Entscheidungsstichwort (Thema)
Handelsvertretervertrag. Vertragliches Wettbewerbsverbot. Unberechtigte fristlose Kündigung. Konkurrenztätigkeit vor rechtswirksamer Kündigung
Leitsatz (amtlich)
a) Der Handelsvertreter, der nach einer unwirksamen fristlosen Kündigung seitens des Unternehmers am Vertrag festhalten und die sich hieraus ergebenden Rechte nach wie vor in Anspruch nehmen will, hat sich grundsätzlich bis zur rechtswirksamen Beendigung des Vertrages weiterhin jeden Wettbewerbs zu enthalten, der geeignet ist, die Interessen des Unternehmers zu beeinträchtigen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 17. Oktober 1991 – I ZR 248/99, WM 1992, 311).
b) Bei der Prüfung der Frage, ob die Ausübung des Rechts des Unternehmers, nach einer unwirksamen fristlosen Kündigung dem Handelsvertreter wegen der nunmehrigen Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit fristlos zu kündigen, nach Treu und Glauben ausnahmsweise unzulässig ist, bedarf es einer Abwägung aller Umstände des Einzelfalles.
Normenkette
HGB § 89a Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 21. Juni 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von mehreren durch die Beklagte ausgesprochenen fristlosen Kündigungen des zwischen ihnen abgeschlossenen Handelsvertretervertrages.
Die Beklagte produziert und vertreibt kältetechnische Geräte. Aufgrund eines im Februar 1987 abgeschlossenen Vertrages war der Kläger seitdem für die Beklagte als Gebietsvertreter tätig. Nach § 12 der vertraglichen Vereinbarung war es dem Kläger untersagt, innerhalb der Warengruppe der Beklagten Erzeugnisse anderer Firmen zu verkaufen oder zu vertreten oder sich an anderen Unternehmen, die mit der Beklagten konkurrieren, zu beteiligen.
Am 14. Mai 2001 kündigte die Beklagte den Vertrag ohne vorherige Abmahnung fristlos mit der Begründung, der Kläger habe der Firma B. B. GmbH, einem ihrer, der Beklagten, Kunden, einen dort Bäckereiprodukte einkaufenden Abnehmer abgeworben; die Firma B. B. GmbH habe aufgrund der Aktivitäten des Klägers die Geschäftsbeziehungen zu ihr, der Beklagten, abgebrochen und ihr einen vorgesehenen Auftrag nicht erteilt. Die Beklagte lehnte anschließend die Annahme von Kundenaufträgen durch den Kläger ab.
Mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2001 – der Kläger hatte inzwischen Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 14. Mai 2001 erhoben – kündigte die Beklagte erneut fristlos das Vertragsverhältnis. Diese Kündigung begründete die Beklagte mit drei Vorfällen:
(1) im Jahre 2000 habe der Kläger die Firma H. K., die bis dahin Backprodukte bei der Firma B. B. GmbH eingekauft hatte, dieser Firma abgeworben;
(2) im Juni 2000 habe der Kläger einen über ihn der Beklagten erteilten Auftrag der Firma E. zur Umsetzung einer Kälteanlage nicht an die Beklagte, sondern an das mit ihr konkurrierende Unternehmen W. vergeben;
(3) im Juni 2001 habe der Kläger U. W., der sich für eine Kälteanlage interessiert habe, an das mit der Beklagten im Wettbewerb stehende Unternehmen C. -Kältetechnik verwiesen.
Während des Berufungsverfahrens kündigte die Beklagte am 27. November 2001 wiederum fristlos, weil der Kläger im Oktober 2001 mehrere Tage in L. auf dem Messestand der Firma C. GmbH in entsprechender Firmenkleidung tätig gewesen sei.
Das Landgericht hat der Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigungen stattgegeben, das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen.
Das Berufungsgericht hat im Tenor seiner Entscheidung die Revision zugelassen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die Revision sei zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zur Frage der Konkurrenztätigkeit des Handelsvertreters nach Ausspruch einer unberechtigten Kündigung zuzulassen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Die fristlosen Kündigungen durch die Beklagte seien sämtlich unwirksam. Das Verhalten des Klägers, welches die Beklagte zum Anlaß ihrer Kündigung vom 14. Mai 2001 genommen habe, sei kein Verstoß gegen das vertraglich vereinbarte Konkurrenzverbot. Der Kläger sei lediglich in Konkurrenz zu einem Kunden der Beklagten getreten. Der Beklagten wäre daher eine Fortsetzung des Vertrages jedenfalls bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 28. Februar 2002 zumutbar gewesen.
Zumindest hätte es einer vorherigen Abmahnung durch die Beklagte bedurft. Dies gelte auch für die zweite fristlose Kündigung, soweit diese damit begründet worden sei, der Kläger habe die Firma H. K. GmbH als Kundin der Firma B. B. GmbH für Backwaren abgeworben. Soweit diese zweite Kündigung auf das Verhalten des Klägers gegenüber der Firma E. gestützt worden sei, habe ein einmaliger Verstoß gegen das den Kläger treffende Konkurrenzverbot nicht das Gewicht, die fristlose Kündigung einer über 14 Jahre bestehenden vertraglichen Beziehung zu rechtfertigen. Bei der gebotenen Abwägung sei zu berücksichtigen, daß der vertragswidrig an einen Dritten geleitete Auftrag nicht die Bestellung einer neuen, sondern lediglich die Umsetzung einer vorhandenen Anlage betroffen habe. Jedenfalls hätte es vor einer Kündigung einer (fruchtlosen) Abmahnung bedurft. Die Vermittlung des Auftrags W. an die Firma C. -Kältetechnik – weitere Begründung für die fristlose Kündigung vom 1. Oktober 2001 – und die Tätigkeit für diese Firma auf der Leipziger Messe – Begründung für die fristlose Kündigung vom 27. November 2001 – seien zwar Verstöße gegen das vertragliche Konkurrenzverbot. Doch sei zu berücksichtigen, daß der Kläger dieses Verhalten erst nach der fristlosen Kündigung vom 14. Mai 2001 an den Tag gelegt habe und erst nachdem die Beklagte ihm erklärt hatte, sie werde von ihm vermittelte Aufträge nicht mehr annehmen. Dem Kläger könnte schon zur Sicherung seines Lebensunterhaltes nicht zugemutet werden, auf einschlägige Provisionen von Konkurrenzfirmen zu verzichten, wenn die vorangegangene fristlose Kündigung des Unternehmers unberechtigt sei und dieser weitere Vertragsvermittlungen durch den Handelsvertreter ablehne.
II.
Das Urteil unterliegt aufgrund der Zulassung durch das Berufungsgericht in vollem Umfang der revisionsgerichtlichen Nachprüfung. Auch angesichts der Formulierung in den Entscheidungsgründen, wonach die Zulassung wegen der Frage einer Konkurrenztätigkeit nach Ausspruch einer unberechtigten Kündigung erfolgt ist, ist die Zulassung nicht beschränkt auf die Beurteilung der Kündigungsgründe, die aus der Konkurrenztätigkeit des Klägers hergeleitet werden. Zwar ist nicht entscheidend, daß das Oberlandesgericht die Revision in der Urteilsformel ohne Einschränkung zugelassen hat. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß sich eine wirksame Beschränkung der Zulassung auch aus der Begründung ergeben kann, die in dem Urteil für die Zulassung gegeben wird (zuletzt BGH, Urteil vom 9. März 2000 – III ZR 356/98, NJW 2000, 1794 unter II. 1). Vorliegend könnte die Begründung für die Zulassung dafür sprechen, daß eine Revision nur statthaft sein soll, soweit das Berufungsgericht Fragen zur Konkurrenztätigkeit des Handelsvertreters nach einer unberechtigten Kündigung entschieden hat. Es bleiben jedoch Zweifel, ob das Oberlandesgericht mit seinen Ausführungen nicht möglicherweise nur den Anlaß für seine Entscheidung, die Revision zuzulassen, nennen wollte. Fehlt es jedoch an einer eindeutigen Beschränkung der Zulassung, ist die Revision unbeschränkt zugelassen (BGH, Urteil vom 11. Oktober 1994 – VI ZR 303/93, NJW 1995, 452 unter II). Unter diesen Umständen kann es dahinstehen, ob eine solche Beschränkung hier wirksam gewesen wäre (vgl. Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 543 Rdnrn. 10-13 und 20).
III.
Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Nach seinen bisherigen Feststellungen und unter Zugrundelegung des Vorbringens der Beklagten ist die Annahme des Berufungsgerichts nicht gerechtfertigt, daß sämtliche Kündigungen der Beklagten unwirksam sind. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne des § 89 a Abs. 1 Satz 1 HGB gegeben, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung nicht zugemutet werden kann. Ob dies der Fall ist, unterliegt nur eingeschränkter revisionsrechtlicher Nachprüfung, die sich darauf zu beschränken hat, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff des wichtigen Grundes verkannt hat, ob ihm von der Revision gerügte Verfahrensverstöße unterlaufen sind, ob es etwa wesentliche Tatumstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt hat oder Erfahrungssätze verletzt hat (BGH, Urteil vom 17. Januar 2001 – VIII ZR 186/99, WM 2001, 1031 unter II 1 m.w.Nachw.). Grundsätzlich bedarf es vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung einer Abmahnung, die nur dann entbehrlich ist, wenn das Fehlverhalten des Vertragspartners die Vertrauensgrundlage in so schwerwiegender Weise erschüttert hat, daß diese auch durch eine erfolgreiche Abmahnung nicht wieder hergestellt werden könnte (BGH, Urteil vom 17. Januar 2001 aaO unter II 3; BGH, Urteil vom 26. Mai 1999 – VIII ZR 123/98, WM 1999, 1986 unter II 3).
Daß diese Voraussetzungen für einen wichtigen Kündigungsgrund durch die Verhaltensweisen des Klägers nicht erfüllt sind und der Beklagten daher eine Fortsetzung des Vertrages bis zum 28. Februar 2002 zumutbar war, kann nach den Ausführungen des Berufungsgerichts auch unter Berücksichtigung des ihm eingeräumten tatrichterlichen Beurteilungsspielraums nach dem bisherigen Sachstand nicht angenommen werden.
1. Allerdings hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei einen wichtigen Grund für die Kündigung verneint, soweit die Kündigungen vom 14. Mai und 1. Oktober 2001 darauf gestützt waren, daß der Kläger der Firma B. B., einem (potentiellen) Kunden der Beklagten, Abnehmer von Backwaren abgeworben habe. Dem Berufungsgericht ist darin zu folgen, daß der Kläger damit nicht einen Verstoß gegen seine Verpflichtung zur Einhaltung seines vertraglichen Wettbewerbsverbotes begangen hat, der eine fristlose Kündigung gerechtfertigt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 26. Mai 1999 aaO unter II 2; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene, § 89 a Rdnr. 33).
Das Berufungsgericht hat auch erwogen, ob der Kläger seine allgemeinen Pflichten aus dem Handelsvertretervertrag, hier die Pflicht, die Interessen des Unternehmers wahrzunehmen (§ 86 Abs. 1 HGB), dadurch verletzt hat, daß er die Geschäftsbeziehungen zwischen der Beklagten und ihrem Kunden nachhaltig beeinträchtigt hat; dies hat das Berufungsgericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme rechtsfehlerfrei verneint. Daß der Kläger die Interessen der Beklagten durch die Tätigkeit für ein weiteres Unternehmen vernachlässigt hat, hat das Berufungsgericht im Hinblick auf den von ihm für die Beklagte erwirtschafteten Jahresumsatz von 3,5 Millionen DM bis 3,6 Millionen DM – ein Ergebnis weit über dem versprochenen Mindestumsatz von 1,2 Millionen DM – zu Recht nicht angenommen. Ob es vor einer fristlosen Kündigung einer Abmahnung bedurft hätte, was das Berufungsgericht hilfsweise geprüft und bejaht hat, kann dahingestellt bleiben.
2. Erfolglos wendet sich die Revision ferner gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, ein wichtiger Grund zu der fristlosen Kündigung vom 1. Oktober 2001 könne auch nicht darin gesehen werden, daß der Kläger – wie die Beklagte erst im September 2001 erfahren habe – im Juni 2000 den Auftrag der Bäckerei E. zur Umsetzung einer Kälteanlage, einer K. -Anlage, nicht an die Beklagte, sondern an die Firma K. -W. geleitet habe und die Rechnung nicht an die Firma E., sondern an eine von seiner Ehefrau betriebene Firma habe ausstellen lassen.
Das Berufungsgericht ist der Behauptung des Klägers nicht nachgegangen, die Beklagte sei seinerzeit aus zeitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen, den Auftrag auszuführen, und daher einverstanden gewesen, daß dieser an eine Fremdfirma vergeben werde, und es hat von einer Beweisaufnahme abgesehen. Wenn das Berufungsgericht meint, der einmalige – unterstellte – Verstoß sei kein hinreichender Grund, den bereits über 14 Jahre bestehenden Handelsvertretervertrag fristlos zu beenden, ist dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Im Hinblick auf die nachrangige Bedeutung dieses Auftrages zur Umsetzung einer Kälteanlage durfte das Berufungsgericht im Rahmen der ihm obliegenden tatrichterlichen Würdigung noch annehmen, daß dieses vertragswidrige Verhalten des Klägers ohne vorherige Abmahnung seitens der Beklagten eine fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt hätte.
3. Zu Recht rügt die Revision jedoch die Beurteilung des Verhaltens des Klägers durch das Berufungsgericht, soweit dieser durch seine Tätigkeit für die mit der Beklagten in Konkurrenz stehende Firma C. -Kältetechnik dem Wettbewerbsverbot zuwidergehandelt hat; dieses Vorgehen hat die Beklagte als weiteren Grund für ihre fristlose Kündigung vom 1. Oktober 2001 genannt, und hierdurch wurde sie zu ihrer fristlosen Kündigung vom 27. November 2001 veranlaßt. Die Erwägungen des Berufungsgerichts, das Konkurrenzverbot könne für die Zeit, in der der Handelsvertretervertrag zwar gekündigt, aber noch nicht ausgelaufen sei, dann nicht gelten, wenn der Unternehmer eine „eindeutig unwirksame fristlose Kündigung” ausgesprochen und die weiteren Dienste des Handelsvertreters abgelehnt habe, sind nicht frei von Rechtsfehlern.
a) Nach ständiger Rechtsprechung hat sich der Handelsvertreter, wenn er nach einer unwirksamen fristlosen Kündigung durch den Unternehmer die sich aus dem Vertrag für ihn ergebenden Rechte weiterhin in Anspruch nehmen will, auch nach der fristlosen Kündigung bis zur rechtswirksamen Beendigung des Vertrages jeden Wettbewerbs zu enthalten, der geeignet ist, die Interessen des Unternehmers zu beeinträchtigen (BGH, Urteil vom 17. Oktober 1991 – I ZR 248/89, WM 1992, 311 unter II, 1; BGH, Urteil vom 30. Juni 1954 – II ZR 26/53, LM HGB § 89 a Nr. 1 = MDR 1954, 606 unter 3). An dieser Rechtsprechung, die im Schrifttum überwiegend Zustimmung gefunden hat (MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene § 89 a Rdnr. 33 und 78; Schlegelberger-Schröder, HGB, 5. Aufl., § 89 a Rdnr. 20 a; a.A. Löwisch in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, § 89 a Rdnr. 60) hält der Senat fest. Der Handelsvertreter, dem zu Unrecht gekündigt worden ist, kann sich von dem Wettbewerbsverbot befreien, indem er dem Unternehmer wegen dessen ungerechtfertigten Verhaltens seinerseits kündigt und Ersatz des „Aufhebungsschadens” verlangt (BGHZ 53, 150; Löwisch aaO, § 89 a Rdnr. 59); die Verletzung der vertraglichen Pflicht seitens des Unternehmers, den Bestand des Vertrages nicht ohne rechtfertigenden Grund zu gefährden, reicht für einen derartigen Schadensersatzanspruch aus (Löwisch aaO § 89 a Rdnr. 59).
b) Allerdings kann es Fälle geben, in denen die Ausübung des Rechts zur fristlosen Kündigung seitens des Unternehmers wegen der Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit des Handelsvertreters auch bei Fortbestehen des Vertragsverhältnisses nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausnahmsweise unzulässig ist und der kündigende Unternehmer deshalb auf die Möglichkeit zu verweisen ist, das Vertragsverhältnis durch ordentliche Kündigung zu beenden (BGH, Urteil vom 17. Oktober 1991 aaO unter II, 3 b; BGH, Urteil vom 30. Juni 1954 aaO unter 3). Hierzu hätte es jedoch, wie die Revision zu Recht beanstandet, einer Abwägung aller Umstände des Einzelfalles bedurft. Eine solche umfassende Würdigung hat das Berufungsgericht unterlassen, wenn es den Handelsvertreter in der Regel schon für den Fall von seinem Wettbewerbsverbot befreien will, daß ihm zu Unrecht gekündigt worden ist und weitere Dienste nicht entgegengenommen wurden. Zu Recht rügt die Revision auch, daß es das Berufungsgericht – obwohl der Handelsvertreter mit einer ihm seinerseits möglichen fristlosen Kündigung einen dem § 89 a Abs. 2 HGB gleichartigen Anspruch erwerben würde – grundsätzlich für unangemessen hält, wenn er, soweit er an dem Vertrag festhalten will, weiter an das Wettbewerbsverbot gebunden bleibt.
Das Berufungsgericht wird bei der insoweit gebotenen Gesamtbetrachtung einerseits zugunsten des Handelsvertreters die lange Dauer seines Vertragsverhältnisses und die von ihm für die Beklagte erwirtschafteten erheblichen Umsätze zu berücksichtigen haben. Andererseits darf aber nicht übersehen werden, daß der Kläger, indem er den Kunden U. W. an die mit der Beklagten im Wettbewerb stehende Firma C. -Kältetechnik verwiesen hat, die Belange seiner Vertragspartnerin erheblich beeinträchtigt und ihr, wenn es zu einer Vergabe des Auftrages an das Konkurrenzunternehmen gekommen ist, einen Schaden zugefügt hat. Mit seinem Auftreten auf der Leipziger Messe während der Zeit vom 13. bis 15. Oktober 2001 auf dem Stand der Firma C. -GmbH in entsprechender Firmenkleidung hat der Kläger den in der Branche Tätigen und damit auch allen Kunden der Beklagten augenfällig gemacht, daß er nunmehr nicht mehr die Beklagte, sondern die Firma C. vertreten werde und für deren Produkte werben wolle. Im Rahmen der Gesamtabwägung des Verhaltens des Klägers darf auch nicht außer acht gelassen werden, daß zwar in der Konkurrenztätigkeit gegenüber der Firma B. B. GmbH kein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot zu sehen ist, daß aber durch dieses Verhalten das Vertragsverhältnis zwischen den Beteiligten fühlbar belastet und dabei die Gefahr einer Schädigung der Beklagten durch Verlust eines (potentiellen) Kunden hervorgerufen wurde. Hat der Kläger im Juni 2000 den über ihn der Beklagten erteilten Auftrag der Firma E. zur Umsetzung einer Kälteanlage ohne Einwilligung der Beklagten an das Konkurrenzunternehmen W. weitergeleitet – was vom Berufungsgericht bisher nur unterstellt wurde – wird das Berufungsgericht auch diesen Umstand in seine Erwägungen einzubeziehen haben.
Unterschriften
Dr. Deppert, Dr. Hübsch, Dr. Leimert, Wiechers, Dr. Wolst
Fundstellen