Leitsatz (amtlich)

1. § 11 Abs. 3 der 23. UGDV gilt auch für die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens der Versicherungsunternehmen. Deshalb sind Ausgleichsforderungen der Versicherungsunternehmen an Stichtagen vor dem 1. Januar 1957 mit dem Nennwert zu bewerten, und zwar auch insoweit, als sie unverzinslich und zu einem bestimmten Zeitpunkt zurückzugeben sind.

2. Für die nach § 15 Abs. 1 und 2 der 43. UGDV bestehende Abführungspflicht ist an Stichtagen vor dem 1. Januar 1957 ein Schuldposten in Höhe des nach § 14 Abs. 3 BewG zu berechnenden Gegenwartswerts anzusetzen.

 

Normenkette

UG § 11 Abs. 4, § 24 Abs. 2; 23. UGDV § 11 Abs. 3; 43. UGDV § 15 Abs. 1-2; 45. UGDV § 2; BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 14 Abs. 3

 

Tatbestand

Streitig ist in der Revision nur noch die Bewertung von Ausgleichsforderungen bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens der Klägerin zum 1. Januar 1953.

Die Klägerin betrieb am Bewertungsstichtag das Rückversicherungsgeschäft. Ihr sind Ausgleichsforderungen gegen die öffentliche Hand zugeteilt worden, deren Nennbetrag am 1. Januar 1953 unstreitig insgesamt 3 960 145,60 DM betrug. Dieser Betrag gliedert sich in 3 608 697,39 DM zu 3 1/2 % verzinsliche Ausgleichsforderungen nach § 24 Abs. 2 Umstellungsgesetz (UG), 19 707,05 DM zu 3 % verzinsliche Sonderausgleichsforderungen nach § 2 der 45. Durchführungsverordnung zum Umstellungsgesetz (45. UGDV) und 328 275 DM unverzinsliche Ausgleichsforderungen für Schwankungsrückstellung nach § 15 Abs. 1 und 2 der 43. UGDV. Diese Ausgleichsforderungen hat die Klägerin in ihrer Vermögenserklärung zum 1. Januar 1953 mit 2 469 389,72 DM angesetzt.

Bei der vorläufigen Einheitswertfeststellung des Betriebsvermögens der Klägerin zum 1. Januar 1953 durch Bescheid vom 23. März 1957 setzte das FA die Ausgleichsforderungen mit dem Nennbetrag an.

Mit der Sprungberufung beantragte die Klägerin, die unverzinslichen Ausgleichsforderungen im Nennbetrag von 328 275 DM mit 0 DM und die übrigen Ausgleichsforderungen mit dem Neunfachen des Kapitalwerts der Zinsen einzusetzen.

Die Sprungberufung war in diesem Punkte ohne Erfolg. Das FG führte dazu im wesentlichen folgendes aus: Der Gesetzgeber des UG habe mit den Ausgleichsforderungen ein völlig neuartiges Rechtsgebilde geschaffen, das sich bewertungsrechtlich als Wirtschaftsgut besonderer Art darstelle. Soweit die Ausgleichsforderungen verzinslich seien, erfüllten sie die Voraussetzungen von Rentenrechten im Sinne des § 15 BewG a. F. Ob es sich hierbei um Leistungen von unbestimmter Dauer oder um immerwährende Leistungen handele, bedürfe keiner Entscheidung, weil nach § 15 Abs. 3 BewG a. F. für die Ausgleichsforderungen der nachweislich höhere gemeine Wert anzusetzen sei. Dieser sei nach der Ausgestaltung der Ausgleichsforderungen und nach ihrer Realisierbarkeit immer der volle Nennbetrag. Das gelte auch für die unverzinslichen Ausgleichsforderungen.

Mit der Rechtsbeschwerde, die nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandeln ist, wendet sich die Klägerin gegen die Auffassung des FG, daß nach § 15 Abs. 3 BewG a. F. der Nennbetrag der Ausgleichsforderungen als nachweislich höherer gemeiner Wert der Nutzung angesetzt werden könne.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

1. Das FG hat sich für seine Auffassung, daß der gemeine Wert der Ausgleichsforderungen gleich dem Nennwert sei, in erster Linie auf die Vorschrift des § 11 Abs. 3 der 23. UGDV gestützt. Nach dieser Vorschrift dürfen die Ausgleichsforderungen der Versicherungsunternehmen nur von Versicherungsunternehmen und nur zum Nennwert veräußert und erworben werden und sind in den Bilanzen der Versicherungsunternehmen zum Nennwert einzusetzen. Diese Vorschrift entspricht dem § 11 Abs. 4 UG, der für die Ausgleichsforderungen der Geldinstitute das gleiche anordnet.

Der Senat hat in dem Urteil III 69/61 vom 30. Juli 1968 (BFH 94, 66, BStBl II 1969, 286) die Auffassung vertreten, daß § 11 Abs. 4 UG und die ihm entsprechenden § 11 Abs. 3 der 23. UGDV und § 3 Abs. 4 der 33. UGDV bei der vermögensteuerrechtlichen Bewertung der Ausgleichsforderungen zu beachten sind. Er hat diese Auffassung damit begründet, aus dem mit der Zuteilung der Ausgleichsforderungen erstrebten Ziel sei zu folgern, daß es der Wille des Gesetzgebers gewesen sei, überall da, wo die Ausgleichsforderungen als Werte in Erscheinung traten, ihre Bewertung mit dem Nennwert anzuordnen.

Weil § 11 Abs. 3 der 23. UGDV auch bei der vermögensteuerrechtlichen Bewertung der Ausgleichsforderungen der Klägerin zu beachten ist, ist die Revision der Klägerin demnach insoweit unbegründet, als sie eine Bewertung ihrer Ausgleichsforderungen unter dem Nennwert beantragt. Es sind vielmehr alle ihre Ausgleichsforderungen, auch soweit sie unverzinslich sind, und auch, soweit sie zu einem bestimmten Zeitpunkt zurückzugeben sind, mit dem Nennwert zu bewerten.

2. Bei den Ausgleichsforderungen für Schwankungsrückstellungen nach § 15 Abs. 1 und 2 der 43. UGDV in Höhe von 328 275 DM ist jedoch zu berücksichtigen, daß diese Ausgleichsforderungen spätestens einen Monat nach Feststellung des Jahresabschlusses für das am 20. Juni 1958 laufende Geschäftsjahr an das Land abzuführen sind. Für diese Abführungspflicht ist ein Schuldposten anzusetzen. Denn die Abführungspflicht hat am 1. Januar 1953 bereits bestanden. Sie kann allerdings ganz oder teilweise wegfallen, wenn und soweit Beträge aus der Schwankungsrückstellung mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde zur Regulierung von Schäden herangezogen werden müssen. Darin ist jedoch eine auflösende Bedingung zu erblicken, die nach § 7 Abs. 1 BewG außer Betracht zu lassen ist. Die Rückgabepflicht ist mit dem Teilwert zu bewerten. Bei seiner Bemessung ist zu berücksichtigen, daß die Rückgabe erst am 31. Januar 1959 vorzunehmen ist, also vom 1. Januar 1953 an gerechnet in 6 1/12 Jahren. Es muß deshalb der Gegenwartswert dieser Schuld angesetzt werden. Er beträgt nach der Hilfstafel 1 zum BewG für 6 1/12 Jahre 72,21 v. H. des Nennbetrags. Es ist danach ein Schuldposten in Höhe von 72,21 v. H. von 328 275 DM = 237 047 DM vom Betriebsvermögen abzusetzen. Da die Vorentscheidung diesen Schuldposten nicht berücksichtigt hat, war sie aufzuheben.

3. Die Sache ist spruchreif. Das vom FG errechnete Reinvermögen von 1 586 431 DM ist um 237 047 DM auf 1 349 384 DM herabzusetzen. Danach war der Einheitswert für das Betriebsvermögen der Klägerin auf den 1. Januar 1953 in Abänderung des endgültigen Bescheids vom 24. Juli 1958 auf 1 349 000 DM festzustellen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68469

BStBl II 1969, 289

BFHE 1968, 555

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