklich den Steuerberatern vor. So müssen Steuerberatungsgesellschaften von Steuerberatern verantwortlich geführt werden (§§ 1 Abs. 3 Satz 2, 17 Abs. 1 und 2 StBerG). Ferner darf (anders als ein Steuerbevollmächtigter) ein Steuerberater seinen Beruf zwar als Angestellter eines anderen Steuerberaters oder einer Steuerberatungsgesellschaft, nicht aber als Angestellter eines Steuerbevollmächtigten ausüben (§ 23 Sätze 1 und 2 StBerG). Wenn der Bf. verfassungsrechtliche Bedenken dagegen erhebt, daß der "Akademiker-Bewerber" nach dem StBerG die für die Steuerberaterprüfung erforderlichen praktischen Kenntnisse auch bei einem Steuerbevollmächtigten, der nicht Akademiker ist, erwerben kann, nach Ablegung der Prüfung jedoch bei dem Steuerbevollmächtigten, bei dem er seine praktischen Kenntnisse erworben hat, nicht als Angestellter tätig sein darf, so sind diese Bedenken unbegründet. Der Bf. übersieht dabei, daß in den von ihm bezeichneten Fällen ein Bewerber für die Prüfung als Steuerberater ein wirtschafts- oder rechtswissenschaftliches Hochschulstudium abgeschlossen hat und nach Abschluß des Studiums lediglich die praktische dreijährige Tätigkeit bei einem Steuerbevollmächtigten ableistet. Auch der Bundesgerichtshof hat in dem Beschluß vom 13. Juli 1964 - AnwZ (B) 1/64, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1964 S. 2063/4 Nr. 10, gegen die Verfassungsmäßigkeit u. a. der §§ 17 und 23 StBerG keine Bedenken erhoben.

Dem Willen des StBerG entsprechend, durch dieses Gesetz selbst die Schaffung eines einheitlichen steuerberatenden Berufes noch nicht vorzunehmen, hat es auch die Rechtstellung der beiden Berufe nicht ganz gleich gestaltet. In dieser Hinsicht ist auf § 119 Abs. 1 Satz 2 StBerG in Verbindung mit § 107 Abs. 2 AO hinzuweisen, wonach die Möglichkeit besteht, Steuerbevollmächtigte vor dem Finanzgericht oder vor dem Bundesfinanzhof wegen mangelnder Eignung zum schriftlichen oder zum mündlichen Vortrag zurückzuweisen; ferner auf die Vorschrift des § 162 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO): "Die Gebühren und Auslagen ..., in Steuersachen auch eines Steuerberaters, sind stets erstattungsfähig." Das StBerG hat danach auch seinen Grundgedanken, daß es von der Existenz zweier Berufe ausgeht und sie zunächst auch beibehält, genügend zum Ausdruck gebracht.

Der Trennung in zwei Berufe - Steuerberater und Steuerbevollmächtigter - durch das StBerG kann auch die Sachgerechtheit nicht abgesprochen werden. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt darin nicht. Desgleichen liegt eine Verletzung der Würde des Menschen nach Art. 1 Abs. 1 GG nicht vor. Die Regelung des StBerG enthält auch keinen Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG; denn Steuerbevollmächtigte und Steuerberater haben nicht ein "öffentliches Amt" inne. Ob die Beibehaltung von zwei steuerberatenden Berufen gesetzespolitisch erwünscht ist, hat das Gericht, das nach Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden ist, nicht zu prüfen.

Die Einwendungen des Bf. gehen zum Teil schon deshalb fehl, weil sie sich auf Entscheidungen des Bundesfinanzhofs zum alten - vor dem Inkrafttreten des StBerG geltenden - Recht beziehen. Damals bestand keine ausdrückliche Gesetzesvorschrift im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG, die für die Zulassung als Helfer in Steuersachen oder gar als Steuerberater eine Prüfung vorgeschrieben hätte. Deshalb hat die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs es auch zugelassen, daß in den nach altem Recht zu beurteilenden Fällen der einwandfreie Nachweis der Sachkunde eines Steuerberaters ausnahmsweise auch anders als durch eine Prüfung erbracht werden konnte. Auch das vom Bf. angezogene Urteil des erkennenden Senats VII 109/62 vom 29. Oktober 1962 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1962 Nr. 337 S. 356, 357) - das übrigens die Tätigkeit eines Steuerbevollmächtigten nicht "höher gewertet", sie vielmehr als eine andere beurteilt hat als diejenige eines Steuerinspektors - betraf einen nach altem Recht zu entscheidenden Fall. Das StBerG hat nunmehr in seinen Vorschriften selbst, um dem Art. 12 Abs. 1 GG zu genügen, das Erfordernis der Prüfung oder der Befreiung von der Prüfung für die Bestellung als Steuerberater bzw. als Steuerbevollmächtigter geregelt; es hat entsprechend den grundsätzlich nicht gleichen Aufgaben und der nicht gleichen Tätigkeit von Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten die Anforderungen an die Vorbildung für die beiden Prüfungen und die Voraussetzungen für die Befreiung von den Prüfungen für die beiden Berufe verschieden geregelt. Es ergibt sich sonach, daß nach der im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Auffassung Aufgaben und Tätigkeit der Steuerberater und der Steuerbevollmächtigten grundsätzlich nicht die gleichen sind und daher die Beibehaltung der Trennung in zwei steuerberatende Berufe durch das StBerG dem GG nicht widerspricht.

Das Finanzgericht hat zutreffend ausgeführt, daß der Bf. die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 StBerG nicht erfüllt. § 5 Abs. 1 Nr. 1 StBerG schreibt vor: "Ein Bewerber ist zur Prüfung als Steuerberater zuzulassen, wenn er ein wirtschaftswissenschaftliches oder rechtswissenschaftliches Hochschulstudium abgeschlossen hat ..." Die Vorschrift ist eine zwingende Rechtsvorschrift, keine Ermessensvorschrift. Im Fall der Erfüllung der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 StBerG hat der Bewerber ein Recht darauf, zur Prüfung als Steuerberater zugelassen zu werden. Die vom Bf. aus der unterschiedlichen Fassung von §§ 4 und 5 Abs. 1 Nr. 1 StBerG hergeleitete gegenteilige Auffassung ist unrichtig. Der Bf. irrt weiter, wenn er die Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 StBerG als nicht mit dem GG vereinbar ansieht; sie verstößt nicht gegen den Art. 3 Abs. 1 GG. Der Grundsatz des StBerG, daß die qualifiziertere Tätigkeit des Steuerberaters auch eine qualifiziertere Vorbildung erfordert, kann nicht als nicht sachgerecht erachtet werden. Im Einklang mit diesem Grundsatz bestimmt das StBerG in § 5 Abs. 1 folgerichtig, daß ein Bewerber für die Zulassung zur Prüfung als Steuerberater ein wirtschafts- oder rechtswissenschaftliches Hochschulstudium abgeschlossen und daß er nach dem Studium eine dort näher bestimmte praktische Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens ausgeübt haben muß. Wenn auch die Bedeutung der praktischen Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens keineswegs unterschätzt werden soll, so verkennt der Bf. doch den Wert eines Hochschulstudiums, also der wissenschaftlichen Ausbildung auf einer Hochschule. Gerade weil es sich im Steuerrecht um ein schwieriges, sich schnell änderndes Rechtsgebiet mit starker Verflechtung mit wirtschaftlichen Fragen und mit engen Zusammenhängen zu anderen Rechtsgebieten handelt, ist das grundsätzliche Verlangen einer systematischen Wissenschaftlichen Ausbildung an einer Hochschule berechtigt. Daß das grundsätzliche Erfordernis eines wirtschafts- oder rechtswissenschaftlichen Hochschulstudiums übergangsweise und auch durch einzelne bestimmungen des StBerG (§ 5 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1, § 8 Abs. 1 Nr. 2 StBerG) durchbrochen worden ist, kann nicht als nicht sachgerecht angesehen werden. Denn einerseits war beim Inkrafttreten des StBerG eine nicht unerhebliche Anzahl von Steuerberatern ohne Hochschulstudium vorhanden, deren Rechte nicht verkürzt werden sollten; andererseits wollte das Gesetz Vergünstigungen für gewisse Gruppen von Steuerbevollmächtigten (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 StBerG) gewähren sowie für solche ehemalige Beamte und Angestellte der Finanzverwaltung, die nicht ein abgeschlossenes Hochschulstudium, wohl aber eine langjährige qualifizierte Tätigkeit in der Verwaltung aufzuweisen haben.

Das Finanzgericht hat auch zutreffend ausgeführt, daß der Bf. die Voraussetzung eines abgeschlossenen landwirtschaftlichen Hochschulstudiums des § 5 Abs. 3 Nr. 2 StBerG nicht erfüllt. Der Besuch einer landwirtschaftlichen Landesfachschule steht einem abgeschlossenen landwirtschaftlichen Hochschulstudium nicht gleich. Es kam sonach nicht mehr darauf an, ob der Bf. bei Ausübung des richterlichen Fragerechts die Erklärung abgegeben hätte, daß er die Steuerberatung im wesentlichen für landwirtschaftliche, forstwirtschaftliche, gärtnerische und Weinbaubetriebe ausüben werde.

Auch die Voraussetzung, die § 5 Abs. 3 Nr. 1 StBerG für ein Absehen von der Voraussetzung des Abs. 1 Nr. 1 a. a. O. aufstellt, daß ein Steuerbevollmächtigter seinen Beruf u. a. zehn Jahre hauptberuflich ausgeübt haben muß, erfüllt der Bf. nicht. Der Bf. ist nicht zehn Jahre lang als Steuerbevollmächtigter tätig gewesen. Er ist erst am 12. Juli 1958 als Helfer in Steuersachen zugelassen worden. Seinem Begehren, auf die Tätigkeit als Steuerbevollmächtigter die Zeit seines Wehrdienstes und seiner Kriegsgefangenschaft - die übrigens vor seiner Zulassung als Helfer in Steuersachen lagen - anzurechnen, kann nach der Regelung des StBerG nicht entsprochen werden. § 5 Abs. 3 Nr. 1 StBerG erfordert, daß der Steuerbevollmächtigte seinen Beruf zehn Jahre lang hauptberuflich "ausgeübt" hat; weder mit dem Wortlaut noch mit dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist das Begehren des Bf. vereinbar. Auf die Frage, ob der Bf. sich in seiner Tätigkeit als Steuerbevollmächtigter besonders bewährt hat (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 StBerG), kommt es im Streitfall nicht mehr an. Der Bf. macht verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Regelung geltend. Einer Untersuchung in dieser Richtung bedarf es indes im Streitfall nicht, da in ihm diese Frage nicht rechtserheblich ist (vgl. auch Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG). Selbst wenn die Meinung des Bf., der § 5 Abs. 3 Nr. 1 StBerG sei mit dem GG nicht vereinbar, zutreffend wäre, hätte der Bf. mit der Rb. nicht Erfolg; denn dann fiele die für ihn günstige Vorschrift des § 5 Abs. 3 Nr. 1 StBerG weg und es bliebe bei der allgemeinen Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 StBerG, dessen Voraussetzung der Bf. nicht erfüllt.

Auch die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 StBerG liegen, wie das Finanzgericht zutreffend ausgeführt hat, bei dem Bf. nicht vor, da der Bf. nicht zu den ehemaligen Beamten oder Angestellten der Finanzverwaltung gehört. Ob die Vorschrift des § 5 Abs. 2 StBerG, wie der Bf. meint, nicht dem GG entspricht, kann im Streitfall gleichfalls dahingestellt bleiben, da von dieser Frage die Entscheidung im Streitfall auch nicht beeinflußt wird.

Zu einer Vorlage der Sache an das Bundesverfassungsgericht (Art. 100 GG) besteht sonach kein Grund.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411599

BStBl III 1965, 391

BFHE 1965, 398

BFHE 82, 398

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