Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, wann ein Büffettier als Leiter einer Gaststätte Unternehmer oder Angestellter ist.
Normenkette
UStG § 2 Abs. 1, 2 Ziff. 1
Tatbestand
Der Bg. war in einer zu einem "Hotel-Cafe" gehörenden und im gleichen Hause befindlichen Kellergaststätte als Büffettier tätig. Auf Grund eines zwischen dem Bg. und dem Besitzer abgeschlossenen Vertrages, nach dem sich die Vertragsparteien unbestritten gerichtet haben, war vereinbart worden, daß der Bg. als Angestellter des Besitzers tätig werden sollte.
Streitig ist, ob der Bg. diese Tätigkeit selbständig oder als Angestellter ausgeübt hat. Das Finanzamt bejahte eine selbständige Tätigkeit und unterwarf die in der Kellergaststätte erzielten Einnahmen beim Bg. der Umsatzsteuer.
Das Finanzgericht hingegen verneinte die Steuerpflicht. Seiner Ansicht nach hat der Bg. zum Besitzer in einem Angestelltenverhältnis gestanden.
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts kann keinen Erfolg haben.
Nach § 2 Abs. 2 Ziff. 1 UStG wird eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit dann nicht selbständig ausgeübt, wenn eine natürliche Person einem Unternehmen derart eingegliedert ist, daß sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet ist.
Zutreffend ist das Finanzgericht bei der Entscheidung über die im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiete liegende Frage der Eingliederung von dem zwischen dem Bg. und dem Besitzer bestehenden Innenverhältnis ausgegangen. Das Finanzgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, daß der Bg. unselbständig tätig war. Für diese Feststellung spricht zunächst die Weisungsgebundenheit des Bg. hinsichtlich der Zeit seiner Tätigkeit. Unbestritten hatte der Besitzer die genauen öffnungs- und Schließungszeiten für die Gaststätte festgelegt. Der Bg. durfte auch seinen Jahresurlaub nur zu einem Zeitpunkt nehmen, der dem Besitzer genehm war. Der Besitzer kontrollierte laufend die Gaststätte und nur ihm gegenüber war der Bg. für die Einhaltung aller polizeilichen Vorschriften verantwortlich. In seinen Warenbezügen war der Bg. von ihm völlig abhängig. Mit Recht hat das Finanzgericht die Annahme einer unselbständigen Tätigkeit auch darauf gestützt, daß der Besitzer nicht nur die Kosten für die Einrichtung der Räume, sondern auch die Ausgaben für Strom und Heizung getragen hat. Die Vertragsparteien selbst haben, wie die Vorinstanz festgestellt hat, ein Angestelltenverhältnis begründen wollen. Der Besitzer hat hieraus auch die Folgerungen gezogen. Er behielt aus den monatlichen Bruttoverdiensten des Bg. Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge ein und führte diese ab. Im Krankheitsfalle hatte der Bg. unbestritten einen Anspruch auf Fortzahlung seiner Bezüge. Vor dem Finanzamt erklärte der Besitzer, er habe in dem Bg. schon immer seinen Angestellten gesehen. Tatsächlich hat er auch alle in der Gaststätte erzielten Einnahmen laufend versteuert. Der Bg. selbst hat keinerlei Aufzeichnungen geführt.
Wenn demgegenüber das Finanzamt zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung auf die Höhe des dem Bg. gewährten Verdienstes (bis zu 30 % des Umsatzes) hinweist, so kann dem keine ausschlaggebende Bedeutung zukommen. Der Verdienst für sich mag zwar im vorliegenden Falle zunächst hoch erscheinen. Berücksichtigt man aber, daß der Bg. mit der Leitung der Gaststätte Dienste besonderer Art zu leisten hatte, und darüber hinaus der Besitzer bestrebt war, den Umsatz zu steigern, so ist in der Höhe des Verdienstes nur ein Ausgleich für diese Dienste und gleichzeitig ein Anreiz zur Hebung des Umsatzes zu sehen. Sodann muß im vorliegenden Falle die Höhe des Verdienstes im Zusammenhang mit der übernahme besonderer Aufwendungen beurteilt werden. Soweit der Besitzer dem Bg. die Reinigungskosten und die Kleinreparaturen für Fensterscheiben, Lampen, Birnen auferlegte und ihn Gläser und Porzellan stellen ließ, so wollte er sich selbst der überwachung der Behandlung dieser Gegenstände entheben und zugleich eine die Haftung ausschließende Regelung treffen. Der Senat vermag daher - im Gegensatz zum Finanzamt - hierin nicht schon die übernahme eines Risikos, wie es für Unternehmer typisch ist, zu sehen. Auch in der übernahme kleinerer Werbungsaufwendungen kann kein beachtliches Unternehmerwagnis erkannt werden. Im übrigen handelt es sich bei diesen "Kosten" teilweise um Aufwendungen, die außerhalb der beruflichen Tätigkeit des Bg. liegen (z. B. Aufwendungen für die Tageszeitung, den Rundfunk für Wäsche - Reinigung und Wäscheerneuerung -).
Auf die Entscheidungen des Reichsfinanzhofs V 497/37 vom 27. Mai 1938 (RStBl 1938 S. 764), V 1/45 vom 28. Februar 1945 (Steuerrechtsprechung in Karteiform, Umsatzsteuergesetz, § 2 Abs. 1, Rechtsspruch 1) und des Bundesfinanzhofs V 137/55 U vom 6. Dezember 1956 (BStBl 1957 III S. 42, Slg. Bd. 64 S. 111) kann sich der Vorsteher des Finanzamts deshalb nicht berufen, weil es sich im vorliegenden Streitfall nicht um einen eigenverantwortlichen Gastwirtsstellvertreter handelt. Der ausdrückliche Wille der Parteien ging dahin, ein Angestelltenverhältnis zu schaffen. Schon aus diesen Gründen kann auch dem weiteren Vorbringen des Vorstehers des Finanzamts nicht gefolgt werden, daß der Schwerpunkt der Prüfung in Anlehnung an diese Rechtsprechung auf das Außenverhältnis zu legen sei. Im übrigen sprechen selbst die Umstände des Außenverhältnisses für eine Unselbständigkeit des Bg. Die Konzession hatte nicht auf den Bg., sondern auf den Besitzer gelautet. Beanstandungen, z. B. wegen der Aushängevorschriften von Preisverzeichnissen in der Gaststätte, hatte der Bg. gegenüber der Polizei mit der Begründung abgelehnt, daß er nur Angestellter und sein Chef, der Gastwirt, verantwortlich sei. Auch die räumliche Verbundenheit der Gaststätte mit dem Hauptbetrieb in demselben Gebäude läßt sie als Teil des Gesamtunternehmens erscheinen, wobei ihr Leiter unter der Oberleitung des Hoteliers und Gastwirts gestanden hat. Daß im vorliegenden Falle der Kleidung des Bg. keine Bedeutung beigemessen werden kann, hat der Vorsteher des Finanzamts selbst zugegeben.
Fundstellen
BStBl III 1963, 230 |
BFHE 1963, 634 |
BFHE 76, 634 |
StRK, UStG:2/1 R 140 |