Entscheidungsstichwort (Thema)
Schenkungsteuerbarkeit unbenannter Zuwendungen an Ehegatten
Leitsatz (redaktionell)
Unbenannte Zuwendungen an den Ehegatten unterliegen im Regelfall der Schenkungsteuer. Sie sind nicht deswegen von der Schenkungsteuer ausgenommen, weil sie nach herrschender zivilrechtlicher Auffassung nicht als Schenkungen i.S. der §§ 516 ff. BGB, sondern als „unbenannte Zuwendungen” angesehen werden. Die objektive Unentgeltlichkeit einer unbenannten Zuwendung kann nicht allein deswegen in Abrede gestellt werden, weil ihr besondere ehebegründete Motive zugrunde liegen, etwa „Ausgleich für geleistete Mitarbeit” des bedachten Ehegatten oder dessen „angemessene Beteiligung an den Früchten des ehelichen Zusammenwirkens”.
Normenkette
ErbStG 1974 § 7 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 516 ff.
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) und seine Ehefrau sind seit 1955 verheiratet. Die Eheleute leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft und haben zwei, 1963 und 1966 geborene Töchter.
Am 26. März 1979 schlossen die Eheleute eine Güterrechtsvereinbarung, in der unter anderem geregelt wurde, daß Schenkungen der Eheleute untereinander für die Berechnung eventueller Zugewinnausgleichsansprüche dem Endvermögen zuzurechnen seien.
Beide Ehegatten bezogen jeweils Einkünfte aus Gewerbebetrieb, nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen sowie Vermietung und Verpachtung. Die Ehefrau des Klägers war während der Ehe –mit Ausnahme jeweils eines halben Jahres anläßlich der Geburten der Töchter– stets berufstätig. Zu Beginn der Ehe hatten beide Ehegatten kein Vermögen. Während der Ehe erwarb der Kläger, teilweise gemeinsam mit seiner Ehefrau, mehrere Grundstücke. Durch notarielle Verträge vom 26. März 1979 und 17. Oktober 1985 übertrug der Kläger einen Teil seines Grundvermögens auf seine Ehefrau. Durch notariellen Vertrag vom 20. Oktober 1987 übertrug der Kläger seiner Ehefrau ein weiteres Grundstück, das er durch Vertrag vom 2. September 1987 zum Preis von 1.700.000 DM gekauft hatte. Einen Teilbetrag des Kaufpreises in Höhe von 1.000.000 DM hatte er bereits vor der Übertragung des Grundstücks auf seine Ehefrau gezahlt. Die Ehefrau verpflichtete sich, den Restkaufpreis von 700.000 DM im Innenverhältnis zu tragen. In dem Vertrag vom 20. Oktober 1987 heißt es u.a., daß der Veräußerer (= Kläger) den Grundbesitz … an den Erwerber (= Ehefrau) „im Rahmen des ehelichen Gemeinschaftsverhältnisses als sog. unbenannte Zuwendung ohne spezielle, einzeln berechnete Gegenleistung” übertrage.
Das Vermögen des Klägers bestand zu diesem Zeitpunkt im wesentlichen aus Geschäftsgrundstücken. Der Verkehrswert dieser Grundstücke einschließlich der Einrichtungs- und Ausstattungsgegenstände abzüglich der Grundpfandrechte betrug ca. 20.000.000 DM. Der Wert des Grundvermögens der Ehefrau vor dem Erwerb des durch Vertrag vom 20. Oktober 1987 übertragenen Grundstücks betrug ca. 4.500.000 DM.
Durch den angefochtenen Schenkungsteuerbescheid vom 14. Januar 1988 besteuerte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt – FA–) unter Berücksichtigung der zwei „Vorschenkungen” lt. Verträgen vom 26. März 1979 und 17. Oktober 1985 und der durch den Kläger übernommenen Schenkungsteuer einen Gesamtwert des Erwerbs in Höhe von 518.083 DM.
Nach erfolglosem Einspruch macht der Kläger mit der Klage geltend, die Übertragung des Grundstücks habe eine sog. unbenannte Zuwendung und keine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes 1974 (ErbStG) dargestellt.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und hob den angefochtenen Schenkungsteuerbescheid auf. Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO–). Die Übertragung des Grundstücks durch den Kläger auf seine Ehefrau stellt eine freigebige Zuwendung i.S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 dar.
1. Die Zuwendung erfüllt den objektiven Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974. Nach dieser Bestimmung gilt als Schenkung unter Lebenden „jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird”. Der objektive Tatbestand der freigebigen Zuwendung verlangt daher, daß die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt; sie muß (objektiv) unentgeltlich sein.
Nach der höchstrichterlichen Zivilrechtsprechung und der herrschenden Zivilrechtslehre, denen grundsätzlich auch für das Schenkungsteuerrecht zu folgen ist, „ist der Erwerb eines zugewendeten Gegenstandes, auf den kein Rechtsanspruch besteht, unentgeltlich, wenn er nicht rechtlich abhängig ist von einer den Erwerb ausgleichenden Gegenleistung des Erwerbers. Dabei kommen als rechtliche Abhängigkeit, welche die Unentgeltlichkeit ausschließt und die Entgeltlichkeit begründet, Verknüpfungen sowohl nach Art eines gegenseitigen Vertrages als auch durch Setzung einer Bedingung oder eines entsprechenden Rechtszwecks in Betracht” (Urteil des Bundesgerichtshofs – BGH– vom 27. November 1991 IV ZR 164/90, Neue Juristische Wochenschrift – NJW– 1992, 564, m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen erfolgte die hier zu beurteilende Zuwendung objektiv unentgeltlich. Die Ehefrau des Klägers hatte auf diese Leistung weder einen Rechtsanspruch noch war die Zuwendung des Klägers im o.g. Sinne – d.h. synallagmatisch, konditional oder kausal– mit einer Gegenleistung der Ehefrau des Klägers verknüpft.
a) Eine Gegenleistung im vorgenannten Sinne kann zunächst nicht mit der Erwägung begründet werden, daß die Ehefrau des Klägers in Zukunft (weiterhin) unentgeltlich den gemeinsamen Haushalt führe und ihren Ehemann bei dessen geschäftlichen Aktivitäten unterstütze. Denn solche unentgeltlichen Tätigkeiten des mit der Zuwendung bedachten Ehegatten können schon deshalb keine Gegenleistungen für eine Zuwendung des anderen Ehegatten sein, weil es sich dabei um ohnehin dem anderen Ehegatten geschuldete Beiträge zum Familienunterhalt handelt (vgl. §§ 1360, 1360 a des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB–), die nach § 1360 b BGB im Zweifel auch dann nicht zu vergüten sind, wenn sie über das übliche Maß hinausgehen (BGH-Urteil in NJW 1992, 564, re. Sp. f.). Selbst wenn der Ehegatte im Unternehmen des anderen mitarbeitet, erfolgt dies grundsätzlich unentgeltlich, sofern nicht die Ehepartner etwas anderes –etwa durch Abschluß eines Arbeitsvertrages– vereinbart haben (vgl. z.B. BGH-Urteil vom 13. März 1978 VIII ZR 241/76, BGHZ 71, 61, 67, m.w.N.).
b) Aus denselben Gründen kann eine Gegenleistung für eine Zuwendung des Klägers auch nicht darin gesehen werden, daß die Ehefrau des Klägers die unter a) beschriebenen unentgeltlichen Leistungen einschließlich der Erziehung und Betreuung der gemeinsamen Kinder in der Vergangenheit (während eines langen Zeitraums) erbracht hat. Zwar ist nicht zu verkennen, daß der Zuwendung des Klägers angesichts dieser „Vorleistungen” seiner Ehefrau (zugleich) der Charakter einer Anerkennung (Belohnung) zukam. Jedoch ging es dabei nicht um die Bezahlung (Entlohnung) von Leistungen, nämlich um die für den Geschäftsverkehr bestimmte Ebene, auf der Leistung und Gegenleistung rechtlich miteinander verknüpft werden. Vielmehr ist in dieser Anerkennung eine Haltung des Klägers zu sehen, die den Schenker einer belohnenden (remuneratorischen) Schenkung kennzeichnet (BGH-Urteil in NJW 1992, 564, 565).
c) Eine (rechtliche) Verpflichtung des Klägers zu der streitigen Zuwendung ergab sich auch nicht aus einem Anspruch der Ehefrau auf Zugewinnausgleich; denn ein solcher Anspruch existierte im Zeitpunkt der Zuwendung nicht.
Der Anspruch auf Zugewinnausgleich entsteht –wenn nicht ausnahmsweise, was hier nicht in Betracht kommt, die Voraussetzungen für einen vorzeitigen Zugewinnausgleich vorliegen (§§ 1385 f. BGB)– erst mit der Beendigung des gesetzlichen Güterstandes (§ 1363 Abs. 2 Satz 2 BGB). Bis zu diesem Zeitpunkt können sich im übrigen unter Umständen noch gravierende Veränderungen dahingehend ergeben, daß eine Zugewinnausgleichsforderung in der Person des Zuwendungsempfängers entweder überhaupt nicht oder nicht in der im Zeitpunkt der Zuwendung erwarteten Höhe entsteht oder daß der Zuwendungsempfänger umgekehrt sogar Schuldner einer Zugewinnausgleichsforderung wird (vgl. auch Schotten, NJW 1990, 2841, 2846, re.Sp.).
Aus denselben Gründen läßt sich auch nicht annehmen, der zuwendende Ehegatte erhalte für seine Zuwendung deshalb eine Gegenleistung, weil er für den Fall einer ihn später evtl. treffenden Zugewinnausgleichsverpflichtung diese Schuld gemäß § 1380 Abs. 1 BGB um den Wert der Zuwendung kürzen könne. Daß dieser Aspekt nicht geeignet ist, die Erfüllung des Tatbestands der freigebigen Zuwendung auszuschließen, belegt überdies auch § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG 1974. Hätte der Gesetzgeber den sog. vorweggenommenen Zugewinnausgleich für nicht steuerbar gehalten, so verlöre die Korrekturvorschrift des § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG 1974 ihren Sinn (s. auch Gebel, Deutsche Steuer-Zeitung –DStZ– 1993, 451, 455).
d) Eine (objektive) Entgeltlichkeit der streitigen Zuwendung kann auch nicht auf die Erwägung gestützt werden, mit ihr sei der Kläger seiner Verpflichtung zum Vorsorgeunterhalt nachgekommen.
Einen ausdrücklich geregelten Anspruch auf Vorsorgeunterhalt sieht das Gesetz nur für den geschiedenen und –nach Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens– für den getrenntlebenden Ehegatten vor (vgl. § 1578 Abs. 3, § 1361 Abs. 1 Satz 2 BGB). Diese Regelungen gewähren dem begünstigten Ehegatten einen –zweckgebundenen– Anspruch auf Versicherungsbeiträge, primär zur gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. z.B. Wacke in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch – MünchKomm–, 3. Aufl., § 1361 Rdnr. 23, und Richter in MünchKomm, § 1578 Rdnr. 43 ff.). Der Senat kann offenlassen, ob ein entsprechender Anspruch auf Vorsorgeunterhalt gemäß § 1360 BGB auch bei intakter Ehe besteht. Jedenfalls deckt ein evtl. bestehender Anspruch des bedachten Ehegatten auf Vorsorgeunterhalt nicht die bereits gegenwärtige Übertragung von Vermögensgegenständen ab.
e) Der objektive Tatbestand der freigebigen Zuwendung läßt sich bei Zuwendungen unter Ehegatten im gesetzlichen Güterstand auch nicht mit der pauschalen Begründung verneinen, die „potentielle Ausgleichspflicht des während der Ehe erzielten Vermögens (begründe) ein gemeinsames Familienvermögen” (so Willemer, Der Betrieb – DB– 1985, 1254, 1257), innerhalb dessen Vermögensverschiebungen zwischen den Ehegatten nicht zu Be- und Entreicherungen führen könnten. Es mag zwar sein, daß auch nicht in Gütergemeinschaft lebende Ehegatten nicht selten von der (laienhaften, eher von einer faktischen und wirtschaftlichen Betrachtung geprägten) Vorstellung eines gemeinschaftlichen Ehevermögens ausgehen (vgl. Lieb, Die Ehegattenmitarbeit im Spannungsfeld zwischen Rechtsgeschäft, Bereicherungsausgleich und gesetzlichem Güterstand, 1970, 123). Das BGB entspricht jedoch dieser Vorstellung nur bei der Gütergemeinschaft und auch dort nur in bezug auf das Gesamtgut.
f) Die (objektive) „Entgeltlichkeit” der Leistung des Klägers kann auch nicht darauf gestützt werden, daß eine sog. unbenannte („ehebedingte”, „ehebezogene”) Zuwendung an seine Ehefrau vorgelegen habe.
aa) Dem FG ist darin beizupflichten, daß es sich im vorliegenden Fall um eine solche unbenannte Zuwendung im Sinne der höchstrichterlichen Zivilrechtsprechung handelt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH sind Zuwendungen unter Ehegatten in der Regel nicht als Schenkungen i.S. der §§ 516 ff. BGB, sondern als „unbenannte Zuwendungen” zu qualifizieren. Eine unbenannte (ehebedingte) Zuwendung ist nach der höchstrichterlichen Zivilrechtsprechung anzunehmen, wenn der Leistung die Vorstellung oder Erwartung des zuwendenden Ehegatten zugrunde liegt, daß die Ehe Bestand haben werde, oder wenn die Zuwendung (sonst) um der Ehe willen oder als Beitrag zur Verwirklichung oder Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft erbracht wird und darin ihre Geschäftsgrundlage hat (vgl. z.B. BGH-Urteil in NJW 1992, 564, re.Sp., m.w.N.). Dazu gehören nicht nur solche Leistungen, die sich als „Ausgleich für geleistete Mitarbeit oder als angemessene Beteiligung an den Früchten des ehelichen Zusammenwirkens” erweisen (vgl. Senatsurteil vom 28. November 1984 II R 133/83, BFHE 142, 511, BStBl II 1985, 159). Vielmehr rechnen hierzu auch diejenigen Zuwendungen, „die ein Ehegatte dem anderen im Interesse einer haftungsmäßig günstigen Organisation des Familienvermögens, etwa durch dessen Verlagerung auf den betrieblich nicht haftenden Ehegatten macht” (BGH-Urteil vom 17. Januar 1990 XII ZR 1/89, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht – FamRZ– 1990, 600, 601) oder deren Zweck ganz allgemein auf die „Vermögensbildung in der Hand des begünstigten Ehegatten” gerichtet ist (BGH-Urteil vom 15. Februar 1989 IVb ZR 105/87, FamRZ 1989, 599, 600). Angesichts dieses weiten Verständnisses vom Begriff der „unbenannten Zuwendung” besteht im Streitfall kein Zweifel, daß die Leistung des Klägers an seine Ehefrau eine solche darstellte.
bb) Dem FG kann indessen nicht darin gefolgt werden, daß die streitige Zuwendung deshalb (objektiv) entgeltlich gewesen sei, weil sie sich zivilrechtlich als unbenannte Zuwendung darstellt; denn dies besagt nicht, daß für die Zuwendung ein Rechtsgrund besteht, sondern stellt (lediglich) eine besondere Bezeichnung für Zuwendungen im Rahmen der Ehe dar. Allein mit der Feststellung, daß sich eine bestimmte Leistung als „unbenannte Zuwendung” im oben (unter aa) beschriebenen weiten Sinne erweist, ist daher für die Auslegung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974, namentlich für die Beurteilung der objektiven Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit der Zuwendung, nichts gewonnen. Die objektive Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit der Zuwendung beurteilt sich vielmehr ausschließlich nach den oben (II. 1, vor a) dargelegten Grundsätzen. Für die Frage der (Un-)Entgeltlichkeit der unbenannten Zuwendung kommt es deshalb entgegen der Auffassung des FG nicht darauf an, ob die Leistung des Klägers –was das FG bejaht hat– eine angemessene Beteiligung seiner Ehefrau an den Früchten des ehelichen Zusammenwirkens bewirken sollte und bewirkt hat. Soweit der erkennende Senat in seinem Urteil in BFHE 142, 511, BStBl II 1985, 159 hierzu einen anderen Standpunkt eingenommen hat, hält er daran nicht mehr fest.
Zwar liegt –wie schon dargelegt– einer unbenannten Zuwendung die Vorstellung oder Erwartung zugrunde, daß die Ehe bzw. eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben werde. Diese ehebezogene Motivationslage (Geschäftsgrundlage) bildet jedoch keine „causa” (keinen Rechtsgrund) im Sinne des Vertragsrechts, die einen (eigenständigen) Leistungsanspruch begründet. Sie bildet vielmehr lediglich einen –im Falle der Scheidung u.U. entfallenden– Rechtsgrund (eine „causa” im weiteren Sinne) für das „Behaltendürfen” einer ohne Rechtspflicht erbrachten unbenannten Zuwendung. Die Ehe als solche kann ohne zusätzliche vertragliche Vereinbarung nur solche Leistungsansprüche „begründen”, zu denen die Ehegatten bereits kraft Gesetzes (z.B. gemäß § 1360 BGB) verpflichtet sind. Die Begründung darüber hinausgehender Ansprüche bedarf einer besonderen – vertraglichen– Grundlage (ausführlich Sandweg, NJW 1989, 1965, 1967, re.Sp. f., m.w.N.). Niemand ist also nur deswegen zur Übertragung von Teilen seines Vermögens auf seinen Ehegatten verpflichtet, weil eine Ehe (eheliche Lebensgemeinschaft) besteht. Eine völlig andere Frage ist es, ob und unter welchen Voraussetzungen der durch eine freigebige (d.h. ohne rechtliche Verpflichtung erbrachte) Zuwendung begünstigte Ehegatte den Zuwendungsgegenstand bzw. dessen Wert auf Verlangen des Zuwender-Ehegatten wieder „herausgeben” muß.
cc) Die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß die für das Ehegüterrecht zuständigen Senate des BGH bisweilen angenommen haben, unbenannte Zuwendungen seien nicht als unentgeltliche anzusehen (vgl. z.B. BGH-Urteile vom 24. März 1983 IX ZR 62/82, BGHZ 87, 145, 146, und vom 5. Oktober 1988 IVb ZR 52/87, FamRZ 1989, 147, 149). Die diesen Urteilen zugrundeliegenden Fälle betrafen ausschließlich vermögensrechtliche Streitigkeiten in Ehescheidungssachen, also Sachverhalte, in denen es allein um einen sachgerechten Interessenausgleich im Verhältnis der (geschiedenen) Ehegatten untereinander ging. In diesem ehegatten-internen Konfliktbereich hielt es der BGH für sinnvoll und notwendig, Zuwendungen unter Ehegatten während der intakten Ehe im Regelfall nicht als unentgeltliche Verfügungen i.S. der §§ 516 ff. BGB zu qualifizieren, um sie insbesondere den regelmäßig „nicht passenden” (BGH-Urteil vom 7. Januar 1972 IV ZR 231/69, NJW 1972, 580), weil zu engen und starren Vorschriften der §§ 528, 530 BGB zu entziehen und um sie in den (umfassenden) güterrechtlichen Ausgleich (vgl. z.B. §§ 1372 ff. BGB) einbeziehen und/oder dem auf § 242 BGB basierenden Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, das Raum für eine billige Abwägung der Umstände des Einzelfalles bietet, unterstellen zu können (grundlegend: BGH-Urteil in NJW 1972, 580).
Diese auf die besondere eherechtliche Konfliktlage für den Bereich der §§ 516 ff. BGB abstellende Interpretation des Begriffs der (Un-)Entgeltlichkeit ist für die steuerrechtliche Auslegung des objektiven Tatbestands des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 nicht maßgebend. Das folgt bereits daraus, daß jeder gesetzliche Tatbestand aus sich selbst heraus –nach seiner eigenen, spezifischen Teleologie–auszulegen ist. Dies gilt schon innerhalb des Normengefüges des BGB und des übrigen Zivilrechts. So hat der BGH unbenannte Zuwendungen namentlich dort als unentgeltliche Leistungen qualifiziert, wo die Lösung von Interessenkonflikten zwischen den Ehegatten bzw. einem von ihnen einerseits und dritten Personen andererseits geboten war (vgl. BGH-Urteile in NJW 1992, 564, betr. „beeinträchtigende Schenkungen” i.S. von § 2287 BGB; in BGHZ 71, 61, betreffend die „Schenkungsanfechtung” nach § 32 Nr. 2 der Konkursordnung – KO–; vom 28. Februar 1991 IX ZR 74/90, NJW 1991, 1610, betreffend „Schenkungsanfechtung” nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Anfechtungsgesetzes – AnfG–). Um so mehr gilt dies dann, wenn –wie hier– die Auslegung von Tatbestandsmerkmalen in solchen Gesetzen in Betracht kommt, die ganz verschiedenen Teilrechtsordnungen (hier: Zivilrecht, dort: Steuerrecht) angehören.
2. Die hier zu beurteilende Zuwendung des Klägers an seine Ehefrau erfüllt auch den subjektiven Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974.
Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats genügt zur Verwirklichung des subjektiven Tatbestands der freigebigen Zuwendung der (einseitige) Wille des Zuwendenden zur Unentgeltlichkeit. Ein auf die Bereicherung des Empfängers gerichteter Wille im Sinne einer Bereicherungsabsicht („animus donandi”) ist nicht erforderlich (Urteile des Bundesfinanzhofs – BFH– vom 5. März 1980 II R 148/76, BFHE 130, 179, BStBl II 1980, 402, 403; vom 10. September 1986 II R 81/84, BFHE 148, 69, BStBl II 1987, 80, 81; vom 27. April 1988 II R 53/82, BFH/NV 1989, 168, 169; vom 1. Juli 1992 II R 70/88, BFHE 168, 380, BStBl II 1992, 921, 923, und vom 1. Juli 1992 II R 12/90, BFHE 168, 390, BStBl II 1992, 925, 927).
Der „Wille zur Unentgeltlichkeit” liegt nach der Rechtsprechung des Senats vor, wenn sich der Zuwendende der Unentgeltlichkeit der Zuwendung derart bewußt ist, daß er seine Leistung ohne Verpflichtung (und sei es auch nur in bezug auf eine Naturalobligation) und ohne rechtlichen Zusammenhang mit einer Gegenleistung (oder einem Gemeinschaftszweck) erbringt (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 168, 380, BStBl II 1992, 921, 923, und in BFHE 168, 390, BStBl II 1992, 925, 927; Mößlang, Neue Wirtschafts-Briefe – NWB– Fach 10, S. 479, 480). Anders ausgedrückt ist der Wille zur Unentgeltlichkeit dann gegeben, wenn der Zuwendende in dem Bewußtsein handelt, zu der Vermögenshingabe weder rechtlich verpflichtet zu sein noch dafür eine mit seiner Leistung in einem synallagmatischen, konditionalen oder kausalen Zusammenhang stehende Gegenleistung zu erhalten.
a) Der subjektive Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 entfällt daher, wenn der Zuwendende seine Leistung –wenn auch irrtümlich– als entgeltliche ansieht, wenn er also annimmt, entweder zu seiner Leistung rechtlich verpflichtet zu sein oder dafür eine Gegenleistung im oben beschriebenen Sinne zu erhalten. Allerdings schließt nicht jeder Irrtum des Zuwendenden über die Unentgeltlichkeit den subjektiven Tatbestand der freigebigen Zuwendung aus. Bei der „(Un-)Entgeltlichkeit” handelt es sich um einen komplexen normativen („wertausfüllungsbedürftigen”) Begriff, dessen exakter Sinngehalt sich nur durch umfangreiche und komplizierte rechtliche Wertungen und Subsumtionen erschließt. Für die zutreffende –irrtumsausschließende– Vorstellung des Zuwendenden von dem Begriff der (Un-)Entgeltlichkeit genügt es, wenn er dessen rechtlich-sozialen Bedeutungsgehalt „nach Laienart” zutreffend erfaßt („Parallelwertung in der Laiensphäre”; vgl. Mößlang in NWB, Fach 10, S. 479, 480); eine exakte juristische Subsumtion ist nicht erforderlich.
b) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist davon auszugehen, daß der Kläger in dem Bewußtsein der (objektiven) Unentgeltlichkeit seiner Zuwendung handelte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist der „Wille zur Unentgeltlichkeit” auf der Grundlage der dem Zuwendenden bekannten Umstände nach den Maßstäben des allgemein Verkehrsüblichen festzustellen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 12. Juli 1979 II R 26/78, BFHE 128, 266, BStBl II 1979, 631, 632; in BFHE 148, 69, BStBl II 1987, 80, 81; in BFH/NV 1989, 168, 169; Schulze-Osterloh, Steuer und Wirtschaft – StuW– 1977, 122, 135).
Der Kläger kannte sämtliche Tatsachen, aufgrund deren seine Zuwendung als objektiv unentgeltliche zu qualifizieren war. Sofern er dennoch –infolge fehlerhafter juristischer Wertungen– gemeint haben sollte, zu der Zuwendung rechtlich (und nicht nur sittlich) verpflichtet zu sein oder für seine Zuwendung eine damit synallagmatisch, konditional oder kausal verknüpfte Gegenleistung zu erhalten, wäre dies ein „nach den Maßstäben des Verkehrsüblichen” unbeachtlicher Subsumtionsirrtum.
c) Die Verwirklichung des subjektiven Tatbestands der freigebigen Zuwendung läßt sich im Streitfall auch nicht mit der von Meincke (Kommentar zum Erbschaftsteuergesetz, 9. Aufl., § 7 Rdnr. 82; ihm folgend Klein-Blenkers, Die Bedeutung subjektiver Merkmale im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, 1992, S. 109 ff., 119 f.) vertretenen Ansicht in Frage stellen, der „Wille zur Freigebigkeit” i.S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 erfordere neben dem „Willen zur Unentgeltlichkeit” auch den „Willen zur schenkweisen Zuwendung”. Denn ein solches zusätzliches Willensmerkmal läßt sich § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 auch im Auslegungswege nicht entnehmen.
Meincke (a.a.O.) wäre nur dann zu folgen, wenn die Auslegung des subjektiven Tatbestandes des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 ergäbe, daß dieser bis auf das Erfordernis der vertraglichen Einigung über die Unentgeltlichkeit mit dem subjektiven Tatbestand des § 516 Abs. 1 BGB identisch wäre, anders ausgedrückt, wenn der (einseitige) Wille zur Freigebigkeit alle Merkmale einer Schenkungsofferte i.S. des § 516 Abs. 1 BGB umfassen müßte. Dies ist indessen zu verneinen; denn eine solche Sichtweise widerspräche nicht nur dem Willen des (historischen) Gesetzgebers, sondern auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Die Auffassung Meinckes (a.a.O.) liefe im Ergebnis darauf hinaus, daß die unbenannten Zuwendungen von der Schenkungsbesteuerung ausgenommen wären, weil sie nach der Rechtsprechung des BGH und der herrschenden Zivilrechtslehre nicht den subjektiven Tatbestand des § 516 Abs. 1 BGB erfüllen. Angesichts des weiten Verständnisses vom Begriff der „unbenannten Zuwendung” in der höchstrichterlichen Zivilrechtsprechung (vgl. unter II.1. f, aa) hätte dies zur Folge, daß nahezu alle objektiv unentgeltlichen Zuwendungen unter Ehegatten schenkungsteuerfrei wären. Dies entspräche jedoch nicht dem Willen des (historischen) Gesetzgebers. Den Gesetzgebern der Vorläufer des hier einschlägigen ErbStG 1974 war die erst später entwickelte Rechtsfigur der unbenannten Zuwendung unbekannt. Auch bei Erlaß des ErbStG 1974 hatte sich dieses Rechtsinstitut noch nicht etabliert, wurde nur vereinzelt diskutiert und war noch nicht – jedenfalls nicht in seinem späteren Bedeutungsgehalt– in das Bewußtsein des Gesetzgebers getreten. Dementsprechend ging der Gesetzgeber des ErbStG 1974 davon aus, daß „nach geltendem Recht auch die Schenkungen zwischen Ehegatten (worunter nach damaligem Verständnis eben auch die unbenannten Zuwendungen zu fassen waren) steuerpflichtig (seien)” (BTDrucks VI/3418, S. 64).
Daß der Gesetzgeber des ErbStG 1974 eine weitgehende Herausnahme der objektiv unentgeltlichen Ehegattenzuwendungen aus der Schenkungsbesteuerung nicht beabsichtigte, belegt auch § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974. Mit Recht ist in der Literatur darauf hingewiesen worden, daß die Begründung der Gütergemeinschaft „eigentlich ein Musterbeispiel für eine ehebedingte Zuwendung (sei)”, da gerade ein solcher Ehevertrag in besonderem Maße der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft diene (Schotten, NJW 1990, 2841, 2848). Auch aus der Regelung des § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG 1974 läßt sich folgern, daß der Gesetzgeber die unbenannten Zuwendungen im Grundsatz für steuerbar hielt (vgl. schon II.1 c, letzter Absatz).
Hinzu kommt, daß es für die Frage, ob eine unentgeltliche Zuwendung den (objektiven und) subjektiven Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 erfüllt, weder entscheidend darauf ankommt, welches bürgerlich-rechtliche „Vertragskleid” (welchen Vertragstyp) die Beteiligten für die unentgeltliche Zuwendung gewählt haben bzw. wählen mußten, noch ob in bezug auf die unentgeltliche Zuwendung überhaupt eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Beteiligten zustandegekommen ist. So spielt es für das Vorliegen des subjektiven Tatbestandes des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 namentlich keine Rolle, ob Geber und Empfänger der unentgeltlichen Zuwendung anstelle eines (wegen des Zuwendungsgegenstandes nicht in Betracht kommenden) Schenkungsvertrages i.S. des § 516 Abs. 1 BGB einen (unentgeltlichen) Darlehensvertrag oder Leihvertrag geschlossen haben. Ebensowenig kann es deshalb von Belang sein, ob die Beteiligten im Hinblick auf einen besonderen, den Schenkungstatbestand überlagernden Zweck der unentgeltlichen Zuwendung bzw. angesichts der spezifischen eherechtlichen Motivationslage die unentgeltliche Zuwendung statt in einen Schenkungsvertrag i.S. des § 516 Abs. 1 BGB in einen Vertrag über eine unbenannte Zuwendung –d.h. in einen „familienrechtlichen Vertrag eigener Art”– „eingebettet” haben (so zutreffend Gebel, DStZ 1993, 451, 458). Diese – für das Zivilrecht und dessen Rechtsfolgen bedeutsamen – vertragstypologischen Einordnungen vermögen nichts daran zu ändern, „daß die für eine sonstige freigebige Zuwendung erforderlichen Willensmomente einschließlich der für das Bewußtsein der Unentgeltlichkeit notwendigen Kenntnisse beim Zuwendenden vorhanden sind” (Gebel, DStZ 1993, 451, 458).
Fundstellen