Leitsatz (amtlich)

Mischfuttermittel, die den ernährungswirtschaftlich vorgeschriebenen Normen entsprechen und vorschriftsmäßig registriert, verpackt und gekennzeichnet sind, fallen auch dann unter § 29 Abs. 2 Ziff. 11 UStDB 1951, wenn sie gleichermaßen zur Fütterung der dort genannten Haustiere wie auch nicht aufgeführter Tiere bestimmt sind.

 

Normenkette

UStG § 4 Ziff. 4; UStDB 1951 § 29 Abs. 2 Ziff. 11

 

Tatbestand

Streitig ist die Anwendbarkeit der Befreiungsvorschrift nach § 4 Ziff. 4 des Umsatzsteuergesetzes in Verbindung mit § 29 Abs. 2 Ziff. 11 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (UStDB) 1951 auf die Lieferungen eines Mischfuttermittels in der Zeit vom 1. Juli 1951 bis Ende 1952. Die Beschwerdeführerin (Bfin.) stellt im Auftrage des Landesverbandes der Ziegenzüchter von ......... ein Mischfuttermittel her, das unter der Nr. 515/51 in das Register für Futtermittel beim Bundesernährungsministerium eingetragen und als Mischfutter für Ziegen in die Normentafel aufgenommen worden ist. Auf Grund eines Antrages der Bfin. vom 9. Juli 1951 ist nach einem Schreiben des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft vom 17. Juli 1951 eine Änderung der Registereintragung für dieses Mischfuttermittel in "Mischfutter für Schafe und Ziegen" vorgenommen worden.

Die Vorinstanzen haben die Steuerfreiheit für diese Umsätze lediglich deshalb versagt, weil Mischfutter für Ziegen nicht in § 29 Abs. 2 Ziff. 11 a. a. O. als begünstigt aufgeführt sei; diese Vorschrift könne aber auch nach der Umbenennung auf Schafe und Ziegen nicht in Betracht kommen, da es dem Mischfuttermittel infolge der doppelten Zweckbestimmung an der ausschließlichen Bestimmung für Schafe fehle. Das Wort "soweit" in der genannten Bestimmung müsse als "soweit nur" verstanden werden; andernfalls hätte die Aufzählung der dort genannten Tierarten keinen Sinn.

 

Entscheidungsgründe

Die gegen die Versagung der Steuerfreiheit gerichtete Rechtsbeschwerde (Rb.) der Steuerpflichtigen hat im wesentlichen Erfolg. Mit dem Finanzgericht ist davon auszugehen, daß eine Steuerbefreiung der Umsätze nicht in Betracht kommt, solange das Futtermittel lediglich als Mischfutter für Ziegen registriert worden war. Denn insoweit steht dem der klare und eindeutige Wortlaut des § 29 Abs. 2 Ziff. 11 UStDB entgegen, so daß auch im Wege der Auslegung ein anderes Ergebnis nicht erreicht werden könnte. Zutreffend hebt die Vorentscheidung hervor, daß nach Sinn und Zweckbestimmung der genannten Vorschrift nicht die Aufzucht aller Haustiere, sondern lediglich der dort genannten steuerlich begünstigt werden sollte. Es hieße aber dem Wortlaut der Vorschrift Gewalt antun, wollte man auch Mischfuttermittel, die sich gleichermaßen für dort aufgeführte Tiere eignen, nur deshalb von der Begünstigung ausnehmen, weil sie auch zur Verfütterung nicht genannter Tiere geeignet sind. Das Finanzgericht konnte zu diesem Ergebnis nur kommen, indem es vom Wortlaut der Vorschrift abwich und diese durch Einfügung des Wortes "nur" ergänzte. Davon, daß dies allein dem Sinne des Gesetzes entspreche, konnte sich der erkennende Senat nicht überzeugen. Es wäre praktisch gar nicht möglich, im Einzelfalle festzustellen, an welche Tiere das Futtermittel nun tatsächlich verfüttert worden ist. Der Verordnungsgeber stellt denn auch entscheidend nur darauf ab, für welchen Verwendungszweck das Mischfuttermittel bestimmt ist; zu welchem Zweck es nach der Veräußerung tatsächlich verwendet wird, ist belanglos. Im übrigen hat die Rb. unbestritten vorgetragen, daß das im Streit befangene Futtermittel auch vom Schafzüchterverbande des Landes angekauft worden ist.

Die Vorschrift des § 29 Abs. 2 Ziff. 11 UStDB 1951 schließt sich eng an die ernährungswirtschaftlichen Normen im Futtermittelgesetz vom 22. Dezember 1926 (Reichsgesetzblatt I S. 525) und den dazu ergangenen Durchführungsbestimmungen an (vgl. Futtermittelanordnung in der Fassung vom 24. Oktober 1951, Bundesanzeiger Nr. 213 vom 2. November 1951). Es ist nicht streitig, daß, wie es § 29 Abs. 2 Ziff. 11 a. a. O. vorschreibt, gemäß den ernährungswirtschaftlichen Vorschriften verfahren worden ist. Es muß nach Wortlaut und Sinn der einschlägigen Bestimmungen als genügend angesehen werden, daß das Mischfuttermittel auch für Schafe bestimmt ist. Ist es daneben auch zur Verfütterung an eine nicht ausdrücklich aufgeführte Tierart geeignet, so ist dies unschädlich, weil sich auch dann Herstellung und Betrieb immer noch im Rahmen der Begünstigungsvorschrift halten.

Die Vorentscheidunng war aufzuheben, weil sie diese Rechtslage verkannt hat. Die Sache ist nicht spruchreif, da den Akten nicht zu entnehmen ist, welche -- nach der Sachlage wohl nur geringfügigen -- Lieferungen vor der Änderung der Registrierung von der Bfin. ausgeführt worden sind, die nach den obigen Ausführungen allein steuerpflichtig sein können. Das Finanzamt, an das die Sache zweckmäßigerweise zurückverwiesen wird, wird diese Lieferungen noch festzustellen und sodann über den Fall entsprechend der hier vertretenen Rechtsauffassung erneut zu entscheiden haben.

Dem Finanzamt waren auch die Feststellung des Wertes des Streitgegenstandes und die Kostenentscheidung zu übertragen (§§ 318 Abs. 2, 320 Abs. 3 der Reichsabgabenordnung -- AO --).

 

Fundstellen

Haufe-Index 408206

BStBl III 1955, 287

BFHE 1956, 235

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