Leitsatz (amtlich)

Aus dem Grundsatz, daß auf dem Gesellschaftsvertrag beruhende Forderungsrechte gegen die Gesellschaft, die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses über die Übertragung des Gesellschaftsanteils im Rechenwerk der Gesellschaft ihren Niederschlag gefunden haben, im Zweifel auf den neuen Gesellschafter übergehen, folgt, daß die Vertragspartei, die das Gegenteil behauptet, hierfür beweispflichtig ist.

 

Normenkette

HGB §§ 105 ff.

 

Verfahrensgang

LG Osnabrück

OLG Oldenburg (Oldenburg)

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 30. Dezember 1986 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Sache befindet sich zum zweiten Mal im Revisionsrechtszug. Zum Sachverhalt wird auf das erste Revisionsurteil vom 5. Mai 1986 – II ZR 162/85 – verwiesen (vgl. auch das Parallelurteil vom 5. Mai 1986 – II ZR 163/85, WM 1986, 1314). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihre Anträge weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

Das Berufungsgericht hält den der Beklagten obliegenden Beweis dafür, daß ihr die zur Aufrechnung gestellte und hilfsweise mit der Widerklage geltend gemachte Darlehensforderung noch zusteht, nicht für erbracht. Weder aus dem Schlußvergleich vom 21. Dezember 1981 noch aus der notariellen Vereinbarung vom 31. Dezember 1981 ergebe sich, daß diese Forderung nicht auf H. C. und E. W. übergegangen seien. Eine ausdrückliche Vereinbarung der Vertragsparteien dieses Inhalts sei ebensowenig festzustellen wie eine stillschweigende Übereinkunft. Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

1. Zutreffend geht das Berufungsgericht – was die Revision auch nicht in Frage stellt – davon aus, daß die Beklagte die Beweislast dafür trifft, daß die Darlehensforderung nicht auf H. C. und E. We… übergegangen ist. Aus dem Grundsatz, daß auf dem Gesellschaftsvertrag beruhende Forderungsrechte gegen die Gesellschaft, die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses über die Übertragung des Gesellschaftsanteils im Rechenwerk der Gesellschaft ihren Niederschlag gefunden haben, im Zweifel auf den neuen Gesellschafter übergehen (vgl. Sen. Urt. v. 5. Mai 1986 – II ZR 163/85, aaO), folgt, daß die Vertragspartei, die das Gegenteil behauptet, hierfür beweispflichtig ist.

2. Entgegen der Meinung der Revision war das Berufungsgericht nicht gehalten, eine Parteivernehmung nach § 448 ZPO durchzuführen. Diese setzt voraus, daß das Ergebnis der Verhandlung nicht ausreicht, die richterliche Überzeugung von der Richtigkeit der Darstellung der einen oder anderen Partei zu begründen, daß aber jedenfalls eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Behauptungen der zu vernehmenden Partei besteht (vgl. BGH, Urt. v. 20. Januar 1976 – VI ZR 192/74, LM ZPO § 448 Nr. 5 m.w.N.). Die Prüfung, ob diese Voraussetzung zutrifft, ist grundsätzlich Sache des Tatrichters; das Revisionsgericht kann nur nachprüfen, ob der Tatrichter die Grenzen seines Ermessens verkannt oder einen rechtsfehlerhaften Gebrauch von ihm gemacht hat (vgl. BGH, Urt. v. 18. Dezember 1964 – V ZR 207/62, LM ZPO § 448 Nr. 4; v. 20. Januar 1974 – VI ZR 192/74, LM ZPO § 448 Nr. 5; v. 1. Februar 1983 – VI ZR 152/81, LM ZPO § 448 Nr. 6; vgl. noch BGH, Urt. v. 8. Mai 1984 – VI ZR 179/82, VersR 1984, 665, 666). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht beachtet. Es hat weder die Grenzen seines Ermessens verkannt noch einen rechts fehlerhaften Gebrauch von ihm gemacht.

a) Den Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 7. Januar 1983 und vom 18. Januar 1983 sowie dem Schreiben der Sch… und Söhne GmbH & Co KG an die Beklagte vom 27. Januar 1983 hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei keinen Indizwert für die Frage beigemessen, ob bei der Übertragung des Kommanditanteils auf H. C. und E. W. stillschweigend vereinbart worden ist, daß die Darlehensforderung der Beklagten verbleiben sollte.

In dem Schreiben vom 7. Januar 1983 teilt die Klägerin der Beklagten mit, daß eine Aufrechnung mit „Ihrem Darlehen” nicht möglich sei und die „Modalitäten der Abrechnung Ihres Darlehens” in Nr. X des Schlußvergleichs geregelt seien. In dem Schreiben vom 18. Januar 1983 führt sie aus, daß weder Herr B., ihr Steuerberater, noch Herr H. der Ansicht seien, daß „Ihr Darlehen” am 1. Januar 1982 fällig sei. In dem Schreiben der Sch… und Söhne GmbH & Co KG vom 27. Januar 1983 heißt es, daß „Ihr Darlehen” laut Schlußvergleich nur mit „unserem Darlehen bei Ihnen” verrechnet werden könne.

Es kann auf sich beruhen, ob – wie das Berufungsgericht meint – diesen Schreiben entnommen werden kann, daß nicht so sehr die derzeitige rechtliche Zuordnung des Darlehens gemeint war, sondern dessen nach den Bestimmungen des Schlußvergleichs auszugleichender wirtschaftlicher Wert. Entscheidend ist, daß das Berufungsgericht auf das zeitlich vorangehende Schreiben des von der Klägerin bevollmächtigten Rechtsanwalts Be… an die Beklagte vom 22. Oktober 1982 verweist, in dem darauf abgestellt wird, daß der Beklagten die Darlehensforderung nicht mehr zustehe, weil sie zur Beteiligung der Beklagten an der Klägerin gehöre. Diese Erklärung hat entgegen der Meinung der Revision nicht nur eine (unzutreffende) Rechtsansicht zum Inhalt. Aus ihr ergibt sich vielmehr, daß die Klägerin die Tatsachenbehauptung aufstellt, die Darlehensforderung sei mit der Übertragung des Gesellschaftsanteils auf H. C. und E. W. auf diese übergegangen, und damit jede gegenteilige Abrede der vertragschließenden Parteien verneint. Zudem zeigt dieses Schreiben, daß die Klägerin zweispurig argumentiert: Sie behauptet, die Darlehensforderung stehe der Beklagten nicht mehr zu; falls dies dennoch der Fall sein sollte, sei eine Aufrechnung ausgeschlossen. Im übrigen weist das Berufungsgericht zutreffend darauf hin, daß die vom Januar 1983 stammenden Schreiben nichts hinreichend Sicheres darüber aussagen, was die Vertragsparteien des Schlußvergleichs vom 21. Dezember 1981 und des Übertragungsvertrages vom 31. Dezember 1981 bei Abschluß dieser Verträge gewollt haben.

b) Der Bilanz der Klägerin zum 31. Dezember 1981 hat das Berufungsgericht ebenfalls rechtsfehlerfrei keinen Indizwert dafür beigelegt, daß der Darlehensanspruch nach dem Willen der vertragschließenden Parteien der Beklagten verbleiben sollte. Zwar sind in dieser Bilanz unstreitig H. C. und E. W. an Stelle der Beklagten als Kommanditisten der Klägerin aufgeführt, während das Darlehen noch als der Beklagten zustehend geführt wird. Dieser Bilanz, die von dem Steuerberater B. nachträglich erstellt worden ist und die nach der Darstellung der Klägerin unter rein buchhalterischen Gesichtspunkten erarbeitet worden sei und vorläufigen Charakter habe, kann nichts dafür entnommen werden, was zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses hinsichtlich des Darlehens von den Vertragsparteien gewollt war. Daß jedenfalls die Behandlung der Darlehensforderung in dieser Bilanz tatsächlich vorläufiger Natur war, zeigt schon der Umstand, daß die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit von Anfang an die Meinung vertreten hat, der Darlehensanspruch sei zusammen mit dem Kommanditanteil auf H. C. und E. W. übertragen worden.

3. Daß eine Gesamtwürdigung der dargelegten Umstände zu einer anderen Würdigung durch das Berufungsgericht hätte führen können, legt die Revision nicht substantiiert dar. Hierfür fehlt auch jeder Anhaltspunkt.

 

Unterschriften

Dr. Kellermann, Dr. Bauer, Bundschuh, Dr. Hesselberger, Röhricht

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 02.11.1987 durch Spengler Justiz angestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Nachschlagewerk BGH

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