Leitsatz (amtlich)
Im Falle der Umwandlung einer GmbH kann ein Beschluß über die Verteilung des bis zum Umwandlungsstichtag angefallenen Gewinns der GmbH nur bis zur Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Handelsregister gefaßt werden.
Normenkette
KStG § 19 Abs. 1, 3; UmwG 1956 §§ 4-5, 24
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) - eine KG - ist die Rechtsnachfolgerin der mit Gesellschafterbeschluß vom 29. Dezember 1959 nach Maßgabe des Gesetzes über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften vom 12. November 1956 - UmwG - (BGBl I 1956, 844, BStBl I 1957, 471) auf sie umgewandelten GmbH gleichen Namens. Die Umwandlung erfolgte auf der Grundlage der berichtigten Umwandlungsbilanz vom 24. Dezember 1959 und wurde am 29. Januar 1960 in das Handelsregister eingetragen.
Eine im Jahre 1965 bei der Klägerin durchgeführte Betriebsprüfung erbrachte für die Streitjahre (1958 und 1959), für die die GmbH in den Jahren 1960 und 1961 zunächst gemäß § 100 Abs. 2 AO vorläufig veranlagt worden war, unter teilweiser Übernahme der von der Klägerin (im Jahre 1965) selbst vorgenommenen Bilanzberichtigungen Mehrgewinne von 27 707 DM (für 1958) und 184 684 DM (für 1959). Unter Berücksichtigung des Prüfungsergebnisses erstellte die Klägerin im Jahre 1967 endgültige Bilanzen zum 31. Dezember 1958 und 24. Dezember 1959 für die GmbH, auf deren Grundlage die Gesellschafter der Klägerin am 16. November 1967 die Ausschüttung von 27 000 DM für 1958 und 180 000 DM für 1959 an sich selbst beschlossen.
Bei Durchführung der endgültigen Veranlagung der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der auf sie umgewandelten GmbH erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) die auf Grund des Beschlusses vom 16. November 1967 nachträglich vorgenommenen Gewinnausschüttungen nicht als berücksichtigungsfähig im Sinne der Vorschrift des § 19 Abs. 3 KStG an. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) ist in den EFG 1972, 306, veröffentlicht.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision der Klägerin mit dem Antrag, unter Aufhebung der Vorentscheidung die für die Streitjahre nachträglich beschlossenen Gewinnausschüttungen als berücksichtigungsfähig anzuerkennen. Zur Begründung läßt sie vortragen:
Mit der Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister trete die Rechtsnachfolgerin in die gesamte Rechtsstellung der auf sie umgewandelten GmbH ein. Die GmbH habe dem Körperschaftsteuergesetz unterlegen. Die Anwendung der Vorschriften dieses Gesetzes auf die GmbH sei unteilbar. Ihr habe nach dem Gesetz auch das Recht zugestanden, Tarifvergünstigungen voll auszuschöpfen. Es müsse daher eine Einschränkung der Gesamtrechtsnachfolge bedeuten, wolle man der Rechtsnachfolgerin die Inanspruchnahme dieses Rechts versagen, weil - so die Ausführungen des FG - nach Eintragung der Umwandlung kein "formell gültiger" Gewinnverteilungsbeschluß mehr gefaßt werden könne. Das Recht der Beschlußfassung liege nunmehr bei den Organen der Rechtsnachfolgerin. Die im Rahmen der Vorschrift des § 19 Abs. 3 KStG aufgestellte Forderung, daß der Gewinnverteilungsbeschluß den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechen müsse, werde - als Schutzfunktion für die Gesellschafter verstanden - nicht verletzt, da die mit den ehemaligen Gesellschaftern der GmbH identischen Gesellschafter der Klägerin hier den Gewinnverteilungsbeschluß gefaßt hätten. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise mache die Versagung der Vergünstigung unmöglich. Demgemäß habe der BFH im Urteil vom 26. April 1963 I 86/61 U (BFHE 76, 834, BStBl III 1963, 303) entschieden, daß für Gewinnausschüttungen, die auf Grund eines nach Beendigung der GmbH gefaßten Gewinnverteilungsbeschlusses vorgenommen worden seien, der ermäßigte Steuersatz anzuwenden sei. Schließlich komme der Löschung der GmbH im Handelsregister nur deklaratorische Bedeutung zu (BFH-Urteil vom 12. September 1973 I R 9/72, BFHE 110, 353, BStBl II 1974, 14).
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
1. Nach § 24 i. V. mit § 5 UmwG geht mit der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses (vgl. § 4 UmwG) in das Handelsregister das Vermögen der GmbH im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Übernehmerin über; damit ist die GmbH kraft Gesetzes aufgelöst. Die Organe der GmbH hören auf, als solche zu bestehen. Zum Schutze der Gläubiger der umgewandelten GmbH gilt deren Vermögen noch für eine bestimmte Zeit als Vermögen der GmbH (§ 8 Abs. 4 UmwG). Die Mitgliedschaftsrechte ihrer Gesellschafter sind untergegangen (vgl. Böttcher-Meilicke, Umwandlung und Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, 5. Aufl., Tz. 8 zu § 5 UmwG; Widmann-Mayer, Umwandlungsrecht, Tz. 161).
Angesichts der gegebenen Gesamtrechtsnachfolge kann von einem nur deklaratorischen Akt der Löschung der GmbH im Handelsregister (wie für den Fall der Auflösung unter Abwicklung) hier nicht die Rede sein. Dem BFH-Urteil I R 9/72 ist für eine solche Auffassung nichts zu entnehmen.
a) Der BFH hat im Urteil I 86/61 U ausgesprochen, daß die Gesellschafter einer umgewandelten GmbH auch noch nach Vorliegen des Umwandlungsbeschlusses über die Verteilung des bis zum Umwandlungszeitpunkt angefallenen Gewinns Beschluß fassen können. Diese Auffassung ist in den BFH-Urteilen vom 6. November 1963 I 180/62 U (BFHE 78, 547, BStBl III 1964, 209) und vom 1. Juli 1964 I 5/63 U (BFHE 80, 162, BStBl III 1964, 533) aufrechterhalten worden. Wenn es dabei im Urteil I 86/61 U heißt, daß es unschädlich sei, daß die GmbH "zur Zeit des Beschlusses vom 26. Januar 1960 nicht mehr bestanden habe", so ist das so zu verstehen, daß in der Zeit vom Umwandlungsstichtag (vgl. § 2 Abs. 2 UmwStG [BGBl I 1957, 1713, BStBl I 1957, 468]) bis zur Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Handelsregister eine Beschlußfassung über die Gewinnverteilung möglich sei; es kann jedenfalls aber nicht so verstanden werden, als ob auch noch nach Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Handelsregister die umgewandelte GmbH steuerrechtlich als noch fortbestehend angesehen werden könne. Gegen eine solche Auffassung sprechen die BFH-Urteile I 180/62 U und I 5/63 U, in denen die Auflösung der GmbH mit diesem Zeitpunkt ausdrücklich betont und das Verhältnis der Vorschriften des § 2 Abs. 2 UmwStG zu denen des § 5 UmwG näher erläutert wird. Die gleiche Rechtsauffassung kommt auch bereits in dem Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs vom 26. Juni 1950 I D 1/50 (Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Reichsfinanzhofs und Obersten Finanzgerichtshofs Bd. 54 S. 492) zum Ausdruck, demzufolge "wie nach Handelsrecht die umgewandelte Kapitalgesellschaft (erst) mit der Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister aufgelöst ist".
b) Demgegenüber folgert die Klägerin aus diesen Urteilen, daß es dem (den Vermögensübergang dem Gesetz zufolge bestimmenden) Rechtsgedanken der Gesamtrechtsnachfolge entspreche, das Recht der Gesellschafter aus § 46 Nr. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) jedenfalls dann als auf die Gesellschafter der Rechtsnachfolgerin übergegangen anzusehen, wenn diese - wie im Streitfalle - mit den Gesellschaftern der umgewandelten GmbH identisch seien. Dem kann nicht zugestimmt werden. Zeitgleich mit der umgewandelten GmbH gehen auch die Mitgliedschaftsrechte der Gesellschafter an der GmbH unter. Das Recht aus § 46 Nr. 1 GmbHG ist aber ein Ausfluß des Mitgliedschaftsrechts und kann mithin nicht auf die Gesellschafter der Rechtsnachfolgerin übergehen, und zwar auch dann nicht, wenn sie mit den Gesellschaftern der umgewandelten GmbH identisch sind. Dies zeigt sich besonders deutlich in den Vorschriften über die Ablösung der Mitgliedschaftsrechte der ausscheidenden Gesellschafter (§ 12 UmwG; Böttcher-Meilicke, a. a. O., Tz. 3 zu § 13 UmwG).
c) Zutreffend legt die Klägerin dar, daß - soweit für die Veranlagung der umgewandelten GmbH noch das Körperschaftsteuergesetz Anwendung findet (§ 2 Abs. 2 UmwStG) - die Anwendung dieses Gesetzes unteilbar sei. Die Inanspruchnahme der Tarifvergünstigung nach § 19 Abs. 3 KStG verlangt jedoch nach dem Gesetz, daß die Gewinnausschüttungen für Wirtschaftsjahre, deren Ergebnisse bei der Veranlagung berücksichtigt sind, auf Grund eines den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschlusses vorgenommen worden sind. Ein solcher Beschluß kann aber nur bis zur Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Handelsregister gefaßt werden.
Nach ständiger Rechtsprechung muß sich der in § 19 Abs. 3 KStG bezeichnete Gewinnverteilungsbeschluß einmal auf den nach handelsrechtlichen Vorschriften auszuweisenden Gewinn beziehen und zum anderen den Vorschriften entsprechen, die "in den Gesetzen und Satzungsvorschriften enthalten sind, die die für die betreffende Kapitalgesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG maßgebende Ordnung regeln" (BFH-Urteil vom 12. Juli 1972 I R 205/70, BFHE 107, 186, BStBl II 1973, 59, mit weiterer Rechtsprechung). Nach diesen handelsrechtlichen Vorschriften ist eine Beschlußfassung über die Verteilung von Gewinnen schlechterdings nicht mehr möglich, wenn einmal nicht ein in der Handelsbilanz ausgewiesener Gewinn in Rede steht und zum anderen wenn die Gesellschaft erloschen ist und Mitgliedschaftsrechte ihrer (früheren) Gesellschafter an ihr nicht mehr bestehen. Der vom FA festgestellte steuerrechtliche Mehrgewinn hat lediglich die Funktion einer Besteuerungsgrundlage. Eine nachträgliche, wenn überhaupt noch mögliche Änderung der handelsrechtlichen Umwandlungsbilanz ist nicht nachgewiesen worden.
Soweit die Klägerin in der Durchführung einer Betriebsprüfung erst nach Erlöschen der GmbH einen Verstoß gegen Treu und Glauben sieht, weil der GmbH hier die Möglichkeit der nachträglichen Gewinnverteilung genommen sei (vgl. BFH-Urteil vom 16. Juli 1969 I R 92/67, BFHE 96, 310, BStBl II 1969, 634), so kann der Grund für diesen vermeintlichen Verstoß nur in der Tatsache der Umwandlung und in der Unterwerfung der Umwandlung unter die im Gesetz für sie aufgestellten Voraussetzungen und Folgen gefunden werden.
Fundstellen
Haufe-Index 71175 |
BStBl II 1975, 94 |
BFHE 1975, 508 |