Leitsatz (amtlich)
Der Senat hält daran fest, daß die im Zusammenhang mit einer Betriebsübertragung zwischen Eltern und Kindern von den Übernehmern gezahlte Rente keine Kaufpreisrente darstellt, wenn nicht die Abwägung von Leistung und Gegenleistung nach kaufmännischen Gesichtspunkten wie unter Fremden eindeutig nachgewiesen ist.
Normenkette
EStG 1955/1958 § 4 Abs. 4; EStG 1955/1958 § 10 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist bei den Einkommensteuer-Veranlagungen 1956 bis 1959, ob eine Leibrente, die der Sohn seinem Vater im Zusammenhang mit der Übertragung der bisher vom Vater betriebenen Handelsvertretungen gewährte, als betriebliche Kaufpreisrente zu behandeln ist, ob in Höhe der Rentenzahlungen Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) vorliegen oder ob die Rente eine außerbetriebliche Versorgungsrente (Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG) darstellt.
Die Revisionsbeklagten sind Eheleute. Der Ehemann (Stpfl.) war bereits in früheren Jahren Handelsvertreter für mehrere Möbelfabriken. Er übernahm am 1. Januar 1956 von seinem 75jährigen Vater die Vertretungen dreier weiterer Möbelfabriken. Im Übernahmevertrag verpflichtete er sich, dem Vater eine Vergütung in Form einer Leibrente in Höhe von monatlich 350 DM zu zahlen. Im Todesfall sollte seine Mutter eine Rente von 200 DM erhalten. Außerdem übernahm er Steuerschulden des Vaters. Bei einer außerordentlichen Kaufkraftentwertung sollte die Höhe der Rente neu festgesetzt werden. Der Vater verpflichtete sich, den Stpfl. in den Kundenkreis einzuführen. Unter Bezugnahme auf die Wertsicherungsklausel vereinbarten die Vertragsparteien ab 1. Januar 1959 eine Erhöhung der Rente auf monatlich 500 DM.
Der Stpfl. behandelte die Rentenzahlungen zu Lasten des Gewinns der Streitjahre. Das FA setzte die Einkommensteuer zunächst nach den Erklärungen fest. Auf Grund des Ergebnisses einer im Jahre 1961 durchgeführten Betriebsprüfung sah das FA die Zahlungen an den Vater als außerbetriebliche Versorgungsrenten an, die es nur in Höhe des Ertragsanteils als Sonderausgaben zum Abzug zuließ.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Das FG gab der Berufung des Stpfl. statt. Es führte aus, daß die Rente als Kaufpreisrente anzusehen sei und daß in Höhe der Rentenzahlungen Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) vorlägen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die als Revision zu behandelnde Rb. des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage der Stpfl.
1. Das FG nahm zu Unrecht eine betriebliche Kaufpreisrente an. Eine Kaufpreisrente ist nur dann gegeben, wenn die Vertragsparteien die Werte der Leistung und der Gegenleistung nach kaufmännischen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen haben, die Rente also nicht nach dem familiären Versorgungsbedürfnis bemessen wurde (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile IV 8/62 U vom 23. Januar 1964, BFH 79, 516, BStBl III 1964, 422; IV 41/65 vom 2. September 1965, HFR 1966, 71). Der Streitfall liegt anders als die im Urteil des BFH IV 378/61 U vom 17. Dezember 1964 (BFH 81, 471, BStBl III 1965, 170) entschiedene Sache. Dort nahm der erkennende Senat eine Kaufpreisrente an, weil private Gesichtspunkte bei der Gestaltung des Rechtsverhältnisses eindeutig keine Rolle spielten.
Es genügt nicht, daß, wie die Vorinstanz ausführte, nicht ausgeschlossen werden könne, daß die Vertragsparteien eine kaufmännischen Grundsätzen entsprechende Abwägung der Werte von Leistung und Gegenleistung vorgenommen hätten. Denn die Annahme einer Kaufpreisrente setzt voraus, daß die Beteiligten positiv solche kaufmännischen Erwägungen angestellt haben. Nach dem eigenen Vorbringen des Stpfl. in der Berufungsinstanz stellte die Rente nur die Gegenleistung für den Verzicht des Vaters auf den behaupteten Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB und außerdem eine Vergütung für die Leistungen des Vaters dar, die nach dem 1. Januar 1956 für den Betrieb des Stpfl. erbracht worden seien. Schon hieraus ergibt sich, daß die Rente nach Auffassung des Stpfl. selbst nicht als Kaufpreis gedacht gewesen sein kann. Davon abgesehen spricht auch die Gestaltung der Rente dafür, daß es sich nicht um das Entgelt für die Übernahme bestimmter Vermögenswerte im kaufmännischen Sinne handelte. Zutreffend hebt die Revision hervor, daß bei der Begründung des Rentenrechts zugunsten des Vaters und der Mutter und vor allem bei der späteren Bemessung der Rente offensichtlich die Versorgungsbedürfnisse der Eltern ausschlaggebend waren.
Die Rechtsprechung betonte wiederholt, daß bei Betriebsübergaben von Eltern auf Kinder eine nur schwer widerlegbare Vermutung für den familiären, außerbetrieblichen Charakter des Vorganges spricht und daß solche Übergaben in der Regel unentgeltlich stattfinden (vgl. BFH-Urteile IV 8/62 U; IV 190/62 vom 3. August 1966, BFH 86, 807, BStBl III 1966, 679). Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, daß sich die Beteiligten in der Regel entscheidend von dem Gedanken leiten lassen, den Betrieb der Familie zu erhalten und daß solche Betriebsübergaben in engstem Zusammenhang mit familien- und erbrechtlichen Überlegungen zu stehen pflegen und daher grundsätzlich eine andere wirtschaftliche Bedeutung haben als Betriebsübertragungen zwischen fremden Personen. Bei jenen sind ausschließlich kaufmännische Gesichtspunkte bestimmend. Dort kommt den getroffenen Vereinbarungen ohne weiteres betrieblicher Charakter zu. Betriebsübertragungen innerhalb der Familie hingegen hängen wesentlich mit der Ausstattung der Kinder, der Vorwegnahme der Erbfolge oder mit einer künftigen Erbteilung, mit Unterhaltsregelungen usw. zusammen. Die Erwägung, einen Betrieb der Familie zu erhalten, ist an sich nicht betrieblicher, sondern privater Natur (vgl. BFH-Urteil IV 299/62 vom 25. August 1966, BFH 86, 797, BStBl III 1966, 675). Bei Betriebsübergaben zwischen Eltern und Kindern muß deshalb, damit ein betrieblicher Vorgang angenommen werden kann, dargetan sein, inwiefern eine Abweichung vom regelmäßigen Verlauf vorliege. Der betriebliche Charakter der getroffenen Vereinbarungen muß eindeutig sein. Daran fehlt es im Streitfall.
2. Da die Rente nichtbetrieblicher Natur ist, wäre die Vorentscheidung nur dann im Ergebnis zu bestätigen, wenn es sich nicht um eine Leibrente, sondern um eine nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG in voller Höhe als Sonderausgabe abzugsfähige Rente im weiteren Sinn oder um eine dauernde Last handelte. Das ist jedoch nicht der Fall. Denn auch die Verbindung der Rente mit der Wertsicherungsklausel nimmt ihr nicht den Charakter einer Leibrente (vgl. das Urteil des erkennenden Senats IV R 12/67 vom 30. November 1967, BStBl II 1968, 262).
Der Frage, ob und inwieweit der in einer Handelsvertretung liegende Wert in der Hand des Vertreters ein verkehrsfähiges Wirtschaftsgut darstellen kann, würde im Streitfall nur im Rahmen einer Prüfung der Voraussetzungen des § 12 Nr. 2 EStG Bedeutung zukommen (vgl. BFH-Urteil IV 8/62 U). Der Senat kann hierzu nicht Stellung nehmen, weil das FA die Zuwendungen dem Grunde nach als Sonderausgaben anerkannte. Die naheliegende Annahme einer nach § 12 Nr. 2 EStG nichtabzugsfähigen Unterhaltsrente würde zu einer Steuerfestsetzung zuungunsten der Steuerpflichtigen führen. Für sie ist kein Raum (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 412863 |
BStBl II 1968, 263 |
BFHE 1968, 81 |