Die aktive Nutzungspflicht des BeA gilt für Rechtsanwälte seit dem 1.1.2022. Seitdem reißen die Entscheidungen des BGH zu Wiedereinsetzungsanträgen im Zusammenhang mit der BeA Nutzung nicht ab.
Anwalt muss Übermittlungsprotokolle genau lesen
Grundsätzlich sind Rechtsanwälte verpflichtet, im Rahmen der Versendung von Schriftsätzen per BeA die erfolgreiche Übermittlung jedes einzelnen Anhangs gemäß § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO zu prüfen. Erst die Kontrolle der Eingangsbestätigung nach übermitteltem Schriftstück und Empfänger verschaffe dem Anwalt die Sicherheit, dass der Sendevorgang erfolgreich war. Sei die Eingangsbestätigung nicht vollständig, müsse der Anwalt gegebenenfalls eine erneute Übermittlung veranlassen (BGH, Beschluss v. 20.9.2022, XI ZB 14/22). Nur wenn diese Voraussetzungen vorlägen und das Prüfprotokoll den Übermittlungsstatus „erfolgreich“ anzeige, könne im Fall einer Fehlübermittlung ein Wiedereinsetzungsantrag erfolgreich sein (BGH, Beschluss v. 8.3.2022, VI ZB 25/20; BGH, Beschluss v. 24.5.2022 XI ZB 18/21)
Welcher Zeitpunkt gilt als Eingang bei Gericht?
Für die Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per BeA übersandten Schriftsatzes kommt es auf den Zeitpunkt an, zu dem die Rechtsmittelbegründungsschrift auf dem Gerichtsserver eingegangen ist (BGH, Beschluss v. 14.5.2020, X ZR 1197/18). Wird ein Berufungsbegründungsschriftsatz aufgrund gerichtsinterner Technikprobleme wieder vom Client-Rechner des Berufungsgerichts abgeholt noch ausgedruckt, ist dies für den rechtzeitigen Eingang unerheblich (BGH, Beschluss v. 28.5.2020, I ZR 214/19).
Anwalt darf BeA-Nutzung an geschulte Mitarbeiterin übertragen
Der BGH hat entschieden, dass Anwälte fristgebundene Dokumente nicht in jedem Fall selbst über das beA versenden müssen. Diese Aufgabe kann auch ein eine geschulte Mitarbeiterin übertragen werden, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass dieser ein persönliches Zertifikat samt zugehöriger PIN zugeordnet ist, § 24 RAVPN (Rechtsanwaltsverzeichnis- und -postfachverordnung).
Die Verfahrensweise eines Rechtsanwalts, der einer Kanzleimitarbeiterin sein Zertifikat samt zugehöriger PIN zur Übermittlung eines Berufungsschriftsatzes überlassen hatte, erklärte der BGH für unzulässig. Die von der Kanzleimitarbeiterin innerhalb der Berufungsfrist übersandte Berufung war verfristet, weil Versenderin und Inhaber des Zertifikats nicht identisch waren. Der anschließende Wiedereinsetzungsantrag hatte keinen Erfolg, weil der Anwalt durch sein unzulässiges Vorgehen die Fristversäumnis verschuldet hatte (BGH, Beschluss v. 20.6.2023, 2 StR 39/23).
Das Gericht sollte das richtige sein
Bei der Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes per BeA muss der Anwalt prüfen, ob der Schriftsatz an das richtige Gericht adressiert ist. In einem vom BGH entschiedenen Fall hatte der Anwalt die Einlegung der Berufung seiner für die Nutzung des BeA geschulten Mitarbeiterin übertragen. Diese delegierte die Aufgabe an eine Auszubildende, die den Berufungsschriftsatz versehentlich an das LG anstatt an das zuständige OLG adressierte. Die Berufung wurde schließlich als verfristet zurückgewiesen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des BGH hätte der Anwalt die Adressierung überprüfen müssen. Im übrigen sei das LG auch nicht verpflichtet gewesen, den Schriftsatz an das OLG, mit dem eine gemeinsame zentrale Eingangsstelle bestand, weiterzuleiten (BGH, Beschluss v. 26.1.2023, I ZB 42/22).