Entscheidungsstichwort (Thema)
LPG in Liquidation. Vermögensübergang auf KG. Kommanditbeteiligungen mit Vorkaufs- und Übernahmerecht der LPG-Mitglieder. Zustimmungserfordernis. Vollversammlung. Ordnungsgemäße Einladung. Anfechtbarer Beschluss bei Wortentzug und offenen Fragen
Leitsatz (amtlich)
a) Überträgt eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) in Liquidation ihr gesamtes Vermögen auf eine KG gegen Übernahme der Schulden und Einräumung von Kommanditbeteiligungen zu Gunsten der Mitglieder der LPG, bedarf es dafür jedenfalls dann nicht der Zustimmung sämtlicher Mitglieder, wenn in dem Vertrag die Möglichkeit vorgesehen ist, dass die Mitglieder von ihrem Vorkaufs- und Übernahmerecht aus § 42 Abs. 2 LwAnpG Gebrauch machen.
b) Eine solche Übertragung verstößt auch nicht gegen § 90 Abs. 1 GenG.
c) Die Einladung zu der Vollversammlung einer LPG ist nur dann ordnungsgemäß, wenn entweder Einladungsschreiben an alle Mitglieder geschickt werden oder die Einladung durch Einrücken in öffentliche Blätter bekannt gemacht wird.
d) Wird einem Mitglied der LPG in der Vollversammlung zu einem Beschlussgegenstand ohne Grund das Wort entzogen, ist der daraufhin gefasste Beschluss anfechtbar. Das Gleiche gilt, wenn Fragen nicht beantwortet werden, die in einem nicht nur ganz unbedeutenden Zusammenhang mit dem Beschlussgegenstand stehen, so dass die begehrten Informationen zu dessen sachgemäßer Beurteilung erforderlich sind.
Normenkette
LwAnpG § 42; GenG §§ 51, 87-88, 90-91; AktG §§ 241, 243
Verfahrensgang
Thüringer OLG (Urteil vom 19.11.2002; Aktenzeichen 8 U 1427/01) |
LG Mühlhausen |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des OLG Jena in Jena v. 19.11.2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger ist Mitglied der beklagten landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) in Liquidation. Auf einer von der Beklagten und einer anderen LPG abgehaltenen gemeinsamen Vollversammlung am 20.12.1990 war beschlossen worden, die beiden LPG'en zusammenzuschließen und sie auf die Streithelferin der Beklagten, die A. mbH & Co. KG, und deren persönlich haftende Gesellschafterin zu übertragen. Mit Urt. v. 7.11.1997 stellte der Landwirtschaftssenat des BGH fest, dass diese Umwandlung unwirksam war und die Beteiligten LPG'en als "unerkannte" Liquidationsgesellschaften fortbestehen (BGH v. 7.11.1997 - LwZR 1/97, BGHZ 137, 134). Daraufhin schlossen die Liquidatoren der Beklagten mit der Streithelferin am 10.3.1999 einen notariell beurkundeten Unternehmenskaufvertrag, mit dem das gesamte Vermögen der Beklagten mit Wirkung zum 1.1.1991 auf die Streithelferin übertragen wurde. Die Streithelferin verpflichtete sich in dem Vertrag, sämtliche Verbindlichkeiten der Beklagten zu übernehmen, den Mitgliedern der Beklagten Kommanditbeteiligungen zu gewähren und 40 Arbeitsplätze für die Dauer von zehn Jahren zu erhalten. Im Übrigen enthält der Vertrag in Abschnitt B IV § 5 die folgende Bestimmung:
"Der Vertrag soll von der Generalversammlung der LPG bestätigt werden. Die Liquidatoren sind verpflichtet, unverzüglich eine Generalversammlung einzuberufen ... Erfolgt eine solche Generalversammlung nicht bis zum 30.6.1999, so gilt die Genehmigung als erteilt."
Die Liquidatoren luden die Mitglieder der Beklagten - ob alle Mitglieder, ist streitig - schriftlich zu einer Vollversammlung am 24.3.1999 ein. Als Tagesordnungspunkt kündigten sie u.a. die Beschlussfassung über den Unternehmenskaufvertrag an. In der Vollversammlung wurde mit 212 Ja-Stimmen und 7 Nein-Stimmen der Beschluss gefasst, den Unternehmenskaufvertrag zu bestätigen und zu genehmigen. Der Kläger übergab dem Protokollführer einen schriftlichen Widerspruch gegen diesen Beschluss.
Mit seiner Klage hat der Kläger beantragt, den Beschluss für nichtig zu erklären, hilfsweise festzustellen, dass der Beschluss nichtig ist, äußerst hilfsweise festzustellen, dass der Beschluss unwirksam ist. Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
I. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Klage zulässig ist. Insbesondere fehlt ihr nicht das Rechtsschutzbedürfnis.
Die Revisionserwiderung hält insoweit die gegenteilige Auffassung des LG für zutreffend, die Wirksamkeit des Vertrages, den die Vollversammlung genehmigt habe, sei von dieser Genehmigung nicht abhängig gewesen, deshalb sei der angefochtene Beschluss im Falle seiner Unwirksamkeit so zu behandeln, als sei er gar nicht gefasst worden, und folglich fehle der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage das Rechtsschutzbedürfnis. Das Berufungsgericht geht demgegenüber davon aus, dass der bloße Vortrag des Klägers, er sei durch den Unternehmenskaufvertrag in seinen Rechten verletzt worden, ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage begründe. Dem ist im Ergebnis zu folgen.
Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, ist die gesellschaftsrechtliche Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage als Instrument zur Kontrolle der Gesetz- und Rechtmäßigkeit des Organhandelns einer Kapitalgesellschaft ausgestaltet und in die Hände der Gesellschafter gelegt, so dass sich das Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Klage bereits daraus ergibt, dass ihre Erhebung der Herbeiführung eines Gesetz und Satzung entsprechenden Rechtszustandes dient (BGHZ 43, 261 [265 f.]; BGHZ 70, 117 [118]; v. 22.5.1989 - II ZR 206/88, BGHZ 107, 296 [308] = AG 1989, 399 = MDR 1989, 1081). Inwieweit davon Ausnahmen zu machen sind, wenn sich der angefochtene Beschluss aus besonderen Gründen auf das Verhalten der Organe nicht auswirken kann (BGHZ 21, 354 [356]; BGH, Urt. v. 17.9.1964 - II ZR 136/62, WM 1964, 1188 [1191]), braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden. Dieser Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
II. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Klage - nach dem für das Revisionsverfahren als richtig zu unterstellenden Sachvortrag des Klägers - auch begründet.
1. Der Beschluss der Vollversammlung v. 24.3.1999 ist in entsprechender Anwendung der §§ 241 ff. AktG (BGHZ 70, 384 [387]; BGH v. 1.7.1994 - BLw 17/94, BGHZ 126, 335 [338] = MDR 1995, 429) nichtig.
a) Allerdings bedurfte die Entscheidung, das Vermögen der LPG nicht in Geld umzusetzen, sondern gegen Übernahme der Verbindlichkeiten und Einräumung von Kommanditbeteiligungen zu Gunsten der bisherigen Mitglieder der LPG zu veräußern, entgegen der Auffassung der Revision nicht der Zustimmung sämtlicher Mitglieder der LPG. Sie konnte vielmehr von der Vollversammlung durch Mehrheitsbeschluss getroffen werden. Ob dafür analog § 16 Abs. 2 GenG eine Mehrheit von mindestens 3/4 der abgegebenen Stimmen erforderlich war, kann offen bleiben. Diese Mehrheit ist hier erreicht worden.
aa) Im Recht der eingetragenen Genossenschaften, auf das § 42 LwAnpG verweist, gilt zwar der Grundsatz, dass bei einer Liquidation das Vermögen der Genossenschaft nach Beendigung der laufenden Geschäfte und Erfüllung der Verbindlichkeiten "in Geld" umzusetzen und dieses Geld unter den Genossen zu verteilen ist, § 88 S. 1, § 91 Abs. 1 S. 1 GenG. Davon kann aber abgewichen werden. So ist es zulässig, im Rahmen der Liquidation das Unternehmen der Genossenschaft an eine andere Gesellschaft zu veräußern und dabei als Gegenleistung keinen Kaufpreis in Geld zu vereinbaren, sondern eine Beteiligung der Genossen an der als Käuferin auftretenden Gesellschaft nach dem Verhältnis der Anteile an der Genossenschaft. Streitig ist lediglich die Frage, ob von dem Gebot der Versilberung des Gesellschaftsvermögens nur mit Zustimmung sämtlicher Genossen abgewichen werden kann (Müller, GenG, 2. Aufl., § 88 Rz. 4; ebenso für die LPG OLG Dresden, Beschl. v. 5.7.2001 - WLw 1387/00, NL-BzAR 2001, 451 [457 f.] unter Hinweis auf die Leitbilder der §§ 88, 91 GenG, § 42 LwAnpG) oder ob dafür ein Mehrheitsbeschluss der Generalversammlung genügt (Beuthien, GenG, 13. Aufl., § 88 Rz. 4; Schaffland in Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland, GenG, 33. Aufl., § 88 Rz. 3; Röhrich in Hettrich/Pöhlmann/Gräser/Röhrich, GenG, 2. Aufl., § 88 Rz. 5). Die gleiche Frage stellt sich auch bei der Liquidation einer Aktiengesellschaft nach § 268 Abs. 1, § 271 Abs. 1 AktG (für Mehrheitsbeschluss RGZ 62, 56 [58]; RGZ 124, 279 [300]; Wiedemann in Großkomm.z.AktG, 3. Aufl., § 268 Anm. 5; Kraft in Kölner Komm.z.AktG, 2. Aufl., § 268 Rz. 7; dagegen Schlegelberger/Quassowski, AktG, 3. Aufl. 1939, § 209 Rz. 7 - außer bei Verschmelzung; Hüffer in MünchKomm/AktG, 2. Aufl., § 268 Rz. 19 f. unter Bezug auf § 23 Abs. 5 AktG) und bei der Liquidation einer GmbH nach §§ 70, 72 GmbHG (für Mehrheitsbeschluss Hachenburg/Hohner, GmbHG, 8. Aufl., § 70 Rz. 18, § 72 Rz. 17; dagegen Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 9. Aufl., § 70 Rz. 14; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., § 70 Rz. 11 f.; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 72 Rz. 11; Meyer-Landrut, GmbHG, § 72 Rz. 9).
Die Frage braucht im vorliegenden Fall nicht grundsätzlich entschieden zu werden. Jedenfalls bei der Abwicklung einer LPG bedarf es nicht der Zustimmung sämtlicher Mitglieder, wenn statt der Versilberung des LPG-Vermögens das Unternehmen auf eine andere Gesellschaft gegen Gewährung von Anteilsrechten übertragen werden soll. Diese Auffassung hat bereits der Landwirtschaftssenat des BGH in seinem Beschluß v. 8.5.1998 vertreten (BGH v. 8.5.1998 - BLw 39/97, ZIP 1998, 1207 [1208]; a.A. OLG Dresden, Beschl. v. 5.7.2001 - WLw 1387/00, NL-BzAR 2001, 451). Der erk. Senat schließt sich dem an.
Maßgeblich dafür ist die Zielsetzung des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes. Nach §§ 1, 3 LwAnpG sollen mit diesem Gesetz die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass leistungs- und wettbewerbsfähige Landwirtschaftsbetriebe auf der Grundlage von Privateigentum wiederhergestellt werden. Dazu konnte die LPG gem. § 4 LwAnpG ihr Vermögen teilen und die Teile unter Auflösung ohne Abwicklung auf andere, von ihr dadurch gegründete neue Rechtsträger gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaftsrechten an die Mitglieder der LPG übertragen. Sie konnte sich auch gem. §§ 23 ff. LwAnpG durch Formwechsel in eine eingetragene Genossenschaft, eine Personengesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft umwandeln gegen Beteiligung ihrer Mitglieder an dem Unternehmen nach den für die neue Rechtsform geltenden Vorschriften. Schließlich konnte sie gem. § 41 LwAnpG ihre Auflösung beschließen - ab dem 1.1.1992 war sie gem. § 69 Abs. 3 S. 1 LwAnpG von Gesetzes wegen aufgelöst. Für diese Maßnahmen war gem. § 7 Abs. 2, § 25 Abs. 2 LwAnpG jeweils ein Beschluss der Vollversammlung mit einer Mehrheit von 2/3 der abgegebenen Stimmen und der abgegebenen Stimmen der Grundstückseigentümer und sonstiger Inventareinbringer, die Mitglieder der LPG waren, erforderlich.
Aus diesen Regelungen ergibt sich, dass der Zweck des Gesetzes nicht darin besteht, die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften durch Versilberung ihres Vermögens zu zerschlagen. Sie sollten vielmehr unter Weiterbeteiligung ihrer Mitglieder in leistungsfähige landwirtschaftliche Betriebe mit einer dafür passenden Rechtsform überführt werden auf der Grundlage einer gerechten Vermögensverteilung und einer freien unternehmerischen Entscheidung (Wenzel, AgrarR, 2000, 349 [350]; Bayer, ZGR 1998, Sonderheft 14, 22 [31 ff.]; Arlt/Schramm, Landwirtschaftsanpassungsgesetz, 1990, S. 7 ff.). Diese Zielsetzung rechtfertigt es, auch noch im Rahmen der Abwicklung das Interesse der Mehrheit an dem Fortbestand des Betriebes nicht hinter dem Interesse einzelner Mitglieder an einer Auszahlung ihres Abfindungsguthabens in Geld zurücktreten zu lassen, sondern beide Interessen gleichermaßen angemessen zu berücksichtigen.
Für den Ausgleich dieses Interessenwiderstreits hat der Gesetzgeber in dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz Regelungen getroffen. So hatte jedes LPG-Mitglied gem. § 36 LwAnpG die Möglichkeit, aus Anlass einer Umwandlung gegen angemessene Barabfindung aus der neuen Gesellschaft auszuscheiden (Schweizer, Das Recht der landwirtschaftlichen Betriebe nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz, 1994, Rz. 279 ff.). Für das Abwicklungsstadium ist in § 42 Abs. 2 LwAnpG ein Vorkaufsrecht und ein Recht zur Übernahme einzelner Gegenstände zum Schätzwert vorgesehen. Damit hat jedes LPG-Mitglied die Möglichkeit, unabhängig von den Abwicklungsregelungen im übrigen Grundstücke und Inventargegenstände zu erwerben und damit einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb zu begründen oder wieder einzurichten.
Im vorliegenden Fall haben die Beklagte und die Streithelferin das Vorkaufs- und Übernahmerecht der LPG-Mitglieder in dem Unternehmenskaufvertrag berücksichtigt. So enthält Abschnitt B IV § 3 des Vertrages einen Hinweis auf das Vorkaufsrecht der LPG-Mitglieder. Weiter heißt es dort: "Sollten Mitglieder einzelne Gegenstände auf Grund des Vorkaufsrechts erwerben und der Käufer gleichwohl an dem Vertrag im Übrigen festhalten, so steht dem Käufer der Verkaufserlös aus dem mit dem Vorkaufsberechtigten zu Stande gekommenen Vertrag zu". Diese Regelung erfasst nicht nur das Vorkaufsrecht selbst, sondern auch das Recht, einzelne Gegenstände - zum Schätzpreis - zu erwerben.
Bei dieser Gesetzes- und Vertragslage bedarf es keines weiter gehenden Schutzes von LPG-Mitgliedern vor einer mehrheitlich beschlossenen Unternehmensübertragung gegen Anteilsrechte. Kein Mitglied war gezwungen, nur mittelbar als Kommanditist der Streithelferin an deren landwirtschaftlichem Unternehmen teilzunehmen. Vielmehr konnte sich jedes Mitglied durch Erwerb der notwendigen Grundstücke und Inventargegenstände in die Lage versetzen, einen eigenen Hof zu bewirtschaften. Damit ist auch dem Grundsatz der unternehmerischen Freiheit in ausreichender Weise Rechnung getragen.
bb) Entgegen der Auffassung der Revision ist der Beschluss auch nicht wegen Verstoßes gegen § 90 Abs. 1 GenG nichtig. Nach dieser Vorschrift, die auch auf die Liquidation einer LPG anwendbar ist (BGH v. 17.5.1999 - II ZR 76/98, BGHZ 141, 372 [376] = MDR 1999, 1009), darf das Vermögen der Gesellschaft nicht vor Tilgung oder Deckung der Schulden und nicht vor Ablauf eines Jahres bzw. der in § 42 Abs. 1 S. 3 LwAnpG genannten kürzeren Fristen seit dem Tag, an welchem die Aufforderung der Gläubiger zur Meldung bei der Genossenschaft erfolgt ist, an die Mitglieder verteilt werden. Diese Vorschrift steht einer Vermögensübertragung gegen Gewährung von Anteilsrechten nicht entgegen. Sie dient allein dem Schutz der Gläubiger, und dessen bedarf es bei der vorliegenden Art der Abwicklung nicht. Die Gläubiger sind ausreichend dadurch geschützt, dass die in dem Unternehmenskaufvertrag vereinbarte Schuldübernahme nach § 415 BGB nur mit ihrer Zustimmung wirksam wird. Erteilen sie diese Zustimmung oder werden ihre Forderungen erfüllt, ist der Zweck des § 90 GenG erreicht. Andernfalls muss der Unternehmenskaufvertrag rückgängig gemacht werden.
b) Der Beschluss ist aber in entsprechender Anwendung des § 241 Nr. 1 AktG nichtig, weil die Einladung zu der Vollversammlung fehlerhaft war.
Nach dem für das Revisionsverfahren als richtig zu unterstellenden Vortrag des Klägers haben die Liquidatoren nicht sämtliche Mitglieder der Beklagten, sondern nur diejenigen, deren Anschrift ihnen bekannt war, schriftlich eingeladen. Das war entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht ausreichend.
Allerdings enthielt das Statut der Beklagten keine Regelungen für die Einberufung einer Vollversammlung. Auch in dem Gesetz über die LPG (LPGG) v. 2.7.1982 (GVBl. der DDR I Nr. 25, 443) und dem vom Ministerrat der DDR beschlossenen "Musterstatut der LPG Pflanzenproduktion" (GVBl. der DDR 1997, Sonderdruck 937, Anlage 1, 11) war die Form der Einberufung nicht geregelt. In dem Musterstatut hieß es lediglich, dass der Vorstand für die Einberufung, die ordnungsgemäße Vorbereitung und die Durchführung der Vollversammlung verantwortlich sei (Nr. 65 Abs. 1 und 62 Abs. 2 Musterstatut; dazu BGH, Urt. v. 20.6.1994 - II ZR 103/93, MDR 1995, 374 = ZIP 1994, 1523 [1524]). Darunter kann aber bei interessengerechter Auslegung nur zu verstehen sein, dass grundsätzlich sämtliche Mitglieder der LPG zu der Vollversammlung eingeladen werden mussten. Das folgt auch aus dem LPG-rechtlichen Grundprinzip der Gleichberechtigung aller Mitglieder (BGH, Beschl. v. 9.6.1993 - BLw 34/93, MDR 1994, 222= WM 1993, 1760 [1762]).
Nachdem das Musterstatut mit dem Außer-Kraft-Treten des LPGG gem. § 69 LwAnpG zum 1.1.1992 seine Rechtsgrundlage verloren hat (Wenzel, AgrarR, 2000, 349 [353]), ergibt sich die gleiche Mindestanforderung an die Einladung zu der Vollversammlung aus den allgemeinen Grundsätzen des Verbandsrechts (BGHZ 59, 369 [373]). So ist eine Einladung zu der Gesellschafterversammlung einer GmbH nur wirksam, wenn die Einladungsschreiben an sämtliche Gesellschafter - zumindest unter der letzten bekannten Anschrift - abgeschickt werden (Hachenburg/Hüffer, GmbHG, 8. Aufl., § 51 Rz. 6 ff.; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 9. Aufl., § 51 Rz. 10 f.; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 51 Rz. 3 ff.). Bei der Aktiengesellschaft muss die Einberufung der Hauptversammlung gem. § 121 Abs. 3 AktG in den Gesellschaftsblättern bekannt gemacht werden, es sei denn, sämtliche Aktionäre können gem. § 121 Abs. 4 AktG schriftlich eingeladen werden (Hoffmann-Becking, ZIP 1995, 1 [6]; Kubis in MünchKomm/AktG, § 121 Rz. 48; einschränkend Lutter, AG 1994, 429 [437 f.]). In der eingetragenen Genossenschaft kann, wie sich aus § 6 Nr. 4 GenG ergibt, die Generalversammlung nur entweder durch unmittelbare Benachrichtigung sämtlicher Genossen oder durch Bekanntmachung in einem öffentlichen Blatt einberufen werden (Beuthien, GenG, 13. Aufl., § 6 Rz. 11). Auch in einem Verein müssen grundsätzlich alle Mitglieder zu der Mitgliederversammlung eingeladen werden, und zwar entweder persönlich durch Einladungsschreiben an die letzte bekannte Adresse oder - bei entsprechender Satzungsbestimmung nach § 58 Nr. 4 BGB - durch Bekanntmachung in einem öffentlichen Blatt (BGHZ 59, 369 [371 ff.]; BayObLG, Beschl. v. 10.7.1996 - 3Z BR 78/96, BayObLGReport 1996, 72 = NJW-RR 1997, 289 [290]; Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 9. Aufl., Rz. 833). Daraus folgt auch für die Vollversammlung einer LPG in Liquidation, dass entweder sämtliche Mitglieder unmittelbar eingeladen werden müssen oder die Einladung in öffentlichen Blättern bekannt gemacht werden muss. Nur so ist gewährleistet, dass es bei der Einladung nicht zu Unregelmäßigkeiten kommen kann. Als öffentliche Blätter sind dabei in entsprechender Anwendung des Art. 2 Abs. 6 des Gesetzes zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes v. 20.12.1933 (RGBl. I, 1089) diejenigen Blätter anzusehen, in denen das zuständige Registergericht die Eintragungen in das Genossenschaftsregister veröffentlicht; sofern das der Bundesanzeiger ist, hat das Registergericht auf Antrag der Liquidatoren ein oder mehrere andere Blätter zu bestimmen (Beuthien, GenG, 13. Aufl., § 6 Rz. 11).
Danach war die Einladung zu der Vollversammlung am 24.3.1999 nicht ordnungsgemäß. Da die Liquidatoren nicht sämtliche Mitglieder der LPG eingeladen hatten, hätten sie - zumindest neben der schriftlichen Einladung der ihnen bekannten Mitglieder - die Einladung auch durch Einrücken in ein öffentliches Blatt bekannt machen müssen.
2. Der Beschluss ist darüber hinaus nach §§ 51, 87 Abs. 1 GenG, § 42 Abs. 1 S. 1 LwAnpG anfechtbar.
a) Als Anfechtungsgrund analog § 243 Abs. 2 AktG kommt allerdings nicht die in dem Unternehmenskaufvertrag enthaltene Garantie von 40 Arbeitsplätzen für die Dauer von 10 Jahren in Betracht. Denn diese Garantie bezieht sich nach dem Wortlaut des Vertrages nur allgemein auf die Erhaltung von Arbeitsplätzen und nicht auf die Weiterbeschäftigung gerade von (ehemaligen) Mitgliedern der LPG. Damit mag sich diese Bestimmung zwar zu Gunsten einiger LPG-Mitglieder ausgewirkt haben. Rechtlich gesehen wurden dadurch aber keine Sondervorteile i.S.d. § 243 Abs. 2 AktG gewährt.
b) Der Beschluss ist aber anfechtbar, weil das Rede- und Auskunftsrecht des Klägers verletzt worden ist.
Nach dem Vortrag des Klägers, der für das Revisionsverfahren als richtig zu unterstellen ist, hat ihm der Versammlungsleiter in der Vollversammlung der Beklagten v. 24.3.1999 das Wort entzogen, als er zu dem Tagesordnungspunkt "Information über den Unternehmenskaufvertrag v. 10.3.1999" zwölf Fragen stellen wollte. Die darin liegende Beschränkung des Rede- und Auskunftsrechts ist - wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat - grundsätzlich ein Anfechtungsgrund. Das ist für die Anfechtung nach § 51 GenG unstreitig (Beuthien, GenG, 13. Aufl., § 51 Rz. 21; Metz in Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland, GenG, 33. Aufl., § 51 Rz. 61, 68; Gräser in Hettrich/Pöhlmann/Gräser/Röhrich, GenG, 2. Aufl., § 51 Rz. 9), gilt in gleicher Weise aber auch im Rahmen der Verweisung in § 42 LwAnpG für die Anfechtung eines Beschlusses der Vollversammlung einer LPG. Denn auch im Recht der LPG war anerkannt, dass die Mitglieder Gelegenheit erhalten mussten, sich zu grundsätzlichen Fragen zu äußern und Auskünfte zu verlangen (Arlt/Krauß, Landwirtschaftsanpassungsgesetz, 1990, S. 32).
Das Berufungsgericht meint aber, diese Rechtsverletzung scheide als Anfechtungsgrund aus, weil sie für die Beschlussfassung nicht kausal gewesen sei. Das begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Nach der neueren Rechtsprechung des Senats zur aktienrechtlichen Beschlussanfechtung kommt es für die Anfechtbarkeit nach § 243 AktG nicht darauf an, ob der Entzug des Rederechts und die Vorenthaltung der begehrten Informationen für das Abstimmungsergebnis ursächlich geworden ist. Vielmehr scheidet eine Anfechtbarkeit nur dann aus, wenn die Gesellschaft darlegen und beweisen kann, dass dieser Verfahrenfehler bei einer wertenden Betrachtung schlechthin nicht relevant geworden sein kann (BGH v. 12.11.2001 - II ZR 225/99, BGHZ 149, 158 [164 f.] = MDR 2002, 282 = BGHReport 2002, 199; ebenso Zöllner in Kölner Komm.z.AktG, § 243 Rz. 81 ff., 124, 136 f.; K. Schmidt in Großkomm.z.AktG, 4. Aufl., § 243 Rz. 21 ff.; Hüffer in MünchKomm/AktG, 2. Aufl., § 243 Rz. 27 ff., 36 ff.). Das ist jedenfalls dann zu verneinen, wenn dem Aktionär ohne Grund das Wort entzogen worden ist. Relevanz ist weiter anzunehmen, wenn Fragen nicht beantwortet werden, die in einem nicht nur ganz unbedeutenden Zusammenhang mit dem Beschlussgegenstand stehen, und die begehrten Informationen damit zu dessen sachgemäßer Beurteilung erforderlich sind (§ 131 Abs. 1 S. 1 AktG).
So liegt der Fall hier. Dem Kläger ist nach seinem Vortrag schlechthin die Redemöglichkeit in der Vollversammlung vorenthalten worden. Zudem sind ihm die gewünschten Informationen nicht erteilt worden. Er wollte im Wesentlichen Auskunft erhalten zu der Frage, wie hoch der Wert der zu übertragenden Vermögensgegenstände war und wie dieser Wert ermittelt worden ist. Das war eine für die Beurteilung des Vertrages bedeutsame Frage. Ihre Relevanz kann nicht - wie es das Berufungsgericht getan hat - mit der Begründung verneint werden, die Wertverhältnisse hätten keine Rolle gespielt, weil die Mitglieder der Beklagten auf Grund ihrer Beteiligungen als Kommanditisten der Käuferin an dem Vermögen weiter Anteil behalten sollten. Für die Frage, ob überhaupt das Vermögen in der vorgeschlagenen Weise übertragen werden sollte, war von Bedeutung zu wissen, um welche Werte es dabei ging. Ebenso waren die Werte bedeutsam für die Entscheidung der LPG-Mitglieder, ob sie von ihrem Recht, einzelne Vermögensgegenstände zum Schätzpreis zu übernehmen, Gebrauch machen wollten.
3. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
Fundstellen
Haufe-Index 1248747 |
BB 2004, 2597 |
DB 2004, 2523 |
DStR 2004, 1967 |
DStZ 2004, 887 |
BGHR 2005, 102 |
EBE/BGH 2004, 3 |
EWiR 2004, 1189 |
NZG 2005, 69 |
VIZ 2004, 543 |
WM 2004, 2207 |
ZAP 2005, 10 |
ZIP 2004, 2186 |
NJ 2004, 561 |
NotBZ 2005, 34 |