Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Zins- und Gebührenforderungen, die Pfandleihern gegen den Verpfänder zustehen, sind auch bei reiner Sachhaftung der Pfänder in der Schlußbilanz jeweils mit dem Anteil zu aktivieren, der auf das abgelaufene Jahr entfällt.
Zur Frage, wie die Rechnungsabgrenzung in den Fällen der vorliegenden Art durchzuführen ist.
Normenkette
EStG §§ 5, 6/1/2
Tatbestand
Streitig ist, ob und bejahendenfalls in welchem Umfang der Bf., der Inhaber eines Pfandleihgeschäfts ist, die in seinem Geschäft anfallenden Zinsen und Unkostengebühren am Bilanzstichtag zu aktivieren hat.
Das Pfandleihgeschäft, das unter der Firmenbezeichnung X. in das Handelsregister eingetragen ist, wickelt der Bf. wie folgt ab: Der Kreditnehmer erhält gegen Verpfändung eines Gegenstandes ein bares Darlehen. Der Vertrag läuft zunächst auf drei Monate; Zinsen werden monatlich berechnet. Sie betrugen in den Streitjahren II/1948 bis 1953 monatlich 1 v. H. des ausgeliehenen Betrages. Ferner wurden monatlich Unkostengebühren berechnet, die im allgemeinen wesentlich höher sind als die Zinsen. Der Prozentsatz der Unkostengebühren ist bei niedrigen Darlehnsbeträgen besonders hoch und sinkt mit der Höhe des Darlehnsbetrages. Das Darlehen kann jederzeit vom Kreditnehmer bei gleichzeitiger Entrichtung der Zinsen und Unkostengebühren zurückgezahlt werden. Wird das Pfand nicht innerhalb von drei Monaten eingelöst, so hat der Bf. nach den Vertragsbestimmungen weitere zwei Monate mit der Versteigerung zu warten. Nach dieser Zeit kann das Pfand noch gegen Entrichtung der weiterlaufenden Zinsen und Unkostengebühren eingelöst werden. Der Darlehnsvertrag wird prolongiert, wenn die bis dahin aufgelaufenen Zinsen und Unkostengebühren entrichtet werden. Wird ein Pfand nicht innerhalb von fünf Monaten eingelöst und der Vertrag nicht über diese Zeit hinaus verlängert, so verwertet der Bf. das Pfand dadurch, daß er es öffentlich versteigern läßt und sich auf diese Weise wegen seiner Darlehnsforderung, seiner Zinsforderung und seines Anspruchs auf Unkostengebühren befriedigt. Dem Pfandgeber verbleibt der Anspruch auf einen etwaigen Mehrerlös. Nach den Geschäftsbedingungen befreit der zwangsweise Verkauf des Pfandes den Bf. von jeder Verbindlichkeit gegenüber dem Pfandgeber. Um Verluste durch zu geringe Gebote möglichst zu vermeiden, bietet der Bf. zuweilen bei der Versteigerung selbst mit. Die Gegenstände, die er auf diese Weise erwirbt, veräußert er anschließend freihändig.
Der Bf. aktivierte in den Bilanzen der Streitjahre die durch Pfand gesicherten, aber noch nicht zurückgezahlten Beträge unter der Bezeichnung "Pfänderlager" in Höhe des Nennbetrages. Die bis zum jeweiligen Bilanzstichtag, dem 31. Dezember, aufgelaufenen, von den Kreditnehmern jedoch noch nicht entrichteten Zinsen und Unkostengebühren aktivierte er nicht. Diese verbuchte er erst im Zeitpunkt der Zahlung durch die Kreditnehmer.
Bei einer Betriebsprüfung im Jahre 1955 vertrat der Prüfer die Auffassung, außer den bis zum Bilanzstichtag von den Schuldnern nicht zurückgezahlten Darlehnsforderungen habe der Bf. die bis zu diesem Zeitpunkt "aufgelaufenen Forderungen an Zinsen und Gebühren" zu aktivieren. Ein "schwebendes Geschäft" liege nicht vor. Die Höhe der zu aktivierenden Forderungen an Zinsen und Gebühren könne für die Vergangenheit nur geschätzt werden, weil die Firma keine Aufzeichnungen an Hand des Pfandbuchs gemacht habe, aus denen die einzelnen Darlehnsbeträge und der Zeitpunkt der Darlehnshingabe sich ergäben. Künftig seien die Aufstellungen auf den 31. Dezember eines jeden Jahres anzufertigen und bis zu diesem Zeitpunkt zu fordernde Zinsen und Gebühren zu verrechnen. Für die Vergangenheit sei bei der Schätzung der Zinsen und Unkostengebühren zu berücksichtigen, daß laufend ein Teil der Pfänder verfalle, weil sie nicht innerhalb von fünf Monaten eingelöst würden und versteigert werden müßten, ohne daß die zu fordernden Zinsen und Gebühren bei den Versteigerungen erzielt würden. Bei der Ermittlung DER Darlehnsbeträge, für die der Bf. aus dem letztgenannten Grunde nicht mit Zinsen und Unkostengebühren rechnen kann, ist der Prüfer bei der Schätzung für die Vergangenheit davon ausgegangen, daß die innerhalb der ersten sechs Monate eines Jahres zur Versteigerung kommenden Pfänder fast ausschließlich aus Beleihungen bis zum 31. Dezember des Vorjahres stammen. Der auf diese Pfänder entfallende Darlehnsbetrag, so führte der Prüfer aus, könne von den am 31. Dezember des Vorjahres bestehenden Darlehnsforderungen abgesetzt werden. Die für die dann verbleibenden Darlehnsforderungen zu ermittelnden Zinsen und Gebühren seien zu aktivieren. Der Prüfer stellte weiter fest, daß die durchschnittliche Laufzeit der Darlehnsverträge für die Jahre II/1948 bis 1950 etwa 2 1/2 Monate und für die Jahre - - 1951 bis 1953 etwa 3 - - Monate betragen hatte. Danach betrugen in jedem einzelnen Darlehnsfall die Zinsen durchschnittlich für die Jahre II/1948 bis 1950 insgesamt etwa 2 1/2 v. H. für die Jahre - - 1951 bis 1953 insgesamt etwa 3 - - v. H. An Unkostengebühren wurden nach den Feststellungen des Prüfers in jedem Darlehnsfall durchschnittlich für die Jahre II/1948 bis 1950 etwa 11 v. H., für das Jahr - - - 1951 - - - - etwa 14 v. H. und für die Jahre 1952 u. 1953 - - - etwa 17 v. H. der jeweils ausgeliehenen Beträge erzielt. Nach der Angabe des Prüfers sind diese Vomhundertsätze der Höhe nach von dem Bf. nicht bestritten worden.
Auf Grund dieser Feststellungen aktivierte der Prüfer, dem das Finanzamt bei den Berichtigungsveranlagungen zur Einkommensteuer für das zweite Halbjahr 1948 bis 1952 und zur Gewerbesteuer für das zweite Halbjahr 1948 bis 1953 sowie bei der erstmaligen Veranlagung zur Einkommensteuer für 1953 folgte, die Forderungen auf Zinsen und Unkostengebühren, indem er den am Schluß des Jahres bestehenden Darlehnsforderungen im Schätzungswege für die Veranlagungszeiträume II/1948 bis 1950 an Zinsforderungen je 2,5 v. H. sowie an Gebührenforderungen je 11 v. H. der Darlehnsforderungen hinzurechnete, während nach der Berechnung des Prüfers die Forderungen für die Jahre 1951 bis 1953 an Zinsen je 3 v. H. und an Unkostengebühren je 14 v. H., 17 v. H. und (auch für 1953) 17 v. H. betrugen. Dabei hatte der Prüfer, wie schon bemerkt, die Darlehnsforderungen, von denen er als Schätzungsgrundlage ausging, um die Darlehnsbeträge, die auf in den Monaten Januar bis Juni des folgenden Jahres versteigerte Pfänder entfielen, gekürzt.
Der Einspruch und die Berufung hatten im Streitpunkt keinen Erfolg.
Mit der Rb. beantragt der Bf., die Rechtsmittel gegen die Einkommensteuer- und Gewerbesteuerbescheide sowie gegen die berichtigten Einheitswertbescheide auf den 1. Januar 1952 und 1. Januar 1953 sowie gegen den Fortschreibungsbescheid auf den 1. Januar 1954 zu einem einheitlichen Verfahren zusammenzufassen.
Zur Begründung der Rb. führt der Bf. aus, er bestreite nicht, daß im vorliegenden Falle ein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut gegeben sei. Es müsse aber zwischen einem bewertungsfähigen und einem bewertungspflichtigen Wirtschaftsgut unterschieden werden. Das Finanzgericht habe seine Entscheidung zu Unrecht auf § 40 HGB gestützt, der im Gegensatz zu der Auffassung des Finanzgerichts eine niedrigere Bewertung zulasse. Nach den Vorschriften des hamburgischen Gesetzes über das Pfandleihgewerbe vom 14. März 1923 (Hamburgisches GVBl 1923 S. 239) in der Fassung des änderungsgesetzes vom 31. März 1938 (Hamburgisches GVBl 1938 S. 103) hafte im übrigen der Verpfänder aus dem Geschäft nicht persönlich. Wenn aber keine persönliche Haftung vorliege, so könne auch von einem Schuldverhältnis im rechtlichen Sinne nicht gesprochen werden, weil dieses einen Schuldner voraussetze. Eine Aktivierungspflicht hinsichtlich der Forderungen auf Zinsen und Unkostengebühren komme deshalb nicht in Betracht. Die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit der Realisierung der bestehenden Ansprüche reiche zur Begründung der Aktivierungspflicht nicht aus. Auch nach den Weisungen der Fachgruppe sei eine Aktivierung von Forderungen auf Zinsen und Unkostengebühren ausgeschlossen. Außerdem sei zu berücksichtigen, daß der Pfandleiher in erster Linie von den Schichten der Bevölkerung aufgesucht werde, deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse wenig günstig seien. Nur etwa 85 bis 90 v. H. aller Pfänder würden eingelöst. Ungewiß sei auch, ob die versteigerten Gegenstände ausreichende Erlöse zur Deckung der Forderungen auf Zinsen und Unkostengebühren erbrächten. Zur Stützung seiner Auffassung verweist der Bf. schließlich auf mehrere Entscheidungen des Bundesfinanzhofs zur Frage der richtigen Periodenabgrenzung, der Behandlung von aktiven und passiven Rechnungsabgrenzungsposten sowie zur Frage der Gewinnverwirklichung bei Handelsvertretern und bei am Bilanzstichtag noch nicht vollendeten Bauten.
Entscheidungsgründe
Dem Antrag des Bf. auf Zusammenfassung seiner Rechtsmittel gegen die Einkommensteuer- und Gewerbesteuerbescheide mit denen gegen die Einheitswertbescheide vermag der erkennende Senat im Hinblick auf die für die Senate des Bundesfinanzhofs festgelegte Geschäftsverteilung nicht zu entsprechen.
Im übrigen ergibt die Prüfung der Rb., soweit die Einkommensteuer und die Gewerbesteuer für die Streitjahre in Betracht kommen, folgendes:
Der Bf. ist Vollkaufmann. Demgemäß hat er für den Schluß des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (ß 4 Abs. 1 Satz 1 EStG), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist (ß 5 Satz 1 EStG). Nach § 40 Abs. 2 HGB sind bei der Aufstellung des Inventars und der Bilanzen sämtliche Vermögensgegenstände, also auch Forderungen, mit dem Wert anzusetzen, der ihnen in dem Zeitpunkte beizulegen ist, für welchen die Aufstellung stattfindet. Nach § 40 Abs. 3 HGB sind zweifelhafte Forderungen nach ihrem wahrscheinlichen Wert anzusetzen; uneinbringliche Forderungen sind abzuschreiben. Der weitgehenden Bewertungsfreiheit, die der Kaufmann bei der Aufstellung seiner Handelsbilanz nach dem Handelsrecht, das im Interesse der Gläubiger einen zu hohen Ansatz der Bilanzwerte verhindern will, hat, kann das Steuerrecht nicht folgen. Es muß der Bewertungsfreiheit für die steuerliche Gewinnermittlung zur Wahrung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gewisse Grenzen setzen. Demgemäß ist nach § 5 Satz 2 EStG die Vorschrift des § 6 EStG zu beachten, die für das Steuerrecht regelt, wie zu bewerten ist. Forderungen gehören zum Umlaufvermögen. Sie sind deshalb nach § 6 Ziff. 2 EStG mit den Anschaffungskosten oder mit dem niedrigeren Teilwert anzusetzen.
Von Bedeutung für die hier zu entscheidende Frage ist außerdem das bereits von dem Bf. erwähnte hamburgische Gesetz über das Pfandleihgewerbe vom 14. März 1923, das in § 8 bestimmt:
"Der Verpfänder haftet aus dem Darlehnsgeschäft nicht persönlich, so daß sich der Pfandleiher wegen seiner Ansprüche nur an das Pfand halten kann. Im übrigen finden, soweit sich aus diesem Gesetz nicht etwas anderes ergibt, die Vorschriften des BGB über das Pfandrecht an beweglichen Sachen Anwendung".
Berücksichtigt man weiterhin, daß auch Art. 94 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch, der Vorschriften über den Geschäftsbetrieb der Pfandleiher enthält, von einem "Darlehen" spricht und daß nach dem Vorbringen des Bf. 85 bis 90 v. H. der Pfänder eingelöst werden, so kann man nach der Auffassung des erkennenden Senats den Pfandleihvertrag als einen Darlehnsvertrag besonderer Art bezeichnen. Im übrigen kann auch dem Finanzgericht gefolgt werden, wenn es ausführt, daß der erwähnte § 8 das Problem der Abgrenzung der Begriffe "Schuld" und "Haftung" berührt, zu dem der Kommentar zum BGB, herausgegeben von Reichsgerichtsräten und Bundesrichtern (vgl. 11. Aufl., § 241 Anm. 12), hervorhebt, daß der Unterschied zwischen Schuld und Haftung kaum praktische Bedeutung habe. Schulden heiße Verpflichtetsein, Leistensollen. Unter Haftung dagegen verstehe man u. a., daß ein Vermögen oder Vermögensteil dem Vollstreckungszugriff des Gläubigers unterworfen sei, wobei der Kommentar auf die Vorschriften des § 1118 BGB (Haftung des Grundstücks kraft der Hypothek für gesetzliche Nebenleistungen) und des § 1210 BGB (Umfang der Haftung des Pfandes auf Grund des Pfandrechts an beweglichen Sachen) hinweist. Geht man hiernach davon aus, daß dem Unterschied zwischen Schuld und Haftung, wirtschaftlich betrachtet, für den Bestand einer Forderung der hier in Betracht kommenden Art keine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen ist, so wird man sagen müssen, daß dem Berechtigten sowohl in dem Falle des Bestehens einer persönlichen Schuld als auch in dem Falle der ausschließlichen Haftung eines Vermögensteils ein Anspruch auf volle Befriedigung hinsichtlich seiner Rechte aus dem Vertrag zusteht. Diese Ansprüche sind nach den oben angegebenen Vorschriften zu aktivieren. Wollte man wegen des Fehlens einer persönlichen Schuld auf seiten des Pfandgebers die Pflicht des Pfandleihers zur Aktivierung der Forderungen auf Zahlung von Zinsen und Unkostengebühren verneinen, - so müßte dies folgerichtig auch zur Verneinung der Pflicht zur Aktivierung der Hauptforderung, nämlich der Darlehnsforderung, führen. Das hat aber der Bf. selbst nicht geltend gemacht. Der Tatsache, daß ein Schuldner in einem Falle der vorliegenden Art nicht persönlich haftet, muß jedoch im Rahmen der Bewertung sowohl der Hauptforderung als auch etwaiger Nebenforderungen Rechnung getragen werden.
Hinsichtlich der Aktivierung der Forderungen auf Zinsen und Unkostengebühren ist zu beachten, daß derartige laufende Entgelte für die überlassung von Kapital die Bilanz über die Posten der Rechnungsabgrenzung berühren. Hierbei kommt es nicht darauf an, daß diese Entgelte (Zinsen und dergleichen) bereits fällig sind. Als Abgrenzungsposten ist der Betrag anzusetzen, der vom Schuldner zeitanteilig zu zahlen wäre oder vorausbezahlt ist (vgl. auch Gnam, Handbuch des Bilanzsteuerrechts 1960, Ordnungs-Nr. - Nr. 149). Die Notwendigkeit der Aktivierung der Nebenforderungen, die schon nach den obigen Darlegungen zu bejahen ist, ergibt sich aber auch aus der Erwägung, daß Zinsen in der Bilanz mindestens dann nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, wenn den Forderungen entsprechende Zahlungsverpflichtungen, die in die Bilanz aufgenommen worden sind, gegenüberstehen (so auch Urteil des Reichsfinanzhofs I A a 147/29 vom 2. Dezember 1930, RStBl 1931 S. 320). Letzteres ist hier der Fall. Das Finanzamt hat darauf hingewiesen, daß die Darlehnshingaben des Pfandleihers mit fremden Mitteln finanziert wurden und daß die reinen Refinanzierungszinsen über dem im Pfandschein angegebenen Darlehnszinssatz liegen. Es ist deshalb davon auszugehen, daß die im Pfandschein angesetzten Zinsen und Unkostengebühren das Entgelt für die Hingabe der Darlehen, für die Verwaltungskosten hinsichtlich der Annahme und der Verwahrung des Pfandgegenstandes, für die allgemeinen Verwaltungskosten und für den Gewinnanteil des Unternehmers enthalten. Würde man, wie der Bf. es will, die in Rechnung gestellten Zinsen und Unkostengebühren am Bilanzstichtag nicht abgrenzen, so würde das in dem nachstehenden Beispiel zu folgendem Ergebnis führen: Für ein Darlehen von 100 DM, das am 2. Oktober gegen ein Faustpfand ausgegeben worden ist, dessen Pfandschein am 2. Januar verfällt, würden die in Rechnung gestellten Zinsen und Gebühren nur den Ertrag des neuen Jahres erhöhen, während die eigenen Aufwendungen für die Refinanzierung und für die Kosten der Verwaltung in dem Beispielsfalle das alte Jahr belasten würden. Hinzu kommt, daß es sich bei den für eine Abgrenzung in Betracht kommenden Beträgen nicht um geringe Beträge handelt, die sich in kurzer Zeit ausgleichen und deshalb das Wirtschaftsergebnis nicht wesentlich beeinflussen. Auch wenn man dem Gedanken der Vereinfachung und der vorsichtigen Bilanzierung Rechnung tragen wollte (vgl. insoweit das Urteil des Bundesfinanzhofs I 189/60 U vom 15. November 1960, BStBl 1961 III S. 48, Slg. Bd. 72 S. 126), wird man nicht sagen können, daß bei der gegebenen Sachlage ein Kaufmann in einem bankmässigen Geschäft auf die Abgrenzung von Zinsen und Unkostengebühren verzichten könnte und würde. Das Geschäft des Pfandleihers kann im weiteren Sinne mit einem Bankgeschäft verglichen werden. Es müssen deshalb in gewissem Sinne für das Pfandleihgeschäft die Grundsätze angewendet werden, die sich bei bankmässigen Geschäften für die Abgrenzung von Zinsen usw. herausgebildet haben. Auch diesen Grundsätzen entspricht die Abgrenzung der im Pfandschein festgelegten Zinsen und Unkostengebühren. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf die Abgrenzung der Gebühren der Teilzahlungsbanken zu verweisen. Die Teilzahlungsbanken setzen eine Gebühr, die die Zinsen, die Kreditprovision, die übrigen Gebühren und Kosten umfaßt, den von ihnen gewährten Darlehen hinzu und grenzen diese dem Darlehnsnehmer belasteten Kosten in der Jahresbilanz ab. Hierfür sind verschiedene Verfahren entwickelt worden (vgl. im einzelnen Birck, Die Bankbilanz, 2. Aufl., S. 185, 186 sowie auf S. 719 die Stellungnahme Nr. 2/1959 des Bankenfachausschusses des Instituts der Wirtschaftsprüfer; Zimmerer, Bankkostenrechnung, Bd. 11 der Veröffentlichungen des Bank- und Börsenseminars der Universität Köln, S. 63; vgl. auch die Erläuterungen, die Hinweise für die im vorliegenden Falle erforderliche weitere Prüfung der Abgrenzung - bei der jedoch die Besonderheiten des Pfandleihgeschäfts zu beachten sind - geben können, von Werner: "Zur Bewertung der Forderungen aus der Teilzahlungsfinanzierung", Kurze Steuer- und Rechtsnachrichten, Dr. Wurm-Erben-Verlag in Straubing, Nr. 169 vom 25. Juli 1955, Abt. 12c, S. 59; von Sitz: "Lineare oder zinsmäßige Abgrenzung der Gebühren bei Teilzahlungskrediten", Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 1960 S. 488; Fasselt: "Gebührenabgrenzung im Teilzahlungsgeschäft", Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 1960 S. 755, sowie ferner Betriebswirtschaftliche Blätter für die Praxis der Sparkassen und Girozentralen 1956 Sonderheft 2 und 1960 S. 24).
Die Verhältnisse bei den Teilzahlungsbanken liegen allerdings insofern anders, als die von den Teilzahlungsbanken dem Kreditbetrag hinzugerechneten Gebühren mit den regelmäßigen Tilgungsraten eingehen. Beim Pfandleihgeschäft dagegen werden die in Rechnung gestellten Zinsen und Unkostengebühren erst mit der Einlösung des Pfandscheins bezahlt. Dem Pfandleiher ist auch das Vorausnehmen der Zinsen usw. - mit Ausnahme von Versicherungskosten - verboten (ß 10 des erwähnten hamburgischen Gesetzes über das Pfandleihgewerbe vom 14. März 1923). Nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ist die Realisierung eines Gewinns nicht von der Vereinnahmung der entsprechenden Forderung abhängig. Die Realisierung muß vielmehr durch Rechnungsabgrenzung in den Zeitabschnitt verlegt werden, in den auch die betrieblichen Gegenleistungen des Unternehmers fallen.
Demgegenüber können die Einwendungen des Bf. nicht dazu führen, im Streitfalle von der Rechnungsabgrenzung abzusehen. Das gilt zunächst für die in formeller Hinsicht vorgebrachten Rügen. Gegenüber dem Einwand des Bf., die Berichtigungsveranlagungen seien für die Vergangenheit nicht zulässig, ist festzustellen, daß der Bf. nicht behauptet, die Nichtaktivierung der Forderungen auf Zinsen und Unkostengebühren sei den zuständigen Beamten des Finanzamts bekannt gewesen. Das ist auch nach dem Akteninhalt und nach den Umständen des Falles nicht anzunehmen. Das Finanzamt konnte vielmehr zunächst davon ausgehen, daß der Bf. seine Forderungen wie jeder andere Kaufmann richtig bewertet hat.
Wenn der Bf. geltend macht, das Verhalten des Finanzamts verstoße, soweit die Vergangenheit in Betracht kommt, gegen Treu und Glauben, so übersieht er, daß eine übung, auch wenn sie in weiten Kreisen für maßgebend erachtet wird, zwingendes Recht nicht ausschließen kann (vgl. Blümich-Falk, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 8. Aufl., § 5 Anm. 20 - S. 433 - ). Eine unrichtige Behandlung, die gegen zwingendes Recht verstößt, kann auch bei Anwendung des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland einer übung keine Rechtswirksamkeit verschaffen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs III 195/54 U vom 20. Juli 1956, BStBl 1956 III S. 256, Slg. Bd. 63 S. 155).
Soweit der Bf. in sachlicher Hinsicht unter Hinweis auf mehrere Urteile des Bundesfinanzhofs vorträgt, die Grundsätze der Aktivierung dürften steuerlich unter dem Gesichtspunkt der richtigen Periodenabgrenzung nicht überspannt werden, so ist es zwar richtig, daß in dem von dem Bf. angegebenen Urteil des Bundesfinanzhofs I 46/57 U vom 13. August 1957 (BStBl 1957 III S. 350, Slg. Bd. 65 S. 307) ein solcher Gedanke ausgesprochen worden ist. Es handelt sich aber in dem diesem Urteil zugrunde liegenden Fall um einen anderen Sachverhalt, nämlich darum, daß ein Elektrizitätsunternehmen seinen Abnehmern aus Anlaß der Stromumstellung Zuschüsse zur Umstellung oder beim Umtausch elektrischer Geräte gewährt hatte. Für diesen Fall hat das Urteil I 46/57 U, a. a. O., die Auffassung vertreten, daß derartige Zuschüsse laufende Betriebsausgaben sein können. Maßgebend für diese Entscheidung war einmal die Erwägung, daß die Auswirkungen der oben angegebenen Zuschüsse auf die zukünftige Entwicklung des Unternehmens zu unbestimmbar waren, um sie von laufenden, regelmäßig wiederkehrenden Aufwendungen aus den Lieferungsverträgen abgrenzen zu können. Ferner war für diese Entscheidung der Gesichtspunkt von Bedeutung, daß es zweifelhaft erschien, ob ein Erwerber des ganzen Betriebs die vor dem Erwerb geleisteten Zuschüsse bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigen würde. Gerade insoweit unterscheidet sich der Streitfall von dem Fall des Urteils I 46/57 U, a. a. O. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Tatsache, daß der Bf. Zinsen und Unkostengebühren berechnet, einen Erwerber des Pfandleihgeschäfts veranlassen würde, bei seinen überlegungen über den aufzuwendenden Erwerbspreis diesen für den Wert des Unternehmens am Bilanzstichtag bedeutungsvollen Umstand mit zu berücksichtigen. Die Erwägungen, die ein Erwerber des Unternehmens anstellen würde, zeigen außerdem, daß es sich auch nach der Verkehrsanschauung bei den hier streitigen Forderungen um wirtschaftliche Werte handelt, die als Einzelheit von Bedeutung und bei der Veräußerung des Unternehmens greifbar wären, die deshalb auch entgegen der Meinung des Bf. als bewertungsfähige und bewertungspflichtige Wirtschaftsgüter anzusehen sind (vgl. hierzu Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 2002/29 vom 21. Oktober 1931, RStBl 1932 S. 305, Slg. Bd. 30 S. 142; Urteile des Bundesfinanzhofs IV 255/53 U vom 28. Januar 1954, BStBl 1954 III S. 109, insbesondere S. 110, Slg. Bd. 58 S. 516; I 46/57 U vom 13. August 1957, a. a. O.; I 27/57 U vom 15. April 1958, BStBl 1958 III S. 260, 261, Slg. Bd. 66 S. 677; Blümich-Falk, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 8. Aufl., § 4 Anm. 10; Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 9. Aufl., § 4 Anm. 16; Littmann, Das Einkommensteuer-Recht, 6. Aufl., §§ 4, 5 Tz. 83).
Der Senat vermag sich auch nicht der Auffassung des Bf. anzuschließen, daß es sich bei den Forderungen auf Zinsen und Unkostengebühren um nichtverwirklichte Gewinne handelt. Diese Forderungen beruhen auf Verträgen, die am Bilanzstichtag von beiden Vertragsparteien in den entscheidenden Punkten erfüllt waren. Der Bf. hatte mit der Darlehnshingabe und mit der Aushändigung den Vertrag im wesentlichen erfüllt. Der als Darlehen gewährte Geldbetrag ist aus seinem Vermögen ausgeschieden. An seine Stelle ist das durch den Schuldner hingegebene Pfand getreten. Wegen seiner sämtlichen Forderungen einschließlich der Ansprüche auf Zahlung von Zinsen und Unkostengebühren kann sich der Bf. durch Verwertung des Pfandes befriedigen. Er ist auch in der Lage, den Wert des Pfandes bei der Darlehnshingabe und damit auch die Aussichten seiner Verwertung zu berücksichtigen. Insoweit ist bemerkenswert, daß, wie schon bemerkt, nach den eigenen Angaben des Bf. die Pfandgegenstände in 85 bis 90 v. H. der Fälle eingelöst werden. Der Bf. hat zwar den Pfandgegenstand im Falle seiner Einlösung zurückzugeben. Insoweit liegt der Fall im Ergebnis nicht anders als bei jedem anderen Darlehen, nach dessen Rückzahlung gegebenenfalls eine Sicherheit zurückgegeben werden muß.
Wenn der Bf. sich weiterhin für seine Auffassung, daß es sich in seinem Falle um nichtverwirklichte Gewinne handle, auf die Rechtsprechung zur Frage der Aktivierungspflicht von Provisionsforderungen der Handelsvertreter (vgl. Urteil des erkennenden Senats IV 515/53 U vom 18. März 1954, BStBl 1954 III S. 157, Slg. Bd. 58 S. 644) sowie zur Aktivierungspflicht bei halbfertigen Bauten (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 84/56 U vom 18. Dezember 1956, BStBl 1957 III S. 27, Slg. Bd. 64 S. 70) beruft, so muß beachtet werden, daß die Frage der Gewinnverwirklichung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden ist. Die Verhältnisse des einzelnen Falles sind in rechtlicher und in tatsächlicher Beziehung von wesentlicher Bedeutung. Nach dem Urteil IV 515/53 U, a. a. O., fällt für die Behandlung der Provisionsforderungen der Handelsvertreter vor allem ins Gewicht, daß die Durchführung der von dem Handelsvertreter vermittelten Geschäfte als solche mit einem wesentlichen Risiko, nämlich der Nichtabnahme der Ware durch den Kunden, belastet ist. In Fällen der vorliegenden Art kann, wie schon bemerkt, den Risiken durch die Art der Bewertung Rechnung getragen werden. Auch die Erwägungen, die in den zur Behandlung der halbfertigen Bauten ergangenen Entscheidungen des Bundesfinanzhofs angestellt worden sind, betreffen einen anderen Sachverhalt. Auch sie können nicht ohne weiteres für den vorliegenden Fall gelten.
Wesentlich anders gelagert als der Streitfall war auch der Tatbestand des Urteils des Reichsfinanzhofs I 61/42 vom 15. September 1942 (RStBl 1942 S. 1092), auf das der Bf. ebenfalls hinweist. Das Urteil verneinte eine Aktivierungspflicht hinsichtlich der in den einzelnen Jahren anwachsenden Zinsen der Anleiheablösungsschuld (mit Auslosungsrechten) und ließ lediglich zu, daß diese als später fällig werdender Ertrag bei der Bewertung der Anleihe gesondert in Ansatz gebracht werden können. Die gesamte Laufzeit der Anleiheablösungsschuld beträgt jedoch 30 Jahre; die Zinsen sind nicht halbjährlich oder jährlich, sondern erst bei der Einlösung der Anleiheablösungsschuld zu zahlen. Im Streitfall ist die Laufzeit der Darlehen wesentlich kürzer. Schon deshalb müssen hier andere Gesichtspunkte Platz greifen.
Es kann auch dahingestellt bleiben, ob in den Fällen, in denen Pfandgeber eine Geldbeschaffung nicht durch Beleihung, sondern durch Veräußerung erstreben, wie der Bf. meint, wirtschaftlich betrachtet eine Veräußerung mit dem Recht des Rückkaufs vorliegt, da der Prüfer bei seiner Berechnung die Fälle, bei denen mit der Einlösung des Pfandes nicht zu rechnen ist, ausgeschieden hat.
Zu dem Einwand des Bf., der Gedanke, den Gewinn eines Unternehmens periodisch abzugrenzen, so richtig er auch sein möge, falle in sich zusammen, wenn er praktisch nicht durchführbar sei, ist zu bemerken, daß zwar eine Einzelabgrenzung der Zinsen und Unkostengebühren im Hinblick auf die Vielzahl der ausgegebenen Darlehen eines Pfandleihers nicht möglich ist. Deshalb kann jedoch auf die Rechnungsabgrenzung nicht verzichtet werden. Eine globale Abgrenzung ist nach der überzeugung des erkennenden Senats möglich und notwendig. Wesentlich ist hierbei, daß die auf das Abgelaufene Jahr entfallenden Anteile an Zinsen und Unkostengebühren als Ertragsposten erfaßt werden. Diesem Gesichtspunkt trägt die Schätzung der Vorinstanzen nicht Rechnung. Sie geht von dem sich nach der Bilanz ergebenden Darlehnsbetrag am jeweiligen Bilanzstichtag aus, der nur um diejenigen Darlehnsbeträge gekürzt ist, bei denen mit der Einlösung des Pfandes nach dem Standpunkt vom Bilanzstichtag nicht zu rechnen ist. Aus dem Nennbetrag der verbleibenden Darlehnsforderungen sind die für die durchschnittliche Laufzeit eines Darlehens ermittelten Forderungen an Zinsen und Unkostengebühren (z. B. 2 1/2 bzw. 3 v. H. Zinsen und 11 bis 17 v. H. Unkostengebühren) geschätzt worden. Damit werden aber die auf das dem Bilanzstichtag folgende Jahr entfallenden Zinsen und Unkostengebühren im abgelaufenen Jahr als Ertrag erfaßt, obwohl diesem Ertrag entsprechende, nicht unerhebliche Kosten für die Refinanzierung sowie für die Verwaltung und Verwahrung des Faustpfands erst im folgenden Jahr als Aufwand gebucht werden. Es hätte also zunächst festgestellt werden müssen, wie sich die für die Berechnung ermittelten Darlehnsforderungen am Bilanzstichtag ihrer Laufzeit nach auf das abgelaufene und das folgende Jahr verteilten. Nimmt man zum Beispiel an, daß die für den Jahresschluß ermittelten Darlehnsforderungen bei einer regelmäßigen Laufzeit von drei Monaten am Bilanzstichtag im Durchschnitt erst 1 1/2 Monate laufen, so würden bei der Gewinnermittlung die vom Prüfer hinzugerechneten Beträge für Zinsen und Unkostengebühren nur zur Hälfte hinzuzurechnen sein. Entsprechend würden sich die Gewerbesteuerrückstellungen vermindern.
Da die angefochtene Entscheidung die nach dem Vorstehenden für die Rechnungsabgrenzung zu beachtenden Gesichtspunkte nicht berücksichtigt hat, war sie aufzuheben. Die nicht spruchreife Sache war an das Finanzgericht zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen, bei der, gegebenenfalls nach Durchführung einer erneuten Betriebsprüfung und nach Anhörung des zuständigen Fachverbandes, zu prüfen sein wird, welches Abgrenzungsverfahren hinsichtlich der Zinsen und Unkostengebühren nach den besonderen Umständen des Falles, die insoweit im einzelnen noch zu untersuchen sind, angebracht erscheint.
Anmerkung: Zur Einheitsbewertung s. Urteil III 380/58 U vom 10. November 1961 (BStBl 1962 III S. 79).
Fundstellen
Haufe-Index 410307 |
BStBl III 1962, 81 |
BFHE 1962, 212 |
BFHE 74, 212 |
BB 1962, 211 |
DB 1962, 258 |