Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung eines Paketbeförderungsdienstes. Abgrenzung von Verbots- und Haftungsbegrenzungsklauseln
Leitsatz (amtlich)
Soweit die Haftung eines Paketbeförderungsdienstes in Rede steht, ist bei der Haftungsabwägung nach § 254 BGB und § 425 Abs. 2 HGB zu beachten, dass sich Verbotsklauseln in ihren Voraussetzungen und in ihren Folgen deutlich von Haftungsbegrenzungsklauseln unterscheiden.
Normenkette
HGB § 425 Abs. 2; BGB § 254 Abs. 1-2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des OLG Düsseldorf vom 6.7.2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht der Klage stattgegeben hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
[1] Die Klägerin ist der Transportversicherer der P. AG in W. (im Folgenden: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die Beklagte, die einen Paketbeförderungsdienst betreibt, wegen des Verlusts von Transportgut aus abgetretenem und übergegangenem Recht der Versicherungsnehmerin auf Schadensersatz in Anspruch.
[2] Die Versicherungsnehmerin bestellte am 15.7.1998 bei der W. AG in B. (im Folgenden: Versenderin) 1.200 Speichermodule mit einem Wert von 127.560 DM (65.220,39 EUR). Der Versand der Ware erfolgte nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Versenderin auf Gefahr der Versicherungsnehmerin.
[3] Die Versenderin beauftragte die Beklagte mit dem Transport der Ware. Sie übergab deren Abholfahrer am 17.7.1998 drei Pakete zur Beförderung an die Versicherungsnehmerin, von denen eines bei der Empfängerin nicht ankam.
[4] Dem Transportauftrag lagen die Beförderungsbedingungen der Beklagten (Stand: Februar 1998) zugrunde. Diese enthielten u.a. folgende Regelungen:
2 Transportierte Güter und Servicebeschränkungen Sofern nicht schriftlich abweichend mit U. vereinbart, bietet U. den Transport von Gütern unter folgenden Einschränkungen an: ... (b) Die Wert- oder Haftungshöchstgrenze ist pro Paket einer Sendung auf den Gegenwert von USD 50.000 in der jeweiligen Landeswährung begrenzt, es sei denn, dies ist in der jeweils gültigen U. -Tariftabelle (die "Tariftabelle") anders festgelegt. Schmuck (außer Modeschmuck) ist auf einen Höchstwert von USD 500 bzw. den entsprechenden Wert in der Landeswährung pro Sendung begrenzt, es sei denn, dies ist in der Tariftabelle anders festgelegt. ....
5 Transportaussetzung U. kann nach eigenem Ermessen den Transport eines Paketes oder einer Sendung unterbrechen, wenn die Güter sich aus irgendeinem der in diesen Beförderungsbedingungen genannten Gründe als nicht für den Transport geeignet herausstellen. ... ...
10 Haftung ... In den Fällen, in denen das WA oder das CMR-Abkommen nicht gelten, wird die Haftung von U. durch die vorliegenden Beförderungsbedingungen geregelt. U. haftet bei Verschulden für nachgewiesene direkte Schäden bis zu einer Höhe von ... 1.000 DM pro Sendung in der Bundesrepublik Deutschland oder bis zu dem nach § 54 ADSp ... ermittelten Erstattungsbetrag, je nachdem, welcher Betrag höher ist, es sei denn, der Versender hat, wie im Folgenden beschrieben, einen höheren Wert angegeben. Die Wert- und Haftungsgrenze wird angehoben durch die korrekte Deklaration des Wertes der Sendung ... Diese Wertangabe gilt als Haftungsgrenze. Der Versender erklärt durch die Unterlassung der Wertangabe, dass sein Interesse an den Gütern die oben genannte Grundhaftung nicht übersteigt. ... Vorstehende Haftungsbegrenzungen gelten nicht bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit von U., seiner gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen.
[5] Die Klägerin hat behauptet, das verlorengegangene Paket habe 1.200 Mikrochips im Wert von umgerechnet 65.220,39 EUR enthalten. Sie ist der Auffassung, die Beklagte hafte für den Verlust in voller Höhe, und hat diese daher auf Zahlung von 65.220,39 EUR nebst Zinsen in Anspruch genommen.
[6] Die Beklagte hat demgegenüber insb. geltend gemacht, die Klägerin müsse sich ein Mitverschulden der Versenderin wegen unterlassener Wertdeklaration zurechnen lassen.
[7] Das LG hat der Klage bis auf einen Teil der Zinsen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten im ersten Berufungsverfahren zurückgewiesen. Dieses Urteil hat der erkennende Senat auf die Revision der Beklagten aufgehoben und die Sache zur nochmaligen Prüfung der Frage des Mitverschuldens an das Berufungsgericht zurückverwiesen (Urt. v. 2.12.2004 - I ZR 48/02). Im zweiten Berufungsverfahren hatte die Berufung der Beklagten Erfolg, soweit das LG die Beklagte zur Zahlung eines 45.709,49 EUR übersteigenden Betrags nebst Zinsen verurteilt hat.
[8] Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
[9] I. Das Berufungsgericht hat die Klage unter Berücksichtigung des Mitverschuldens der Versenderin i.H.v. 45.709,49 EUR nebst Zinsen für begründet erachtet. Zur Frage des Mitverschuldens hat es ausgeführt:
[10] Die Klägerin müsse sich kein Mitverschulden der Versenderin am Verlust des Pakets gem. § 254 Abs. 1 BGB wegen unterlassener Wertdeklaration zurechnen lassen. Dass die Beklagte Pakete im Falle einer Wertdeklaration sicherer befördere, habe die Versenderin weder gewusst noch durch die Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten vermittelt bekommen. Die Beklagte habe außerdem nicht dargetan, auf welche Weise sie Wertpakete im EDI-Verfahren mit erhöhter Beförderungssicherheit transportiere.
[11] Die Klägerin müsse sich jedoch ein Mitverschulden gem. § 254 Abs. 2 BGB entgegenhalten lassen, weil die Versenderin die Beklagte bei Abschluss des Frachtvertrags nicht darauf hingewiesen habe, dass ihr bei Verlust des Pakets ein ungewöhnlich hoher Schaden drohe. Die Beklagte habe deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie nur Pakete mit einem Wert bis zu 50.000 US-Dollar befördern wolle. Der in ihren Beförderungsbedingungen enthaltene Beförderungsausschluss sei wirksam. Es sei daher davon auszugehen, dass die Beklagte das Paket nicht zur Beförderung angenommen hätte, wenn die Versenderin auf seinen hohen Wert hingewiesen hätte. Dies führe allerdings nicht zum vollständigen Ausschluss der Haftung der Beklagten, sondern lediglich dazu, dass die Klägerin nur den dem Gegenwert von 50.000 US-Dollar entsprechenden Betrag von 45.709,49 EUR beanspruchen könne.
[12] II. Die Revision der Beklagten führt in dem Umfang, in dem das Berufungsgericht zu deren Nachteil erkannt hat, zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
[13] 1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Mitverschuldenseinwand auch im Fall des qualifizierten Verschuldens i.S.v. § 435 HGB zu berücksichtigen ist (st.Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 30.1.2008 - I ZR 146/05, TranspR 2008, 117 Tz. 34; Urt. v. 30.1.2008 - I ZR 165/04, TranspR 2008, 122 Tz. 25).
[14] 2. Nicht zugestimmt werden kann dem Berufungsgericht dagegen in seiner Annahme, ein Mitverschulden der Versenderin wegen Unterlassens einer Wertdeklaration komme im Streitfall nicht in Betracht. Das Berufungsgericht hat es zu Unrecht als entscheidend angesehen, dass die Versenderin nicht wusste, dass die Beklagte im Falle einer Wertdeklaration Maßnahmen zur Erhöhung der Beförderungssicherheit ergriffen hätte. Wie der Senat zeitlich nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, reicht es für ein Mitverschulden aus, wenn der Versender die sorgfältigere Behandlung von Wertpaketen durch den Transporteur hätte erkennen müssen (st.Rspr.; vgl. zuletzt etwa BGH, Urt. v. 3.5.2007 - I ZR 175/05, TranspR 2007, 414 Tz. 19; BGH TranspR 2008, 122 Tz. 28, jeweils m.w.N.). Von einem Kennenmüssen der Anwendung höherer Sorgfalt bei korrekter Wertangabe kann im Allgemeinen ausgegangen werden, wenn sich aus den Beförderungsbedingungen des Transporteurs ergibt, dass er für diesen Fall bei Verlust oder Beschädigung des Gutes höher haften will. Diese Kenntnis wurde der Versenderin durch die in der Nr. 10 der Beförderungsbedingungen der Beklagten enthaltene Regelung vermittelt (vgl. BGH TranspR 2007, 414 Tz. 19; BGH, Urt. v. 3.5.2007 - I ZR 106/05, TranspR 2007, 421 Tz. 22, jeweils m.w.N.).
[15] 3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Vortrag der Beklagten, sie behandele wertdeklarierte Pakete sorgfältiger als nicht wertdeklarierte, auch nicht deshalb unerheblich, weil das verlorengegangene Paket im Wege des sog. EDI-Verfahrens versandt worden ist.
[16] a) Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Beklagte nicht dargetan, auf welche Weise sie sicherstellt, dass Wertpakete auch im EDI-Verfahren mit erhöhter Beförderungssicherheit transportiert werden. Die von ihr vorgetragenen Kontrollen bei der Beförderung von Wertpaketen könnten nicht umgesetzt werden, wenn Kunden, die am EDI-Verfahren teilnähmen, bei der Eingabe der Paketdaten zwar den Wert deklarierten, das wertdeklarierte Paket dann aber zusammen mit anderen Paketen in den Feeder gäben. Denn das Paket werde dann weiterhin wie eine Standardsendung befördert. Soweit die Beklagte in anderen Verfahren hierzu ausgeführt habe, der EDI-Kunde müsse dem Fahrer wertdeklarierte Pakete gesondert übergeben, fehle es vorliegend an näherem Vortrag dazu, wie sie die Versenderin hierüber informiert habe.
[17] b) Mit dieser Begründung kann ein Mitverschulden der Versenderin wegen des Unterlassens einer Wertdeklaration nicht verneint werden. Wenn - wovon mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts zugunsten der Beklagten auszugehen ist - die konkrete Ausgestaltung des Versandverfahrens dem Absender keinerlei Anhaltspunkte bietet, auf welche Weise wertdeklarierte Pakete einem besonders kontrollierten Transportsystem zugeführt werden, hat er selbst Maßnahmen zu ergreifen, um auf eine sorgfältigere Behandlung des wertdeklarierten Pakets aufmerksam zu machen (vgl. BGH TranspR 2008, 117 Tz. 39 m.w.N.). Von einem schadensursächlichen Mitverschulden der Versenderin ist auszugehen, weil sie hätte erkennen können, dass eine sorgfältigere Behandlung durch die Beklagte nur gewährleistet ist, wenn wertdeklarierte Pakete nicht mit anderen Paketen in den Feeder gegeben, sondern dem Abholfahrer der Beklagten separat übergeben werden. Dass eine solche gesonderte Übergabe an den Abholfahrer erforderlich ist, liegt angesichts der Ausgestaltung des vorliegend angewandten Verfahrens, das im beiderseitigen Interesse der Beschleunigung des Versands darauf angelegt ist, dass Paketkontrollen zunächst unterbleiben, für einen ordentlichen und vernünftigen Versender auf der Hand. Da die Pakete im Falle einer erfolgten Wertdeklaration und gesonderten Übergabe an den Abholfahrer im Ergebnis aus dem EDI-Verfahren herausgenommen werden, kann auch nicht aus den Besonderheiten des EDI-Verfahrens als papierloses Verfahren darauf geschlossen werden, dass die vorgetragenen Sicherungsmaßnahmen nicht durchgeführt werden können (BGH TranspR 2008, 117 Tz. 39 m.w.N.).
[18] 4. Das Urteil des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend ein Mitverschulden der Versenderin darin begründet gesehen, dass diese die Beklagte nicht auf den Wert des Pakets und den dadurch für den Fall seines Verlusts drohenden ungewöhnlich hohen Schaden hingewiesen hat (§ 425 Abs. 2 HGB). Seine Beurteilung, dieses Mitverschulden führe lediglich dazu, dass der Schadensersatzanspruch auf den Betrag der Haftungsgrenze von 50.000 US-Dollar nach der Nr. 2 der Beförderungsbedingungen der Beklagten zu beschränken sei, hält der rechtlichen Nachprüfung jedoch nicht stand.
[19] a) Wie der Senat - zeitlich nach Erlass des hier zu überprüfenden Berufungsurteils - entschieden hat, liegt es, da nach den Beförderungsbedingungen der Beklagten Beträge im Bereich von 500 EUR bis 50.000 US-Dollar im Raum stehen, nahe, die Gefahr eines besonders hohen Schadens in solchen Fällen anzunehmen, in denen der Wert des Pakets 5.000 EUR übersteigt (st.Rspr.; vgl. zuletzt BGH TranspR 2008, 117 Tz. 40; TranspR 2008, 122 Tz. 33, jeweils m.w.N.). Dieser Betrag ist im Streitfall deutlich überschritten.
[20] b) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass das Unterlassen eines Hinweises auf den Wert des Gutes für den Schadenseintritt mitursächlich gewesen ist, weil die Beklagte das Paket nicht zur Beförderung übernommen hätte, wenn die Versenderin auf seinen hohen Wert hingewiesen hätte.
[21] aa) Das Berufungsgericht hat den Willen der Beklagten, das Paket nicht zur Beförderung zu übernehmen, entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise insb. aus den Beförderungsbedingungen der Beklagten entnommen. Schon aus der Überschrift und dem Einleitungssatz der Nr. 2 ergibt sich, dass die nachfolgenden Bestimmungen Einschränkungen für den Transport bestimmter Güter vorsehen. Unter lit. (b) ist sodann geregelt, dass die "Wert- oder Haftungshöchstgrenze pro Paket einer Sendung auf den Gegenwert von USD 50.000 begrenzt" ist. Aus dem Wortlaut der Klausel ergibt sich für einen verständigen Versender hinreichend deutlich, dass er pro Paket nur Güter mit einem Wert von bis zu 50.000 US-Dollar befördern lassen kann. Dasselbe folgt auch aus dem systematischen Zusammenhang der Nr. 2 mit der Nr. 10 der Beförderungsbedingungen. Während die Nr. 2 sich insgesamt mit von der Beförderung ausgeschlossenen (und empfindlichen) Gütern befasst, regelt die Nr. 10 die Haftung der Beklagten. Beiden Klauseln kann ein verständiger Versender ohne Weiteres entnehmen, dass die Beklagte Güter lediglich bis zu einem Wert von 50.000 US-Dollar pro Paket befördern will, so dass auch nur bis zu dieser Summe eine Wertdeklaration im Sinne der Nr. 10 der Beförderungsbedingungen möglich ist.
[22] bb) Die Feststellung, dass die Beklagte das Paket nicht zur Beförderung übernommen hätte, wenn die Versenderin auf dessen Wert hingewiesen hätte, führt allerdings entgegen der Ansicht der Revision nicht ohne Weiteres dazu, dass die Haftung der Beklagten nach §§ 311 Abs. 2, 280, 249 Abs. 1 BGB vollständig entfällt (vgl. BGHZ 167, 64 Tz. 22; BGH, Urt. v. 13.7.2006 - I ZR 245/03, NJW-RR 2007, 179 Tz. 23 = TranspR 2006, 448). Dieser Umstand ist vielmehr lediglich als Schadensmitverursachungsbeitrag der Versenderin in die Haftungsabwägung nach § 425 Abs. 2 HGB einzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 15.2.2007 - I ZR 186/03, NJW-RR 2007, 1110 Tz. 29 = TranspR 2007, 164).
[23] cc) Das Berufungsgericht hat auch mit Recht angenommen, dass die Ursächlichkeit der unterlassenen Wertangabe für den eingetretenen Schaden nicht deshalb zu verneinen ist, weil der Beklagten nach der Darstellung der Klägerin bekannt gewesen ist, dass die Versenderin werthaltige Waren versendet. Die Kausalität eines Mitverschuldens lässt sich in entsprechenden Fällen nur verneinen, wenn der Schädiger zumindest gleich gute Erkenntnismöglichkeiten vom Wert der Sendung hat wie der Geschädigte (st.Rspr.; vgl. zuletzt etwa BGH, Urt. v. 13.9.2007 - I ZR 155/04, TranspR 2007, 466 Tz. 26 m.w.N.). So hat der Senat den Mitverschuldenseinwand für nicht begründet erachtet, wenn der Frachtführer bei einer Nachnahmesendung aufgrund des einzuziehenden Betrags vom Wert des Gutes Kenntnis hatte (BGH, Urt. v. 3.2.2005 - I ZR 276/02, TranspR 2005, 208, 209). Eine entsprechende spezielle Kenntnis der Beklagten vom Wert des streitgegenständlichen Pakets hat das Berufungsgericht im Streitfall nicht festgestellt.
[24] c) Das Unterlassen des Hinweises auf den Wert des Pakets ist aber nicht, wie das Berufungsgericht angenommen hat, nur hinsichtlich des den Betrag von 50.000 US-Dollar übersteigenden Schadens mitursächlich geworden. Wenn die Beklagte die Beförderung des Pakets bei einem Hinweis auf den Warenwert abgelehnt hätte, wäre der durch den Verlust des Pakets eingetretene Schaden in vollem Umfang vermieden worden (BGH, Urt. v. 3.5.2007 - I ZR 109/04, TranspR 2007, 405 Tz. 31).
[25] d) Die vom Berufungsgericht unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens vorgenommene Beschränkung des Schadensersatzanspruchs der Versenderin auf den Wert von 50.000 US-Dollar hat auch nicht im Ergebnis aus anderen Gründen Bestand.
[26] aa) Die Haftungsabwägung nach § 254 BGB ist zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters. Sie kann im Revisionsverfahren jedoch daraufhin überprüft werden, ob alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt worden sind (vgl. BGH NJW-RR 2007, 1110 Tz. 28 m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt das Berufungsurteil nicht. Das Berufungsgericht hat keine Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge vorgenommen, sondern die Beklagte so behandelt, als hätte diese unabhängig vom Verursachungsbeitrag der Versenderin eine Haftung bis zum Betrag von 50.000 US-Dollar vereinbart. Es hat die Verbotsklausel daher einer Haftungsbegrenzungsklausel gleichgestellt, obwohl sich die beiden Arten von Klauseln in ihren Voraussetzungen und in ihren Folgen deutlich unterscheiden.
[27] bb) Das Mitverschulden der Versenderin besteht nicht allein darin, dass sie die Beklagte nicht auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens hingewiesen und diese dadurch davon abgehalten hat, besondere Vorkehrungen gegen den Verlust des wertvollen Transportguts zu treffen. Die Beklagte hat in ihren Beförderungsbedingungen zum Ausdruck gebracht, dass sie Pakete im Wert von über 50.000 US-Dollar im Standardtarif überhaupt nicht befördern will. Ein Versender kann in einen nach § 425 Abs. 2 HGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten, wenn er wertvolles Gut ohne Hinweis auf dessen Wert dem Frachtführer zur Beförderung übergibt und von diesem im Falle des Verlusts gleichwohl vollen Schadensersatz verlangt, obwohl er weiß oder wissen müsste, dass der Frachtführer das Gut in der gewählten Transportart wegen des damit verbundenen Verlustrisikos nicht befördern will (BGH NJW-RR 2007, 1110 Tz. 24).
[28] Eine Haftung des Transporteurs, die über die Wertgrenze hinausgeht, ab der er Güter nicht mehr befördern will, ist bei einem Mitverschulden des Versenders wegen unterlassenen Hinweises auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens i.S.v. § 254 Abs. 2 BGB in der Regel zu verneinen (BGH TranspR 2007, 405 Tz. 33). Dagegen kommt - abhängig vom Ausmaß der Kenntnis und von der Schadenshöhe - eine noch weitergehende Beschränkung des Schadensersatzanspruchs des Versenders wegen Mitverschuldens in Betracht. Obwohl auf Seiten des Frachtführers ein qualifiziertes Verschulden vorliegt, kommt in Fällen, in denen das Paket aufgrund der Beförderungsbedingungen des Frachtführers von einem Transport ausgeschlossen ist, ein Mitverschuldensanteil von mehr als 50 % in Frage (BGH, Urt. v. 20.9.2007 - I ZR 43/05, TranspR 2008, 113 Tz. 53; Urt. v. 22.11.2007 - I ZR 74/05, TranspR 2008, 30 Tz. 47 [insoweit in BGHZ 174, 244 nicht abgedruckt]). Hat der Versender positive Kenntnis davon, dass der Frachtführer bestimmte Güter nicht befördern will und setzt er sich bei der Einlieferung bewusst über den entgegenstehenden Willen des Frachtführers hinweg, so kann sein darin liegendes Mitverschulden bei einem Verlust der Sendung sogar zum vollständigen Ausschluss der Haftung des Frachtführers führen (BGH NJW-RR 2007, 179 Tz. 35; NJW-RR 2007, 1110 Tz. 30; TranspR 2007, 405 Tz. 32). Bei einer entsprechenden Schadenshöhe und einer erheblichen Überschreitung der für den Ausschluss von Gütern vereinbarten Wertgrenze kann die Haftung des Transporteurs wegen des Mitverschuldens des Versenders weitergehend sogar dann vollständig ausgeschlossen sein, wenn lediglich von einem Kennenmüssen des Versenders von dem Beförderungsausschluss auszugehen sein sollte (BGH TranspR 2007, 405 Tz. 33).
[29] cc) Nach den bislang getroffenen Feststellungen hätte der Versenderin zumindest bekannt sein müssen, dass nach den Beförderungsbedingungen der Beklagten Transportgut mit einem Wert von über 50.000 US-Dollar von der Beförderung ausgeschlossen war. Danach ist von einem Mitverschuldensanteil der Versenderin auszugehen, bei dem jedenfalls eine Haftung der Beklagten über den vom Berufungsgericht der Klägerin zugesprochenen Betrag hinaus ausgeschlossen ist. Da der Wert der Sendung deutlich über dem für den Beförderungsausschluss maßgeblichen Betrag von 50.000 US-Dollar lag, kommt nach den oben wiedergegebenen Grundsätzen eine noch weitergehende Minderung des Klageanspruchs in Betracht.
[30] III. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben, soweit das Berufungsgericht der Klage stattgegeben hat. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird unter Berücksichtigung der oben unter II 2 bis 4 dargestellten Grundsätze eine nochmalige Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge vorzunehmen haben.
Fundstellen
Haufe-Index 2068383 |
DB 2009, 451 |
BGHR 2009, 121 |
EBE/BGH 2008 |
NJW-RR 2009, 173 |
MDR 2009, 97 |
VRS 2009, 48 |
VersR 2009, 376 |