Entscheidungsstichwort (Thema)
Bürgschaftsübernahme
Leitsatz (amtlich)
Die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft können im Innenverhältnis wirksam vereinbaren, daß die Kommanditisten ihre Pflichteinlage durch Übernahme einer Bürgschaft oder dadurch leisten, daß an den Bürgschaftsgläubiger gezahlt wird. Die Frage, ob sie in diesem Fall durch die Bürgschaftsübernahme oder durch die Zahlung auf die Bürgschaft zugleich von ihrer Kommanditistenhaftung gegenüber Gläubigern der Gesellschaft frei geworden sind, ist davon streng zu trennen.
Normenkette
HGB § 171
Tatbestand
Der Beklagte, der einen Kommanditanteil an der D.-GmbH & Co. KG (D.) in Höhe von 150.000,-- DM hielt, schloß im Jahre 1986 mit dem Kläger einen Treuhandvertrag, nach welchem dieser den genannten Anteil, auf den bis dahin die Hälfte der Einlage in bar eingezahlt worden war, treuhänderisch für den Beklagten übernehmen sollte. Der Kläger wurde 1987 in das Handelsregister als Sonderrechtsnachfolger eingetragen. Mit Schreiben vom 21. September 1988 kündigte der Beklagte den Treuhandvertrag, der für diesen Fall bestimmt:
"Der Treuhänder tritt bereits jetzt mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der Absendung der Kündigung den Geschäftsanteil an den Treugeber ab."
Eine Änderung der Handelsregistereintragung ist bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht herbeigeführt worden. Der Beklagte, sein Bruder und ihre Ehefrauen, die sich der Sparkasse O. gegenüber in Höhe von 75.000,-- DM für alle Forderungen dieses Instituts gegen die D. verbürgt hatten, sind, nachdem ein befristeter Kontokorrentkredit von der D. nicht pünktlich zurückgeführt worden war, aus der Bürgschaft in Anspruch genommen und vom Landgericht Stade zur Zahlung verurteilt worden. Der Bruder des Beklagten übersandte der Sparkasse daraufhin am 9. März 1990 einen Verrechnungsscheck über 79.000,-- DM mit dem Bemerken, die Zahlung diene der Erbringung der ausstehenden Einlage des Beklagten bei der D. und zugleich der Erledigung der genannten titulierten Bürgschaftsforderung gegen die vier Bürgen.
Unabhängig von dem Beklagten hatte sich auch der Kläger für die D. in Höhe von 50.000,-- DM verbürgt und einen Betrag in dieser Höhe an die Gläubigerin bezahlt. Im Zusammenhang damit erwirkte der Kläger mehrere Titel über insgesamt 66.481,47 DM gegen die D.. Als er von der D. mit Schreiben vom 10. Oktober 1989 auf Zahlung der zweiten Hälfte der Kommanditeinlage in Anspruch genommen wurde, erklärte er am 19. Dezember 1989 die Aufrechnung mit den titulierten Forderungen. Zugleich verlangte er von dem Beklagten Zahlung in entsprechender Höhe, weil er, der Kläger, den Beklagten in dieser Höhe von seiner Einlageschuld befreit habe. Am 5. Dezember 1990 erwirkte der Kläger erneut einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß gegen die D., mit dem er in deren angeblichen Anspruch gegen den Beklagten auf Einzahlung der restlichen Kommanditeinlage vollstreckte.
Der Kläger hat von dem Beklagten Zahlung von insgesamt 66.481,47 DM verlangt. Das Landgericht hat dem Begehren durch Versäumnisurteil über 5.500,-- DM und streitiges Urteil über 60.981,47 DM zuzüglich Zinsen entsprochen. Dabei hat es angenommen, daß 6.481,47 DM von dem Beklagten als Aufwendungsersatz geschuldet werden, während sich der Kläger wegen des weiteren Betrages von 60.000,-- DM auf die Pfändung und Überweisung des Anspruchs der D. gegen den Beklagten auf Einzahlung der Resteinlage stützen könne. Die Berufung des Beklagten hatte nur hinsichtlich des Zinsbegehrens teilweise Erfolg. Der Senat hat die Revision des Beklagten nur hinsichtlich des 981,47 DM zuzüglich Zinsen übersteigenden Betrages angenommen.
Entscheidungsgründe
Soweit der Senat die Revision angenommen hat, ist sie begründet und führt sie zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Oberlandesgericht angenommen, daß der Kläger die 60.000, DM, über die noch nicht rechtskräftig befunden worden ist, allein aufgrund des von ihm erwirkten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 5. Dezember 1990 fordern kann. Dabei spielt es für die Entscheidung keine Rolle, ob - worauf das Berufungsgericht, das zwischen Hafteinlage und Pflichteinlage nicht genau unterscheidet (vgl. dazu v. Gerkan, EWiR 1994, 367 f. m.w.N.), abzustellen scheint - der Beklagte durch die Bürgschaftsübernahme oder die Zahlung seines Bruders vom 9. März 1990 von seiner aus §§ 171 Abs. 1, 172 HGB folgenden Haftung gegenüber Gläubigern der D. frei geworden ist. Erfaßt von der Pfändung und Überweisung wird nur der aus dem gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis zwischen der D. und dem Beklagten herzuleitende Anspruch auf vollständige Einzahlung der Pflichteinlage.
Abweichend von der dem angefochtenen Urteil zugrundeliegenden Ansicht hätten die Gesellschafter der D. im Innenverhältnis wirksam vereinbaren können, daß die Kommanditisten ihre Pflichteinlage auch durch die Übernahme einer Bürgschaft leisteten (vgl. allg. hierzu: Staub/Schilling, HGB, 4. Aufl., § 161 Rdnr. 17, 23; Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., § 161 Rdnr. 24; Schlegelberger/K. Schmidt aaO. § 171 Rdnr. 11; v. Falkenhausen in MünchHandb. z. Gesellschaftsrecht, Bd. 2, § 15 KG Rdnr. 2 ff.; § 14 KG Rdnr. 14 ff., 48). Ungeachtet des unzutreffenden Ausgangspunktes erweist sich das Berufungsurteil in diesem Punkt im Ergebnis aber als richtig, weil nach dem widersprüchlichen Vortrag des Beklagten nicht angenommen werden kann, daß schon die Übernahme der Bürgschaft als verabredete Einlageleistung der Kommanditisten der D. angesehen worden ist.
Begründet ist das Rechtsmittel aber deswegen, weil das Berufungsgericht, wie die Revision mit Recht rügt, entscheidungserheblichen Vortrag des Beklagten übergangen hat. Nach dem vom Oberlandesgericht nicht geprüften und für die Revisionsinstanz deswegen als richtig zu unterstellenden, obendrein durch Vorlage von Urkunden belegten Vortrag des Beklagten hatte die Sparkasse der D. einen Kontokorrentkredit von 380.000,-- DM gewährt, für den u.a. er sich in Höhe von 75.000,-- DM verbürgt hatte; nachdem die Sparkasse im Oktober 1988 den Kredit gekündigt und auf Rückführung des Saldos gedrängt hatte, haben die Gesellschafter am 29. Dezember 1988 beschlossen, die ausstehenden Einlagen einzufordern. Das ist in der Weise geschehen, daß die D. den Beklagten aufgefordert hat, die ausstehende Einlage unverzüglich einzuzahlen und ihm zugleich mitgeteilt hat, er erhalte nach erbrachter Zahlung die von ihm gegebene Bürgschaft umgehend zurück. Gleichzeitig hat auch die Sparkasse mit Schreiben vom 13. Januar 1989 den Beklagten unter Hinweis auf den Einzahlungsbeschluß der D. aufgefordert, die "gegen Ihre Bürgschaft" vorfinanzierte Einlage auf ein bestimmtes Konto bei ihr einzuzahlen, was schuldbefreiende Wirkung ihr gegenüber haben werde. Dies hätte dem Berufungsgericht Anlaß zu der Prüfung der Richtigkeit des weiteren Vorbringens des Beklagten geben müssen, es sei bei Fassung des Einzahlungsbeschlusses von der Gesellschafterversammlung entschieden worden, mit der Zahlung an die Sparkasse solle zugleich die Einlageschuld erfüllt werden. Hätte nämlich die Ablösung der Kreditschuld der D. durch ihre Kommanditisten vereinbarungsgemäß als Verrechnung der Einlageschuld gelten sollen, bedurfte es der vom Berufungsgericht vermißten Aufrechnungserklärung nicht mehr. Die Zahlung des Bruders des Beklagten vom 9. März 1990, anläßlich derer er auf die genannte Verrechnungsabrede hingewiesen hat, hätte dann den Anspruch der D. auf Erbringung der Pflichteinlage zum Erlöschen gebracht, und der von dem Kläger am 5. Dezember 1990 erwirkte Pfändungs- und Überweisungsbeschluß wäre ins Leere gegangen.
Die Zurückverweisung der Sache gibt dem Berufungsgericht die Gelegenheit, die erforderliche Prüfung nachzuholen.
Fundstellen