Entscheidungsstichwort (Thema)
Bezugsbindung des Franchisenehmers. Praktiker Baumärkte. Bezug des systemtypischen Warensortiments ausschließlich vom Franchisegeber. Unbillige Behinderung. Weitergabe von Einkaufsvorteilen an Franchisenehmer
Leitsatz (amtlich)
a) Eine Verpflichtung von Franchisenehmern, die sortimentstypische Ware allein vom Franchisegeber zu beziehen, ist im Regelfall keine unbillige Behinderung i.S.d. § 20 GWB.
b) Franchisenehmer werden auch nicht dadurch unbillig behindert, dass der Franchisegeber, der ihnen gegenüber als Großhändler auftritt, nach dem Inhalt der Franchiseverträge nicht verpflichtet ist, Rabatte, Boni, Rückvergütungen und ähnliche Einkaufsvorteile, die ihm von seinen Lieferanten gewährt werden, in vollem Umfang an die Franchisenehmer weiterzugeben.
c) Auch die Kombination einer hundertprozentigen Bezugsbindung mit einer nicht vollständigen Weitergabe von Einkaufsvorteilen ist grundsätzlich keine unbillige Behinderung.
Normenkette
GWB § 20
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des 1. Kartellsenats des OLG Düsseldorf vom 16.1.2008 wird zurückgewiesen.
Die Beigeladene hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendigen Kosten der Betroffenen zu tragen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 150.000 EUR festgesetzt.
Gründe
[1] I. Die Praktiker Baumärkte GmbH (im Folgenden: Praktiker) ist eine Tochtergesellschaft der P. AG. Deren Anteile hielt bis November 2005 die M. AG zu 100 %. Praktiker vertreibt im sog. dualen Vertriebssystem Bau- und Heimwerkerprodukte. Dazu führt sie etwa 275 Baumarktfilialen unter der Bezeichnung "Praktiker" als Regiebetriebe. Darüber hinaus unterhält sie Franchisebeziehungen mit etwa 20 Franchisenehmern, die Baumärkte, zumeist unter der Bezeichnung "extra Bau & Hobby Markt" oder "TopBau-Center Baumarkt", betreiben. Die Beigeladene, die Bau und Hobby Baumarkt GmbH & Co. KG (im Folgenden: Bau und Hobby), betrieb als Franchisenehmerin von Praktiker bis Januar 2006 den TopBau-Center Baumarkt in S. . Zum Warenbezug heißt es in § 6 des für eine Laufzeit von fünf Jahren geschlossenen Franchisevertrages:
1. Um die Einheitlichkeit der Qualität des "TopBau-Center"-Angebotes zu gewährleisten, verpflichtet sich der Franchisenehmer, das systemtypische Warensortiment nur vom Franchisegeber zu beziehen.
2. Handelsware, die der Franchisenehmer nicht von dem Franchisegeber beziehen kann, insb. lokale Spezialitäten, darf der Franchisenehmer von anderen Lieferanten beziehen, wenn die einzelnen Artikel in Art, Qualität, Zusammensetzung und Preisniveau zum Sortiment des "TopBau-Center"-Marktes passen und den bestmöglichen Verkaufsumsatz des übrigen "TopBau-Center"-Sortiments nicht stören.
[2] Der Einkauf der Sortimentsware für die Regiebetriebe und die Franchisebetriebe erfolgte über eine zentrale Beschaffungsorganisation des M.-Konzerns. Die M. Buying GmbH handelte mit den verschiedenen Lieferanten die Rahmenbedingungen der Lieferverträge aus. Der Lieferant übermittelte nach Auslieferung der abgerufenen Waren die Rechnungen an die M. Account Processing GmbH. Dort wurden die Rechnungen erfasst und an Praktiker weitergeleitet, wo die Rechnungen geprüft und zur Zahlung freigegeben wurden. Sodann wurden die Rechnungen an die M. International weitergeleitet, von der sie bezahlt wurden. Praktiker übermittelte den Franchisenehmern wöchentlich die jeweiligen Lieferantenrechnungen in Kopie und buchte die Rechnungsbeträge von den Konten der Franchisenehmer ab. Die beim Abschluss der Rahmenverträge ausgehandelten Rabatte, Boni, Rückvergütungen und ähnlichen Einkaufsvorteile wurden nicht zu 100 % an die Franchisenehmer weitergeleitet. Zu deren Gunsten wurde ein sog. Belegabzug von den Rechnungsbeträgen abgesetzt, der je nach Lieferant zwischen ca. 0,5 und 5 % schwankte. Überdies wurde eine Rückvergütung i.H.v. monatlich 3,8 % der getätigten Umsätze gewährt.
[3] Mit Beschluss vom 8.5.2006 hat das BKartA, soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Bedeutung, festgestellt, dass Praktiker einzelne Franchisenehmer des Praktiker Franchisesystems unbillig behindert habe, soweit sie diesen Franchisenehmern eine hundertprozentige Bezugspflicht bezüglich des systemtypischen Warensortiments auferlegt und zugleich die erzielten Einkaufsvorteile, die bei Lieferungen für Franchisenehmer bei Praktiker oder verbundenen Unternehmen angefallen seien, nicht an die jeweiligen Franchisenehmer weitergeleitet habe; diese Verhaltensweise verstoße in ihrer Kombination gegen § 20 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 GWB.
[4] Auf die Beschwerde von Praktiker hat das Beschwerdegericht den Beschluss insoweit aufgehoben (OLG Düsseldorf WuW/E DE-R 2235). Dagegen richtet sich die von dem Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde von Bau und Hobby.
[5] II. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdegericht hat den Beschluss des BKartA zu Recht - soweit im Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse - aufgehoben.
[6] 1. Zur Begründung hat das Beschwerdegericht ausgeführt:
[7] Die Kombination einer hundertprozentigen Bezugsbindung mit einer nur eingeschränkten Weitergabe von Einkaufsvorteilen im Rahmen des - mittlerweile beendeten - Franchisevertrages erfülle nicht die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Fall 1, Abs. 2 Satz 1 GWB. Dabei könne offen bleiben, ob Praktiker Normadressatin dieser Vorschriften sei und ob der TopBau-Center Baumarkt in S. mit einem Praktiker-Regiebetrieb in G. auf demselben räumlichen Markt tätig sei. Zwar seien sowohl die Bezugsbindung als auch die Nichtweitergabe sämtlicher Einkaufsvorteile ggf. Behinderungen i.S.d. § 20 Abs. 1 GWB. Diese Behinderungen seien aber jedenfalls nicht unbillig.
[8] Das gelte zum einen für die Alleinbezugsverpflichtung. Eine derartige Regelung sei nach Art. 5 lit. a VO (EG) Nr. 2790/1999 (Vertikal-GVO) vom Anwendungsbereich des Art. 81 Abs. 1 EG freigestellt, worauf im Rahmen der Billigkeitskontrolle nach § 20 GWB zurückgegriffen werden könne. Zum anderen sei es auch nicht unbillig, dass Praktiker nicht sämtliche Einkaufsvorteile weitergegeben habe. Praktiker dürfe ihren eigenen Regiebetrieben günstigere Einkaufsbedingungen gewähren als den Franchisenehmern. Weder könne dabei eine Absicht festgestellt werden, die Franchisenehmer vom Markt zu verdrängen, noch erwachse daraus eine konkrete und ernsthafte Gefahr für den Bestand des Wettbewerbs. Praktiker habe für ihr Vorgehen eine nachvollziehbare Begründung gegeben. Sie behalte einen Teil der Einkaufsvorteile als Vergütung für ihre Großhändlertätigkeit ein. Das erscheine angemessen, weil diese Tätigkeit nach dem Franchisevertrag nicht schon durch die Franchisegebühr abgegolten sei. Im Übrigen sei der Wettbewerb dadurch nicht gefährdet worden. Im Gegenteil habe Bau und Hobby trotz rückläufiger Umsatzzahlen in der Branche ihren Umsatz in den Jahren 2003 bis 2005 kontinuierlich steigern können.
[9] Schließlich sei auch die Kombination dieser beiden Maßnahmen nicht unbillig. Ob der einbehaltene Anteil der Einkaufsvorteile der Höhe nach gerechtfertigt sei, müsse im Rahmen dieses Verfahrens nicht überprüft werden.
[10] 2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
[11] Die Verfahrensbeteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass ein berechtigtes Interesse i.S.d. § 32 Abs. 3 GWB besteht, eine etwaige Zuwiderhandlung gegen Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auch noch nach der Beendigung des Franchisevertrages festzustellen. Das begegnet keinen rechtlichen Bedenken, schon weil Praktiker das Franchisesystem nicht insgesamt aufgegeben hat.
[12] Für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist als richtig zu unterstellen, dass Praktiker Normadressatin des § 20 Abs. 2 Satz 1 GWB ist. Ohne Rechtsfehler hat das Beschwerdegericht angenommen, dass sowohl die Verpflichtung gem. § 6 des Franchisevertrages, das systemtypische Warensortiment - soweit angeboten - zu 100 % von Praktiker zu beziehen, als auch die Nichtweitergabe von Einkaufsvorteilen (sog. kick-backs) an Bau und Hobby Behinderungen i.S.d. § 20 Abs. 1 GWB darstellen.
[13] Diese Behinderungen waren aber nicht unbillig i.S.d. Norm.
[14] a) Bei dem Merkmal der Unbilligkeit kommt es auf eine umfassende Abwägung aller beteiligten Interessen im Einzelfall an. Am Maßstab der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Funktion des Gesetzes ist zu prüfen, ob die Handlungsfreiheit des betroffenen Unternehmens unangemessen eingeschränkt und dadurch die Interessen des behindernden Unternehmens in rechtlich zu missbilligender Weise auf Kosten des betroffenen Unternehmens verwirklicht werden sollen (BGHZ 38, 90, 102 - Treuhandbüro; BGHZ 96, 337, 347 - Abwehrblatt II; BGHZ 129, 203, 210 ff. - Hitlisten-Platten; BGH, Beschl. v. 3.5.1988 - KVZ 1/87, WuW/E 2513, jeweils zu dem im Wesentlichen inhaltsgleichen § 26 Abs. 2, 4 GWB a.F.; BGHZ 160, 67, 77 - Standard-Spundfass). Ob eine Unbilligkeit i.S.d. § 20 GWB - wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung meint - zwingend ausscheidet, wenn das zu beurteilende Verhalten durch eine Gruppenfreistellungsverordnung von dem Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG freigestellt ist, kann offen bleiben. Jedenfalls ist die Wertung des Gemeinschaftsrechts in die Abwägung nach § 20 Abs. 1 GWB einzubeziehen (BGH, Urt. v. 4.11.2003 - KZR 2/02, WuW/E DE-R 1203, 1205 - Depotkosmetik im Internet; Markert in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl., § 20 Rz. 147; Schultz in Langen/Bunte, Kartellrecht, 10. Aufl., § 20 GWB Rz. 138).
[15] b) Danach ist die Alleinbezugspflicht von Bau und Hobby nach § 6 Abs. 1 des Franchisevertrages nicht unbillig i.S.d. § 20 Abs. 1 GWB, ohne dass es auf die Befugnis nach § 6 Abs. 2 ankäme, "lokale Spezialitäten" und sonstige von Praktiker nicht angebotene Artikel unter bestimmten Voraussetzungen anderweitig zu beziehen.
[16] Ob die Alleinbezugspflicht eine Wettbewerbsbeschränkung i.S.d. Art. 81 Abs. 1 EG darstellt, kann offen bleiben (vgl. dazu EuGH, Urt. v. 28.1.1986 - 161/84, WuW/E EWG/MUV 693 Tz. 14 ff. - Pronuptia). Jedenfalls ist sie gem. Art. 2 VO Nr. 2790/1999 vom Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG freigestellt. Der Vertrag fiele ggf. als vertikale wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 2790/1999. Er enthält keine Klausel, die nach Art. 4 einer Freistellung entgegenstünde. Insbesondere ist Art. 4 lit. d nicht einschlägig. Danach gilt die Freistellung nicht für Vereinbarungen, die eine Beschränkung von Querlieferungen zwischen Händlern innerhalb eines selektiven Vertriebssystems bezwecken. Das duale Absatzsystem von Praktiker - einerseits Verkauf durch eigene Regiebetriebe, andererseits Absatz über das Franchisesystem - ist kein selektives Vertriebssystem i.S.d. Art. 1 lit. d VO Nr. 2790/1999. Danach fallen unter diesen Begriff Vertriebssysteme, in denen sich der Lieferant verpflichtet, die Vertragswaren nur an Händler zu verkaufen, die aufgrund festgelegter Merkmale ausgewählt werden, und in denen sich diese Händler verpflichten, die betreffenden Waren nicht an Händler zu verkaufen, die nicht zum Vertrieb zugelassen sind. Weder war Praktiker verpflichtet, nur an seine Franchisenehmer zu liefern, noch war es diesen verboten, die Ware an andere, nicht zu dem Franchisesystem gehörende Händler weiterzuverkaufen. Sie wurden wegen der Bezugsbindung auch der anderen Franchisenehmer lediglich daran gehindert, diese zu beliefern. Die Freistellung scheitert auch nicht an Art. 5 lit. a VO Nr. 2790/1999. Das in der ausschließlichen Bezugsbindung ggf. liegende Wettbewerbsverbot ist nicht für einen längeren Zeitraum als fünf Jahre vereinbart worden.
[17] Verstößt damit die Vereinbarung einer Bezugsbindung nicht gegen Gemeinschaftsrecht, sind auch im Übrigen - unbeschadet der Frage, ob das innerstaatliche Recht gem. Art. 3 Abs. 2 Satz 2 VO (EG) Nr. 1/2003 strengere Anforderung stellen darf als das Gemeinschaftsrecht - keine Gründe ersichtlich, warum in der Bezugsbindung eine unbillige Behinderung i.S.d. § 20 Abs. 1 GWB liegen sollte. Die Bezugsbindung diente nach dem Wortlaut des Vertrages dem Zweck, die Einheitlichkeit der Qualität des "TopBau-Center"-Angebots zu gewährleisten. Der Erfolg eines Vertriebsfranchisesystems beruht wesentlich darauf, dass Identität und Ansehen der Vertriebsorganisation gewahrt werden; denn nur so kann der einzelne Franchisenehmer daraus einen Gewinn ziehen (EuGH WuW/E EWG/MUV 693 Tz. 15 ff. - Pronuptia). Dazu bedarf es der Sicherstellung eines einheitlichen Qualitätsstandards durch den Franchisegeber. Angesichts des Umfangs des Gesamtsortiments - ca. 40.000 Artikel - reichte dafür eine bloße Kontrolle in den einzelnen Geschäftslokalen nicht aus, auch wenn der Einkauf sämtlicher Artikel in dem von Praktiker vorgegebenen Warenwirtschaftssystem erfasst wurde.
[18] Offenbleiben kann, ob die Vereinbarung der Bezugsbindung eine wettbewerbsbeschränkende Abrede i.S.d. § 1 GWB darstellt (vgl. Zimmer in Immenga/Mestmäcker, a.a.O., § 1 GWB Rz. 367). Jedenfalls wäre sie gem. § 2 Abs. 2 GWB aufgrund der VO Nr. 2790/1999 vom Verbot des § 1 GWB freigestellt.
[19] c) Auch der Umstand, dass die von Praktiker und den mit ihr verbundenen Konzernunternehmen erzielten Einkaufsvorteile nicht vollständig weitergegeben worden sind, begründet keine Unbilligkeit i.S.v. § 20 Abs. 1 GWB.
[20] Der Senat hat in seiner Entscheidung "Preisbindung durch Franchisegeber I" ausgeführt, dass in einem Franchisesystem keine gesetzliche Pflicht des Franchisegebers besteht, die von ihm ausgehandelten Einkaufsvorteile in vollem Umfang an die Franchisenehmer - ggf. anteilig neben den Regiebetrieben - herauszugeben (BGH, Urt. v. 2.2.1999 - KZR 11/97, NJW 1999, 2671, 2675 f., insoweit in BGHZ 140, 342 und WuW/E DE-R 264 nicht abgedruckt; offen gelassen in BGH, Urt. v. 20.5.2003 - KZR 19/02, NJW-RR 2003, 1635, 1637 - Apollo-Optik). Er hat diese Pflicht lediglich im Einzelfall den Regelungen des jeweiligen Franchisevertrages entnommen (BGH NJW-RR 2003, 1635, 1637 - Apollo-Optik; Urt. v. 20.5.2003 - KZR 27/02, WuW/E DE-R 1170, 1172 - Preisbindung durch Franchisegeber II; ebenso BGH, Urt. v. 22.2.2006 - VIII ZR 40/04, NJW-RR 2006, 776, 778 - Hertz). Bei dieser Vertragsauslegung hat der Senat darauf abgestellt, dass für die Erreichbarkeit optimaler Geschäftserfolge des Franchisenehmers im Wettbewerb mit konkurrierenden Anbietern auch und insb. günstige Einkaufsbedingungen von ausschlaggebender Bedeutung sind. Dem sind allerdings die Interessen des Franchisegebers gegenüberzustellen. Je nach Ausgestaltung der Franchiseverträge hat auch er ein berechtigtes Interesse, einen Teil der Einkaufsvorteile behalten zu dürfen, um damit zusätzliche von ihm zu erbringende Leistungen vergütet zu erhalten. Das ist insb. dann der Fall, wenn er - wie üblich bei Vertriebsfranchiseverträgen - die Funktion eines Großhändlers übernimmt. In diesem Fall macht er mit der Einbehaltung eines Teils der Einkaufsvorteile von seinem Recht zur freien Preisbildung Gebrauch (vgl. BGH, Urt. v. 12.11.1991 - KZR 2/90, WuW/E 2755, 2758 f. - Aktionsbeträge; Urt. v. 26.5.1987 - KZR 13/85, WuW/E 2399, 2404 - Krankentransporte).
[21] Nach diesen Grundsätzen hat das Beschwerdegericht zu Recht angenommen, dass die nicht vollständige Weitergabe der Einkaufsvorteile nicht unbillig i.S.d. § 20 Abs. 1 GWB ist.
[22] Dazu hat es zutreffend angenommen, dass die einzelnen, die Rahmenverträge ausfüllenden Kaufverträge einerseits zwischen den Lieferanten und Praktiker und andererseits zwischen Praktiker und Bau und Hobby geschlossen wurden. Die Rechtsbeschwerde greift das ohne Erfolg an. Bereits der Wortlaut des Franchisevertrages spricht dafür, dass Praktiker selbst als Verkäuferin auftritt. So heißt es in § 6 des Vertrages, der Franchisenehmer verpflichte sich, das systemtypische Warensortiment "nur vom Franchisegeber" zu beziehen. Auch die Umstände, dass ein Eigentumsvorbehalt zugunsten von Praktiker vereinbart ist und die Lieferantenrechnungen an Praktiker gerichtet sind, sprechen für deren Stellung als Großhändler.
[23] Unter diesen Umständen erscheint es nicht unbillig, dass Praktiker einen Teil der Einkaufsvorteile als Vergütung für diese Tätigkeit einbehält. Sie hat neben dem Koordinierungsaufwand und der Abwicklung des Zahlungsverkehrs durch das von ihr beauftragte Konzernunternehmen insb. das Risiko von Insolvenzen der Franchisenehmer zu tragen, das - wie das Beschwerdegericht zutreffend angenommen hat - durch den Eigentumsvorbehalt nicht vollständig abgedeckt ist. Auch ist sie den Franchisenehmern gegenüber gewährleistungspflichtig. Ob die Höhe der einbehaltenen Vorteile angemessen ist, hat das Beschwerdegericht zu Recht offen gelassen. Das BKartA hat nämlich bei seiner Feststellung nicht nach der Höhe der einbehaltenen Vorteile differenziert. Deshalb kommt es auf die insoweit erhobene Verfahrensrüge der Rechtsbeschwerde nicht an. Jedenfalls hat das Beschwerdegericht ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die Großhändlermarge nicht schon durch die Franchisegebühr abgedeckt war.
[24] Dass Praktiker auf diese Weise den eigenen Regiebetrieben möglicherweise günstigere Einkaufspreise eingeräumt hat als den konzernfremden Franchisenehmern, begründet ebenfalls keine Unbilligkeit (vgl. BGH, Beschl. v. 29.6.1982 - KVR 5/81, WuW/E 1947, 1949 - Stuttgarter Wochenblatt, zu § 26 Abs. 2 GWB a.F.). Denn niemand ist verpflichtet, zu seinen Lasten fremden Wettbewerb zu fördern (BGH WuW/E 2755, 2758 - Aktionsbeträge).
[25] Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Einkaufsvorteile ganz überwiegend auf der Nachfragemacht der Regiebetriebe von Praktiker beruhen. Das von den Franchisenehmern nachgefragte Einkaufsvolumen macht nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts weniger als 1,5 % des Gesamtumsatzes aus.
[26] d) Waren somit weder die Vereinbarung einer Alleinbezugspflicht noch die nicht vollständige Weitergabe der Einkaufsvorteile unbillig i.S.d. § 20 Abs. 1 GWB, gilt dasselbe auch für die Kombination dieser beiden Elemente des Vertragsverhältnisses.
[27] Ohne Erfolg macht das BKartA geltend, bei einer derartigen Vertragsgestaltung habe es der Franchisegeber in der Hand, seine Lieferanten zu einer Erhöhung der Einkaufsvorteile bei gleichzeitiger Erhöhung der Verkaufspreise zu bewegen und dadurch die Gewichte zu seinen Gunsten zu verschieben, ohne dass die Franchisenehmer dies erkennen, geschweige denn sich dagegen wehren könnten. Zum einen bestünde diese Gefahr auch dann, wenn die Franchisenehmer keiner hundertprozentigen Bezugsbindung unterworfen wären. Dann könnten sie zwar Vertragsbeziehungen zu den Lieferanten begründen, erführen dadurch aber nicht, welche Einkaufsvorteile Praktiker aufgrund seiner ungleich größeren Nachfragemacht erhält. Zum anderen kann ein an sich zulässiges Verhalten nicht allein deshalb unzulässig sein, weil im Einzelfall die Gefahr besteht, dass es dabei zu einem Missbrauch kommt. Das Berufungsgericht hat keine Tatsachen festgestellt, die dafür sprächen, dass Praktiker tatsächlich die Preise in der vom BKartA dargestellten Weise manipuliert. Im Gegenteil entspricht es auch dem Interesse von Praktiker, dass die Franchisenehmer ihre Waren zu günstigen Einkaufspreisen beziehen und damit ihren Umsatz im Wettbewerb mit anderen Baumärkten steigern können. Denn dadurch erhöhen sich die umsatzabhängige Franchisegebühr sowie die von Praktiker einbehaltenen Einkaufsvorteile. Einer Benachteiligung nur einzelner Franchisenehmer - wie es das BKartA in der mündlichen Verhandlung für möglich gehalten hat -, etwa um in der Folge einen besonders lukrativen Standort selbst übernehmen zu können, würde das Diskriminierungsverbot des § 20 Abs. 1, 2 GWB entgegenstehen.
[28] III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 Satz 2 GWB. Ein Anlass, der Beigeladenen die im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen Kosten des BKartA aufzuerlegen, besteht nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 2093509 |
BB 2009, 57 |