Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, §§ 6a, 12 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung 1975 die Anerkennung einer Pensionsrückstellung für den mitarbeitenden Ehegatten (§ 4 Abs. 4, § 6a, § 12 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―).
Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind die Eheleute A in X. Der Ehemann (Kläger) betreibt in X seit 1974 einen von seinem Vater übernommenen Handwerksbetrieb. In dem Betrieb arbeitet die Ehefrau des Klägers seit 1958 mit. Die Ehefrau (Klägerin) ist sozialversichert. Sie erhielt im Jahre 1975 (Streitjahr) ein Bruttogehalt von … DM. Neben der Klägerin waren im Streitjahr weitere Arbeitnehmer im Betrieb tätig. Davon gehörten fünf dem Betrieb bereits vor der Übernahme durch den Kläger an.
Mit Vertrag vom 23.Dezember 1975 erteilte der Kläger seiner Ehefrau eine Versorgungszusage. Danach soll sie nach Vollendung ihres 60.Lebensjahres oder bei vorzeitigem Ausscheiden wegen Dienstunfähigkeit eine monatliche Rente von … DM erhalten. Der Anspruch auf Versorgungsleistungen bestehe erst nach mindestens zehnjähriger Betriebszugehörigkeit. Das Unternehmen behalte sich vor, die zugesagten Leistungen unter bestimmten Voraussetzungen zu kürzen oder einzustellen.
Den übrigen Arbeitnehmern des Betriebs wurde eine Versorgungszusage nicht erteilt. Eine Rückdeckungsversicherung wurde nicht abgeschlossen. Am 23.Dezember 1975 schloß der Kläger eine Betriebsvereinbarung ab. Danach erwirbt jeder Betriebsangehörige einen Anspruch auf Gewährung einer Alters- und Dienstunfähigkeitsversorgung, wenn er mindestens zehn Jahre im Betrieb tätig war und sich "durch außerordentliche Leistungen am Betrieb verdient gemacht" hat. Weiter heißt es: "Über die jeweilige Höhe der betrieblichen Altersversorgung entscheidet die gegenwärtige und künftige Ertragslage des Betriebs sowie die allgemeine Entgeltentwicklung. Die Versorgung darf nicht über 75 % des zuletzt bezogenen Entgelts liegen." Es sei allein dem Arbeitgeber überlassen, die Art der Versorgungseinrichtung zu wählen (Direktversicherung oder Versorgungszusage oder Pensionskasse).
In der Bilanz zum 31.Dezember 1975 bildete der Kläger eine Rückstellung wegen der der Klägerin erteilten Versorgungszusage in Höhe von … DM. Bei der Einkommensteuerveranlagung 1975 erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) die Rückstellung nicht an. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) stützte die Klageabweisung vor allem darauf, daß allein die Klägerin einen Rechtsanspruch auf betriebliche Altersversorgung habe erhalten sollen, wie sich besonders aus dem Erfordernis ergebe, daß sich der Arbeitnehmer durch außerordentliche Leistungen um den Betrieb verdient gemacht haben müsse. Diese Klausel sei so unbestimmt und wenig objektiv meßbar, daß sie rechtlich nicht überprüfbar sei und daß somit die Gewährung einer Altersversorgung allein vom Wohlwollen des Arbeitgebers abhänge. Ein Rechtsanspruch wäre nur dann anzuerkennen, wenn die Altersversorgung von bestimmbaren positiven oder negativen Leistungsmerkmalen der Arbeitnehmer abhängig gemacht worden wäre. Im Ergebnis hätten mit der Betriebsvereinbarung die familienfremden Arbeitnehmer von einem Rechtsanspruch auf Altersversorgung ausgeschlossen werden sollen. Wegen dieser Ungleichbehandlung der Ehefrau des Klägers und der anderen Arbeitnehmer sei die Betriebsvereinbarung nicht geeignet, den Nachweis der Ernstlichkeit der Versorgungszusage zu erbringen. Die Zusage an die Klägerin sei entscheidend von familiären Gründen beeinflußt. Die betriebliche Veranlassung der Versorgungszusage sei auch deshalb zu verneinen, weil sie in Betrieben gleicher Art und Größe nicht üblich sei.
In ihrer Revision, die das FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat, rügen die Kläger Verletzung sachlichen Rechts (Art.3 Abs.1 und 6 des Grundgesetzes ―GG―; § 4 Abs.4, § 6a, § 12 EStG). Sie führen aus, daß die Betriebsvereinbarung dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz entspreche. Dieser verbiete nicht die individuelle Berücksichtigung einzelner Arbeitnehmer aufgrund deren besonderer Leistungen oder die Bildung sachlich abgrenzbarer Gruppen. Deshalb könne der von einer Versorgungszusage erfaßte Personenkreis dahin abgegrenzt sein, daß er nur solche Arbeitnehmer betreffe, die mindestens zehn Jahre im Betrieb tätig seien und sich durch besondere Leistungen ausgezeichnet hätten. Diese Voraussetzungen erfülle hier allein die Klägerin. Daher liege keine Ungleichbehandlung fremder Arbeitnehmer vor. Auf die Üblichkeit solcher Versorgungszusagen in dem Wirtschaftszweig könne nicht abgestellt werden, weil hierfür keine Rechtsgrundlage bestehe. Nicht zu bezweifeln sei, daß der Kläger ernsthaft mit der Inanspruchnahme aus der Versorgungszusage rechnen müsse.
Die Kläger beantragen, das Urteil des FG aufzuheben und (sinngemäß) die Einkommensteuerfestsetzung in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2.August 1977 entsprechend dem Klageantrag zu ändern, hilfsweise, den Rechtsstreit an das FG zurückzuverweisen und die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß die Vorschrift des § 12 EStG die betriebliche Veranlassung von Versorgungsaufwendungen zugunsten des Arbeitnehmer-Ehegatten nicht ausschließt, wenn die zugrunde liegende Verpflichtung ernstlich gewollt und eindeutig vereinbart ist und wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß der Steuerpflichtige eine solche Versorgung auch einem Arbeitnehmer erteilt haben würde, mit dem ihn keine familiären Beziehungen verbinden (vgl. Urteile vom 20.März 1980 IV R 53/77, BFHE 130, 316, BStBl II 1980, 450; vom 10.November 1982 I R 135/80, BFHE 137, 308, BStBl II 1983, 173, mit weiteren Nachweisen). Dabei sind mit Rücksicht auf die besonderen persönlichen Beziehungen der Vertragspartner an den Nachweis der Ernstlichkeit strenge Anforderungen zu stellen. Auch muß die gewährte Versorgung nach den Umständen des einzelnen Falles dem Grunde und der Höhe nach angemessen sein. Die Angemessenheit dem Grunde nach setzt voraus, daß bei Beschäftigung mehrerer Arbeitnehmer im Betrieb diesen Arbeitnehmern, sofern ihre Tätigkeits- und Leistungsmerkmale vergleichbar sind, eine entsprechende betriebliche Altersversorgung eingeräumt oder zumindest ernsthaft angeboten worden sein muß.
Zumindest die letztgenannte Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt. Schon aus diesem Grunde kann die der Klägerin erteilte Pensionszusage nicht als betrieblich veranlaßt angesehen werden. Mit Recht hat das FG die Betriebsvereinbarung dahin gewürdigt, daß die familienfremden Arbeitnehmer von einem Rechtsanspruch auf Altersversorgung praktisch ausgeschlossen waren. Ob die anderen Arbeitnehmer einen Anspruch auf betriebliche Altersversorgung erlangen würden, ist nach den Bestimmungen der Betriebsvereinbarung nach Grund und Höhe offen. Diese Unbestimmtheit besteht in zweifacher Hinsicht.
Zunächst müssen sich die in Betracht kommenden Arbeitnehmer durch "außerordentliche Leistungen" um den Betrieb verdient gemacht haben. Damit steht nur fest, daß die pflichtgemäße Erfüllung des Arbeitsvertrages über einen längeren Zeitraum hinweg nicht ausreichen sollte. Anspruchsbegründendes Merkmal sind "außerordentliche Leistungen", deren Vorliegen nicht nach objektiven Maßstäben, sondern nur nach dem Ermessen des Klägers bestimmt werden kann. Die Erteilung einer Pensionszusage gegenüber familienfremden Arbeitnehmern ist damit in das freie Belieben des Klägers gestellt.
Eine weitere Unbestimmtheit der Betriebsvereinbarung ergibt sich daraus, daß "über die jeweilige Höhe der betrieblichen Altersversorgung … die gegenwärtige und künftige Ertragslage des Betriebs sowie die allgemeine Entgeltentwicklung" entscheiden soll. Mit diesem Vorbehalt hat der Kläger die Höhe etwaiger Versorgungsleistungen von der Ertragsentwicklung des Betriebes abhängig gemacht. Danach hätte es der Kläger in der Hand, die Einräumung und Weitergewährung von betrieblichen Versorgungsleistungen an die anderen Arbeitnehmer von einer bestimmten Ertragsentwicklung des Unternehmens abhängig zu machen.
Nach alledem gibt die Betriebsvereinbarung dem Kläger die Möglichkeit, etwaige Ansprüche der Arbeitnehmer, welche die Voraussetzung einer zehnjährigen Betriebszugehörigkeit erfüllen, auf Einräumung einer betrieblichen Altersversorgung mit der Begründung abzuwehren, daß keine außerordentlichen Leistungen vorlägen oder daß die Ertragsentwicklung des Betriebes Versorgungsleistungen nicht zulasse. Es kann deshalb keine Rede davon sein, daß den familienfremden Arbeitnehmern des Betriebes eine der der Klägerin erteilten Versorgungszusage vergleichbare Anwartschaft auf betriebliche Versorgungsleistungen ernsthaft begründet worden wäre. Unter diesen Umständen kann die der Klägerin eingeräumte Versorgung nicht als betrieblich veranlaßt angesehen werden. Der Kläger hat nicht den Nachweis führen können, daß unter den gleichen Voraussetzungen die familienfremden Arbeitnehmer eine entsprechende betriebliche Altersversorgung erhalten würden.
Fundstellen