Leitsatz (amtlich)
Zur Frage,
a) unter welchen Voraussetzungen durch Antrag auf Erlaß eines Mahnbescheids die Konkursanfechtungsfrist gewahrt wird;
b) der Erstattung haftenden Kapitals, das an Treugeber des Gesellschafters sowie an Unternehmen ausgezahlt worden ist, die mit jenem i.S. des § 15 AktG verbunden sind.
Normenkette
KO § 41; GmbHG § 32a Abs. 3
Verfahrensgang
OLG Koblenz (Urteil vom 27.10.1989) |
LG Mainz |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 27. Oktober 1989 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Im Jahre 1979 verkaufte die Molkerei W. C. H. KG zur Verbesserung der Liquidität ihr bewegliches Anlagevermögen im Gesamtwert von 1.206.149,– DM der Beklagten und deren Schwestergesellschaft, die beide Tochtergesellschaften der D. GmbH sind, und leaste diese Gegenstände gleichzeitig gegen ein Entgelt, von monatlich 20.079,– DM zurück. Am 2. Februar 1981 wurde über das Vermögen der Kommanditgesellschaft das Anschlußkonkursverfahren eröffnet.
Weil im Falle einer Zerschlagung des Unternehmens das Leasinggut mit Verlust veräußert worden wäre, war die Beklagte am Fortbestand der Leasingverträge interessiert. Deshalb wurde am 21. Januar 1981 als Auffanggesellschaft die H. Eiscreme- und Milchwerk GmbH & Co. KG gegründet, die das Unternehmen fortführte; persönlich haftende Gesellschafterin ohne Kapitaleinlage war die H. Eiscreme- und Milchwerk Verwaltungs-GmbH mit einem Stammkapital von 50.000,– DM, Ende 1981 von 100.000,– DM sowie Ende 1982 und später von 200.000,– DM; Kommanditisten waren zunächst Dr. R. H., die C. Handels- und Vertriebs GmbH und die G. Handels- und Vertriebsgesellschaft für Industriegüter GmbH (G.-GmbH) mit Haftsummen von je 100.000,– DM. Das nominelle Kommanditkapital betrug Ende 1981 nach Aufstockung des Anteils der G.-GmbH auf 600.000,– DM und dem Beitritt weiterer Kommanditisten 1,55 Mio DM, Ende 1982 2 Mio DM und am 10. September 1983 3 Mio DM. Die GmbH & Co. KG kaufte mit Vertrag vom 28. Mai 1981 für 6,8 Mio DM das Betriebsgrundstück der Molkerei W. KG und trat mit Wirkung vom 1. Mai 1981 in alle Leasingverträge ein. Der Generalbevollmächtigte der G.-GmbH Ha. wurde am 21. Januar 1981 auch zum Generalbevollmächtigten der neugegründeten Kommanditgesellschaft bestellt.
Am 1. August 1984 wurde auch über das Vermögen dieser Kommanditgesellschaft das Konkursverfahren eröffnet; der Kläger ist Konkursverwalter.
Der Kläger vertritt den Standpunkt, daß die Gesellschafter der Gemeinschuldnerin ihre Anteile treuhänderisch für die Beklagte oder deren Muttergesellschaft halten. Die Nutzungsüberlassung des Leasinggutes ist nach seiner Ansicht kapitalersetzend. Entsprechend §§ 30, 31 GmbHG und gemäß §§ 32 a, 37 KO verlangt er die Erstattung der Leasinggebühren, die die Beklagte in der Zeit vom 9. August 1983 bis 6. April 1984 in Höhe von insgesamt 260.539,65 DM erhalten hat.
Diesen Betrag hat der Kläger mit der Klage geltend gemacht. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Berufungsgericht hat die Berufung, mit der der Kläger das Urteil in Höhe von 100.000,– DM angefochten hatte, in Höhe von 50.000,– DM durch Teilversäumnisurteil und im übrigen durch Schlußurteil zurückgewiesen. Mit der Revision gegen das Schlußurteil verfolgt der Kläger seinen Berufungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision fuhrt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Soweit der Kläger einen Anspruch auf Rückgewähr der im letzten Jahr vor Konkurseröffnung gezahlten Leasingraten aus § 37 Abs. 1 KO i.V.m. §§ 32 a KG, 32 a GmbHG, 172 a HGB herleitet, besteht ein solcher nach Meinung des Berufungsgerichts schon deshalb nicht, weil der Kläger die einjährige Anfechtungsfrist des § 41 KO nicht gewahrt hat. Das Berufungsgericht hat hierzu festgestellt, daß das Konkursverfahren am 1. August 1984 eröffnet, der Antrag auf Erlaß eines Mahnbescheids am 30. Juli 1985 gestellt und dieser der Beklagten am 29. August 1985 zugestellt worden ist. Danach ist die Rechtshängigkeit der Streitsache zwar nicht vor Ablauf der Frist des § 41 Abs. 1 KO eingetreten; gemäß § 693 Abs. 2 ZPO galt die Frist aber mit Anbringung des Antrags auf Erlaß des Mahnbescheids am 30. Juli 1985 als gewahrt, weil die Zustellung demnächst erfolgt ist. Gleichwohl hat der Kläger den Anspruch nach Ansicht des Berufungsgerichts nicht fristgerecht geltend gemacht, weil er, nachdem die Beklagte am 31. August 1985 gegen den Mahnbescheid Widerspruch erhoben hatte, das Verfahren erst am 14. April 1987 und damit mehr als ein Jahr später weiterbetrieben hat. In einem solchen Falle gelte – so das Berufungsgericht – § 211 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 213, 212 a Satz 2 BGB entsprechend mit der Folge, daß der Kläger aus der rechtzeitigen Anfechtung keine Rechte mehr herleiten Könne, nachdem er das Verfahren mehr als ein Jahr habe ruhen lassen. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.
Allerdings braucht auf die Frage, ob § 211 Abs. 2 BGB auf eine Ausschlußfrist entsprechend anwendbar ist, nicht eingegangen zu werden. Denn die Ansicht des Berufungsgerichts, der Kläger habe den Anfechtungsanspruch nicht fristgerecht geltend gemacht, erweist sich schon aus einem anderen Grunde als richtig. Die rechtzeitige Anfechtung setzt voraus, daß der Rückgewähranspruch des § 37 KO innerhalb der materiell-rechtlichen Ausschlußfrist des § 41 Abs. 1 KO (BGHZ 90, 249, 251), gerichtlich geltend gemacht worden ist (BGHZ 106, 127, 128). Auch wenn der Anfechtungsanspruch – wie in diesem Falle – im Mahnverfahren geltend gemacht wird, ist er so zu erheben, daß die Rechtshängigkeit der Streitsache vor Ablauf der Frist des § 41 Abs. 1 KO eintritt oder auf einen Zeitpunkt vor Ablauf der Frist zurückbezogen werden kann. Voraussetzung einer solchen Rückwirkung ist nach § 693 Abs. 2 ZPO, daß der vor Ablauf der Frist beantragte Mahnbescheid demnächst zugestellt wird. Mit dieser Zustellung allein sind aber im Mahnverfahren die Voraussetzungen einer wirksamen Klageerhebung nicht erfüllt (BGH, Urt. v. 18. Oktober 1990 – IX ZR 43/90, zum Abdruck in BGHZ bestimmt). Als mit Zustellung des Mahnbescheids rechtshängig geworden gilt die Streitsache nur dann, wenn entweder auf der Grundlage des Mahnbescheids ein Vollstreckungsbescheid erlassen (§ 700 Abs. 2 ZPO) oder die Streitsache alsbald nach Erhebung des Widerspruchs an das Gericht abgegeben wird, das in dem Mahnbescheid gemäß § 692 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO bezeichnet worden ist (§ 696 Abs. 3 ZPO). Beide Voraussetzungen liegen nicht vor. Ein Vollstreckungsbescheid ist nicht ergangen; abgegeben worden ist die Streitsache nicht alsbald nach Erhebung des Widerspruchs (31. August 1985), sondern erst am 6. Mai 1987, nachdem der Kläger am 14. April 1987 den weiteren Kostenvorschuß eingezahlt hatte. Bevor dieser gemäß § 65 Abs. 1 Satz 2 GKG geschuldete und vom Gericht am 3. September 1985 angeforderte Kostenvorschuß gezahlt war, durfte das Amtsgericht dem im Mahnbescheid enthaltenen Antrage, die Streitsache an das Landgericht Mainz abzugeben, nicht entsprechen. Der Stillstand des Verfahrens ab Einlegung des Widerspruchs ist auf die verspätete Einzahlung des Gebührenvorschusses zurückzuführen, so daß der Kläger zu vertreten hat, daß die Streitsache nicht alsbald nach Erhebung des Widerspruchs, sondern mehr als 1 1/2 Jahre später an das bezeichnete Gericht abgegeben worden ist. Entgegen der Ansicht der Revision wird die Versäumung der Ausschlußfrist nicht dadurch gehindert, daß die Konkursmasse nicht genügend Geldmittel enthält, um den Kostenvorschuß zahlen zu können. In einem solchen Falle muß der Konkursverwalter notfalls rechtzeitig Prozeßkostenhilfe beantragen (vgl. § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Die Streitsache gilt deshalb nicht als mit der Zustellung des Mahnbescheids rechtshängig geworden. Vielmehr ist die Rechtshängigkeit nicht vor Abgabe der Streitsache an das Landgericht und Zustellung des Schriftsatzes vom 3. April 1987 (1. Juni 1987) eingetreten, durch den der Anspruch in diesem Verfahren erstmals begründet worden ist. Die Jahresfrist des § 41 Abs. 1 KO ist deshalb versäumt.
2. a) Nach Meinung des Berufungsgerichts ist die Beklagte aber auch aufgrund der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Kapitalersatz entsprechend § 31 GmbHG nicht verpflichtet, der Gemeinschuldnerin die Leasingraten zu erstatten. Einmal sei die Gebrauchsüberlassung im Rahmen bloßer Miet- und Pachtverhältnisse, von denen im vorliegenden Falle eher als von einem Leasingverhältnis auszugehen sei, keine kapitalersetzende Leistung. Zum anderen sei die Beklagte einem Gesellschafter der Komplementär-GmbH der Gemeinschuldnerin ebensowenig gleichzusetzen wie einem Kommanditisten. Das Berufungsgericht unterstellt zugunsten des Klägers, daß die Beklagte oder ihre Schwestergesellschaft, die N. bank AG, der G.-GmbH das Kapital zur Verfügung gestellt hat, damit diese und die übrigen Gesellschafter der Gemeinschuldnerin und deren Komplementär-GmbH ihre Pflicht- und Stammeinlagen erbringen konnten. Hierbei seien die D.-Unternehmen aber allenfalls als Darlehensgeber aufgetreten. Denn der Kläger habe nichts dafür vorgetragen, daß diese Unternehmen über das bei einer Kreditgewährung übliche Ausmaß von Kontrollrechten hinaus bestimmenden Einfluß auf die Geschäftsführung genommen hätten. Eine wirtschaftliche Identifikation mit den Gesellschaftsinteressen der späteren Gemeinschuldnerin reiche allein nicht aus, um eine mittelbare Gesellschafterstellung annehmen zu können; es müsse eine rechtlich gesicherte Steuerungsmöglichkeit hinzukommen. Diese habe gefehlt. Jedenfalls gebe der Vortrag des Klägers, die G.-GmbH habe treuhänderisch für die D. und in deren Auftrage gehandelt, für einen rechtlich gesicherten Einfluß nichts her. Diese Beurteilung greift die Revision mit Erfolg an, weil das Berufungsgericht zu hohe Anforderungen an die Darlegungslast des Klägers gestellt hat.
b) Die D.-Unternehmen stellten der Gemeinschuldnerin das zur Fortführung des Unternehmens erforderliche Kapital nicht nur in Form von Darlehen zur Verfügung; sie finanzierten auch die Einlagen aller Gesellschafter. Entscheidend ist, ob die Gesellschafter der Gemeinschuldnerin für eigene Rechnung beigetreten sind und sich ihre Einlagen darlehensweise von den D.-Unternehmen finanzieren ließen oder ob sie im Auftrage und für Rechnung einer D.-Gesellschaft beitraten und diese, als sie das Geld zur Verfügung stellte, ihre aus § 670 BGB sich ergebende Verpflichtung erfüllte, den Gesellschaftern die Aufwendungen zu ersetzen oder sie von ihren für Rechnung der D. begründeten Einlageverpflichtungen zu befreien. War das letztere der Fall, so trug nicht der unmittelbar beteiligte Gesellschafter, sondern die D. das unternehmerische Risiko, daß die Gesellschaft scheiterte und die Anteile wertlos wurden. Die Beklagte hätte dann, soweit es um Kapitalersatz geht, die erhaltenen Gelder ebenso zu erstatten wie die Gesellschafter, die die Anteile treuhänderisch für sie oder eine andere Gesellschaft der D.-Gruppe hielten (vgl. BGHZ 31, 258, 264 ff.; 75, 334, 336; 95, 188, 193; 107, 7, 12; Sen.Urt. v. 14. November 1988 – II ZR 115/88, WM 1989, 60, 61).
c) Der Kläger hat hierzu vorgetragen, die G.-GmbH sei bei Gründung der Gemeinschuldnerin im Auftrage der D.-Gruppe und der Beklagten tätig geworden (GA 266, 267, 269, 270, BU 13). Ergänzend und zugleich als Beleg für die Richtigkeit dieser Behauptung hat er sich auf die Aussage Ha., der sowohl Generalbevollmächtigter der G.-GmbH wie der Gemeinschuldnerin war, bezogen, die dieser am 26. Oktober 1984 gemäß § 75 KO im Konkursverfahren gemacht hat (GA 270, Anl. A 12 im Anlagehefter Bl. 53). Es heißt dort:
„Sämtliche eingegangenen Gelder seitens der N. bank AG und der D. habe ich bzw. in meiner Eigenschaft als Generalbevollmächtigter der G. treuhänderisch für die D. verwaltet. Es war zwischen allen Beteiligten klar, daß die G. die Gelder nicht hatte, die Geschäfte so zu führen, wie sie geführt worden sind, oder überhaupt die Gesellschaft zu gründen. Ich will damit sagen, daß die D. mit ihren Finanzmitteln die G. in die Lage gesetzt hat, die Gesellschafterrolle (die Kommanditistenstellung) bei der Gemeinschuldnerin einzunehmen.
Immer wenn wir (Seid benötigten oder brauchten, genügte ein Anruf bei der N. bank oder der D. und die erforderlichen Mittel wurden zur Verfügung gestellt … Die G. war während der Existenz der Gemeinschuldnerin zu 98 % ihrer Aktivitäten für die D. tätig”.
Die von uns (Kommanditistin G.) ausgeübte Gesellschaftertätigkeit und Kontrollfunktion ist treuhänderisch für die D. ausgeübt worden.”
Auch am 25. Juni 1984 hatte Ha. vor dem Konkursgericht zu Protokoll gegeben, daß die G.-GmbH als Treuhandgesellschaft für die D. innerhalb der Gemeinschuldnerin tätig gewesen sei (Anl. 6, Bl. 20 im Leitzordner). Das Berufungsgericht geht zwar auf die Aussage vom 26. Oktober 1984 ein, mißt ihr aber keine Bedeutung bei, weil die Worte „treuhänderisch” und „Auftrag” nicht erkennen ließen, daß damit eine rechtliche Bindung gemeint sei und welchen Inhalt diese gehabt haben solle. Das Berufungsgericht verkennt, daß Rechtsbegriffe wie „Auftrag” und „Treuhand” als inhaltlich tatsächliches Vorbringen angesehen werden können, weil sie einfach und allgemein bekannt sind (vgl. Sen.Urt. v. 29. September 1958 – II ZR 342/56, WM 1958, 1391, 1392; BGH, Urt. v. 25. Juni 1974 – VI ZR 18/73, VersR 1974, 1108). Eine Zerlegung der Begriffe in die einzelnen tatsächlichen Momente war vom Kläger nicht zu erwarten, weil er und die Gemeinschuldnerin nicht wissen können, was zwischen der D.-Gruppe und den Gesellschaftern, namentlich der G.-GmbH und Ha., im einzelnen vereinbart worden ist; denn an diesen Verträgen waren sie nicht beteiligt. Da die Beklagte als Vertragspartnerin alle wesentlichen Tatsachen kennt, war vielmehr ihr zuzumuten, nähere Angaben zu machen, welchen Inhalt die mit der G.-GmbH unstreitig zustande gekommenen Verträge im einzelnen hatten (vgl. BGHZ 100, 190, 195 f.; BGH, Urt. v. 15. Oktober 1986 – IVb ZR 78/85, LM ZPO § 323 Nr. 53). Hielten die Gesellschafter – wie revisionsrechtlich zugunsten des Klägers zu unterstellen ist – die Gesellschaftsanteile als Auftragnehmer und Treuhänder einer oder mehrerer Gesellschaften der D.-Gruppe, so bestand deren Weisungsrecht gemäß § 665 BGB kraft Gesetzes, brauchte mithin nicht noch im einzelnen vertraglich festgelegt zu werden. Wurden die G.-GmbH und ihr Generalbevollmächtigter Ha. regelmäßig als Sanierer für die Beklagte tätig, wenn Leasingverträge notleidend wurden, so kann die Beklagte auf Ha. Fähigkeit als Sanierer vertraut und deshalb davon abgesehen haben, im einzelnen vertraglich festzulegen, was er zu tun oder zu lassen hatte.
3. Für die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger entsprechend § 31 GmbHG zu erstatten, was sie an haftendem Kapital erhalten hat, ist es unerheblich, ob sie selbst, ihre Muttergesellschaft oder eine ihrer Schwestergesellschaften sich als Treugeberin mittelbar an der Gemeinschuldnerin beteiligt hat. Eine Auszahlung verstößt auch dann gegen § 30 GmbHG, wenn die Gesellschaft sie einem Unternehmen erbringt, an dem ihr Gesellschafter unmittelbar oder mittelbar maßgeblich beteiligt ist (vgl. BGHZ 81, 311, 315; Sen.Urt. v. 20. März 1986 – II ZR 114/85, WM 1986, 789). Sollte nicht die Mutter-, sondern eine Schwestergesellschaft der Beklagten mittelbar Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin geworden sein, so gilt nichts anderes. Da mangels gegenteiliger Feststellungen davon auszugehen ist, daß die Beklagte und ihre Schwestergesellschaft von der Muttergesellschaft abhängig sind (§ 17 Abs. 2 AktG) und mit ihr einen Konzern bilden (§ 18 Abs. 1 Satz 3 AktG) sind sie Konzernunternehmen und als solche verbundene Unternehmen i. S. des § 15 AktG. Eine Auszahlung von haftendem Kapital an die Beklagte stände deshalb gemäß §32 a Abs. 3 GmbHG einer Auszahlung an ihre mittelbar als Gesellschafterin beteiligte Schwestergesellschaft gleich (vgl. BGHZ 81, 311, 315; 365, 368).
4. Unerheblich ist ferner, ob die G.-GmbH und damit mittelbar auch die Treugeberin der D.-Gruppe nur Kommanditistin oder zugleich Gesellschafterin der Komplementär-GmbH waren. Wird dem Kommanditisten einer GmbH & Co. KG deren Vermögen in einem Umfange ausgezahlt, daß dadurch mittelbar das Vermögen der Komplementär-GmbH unter den Nennwert des Stammkapitals herabsinkt, so liegt darin auch dann ein Verstoß gegen § 30 GmbHG, wenn der Kommanditist nicht zugleich der GmbH angehört (vgl. Sen.Urt. v. 19. Februar 1990 – II ZR 268/88, WM 1990, 548, 553 f.). Im übrigen läßt sich sowohl dem Vortrag der Beklagten (GA 67) wie den Geschäftsberichten entnehmen, daß die G.-GmbH bereits Ende 1981 auch mit 80.000,– DM am Stammkapital der Komplementär-GmbH beteiligt war.
5. Es bedarf keiner Entscheidung, ob das zwischen der Gemeinschuldnerin und der Beklagten bestehende Rechtsverhältnis ein Finanzierungsleasing beinhaltet oder ob es – wie das Berufungsgericht meint – eher die Merkmale eines Miet- oder Pachtverhältnisses aufweist. Denn die Gebrauchsüberlassung innerhalb eines Mietverhältnisses kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ebenfalls kapitalersetzend sein. Lagen die Voraussetzungen dafür vor, so wäre die Beklagte entsprechend § 31 GmbHG verpflichtet, die Leasingraten zu erstatten, falls ihr diese aus Mitteln ausgezahlt worden sind, die zur Deckung des Stammkapitals der Komplementär-GmbH erforderlich waren (vgl. BGHZ 109, 55).
6. a) Da die erste Rate der Leasinggebühren, die die Beklagte erstatten soll, im August 1983 geleistet worden ist, müßte die Komplementär-GmbH sich spätestens Anfang August 1983 in der Krise befunden haben und die Gebrauchsüberlassung damit kapitalersetzend geworden sein. Als Krise kommt einmal eine Überschuldung in Betracht. Überschuldet ist eine Komplementär-GmbH, wenn die Kommanditgesellschaft überschuldet ist und das Kapital der GmbH nicht ausreicht, die durch das Vermögen der Kommanditgesellschaft nicht gedeckten Schulden, für die die GmbH nach § 128 HGB einzustehen hat, zu tilgen. Der Kläger hat behauptet, die Kommanditgesellschaft sei von Anfang an überschuldet gewesen. Was er zur Begründung dieser Behauptung vorträgt, könnte für den 30. Juni 1983, den letzten Bilanzstichtag vor August 1983, eine Überschuldung ergeben. Diese Bilanz weist ein Kapital von 2 Mio DM und einen Verlust in. Höhe von 729.742,76 DM aus. Nach dem Vortrag des Klägers war das bewegliche Anlagevermögen in der Bilanz mit einem Wert ausgewiesen, der um 1 Mio DM über dem Verkehrswert lag. Ferner waren in der Bilanz Aufwendungen für Maschinenüberholung, Ersatzteile, Kraftfahrzeuginstandhaltung und für die Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs (vgl. § 269 HGB) aktiviert, die keinen Vermögenswert darstellen und deshalb in einem Überschuldungsstatus nichts zu suchen haben (vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung, 5. Aufl., § 269 HGB Rdnr. 2). Der Kläger hat diesen Gesamtaufwand für den 31. Dezember 1981 mit 717.300,– DM beziffert (GA 107, Anl. A Bl. 85). Dieser Betrag wird durch Abschreibungen (97.034,– DM und 53.227,– DM) gemindert und durch den Aufwand für KFZ-Instandhaltung aus dem Jahre 1982, der in Höhe von 84.798,– DM ebenfalls aktiviert worden ist, erhöht, so daß sich für den 30. Juni 1983 ein Bilanzansatz in Höhe von 651.837,– DM ergibt, der im Überschuldungsstatus keinen Vermögenswert darstellt. Addiert man zu diesem Betrag den Bilanzverlust und die Überbewertung (1 Mio DM), so ergibt sich eine Überschuldung der Kommanditgesellschaft in Höhe von 381.579,– DM. Die GmbH ist zwar am Vermögen der Kommanditgesellschaft nicht beteiligt; da sie aber für die Verbindlichkeiten der Kommanditgesellschaft unbeschränkt haftet und sie deshalb in Höhe von deren Überschuldung eine Verbindlichkeit ausweisen mußte, ohne einen gleichwertigen Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen (§ 110 HGB) aktivieren zu können, lag bei ihr, falls sie nur über ihr Stammkapital in Höhe von 200.000,– DM verfügte, am 30. Juni 1983 ebenfalls eine Überschuldung vor. Hiernach wäre für den 30. Juni 1983 von einer Konkursreife und einer Krisensituation auszugehen, so daß es auf die Frage, ob die Kommanditgesellschaft kredit- und überlassungswürdig war, für diesen Zeitpunkt nicht ankommt.
b) Für den Stichtag 30. September 1983 kann nach der vorgelegten Bilanz von einer Überschuldung aber nicht mehr ausgegangen werden. Zu diesem Zeitpunkt betrugen das Kommanditkapital 3 Mio DM und der Verlust 248.871,73 DM. Zählt man zu diesem Verlust die Anlaufkosten und die Wertdifferenz hinzu, so werden die 3 Mio DM bei weitem nicht erreicht. Deshalb kommt es hinsichtlich der Zahlungen, die ab Kapitalerhöhung erfolgt sind, für die Frage, ob eine Krisensituation bestand, darauf an, ob die Gemeinschuldnerin von dritter Seite Kredite erhalten hätte, mit denen sie das Leasinggut selbst hätte beschaffen können, oder ob ihr das Gut auch von einem Nichtgesellschafter zur Verfügung gestellt worden wäre. Das letztere nimmt die Revisionserwiderung an. Sie läßt sich dabei von folgender Überlegung leiten: Die Leasinggegenstände waren auf den Betrieb, den die Kommanditgesellschaft 1981 übernommen hatte, zugeschnitten; sie hätten deshalb mit einem Verlust von 1,05 Mio DM veräußert werden müssen, wenn das Unternehmen damals nicht von der Gemeinschuldnerin übernommen, sondern im Konkurs zerschlagen worden wäre. Unter diesen Umständen – so die Revisionserwiderung – wäre jeder außenstehende Leasinggeber bereit gewesen, der Kommanditgesellschaft und späteren Gemeinschuldnerin das Leasinggut zu überlassen. Bei dieser Überlegung wird nicht berücksichtigt, daß es – nach Darstellung des Klägers – die Kommanditgesellschaft nicht gegeben hätte, wenn die Beklagte als Leasinggeberin oder eine andere Gesellschaft der D.-Gruppe nicht, bereit gewesen wäre, mittelbar die Gesellschafterstellung und damit das unternehmerische Risiko zu übernehmen; Gesellschafterstellung und Gebrauchsüberlassung sind nicht zu trennen.
7. Liegt eine Krisenfinanzierung vor, so ist damit noch nicht gesagt, daß die Kommanditgesellschaft mit der Auszahlung der Leasingraten gegen § 30 GmbHG verstieß. Denn diese Frage beantwortet sich anhand einer Bilanz zu fortgeführten Buchwerten (vgl. Sen.Urt. v. 11. Mai 1987 – II ZR 226/86, WM 1987, 1040 = ZIP 1987, 1113; BGHZ 106, 7, 12; 109, 334). Die Überbewertung von 1 Mio DM bleibt in diesem Zusammenhang außer Betracht, so daß nach dem bisherigen Sachvortrag schon für den Stichtag 30. Juni 1983 von keiner Überschuldung mehr ausgegangen werden kann; es bleibt nur die Unterbilanz. Ob bei der Kommanditgesellschaft durch die Zahlung eine solche begründet oder noch vertieft worden ist, ist für die Frage, ob gegen § 30 GmbHG verstoßen worden ist, unerheblich. Denn solange es bei der Kommanditgesellschaft zu keiner Überschuldung kommt, wird das Stammkapital ihrer vermögensmäßig nicht beteiligten Komplementär-GmbH nicht angetastet, so daß kein Verstoß gegen § 30 GmbHG vorliegt (vgl. BGHZ 60, 324, 328 f.; 76, 326, 336 f.; 95, 188, 191). Der Kläger hat eine Überschuldung der Kommanditgesellschaft während des Zeitraums ab August 1983 nicht näher dargelegt.
8. Da der Kläger geglaubt hat, mit der Konkursanfechtung Erfolg zu haben, bei der es nicht darauf angekommen wäre, ob die Zahlungen innerhalb des letzten Jahres vor Konkurseröffnung zu Lasten des Stammkapitals gegangen sind, muß ihm Gelegenheit gegeben werden, seinen Vortrag in diesem Punkt sowie zur Frage der Überlassungswürdigkeit der Gemeinschuldnerin zu ergänzen. Das Berufungsgericht wird dann diesen Sachvortrag sowie erneut den zur mittelbaren Gesellschafterstellung zu würdigen haben.
Unterschriften
Boujong, Brandes, Dr. Hesselberger, Dr. Henze, Stodolkowitz
Fundstellen
Haufe-Index 1130991 |
BB 1991, 14 |
Nachschlagewerk BGH |
ZIP 1990, 1593 |
GmbHR 1991, 99 |