Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurechnung des Vertreterhandelns nach § 166 Abs. 1 BGB
Leitsatz (amtlich)
a) Auch bei der Auslegung eines beurkundungsbedürftigen Rechtsgeschäfts muß sich der Vertretene, der das Handeln eines in seinem Namen auftretenden vollmachtlosen Vertreters nachträglich genehmigt, dessen Kenntnis und dessen Verständnis vom Inhalt der abgegebenen Erklärungen nach § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen.
b) Zur Vergütung des Kaufmanns nach § 354 HGB.
Normenkette
BGB § 166 Abs. 1; HGB § 354
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 9 O 92/96) |
KG Berlin (Aktenzeichen 14 U 1342/97) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten und die Anschlußrevision der Klägerin wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 12. Februar 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Mit notariellem Vertrag vom 19. Mai 1994 in der Fassung der notariellen Änderungsvereinbarung vom 9. Dezember 1994 erwarb die A. GmbH (im folgenden: Käuferin) sämtliche Geschäftsanteile der Klägerin. Auf Seiten der Verkäuferin, der Beklagten, trat der vormalige Liquidator der Klägerin, Rechtsanwalt G., auf. Der Vertrag in seiner abschließenden Fassung wurde von der Beklagten am 28. April 1995 genehmigt. Er enthielt unter anderem folgende Vereinbarungen:
§ 10 Entsorgung der Reststoffe
Auf dem Betriebsgelände lagern oberirdisch die in Anlage 5/1 und 5/2 aufgeführten Reststoffe und Chemikalien, die vom Verkäufer bis zum 31.12.1995 entsorgt werden.
…
Zur Entsorgung dieser Stoffe wird sich der Verkäufer derjenigen Fachkräfte des Unternehmens bedienen, die schon bisher verantwortlich waren. Der Einsatz dieser Fachkräfte bei der Entsorgung hat Vorrang vor einer eventuellen Tätigkeit für den Käufer. Die Kosten sind dem Verkäufer in Rechnung zu stellen.
…
Der Käufer ist nicht berechtigt, für die Lagerung der Reststoffe und Chemikalien ein Entgelt, in welcher Form auch immer, bis zum 31.12.1995 vom Verkäufer zu verlangen.
…
§ 24 Liquidatordarlehen
An die Gesellschaft wurden in der Liquidationsphase durch den Verkäufer Liquidatordarlehen in Höhe von insgesamt DM 5.800.000,00 auf das Liquidatorkonto … ausgereicht.
Bis zur Wirksamkeit dieses Vertrages werden aus oben genanntem Konto Aufwendungen der Liquidation beglichen. Der Verkäufer verzichtet auf die Rückzahlung dieses Darlehens durch den Käufer.
Der darüber hinausgehende Betrag ist nicht Gegenstand dieses Vertrages, er steht dem Verkäufer zu. …
Die Klägerin ließ die unter § 10 genannten Reststoffe und Chemikalien durch Dritte entsorgen und stellte der Beklagten hierfür und für eigenen Personalaufwand insgesamt 3.538.158,92 DM in Rechnung. Aus dem Liquidatordarlehen, das der Klägerin von der Beklagten in Höhe von 5.800.000 DM zur Verfügung gestellt worden war, wurden unter anderem auch Rechnungen für Entsorgungsleistungen in Höhe von insgesamt 991.354 DM bezahlt. Das Darlehen ist bis auf einen Restbetrag von 311.000 DM in Anspruch genommen worden.
Die Klägerin, der die vertraglichen Ansprüche der Käuferin gegen die Beklagte abgetreten worden sind, begehrt von der Beklagten in erster Linie Zahlung von 1.809.000 DM nebst Zinsen. Hierzu macht sie geltend, die Beklagte sei nach § 24 des notariellen Anteilskaufvertrages verpflichtet gewesen, durch das Liquidatordarlehen als verlorenen Zuschuß dafür zu sorgen, daß der Umlaufvermögensüberschuß der Klägerin bei Wirksamwerden des Kaufvertrages noch dem bilanzierten Überschuß in der Bilanz per 31. Mai 1994 entspreche. Dies hätten der vormalige Geschäftsführer der Käuferin, Gl., und der am Vertragsschluß beteiligte Rechtsanwalt G. vereinbart und so hätten auch beide die in § 24 des Vertrages enthaltene Regelung verstanden und gewollt. Soweit daher der bilanzielle Umlaufvermögensüberschuß per 30. April 1995 niedriger ausfalle, sei die Beklagte zum Ersatz des Unterschiedsbetrages verpflichtet; dieser belaufe sich auf 1.809.000 DM. Außerdem fordert die Klägerin für die Lagerung von Reststoffen und Chemikalien im Monat Januar 1996 ein Entgelt von 118.114,20 DM nebst Zinsen.
Hilfsweise für den Fall, daß der Klageantrag auf Zahlung von 1.809.000 DM nicht oder nur teilweise Erfolg hat, beansprucht die Klägerin Zahlung von Entsorgungskosten in Höhe von insgesamt 3.059.285,19 DM zuzüglich Zinsen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr – unter Bescheidung des Hilfsantrages – teilweise stattgegeben. Hiergegen wenden sich die Revision der Beklagten und die Anschlußrevision der Klägerin.
Entscheidungsgründe
I.
Nach Ansicht des Kammergerichts sind Haupt- und Hilfsantrag jeweils zum Teil, der Antrag auf Ersatz von Lagerkosten dagegen vollständig begründet. Dazu hat es im wesentlichen ausgeführt:
Nach § 24 des Anteilskaufvertrages könne die Klägerin keinen Ausgleich des Unterschiedsbetrages zwischen dem Umlaufvermögensüberschuß aus der Bilanz per 31. Mai 1994 und dem aus der Bilanz per 30. April 1995 verlangen, weil ein solcher Regelungsinhalt vom Vertragswortlaut nicht gedeckt sei. Die von der Klägerin behauptete, über den Vertragstext hinausgehende Vereinbarung des vormaligen Geschäftsführers der Käuferin, Gl., und ihres damaligen Liquidators G., die gemeinsam den Vertragstext erarbeitet hätten, sei hier nicht zu berücksichtigen. Denn im Hinblick darauf, daß sich die Warn- und Schutzfunktion der Beurkundung nur den daran Beteiligten gegenüber habe entfalten können, sei für die Auslegung des nach § 15 Abs. 3 GmbHG beurkundungsbedürftigen Rechtsgeschäftes nur maßgeblich, wie die Beklagte bei Genehmigung des Vertrages diesen habe verstehen dürfen und verstanden habe. Wenn die Beklagte mangels abweichender Kenntnis davon habe ausgehen können, der Vertragswortlaut entspreche dem Inhalt der Vorverhandlungen, dann habe sie die Vereinbarung gerade so, wie dieser beurkundet worden sei, gewollt, so daß für die von der Klägerin behaupteten Nebenabreden kein Raum verbleibe.
Nach dem Wortlaut des § 24 habe die Klägerin jedoch einen Anspruch auf Auszahlung des Liquidatordarlehens bis zu dessen Höchstbetrag von 5.800.000 DM als verlorenen Zuschuß für „Aufwendungen der Liquidation”. Hierunter fielen mangels einschränkender Auslegungskriterien sämtliche Aufwendungen der Gesellschaft, die dieser während der Liquidationsphase, in der die Darlehen ausgereicht worden seien, also jedenfalls in der Zeit zwischen der Einsetzung des ersten Liquidators W. und der Genehmigung des Anteilskaufvertrages, entstanden seien. Dazu zählten auch die in dieser Zeit angefallenen Personal- und Lohnkosten der Klägerin, nicht aber die Kosten der Entsorgung des Betriebsgeländes, die nach § 10 des Vertrages allein die Beklagte zu tragen gehabt hätte. Unter Berücksichtigung eines nicht verbrauchten Teilbetrages der Darlehenssumme von 311.000 DM, der zu Unrecht aus dem Liquidationskredit bezahlten Entsorgungskosten von 991.354 DM und der zu Unrecht auf dem Liquidatorkonto verbuchten Mieterträge von 75.371,75 DM verbleibe ein bisher nicht ausgeschöpfter Spitzenbetrag von 1.377.825,75 DM, in dessen Höhe die Beklagte mit ihrem Liquidationsdarlehen hafte, weil die Klägerin über diesen Betrag hinausgehende Zahlungen für Personalaufwendungen erbracht habe, die als Aufwendungen der Liquidation anzusehen seien.
Ferner stehe der Klägerin von dem in Höhe von 3.059.285,19 DM hilfsweise geltend gemachten, weiteren Zahlungsanspruch für die Entsorgung von Reststoffen durch Fremdfirmen ein Betrag von 510.892,49 DM nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 670 BGB) zu. Die Klägerin habe es insoweit übernommen, für die nach § 10 des Anteilskaufvertrages zur Entsorgung verpflichtete Beklagte Entsorgungsaufträge an Drittfirmen zu erteilen. Dabei habe sie jedenfalls auch im Interesse der Beklagten und mit dem Willen gehandelt, ein für sie „fremdes” Geschäft der Beklagten mitzubesorgen. Den von der Klägerin vorgelegten Rechnungen der Drittfirmen sei die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten, weil sie diese lediglich pauschal bestritten habe. Nicht berücksichtigungsfähig seien allerdings die Rechnungen der Firma U. GmbH für monatliche Beratungsleistungen, die ersichtlich nicht zu den von der Beklagten geschuldeten „reinen Entsorgungsleistungen” gehörten. Auch könne die Klägerin nicht Ersatz der vom Liquidatorkonto gezahlten, dort aber nicht zugunsten der Beklagten berücksichtigten 991.354 DM Entsorgungskosten oder andere Aufwendungen ersetzt verlangen. Insbesondere seien die von der Klägerin geltend gemachten Personalaufwendungen nicht ersatzfähig. Daß und in welchem Umfang die Klägerin Mitarbeiter tatsächlich für Entsorgungsleistungen eingesetzt habe, habe sie nicht vorgetragen. Die bloße Vorhaltung von Arbeitskräften für Entsorgungsarbeiten sei kein ersatzfähiger Aufwand für die Entsorgung.
Schließlich habe die Klägerin für Januar 1996 in Höhe der geltend gemachten 118.114,20 DM Anspruch auf Vergütung für die Vorhaltung von Flächen, auf denen die von der Beklagten zu entsorgenden Reststoffe und Chemikalien gelagert worden seien. Nach § 354 HGB könne der Kaufmann, der in Ausübung seines Handelsgewerbes für einen anderen Sachen aufbewahre, Lagergeld nach den am Orte üblichen Sätzen fordern. Diese Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt; denn die Klägerin habe die von der Beklagten bis zum 31. Dezember 1995 zu entsorgenden Reststoffe nach diesem Zeitpunkt für diese aufbewahrt, so daß ihr die geforderte Vergütung zustehe. Die Klägerin habe das Ausmaß der jeweils genutzten Flächen substantiiert dargetan, ohne daß die Beklagte hiergegen über ein pauschales Bestreiten hinaus konkrete Einwendungen erhoben habe. Die Höhe der von der Klägerin angesetzten Vergütung sei entsprechend einer Schätzung nach § 287 ZPO als angemessen anzusehen.
II.
Diese Beurteilung hält den Angriffen von Revision und Anschlußrevision nur teilweise stand.
A) Hauptantrag zu a) auf Zahlung von 1.809.000 DM
1. Den von der Klägerin geforderten Ausgleichsbetrag für einen im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Anteilskaufvertrages, dem 28. April 1995, geringeren Umlaufvermögensüberschuß gegenüber der Bilanz per 31. Mai 1994 hat das Berufungsgericht mit der Erwägung verneint, es komme bei der Auslegung von § 24 des notariellen (Änderungs-) Vertrages vom 9. Dezember 1994 nicht darauf an, ob die beiden am Vertragsschluß beteiligten Personen, darunter auch der für die Beklagte auftretende Rechtsanwalt G., die dort enthaltene Regelung in dem von der Klägerin behaupteten Sinne übereinstimmend verstanden hätten. Maßgeblich sei vielmehr allein, wie die Beklagte bei Genehmigung des Vertrages diesen habe verstehen dürfen und verstanden habe. Hiergegen wendet sich die Anschlußrevision der Klägerin mit Erfolg.
a) Zutreffend geht allerdings auch das Berufungsgericht davon aus, daß derjenige, der sich im rechtsgeschäftlichen Verkehr bei der Abgabe von Willenserklärungen eines Vertreters bedient oder das Handeln eines in seinem Namen auftretenden vollmachtlosen Vertreters nachträglich genehmigt, es im schutzwürdigen Interesse des Adressaten hinnehmen muß, sich nicht auf eigene Unkenntnis berufen zu können, weil ihm nach § 166 Abs. 1 BGB die Kenntnis des Vertreters als eigene zuzurechnen ist (Senat in BGHZ 55, 307, 311; auch BGHZ 83, 293, 296). Die Vorschriften der §§ 164 ff. BGB und insbesondere des § 166 BGB finden dabei auf die nachträgliche Genehmigung vollmachtlosen Handelns so Anwendung, als hätte der Vertreter bei Vertragsabschluß die erforderliche Vertretungsmacht gehabt (RGZ 68, 374, 376; BGHZ 83, 293, 296; Urteil vom 20. Januar 1989 - V ZR 137/87, BGHR BGB § 166 Abs. 1, Genehmigung 1 = NJW-RR 1989, 650 unter II 3; Urteil vom 8. November 1991 - V ZR 260/90, NJW 1992, 899 unter II 3).
b) Daß Rechtsanwalt G. hier als vollmachtloser Vertreter der Beklagten aufgetreten ist und die Beklagte sein Handeln gemäß § 184 BGB nachträglich genehmigt hat, kann nicht zweifelhaft sein. Aus den notariellen Vertragsurkunden ergibt sich, daß Rechtsanwalt G. bei Abschluß der Verträge ausdrücklich als vollmachtloser Vertreter der Beklagten in deren Namen gehandelt und als solcher die maßgeblichen Vertragserklärungen abgegeben hat. Dies entspricht auch dem eigenen Vorbringen der Beklagten. Soweit das Berufungsurteil die Feststellung enthält, nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten sei Rechtsanwalt G. weder ihr Verhandlungsführer noch ihr Vertreter gewesen, ist dies mißverständlich und kann sich nur auf das Fehlen einer Vollmacht – sei es für die Aufnahme von Verhandlungen, sei es für die Vorbereitung und den Abschluß von Verträgen – bezogen haben. Daß Rechtsanwalt G. auch nach Auffassung des Berufungsgerichts im Namen der Beklagten als deren vollmachtloser Vertreter tätig geworden ist, ergibt sich im übrigen aus den sonstigen Ausführungen des Berufungsurteils.
Die Genehmigung der Beklagten betrifft auch das vollmachtlose Handeln von Rechtsanwalt G.. Dies wird nicht etwa – wie die Beklagte meint – durch den in § 16 des Vertrages für sie vorgesehenen Genehmigungsvorbehalt in Frage gestellt. Daß dort die notarielle Vereinbarung unter den „Vorbehalt der Genehmigung durch den Aufsichtsrat und zusätzlich unter den Vorbehalt der Genehmigung durch die Treuhandanstalt” gestellt war, hatte – auch hinsichtlich des Gremiumsvorbehalts (vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 1995 - XI ZR 65/94, WM 1995, 695 unter II) – lediglich die Bedeutung einer Wiederholung des gesetzlichen Wirksamkeitserfordernisses. Damit lag gerade keine in das Belieben der Beklagten gestellte eigenständige Wollensbedingung im Sinne der Vorschriften der §§ 158 f. BGB vor, die von der Genehmigung vollmachtlosen Vertreterhandelns zu unterscheiden wäre. Vielmehr ist in dem Genehmigungsvorbehalt eine Rechtsbedingung zu sehen, für die §§ 182 f. BGB als Sondervorschriften gelten, während die Bestimmungen der §§ 158 f. BGB nicht, jedenfalls nicht unmittelbar anwendbar sind (vgl. Senatsurteil vom 25. September 1996 - VIII ZR 172/95, NJW 1996, 3338 unter II 2 c aa; Soergel/Wolf, BGB, 13. Aufl., § 158 Rdnr. 9 m.w.N.).
c) Die Zurechnung des Vertreterhandelns nach § 166 Abs. 1 BGB ist – wie das Berufungsgericht nicht verkennt – auch für die Auslegung eines Vertrages maßgeblich. Sowohl für den Inhalt der vom Vertreter abgegebenen Erklärung (BGH, Urteil vom 7. Dezember 1983 - IVa ZR 52/82, WM 1984, 240 = BB 1984, 564) als auch für den Inhalt der vom Vertreter empfangenen Erklärung (BGHZ 82, 219, 222) kommt es entscheidend auf die Willensrichtung und das Verständnis des Vertreters an. Dies gilt ebenso, wenn dem Berufungsgericht in der Annahme zu folgen ist, die von der Klägerin behauptete Vorstellung vom Inhalt des Vertrages sei vom Wortlaut der notariellen Vertragsurkunde nicht mehr gedeckt. Auch bei formgebundenen Rechtsgeschäften ist zu beachten, daß diese nicht in einem anderen als dem von den Beteiligten übereinstimmend gewollten Sinne ausgelegt werden können. Eine gemeinsame Vorstellung der Parteien vom Vertragsinhalt ist daher selbst dann maßgebend, wenn sie keinen Niederschlag in der beurkundeten Erklärung gefunden hat; ein daraus entstehender Beurkundungsmangel kann nach den entsprechenden gesetzlichen Vorschriften – hier nach § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG durch die erfolgte Abtretung der Geschäftsanteile – geheilt werden (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1981 - V ZR 51/80, NJW 1982, 31 unter II m.w.N.).
d) Auch der Umstand, daß der vorliegende Vertrag nach § 15 Abs. 3 GmbHG beurkundungsbedürftig war, kann hier – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – zu keiner anderen Beurteilung führen. Insbesondere ergibt sich aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 21. Februar 1986 (V ZR 126/84, NJW-RR 1986, 1019) keine Abweichung vom Grundsatz der Zurechnung nach § 166 BGB. Zwar kommt es nach dieser Entscheidung für die Auslegung von beurkundungsbedürftigen Verträgen wegen der Warn- und Schutzfunktion der Beurkundung nach § 313 BGB nicht darauf an, welchen Sinn der von einer Vertragspartei mit den Vorverhandlungen Beauftragte dort einer Vereinbarung beigelegt hat; maßgeblich ist nur, wie die an der Beurkundung beteiligten Vertragsparteien selbst die beurkundeten Erklärungen verstanden haben oder verstehen mußten (BGH aaO unter II 2). Im dort entschiedenen Fall war der Abschluß des beurkundungsbedürftigen Vertrages indes durch den in den vorangehenden Vorverhandlungen Vertretenen persönlich erfolgt, so daß sich dieser die Vorstellungen seines für die Vorverhandlung gewählten Vertreters nur anrechnen lassen mußte, wenn er dessen Vorstellung kannte. Der vorliegende Sachverhalt ist damit bereits deshalb nicht vergleichbar, weil der beurkundungsbedürftige Vertrag nicht durch die Beklagte selbst, sondern durch ihren – wenn auch vollmachtlosen – Vertreter abgeschlossen worden ist. Für den Fall, daß sich der Vertretene beim Vertragsabschluß eines Vertreters bedient, ist jedoch allein der Vertreter der vom Notar zu belehrende Beteiligte im Sinne von § 6 Abs. 2, § 17 BeurkG; die Warn- und Schutzfunktion der Beurkundung für die an dem Rechtsgeschäft Beteiligten – die für § 15 Abs. 3 GmbHG ohnehin ohne Bedeutung ist (Senatsurteil vom 25. September 1996 - VIII ZR 172/95, NJW 1996, 3338 unter II 1 d m.w.N.) – erreicht daher unmittelbar nur den Vertreter (BGHZ 125, 218, 225), ohne daß es dabei darauf ankommt, ob der Vertreter bevollmächtigt war oder vollmachtlos gehandelt hat. Im übrigen erstreckt sich die Beurkundungspflicht des Vertretergeschäfts nicht auf die Genehmigung vollmachtlosen Handelns durch den Vertretenen (§ 182 Abs. 2 BGB; klarstellend: BGHZ 125, 218, 220 ff.); die Genehmigung kann daher – anders als dies das Berufungsgericht offenbar annehmen will – dem Abschluß des beurkundungsbedürftigen Rechtsgeschäftes nicht gleichgestellt werden.
e) Ein die Zurechnung nach § 166 BGB ausschließender Umstand ergibt sich nicht daraus, daß die Beklagte möglicherweise davon, daß die Vertreter Gl. und G. tatsächlich in § 24 des Vertrages abweichend von dessen Wortlaut die Differenz des Umlaufvermögensüberschusses erfassen wollten, keine Kenntnis hatte und diese vom beurkundeten Wortlaut nicht mehr gedeckte Vereinbarung nicht genehmigen wollte. Denn auch insoweit erlangt der Grundsatz Geltung, wonach sich derjenige, der sich im Rechtsverkehr fremder Hilfe bedient und die Wirkung fremden Handelns für sich in Anspruch nimmt, auch die Nachteile in Kauf nehmen muß (Senat in BGHZ 40, 42, 45 m.w.N.). Der Inhalt der Genehmigung, einer empfangsbedürftigen Willenserklärung im Sinne des § 133 BGB, bestimmt sich regelmäßig aus der Sicht des Erklärungsempfängers, hier der Klägerin (für die Vollmacht: BGH, Urteil vom 9. Juli 1991 - XI ZR 218/90, NJW 1991, 3141 unter 2 a). Ist dieser redlich, so darf er – mangels gegenteiliger Anhaltspunkte – davon ausgehen, daß die Genehmigung das mit dem Vertreter tatsächlich Vereinbarte erfaßt, weil der Genehmigende den (tatsächlichen) Vertragsinhalt kennt oder zumindest kennen kann (vgl. auch BGHZ 125, 218, 225 zur Begründung, warum die Genehmigung anders als eine Vollmacht nicht genehmigungsbedürftig ist). Teilt der vollmachtlose Vertreter dem Genehmigenden dagegen ein zwischen ihm und dem Geschäftsgegner bestehendes, vom beurkundeten Wortlaut abweichendes Verständnis vom Inhalt des Vertrages nicht mit, so geht diese Unredlichkeit des Vertreters regelmäßig zu Lasten des Vertretenen (vgl. Senat in BGHZ 40, 42, 45).
2. Soweit das Berufungsgericht das Vorbringen der Klägerin unberücksichtigt gelassen hat und aus § 24 des Anteilskaufvertrages allein einen Anspruch auf das Liquidatordarlehen bis zu dessen Höchstbetrag von 5,8 Millionen DM als verlorenen Zuschuß für die Aufwendungen der Liquidation herleiten will, kann diese Auslegung daher bereits nach dem oben Ausgeführten keinen Bestand haben. Aber auch dann, wenn sich die Auslegung des Berufungsgerichts nach Durchführung einer Beweisaufnahme zu der entgegenstehenden Behauptung der Klägerin bestätigen sollte, hielte der vom Berufungsgericht ermittelte Anspruchsinhalt und die zu dessen Höhe vorgenommene Berechnung den Angriffen der Revision der Beklagten nicht in vollem Umfang stand.
a) Bedenken begegnet zunächst die Annahme des Berufungsgerichts, als „Aufwendungen der Liquidation” im Sinne des § 24 des Kaufvertrages seien „mangels einschränkender Auslegungskriterien” sämtliche Aufwendungen der Gesellschaft während der Liquidationsphase zu verstehen. Der Auslegung steht zwar nicht der Wortlaut des § 24 Abs. 2 des Kaufvertrages entgegen, der ausreichend weit gefaßt ist und daher ein vom Kammergericht angenommenes Verständnis vom Inhalt der Vertragsbestimmung zulassen würde. Die Begründung des Berufungsgerichts schöpft jedoch den unterbreiteten Sachverhalt nicht aus.
aa) Allerdings unterliegt die tatrichterliche Auslegung einer – wie hier zu beurteilenden – Individualvereinbarung im Revisionsverfahren nur der eingeschränkten Überprüfung darauf, ob die Auslegung unter Mißachtung der gesetzlichen Auslegungsregeln (§ 133, 157 BGB) und der zu ihnen entwickelten, allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätze vorgenommen worden ist (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 23. April 1997 - VIII ZR 212/96, NJW 1997, 1845 unter II 1 b m.w.N.). Danach ist der Tatrichter unter anderem gehalten, alle für die Auslegung erheblichen Umstände umfassend zu würdigen und seine Erwägungen in den Entscheidungsgründen nachvollziehbar darzulegen. Zumindest die wichtigsten für und gegen eine bestimmte Auslegung sprechenden Umstände sind in ihrer Bedeutung für das Auslegungsergebnis zu erörtern und gegeneinander abzuwägen. Ist die Begründung in diesem Sinne lückenhaft, so leidet die Entscheidung an einem rechtlichen Mangel (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteile vom 16. Oktober 1991 - VIII ZR 140/90, NJW 1992, 170 unter II 1 b aa, und vom 21. Oktober 1992 - VIII ZR 99/91, BGHR ZPO § 550 - Vertragsauslegung 4, jew. m.w.N.).
bb) Die Beklagte führt insoweit mit Recht an, das Berufungsgericht sei dem unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten nicht nachgegangen (§ 286 ZPO), wonach das Liquidationsdarlehen dazu bestimmt gewesen sei, nicht sämtliche Aufwendungen der Klägerin, sondern nur diejenigen auszugleichen, die durch die teilweise Stillegung des Geschäftsbetriebes bedingt gewesen seien. Dem ist die Klägerin nur insoweit entgegengetreten, als sie sich auf eine abweichende Verständigung am 25. April 1995 zwischen dem Geschäftsführer der Käuferin, Gl., und dem Liquidator der Klägerin, Rechtsanwalt G., berufen hat. Diese Abrede soll jedoch erst nach dem Zeitpunkt getroffen worden sein, zu dem die Beklagte der Klägerin das Liquidatordarlehen eingeräumt hatte. Die ursprüngliche Zweckrichtung des Liquidatordarlehens hat die Klägerin mithin nicht bestritten, so daß diese bei der Auslegung von § 24 des Anteilskaufvertrages nicht außer acht gelassen werden kann, wenn sich die von der Klägerin behauptete abweichende Vereinbarung über den Inhalt von § 24 des Anteilskaufvertrages nicht beweisen läßt. War die Verwendung des Liquidationsdarlehens nämlich in der angegebenen Weise beschränkt, hatte die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung ihrer sämtlichen Personalkosten aus dem Darlehen.
cc) Nicht berücksichtigt hat das Berufungsgericht in seiner Begründung ferner die zwischen den Parteien nicht streitige Tatsache, daß der Klägerin während der Liquidationsphase nicht nur Aufwendungen entstanden, sondern auch Einnahmen zugeflossen sind. Das könnte dafür sprechen, daß die Einnahmen der Gesellschaft vorrangig, zumindest aber neben dem Liquidatordarlehen dazu bestimmt sein sollten, die Aufwendungen der Klägerin zu bestreiten. Aus diesem Grunde ist es darüber hinaus zweifelhaft, ob die Mieteinnahmen, die nach Darstellung der Klägerin dem Liquidatorkonto zugeflossen sind, von der Beklagten nicht auch zur Zahlung von „Aufwendungen der Liquidation” herangezogen werden durften und deshalb zu Unrecht vom Berufungsgericht zum errechneten Spitzenbetrag hinzugerechnet wurden. Die Annahme, bis zum Wirksamwerden des notariellen Kaufvertrages hätten die Ausgaben der Gesellschaft allein von der Beklagten getragen und die Einnahmen der Gesellschaft der Klägerin zur Verfügung gestellt werden sollen, findet keine Stütze im Vertragstext und erscheint im übrigen eher fernliegend.
b) Bei seiner Berechnung des sich aus § 24 des Anteilskaufvertrages ergebenden Anspruches der Klägerin hat das Berufungsgericht ihren Vortrag zur Höhe ihrer ersatzfähigen Personalaufwendungen sowie der von der Beklagten vereinnahmten Mieterträge als unstreitig angesehen, weil die Beklagte diesen nicht ausreichend substantiiert bestritten habe. Auch dies beanstandet die Revision der Beklagten zu Recht.
aa) Die Anforderungen an die Substantiierungslast des Bestreitenden hängen davon ab, wie substantiiert der darlegungspflichtige Gegner – hier die Klägerin – vorgetragen hat. In der Regel genügt gegenüber einer Tatsachenbehauptung des darlegungspflichtigen Klägers das einfache Bestreiten des Beklagten. Eine darüber hinausgehende Substantiierungslast trifft die nicht beweisbelastete Partei nur ausnahmsweise dann, wenn der darlegungspflichtige Gegner außerhalb des von ihm darzulegenden Geschehensablaufs steht und die maßgebenden Tatsachen nicht näher kennt, während sie der anderen Partei bekannt und ihr ergänzende Angaben zuzumuten sind (st.Rspr., zuletzt Senatsurteil vom 3. Februar 1999 - VIII ZR 14/98, BGHR ZPO § 138 Abs. 3 - Bestreiten, Substantiiertes 4 = NJW 1999, 1404 unter II 2 b aa m.w.N.).
bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war ein einfaches Bestreiten der Beklagten hinsichtlich der von Klägerseite behaupteten Mieterträge in Höhe von 75.371,75 DM, die das Berufungsgericht als zu Unrecht von der Beklagten auf dem Liquidatorkonto vereinnahmt angesehen hat, ausreichend. Die Klägerin hatte sich nämlich ihrerseits mit der bloßen Aufzählung von Zahlungen begnügt, die als Mieterträge verbucht waren, und nicht im einzelnen dargelegt, um welche Mieterträge es sich handelte und weshalb diese allein der Klägerin gebührten. Jedenfalls solange die Klägerin insoweit untätig blieb, traf die Beklagte keine erhöhte Substantiierungslast.
cc) Einfaches Bestreiten war entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch insoweit ausreichend, als die Klägerin Personalkosten in Höhe von 1.607.309,90 DM behauptet hatte, die ihr während der Liquidationsphase als „Aufwendungen der Liquidation” entstanden sein sollen und die sie von ihrem laufenden Betriebskonto bezahlt haben will. Die Klägerin hat hierzu lediglich eine aus sich heraus kaum verständliche Aufstellung vorgelegt, obwohl die insoweit maßgeblichen Vorgänge in ihrem eigenen Wahrnehmungsbereich lagen und es ihr daher ohne weiteres zumutbar gewesen wäre, auf das Bestreiten der Beklagten hin nähere Einzelheiten vorzutragen.
B) Hauptantrag zu b) auf Zahlung von 118.114,20 DM (Lagerentgelt)
Die Revision der Beklagten, mit der diese sich gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 118.114,20 DM wendet, hatte gleichfalls Erfolg.
1. Allerdings ist die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin könne für die Lagerung der nach § 10 des Anteilskaufvertrages zu beseitigenden Reststoffe und Chemikalien im Januar 1996 dem Grunde nach eine Vergütung nach § 354 BGB verlangen, nicht zu beanstanden.
a) Das Berufungsgericht führt zutreffend aus, die Klägerin habe die Reststoffe und Chemikalien, die die Beklagte bis zum 31. Dezember 1995 entsorgen mußte, im Januar 1996 für diese aufbewahrt. Soweit die Beklagte geltend macht, sie sei nach dem Vertrag lediglich zur Entsorgung, nicht aber zu Lagerung der Reststoffe verpflichtet gewesen, steht dies der Anwendung des § 354 HGB nicht entgegen. Die Verpflichtung der Klägerin nach § 10 Abs. 3 des Anteilskaufvertrages zur unentgeltlichen Aufbewahrung der Reststoffe auf ihrem Betriebsgelände endete ausdrücklich mit dem Ablauf der zur Entsorgung vereinbarten Frist. Ab diesem Zeitpunkt war es Sache der Beklagten, im Zuge der Entsorgung die Reststoffe und Chemikalien an anderer Stelle unterzubringen. Damit erfolgte die weitere Aufbewahrung durch die Klägerin zumindest auch im Interesse der entsorgungs- und damit beseitigungspflichtigen Beklagten.
b) Die Anwendung der Vorschrift des § 354 HGB ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Klägerin möglicherweise zu einer den einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechenden, ordnungsgemäßen Aufbewahrung der Reststoffe nicht in der Lage gewesen ist. Allerdings kann die Tätigkeit des Kaufmannes nach § 354 HGB nur insoweit vergütet werden, als er auch nach einem zwischen den Beteiligten geschlossenen Vertrag einen Anspruch auf Vergütung hätte (Senatsurteil vom 4. April 1966 - VIII ZR 102/64, LM Nr. 5 zu § 354 HGB unter 2). Eine Tätigkeit, die gegen ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB verstößt und daher rechtsgeschäftlich nicht wirksam vereinbart werden kann, ist nicht nach § 354 HGB vergütungspflichtig (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 1961 - II ZR 186/59, LM Nr. 2 zu § 396 HGB unter I; Wagner in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, § 354 Rdnr. 6; Schlegelberger/Hefermehl, HGB, 5. Auflage, § 354 Rdnr. 12, jew. m.w.N.). Ob die lediglich kurzzeitige Verlängerung der Aufbewahrung von Reststoffen und Chemikalien in Sammelstellen, wie sie bis zum 31. Dezember 1995 von der Klägerin auf ihrem Gelände mit Duldung der zuständigen Behörde vorgenommenen worden ist, überhaupt eine verbotswidrige Tätigkeit im Sinne des § 134 BGB darstellte, kann aber dahingestellt bleiben. Denn soweit das Berufungsgericht der Beklagten die Berufung auf eine fehlende Berechtigung der Klägerin zur Einlagerung deshalb versagt hat, weil die Beklagte die Fortdauer der Lagerung der zu entsorgenden Güter bei der Klägerin zu verantworten hat, so ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat es ihrer vertraglichen Verpflichtung zuwider verabsäumt, die Reststoffe innerhalb der vereinbarten Frist zu entsorgen und vom Betriebsgelände der Klägerin zu entfernen. Dabei entlastet es sie nicht, daß die Klägerin nach Darstellung der Beklagten die Vornahme der Entsorgungsarbeiten verzögert haben soll, indem sie keine konkreten Vorschläge zur Durchführung der Entsorgung unterbreitet habe. Die Beklagte hat nämlich weder dargetan, daß sie hierdurch an einer fristgerechten Räumung gehindert gewesen wäre, noch daß die Entsorgungsfrist wegen der eingetretenen Verzögerung redlicherweise hätte verlängert werden müssen.
2. Zu Recht wendet sich die Revision der Beklagten jedoch gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Schätzung nach § 287 ZPO zur Höhe der von der Klägerin beanspruchten Vergütung.
Zwar ist das dem Tatrichter nach dieser Vorschrift eingeräumte Schätzungsermessen in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüfbar, ob die Ermittlung des Schadens oder – wie hier – der Höhe einer sonstigen Forderung im Sinne von Abs. 2 der Vorschrift auf grundsätzlich falschen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruht und ob wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen außer acht gelassen worden sind (BGH, Urteil vom 28. April 1992 - VI ZR 360/91, NJW-RR 1992, 1050, 1051; Urteil vom 17. April 1997 - X ZR 2/96, BGHR ZPO § 287 Abs. 1 - Schadensschätzung 1, jew. m.w.N.). Über bestrittene Ausgangs- bzw. Anknüpfungstatsachen hat das Gericht aber regelmäßig nach § 287 ZPO Beweis zu erheben (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 1988 - VI ZR 81/87, NJW 1988, 3016; Urteil vom 17. April 1997 aaO).
Dies hat das Kammergericht hier unterlassen. Auch insoweit ist es nämlich zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Beklagte das entsprechende Vorbringen der Klägerin nicht ausreichend substantiiert bestritten habe. Der Vortrag der Klägerin zur Menge der von der Beklagten nach dem 31. Dezember 1995 noch zu entsorgenden Reststoffe und Chemikalien sowie zur Größe der zu deren Lagerung erforderlichen Fläche beschränkte sich auf die Vorlage einer Rechnung sowie einer Planskizze. Diesem wenig substantiierten Vorbringen durfte die Beklagte mit einfachem Bestreiten entgegentreten.
III.
Das angegriffene Urteil konnte nach alledem in beiden Hauptanträgen keinen Bestand haben. Mangels Entscheidungsreife war die Sache daher zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Soweit das Berufungsgericht dabei auch über die Höhe der zuerkannten Zinsen zu entscheiden hat, wird es zu beachten haben, daß der in der angegriffenen Entscheidung herangezogene kaufmännische Zinssatz des § 352 HGB nur für beiderseitige Handelsgeschäfte gilt und daher im Verhältnis zu der nichtkaufmännischen Beklagten keine Anwendung finden kann.
Für den Fall, daß sich der Hauptantrag der Klägerin zu a) auf Zahlung von 1.809.000 DM auch nach erneuter Verhandlung nicht oder nur teilweise als unbegründet erweisen sollte, und damit wiederum über den Hilfsantrag der Klägerin auf Zahlung von 3.538.158,83 DM (Ersatz von Entsorgungskosten) zu entscheiden sein wird, sei im Hinblick auf die Angriffe der Revision und der Anschlußrevision gegen die Ausführungen in dem Berufungsurteil zu diesem Antrag vorsorglich auf folgendes hingewiesen:
1. Nicht zu beanstanden sein dürfte die Annahme des Berufungsgerichts, die Verpflichtung der Beklagten nach § 10 des Anteilskaufvertrages, die auf dem Betriebsgelände der Klägerin lagernden Reststoffe und Chemikalien zu entsorgen, habe, da die zu entsorgenden Reststoffe vertraglich eindeutig bestimmt gewesen seien, einer zeitlichen Begrenzung nicht unterlegen. Diese Auslegung läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Auf die hilfsweise vom Berufungsgericht herangezogene, von der Revision angegriffene Begründung, wonach die Entsorgungspflicht jedenfalls mit Wirkung zum 1. Juni 1994 eingetreten sei, weil die Genehmigung nach § 184 BGB zurückwirke und im übrigen auch nach § 1 des Vertrages die Geschäftsanteile der Klägerin rückwirkend zum 1. Juni 1994 verkauft worden seien, kommt es daher nicht mehr an.
2. Soweit das Berufungsgericht die von der Klägerin behaupteten Entsorgungskosten als unstreitig angesehen hat, dürfte es die Anforderungen an das Bestreiten durch die Beklagte überspannt haben. Die Klägerin hat sich zur Höhe der Aufwendungen, die ihr durch Beauftragung von Fremdfirmen mit der Entsorgung von Reststoffen und Chemikalien entstanden sein sollen, auf Rechnungen bezogen, die sie in Ablichtung zusammen mit einer Aufstellung zu den Akten gereicht hat. Dem ist die Beklagte unter anderem mit der Behauptung entgegengetreten, einer Vielzahl von Rechnungen sei nicht zu entnehmen, daß es sich hierbei um Kosten handele, die mit der Entsorgung der in § 10 angeführten Reststoffe und Chemikalien in Verbindung stünden, zumal die Entsorgung von Chemikalien von den Kosten der Altlastenbeseitigung zu unterscheiden sei, die nach § 17 des Vertrages eine abschließende Regelung erfahren habe. Dies reicht vorliegend aus, insbesondere traf die Beklagte keine gesteigerte Substantiierungslast. Die zu den Akten gereichten Rechnungsablichtungen enthalten nämlich teilweise nur pauschale, teilweise sogar unverständliche Hinweise auf nicht näher beschriebene Leistungen. Der Klägerin war es daher auch insoweit zumutbar, auf das Bestreiten der Beklagten hin näher vorzutragen.
3. Soweit das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung der von der Beklagten bereits aus den Mitteln des Liquidatordarlehens beglichenen Entsorgungskosten in Höhe von 991.354 DM aus § 10 des notariellen Abtretungsvertrages verneint hat, dürfte dies revisionsrechtlich unbedenklich sein. Die Ansicht der Anschlußrevision, diese Entsorgungskosten könnten von der Klägerin nach § 10 des notariellen Änderungsvertrages jedenfalls dann verlangt werden, wenn § 24 des notariellen Vertrages in dem von ihr behaupteten Sinne auszulegen sei, geht fehl. § 10 des Vertrages sieht eine Kostentragungspflicht der Beklagten für Entsorgungskosten vor. Soweit die Beklagte dieser Verpflichtung durch Zahlung von 991.354 DM nachgekommen ist, kann die Klägerin in keinem Fall eine nochmalige Zahlung verlangen, gleich ob dieser Betrag – wie vom Berufungsgericht in seiner Berechnung des nach § 24 noch zur Verfügung stehenden Darlehensbetrages angenommen – noch zugunsten der Klägerin hinzuzusetzen ist oder nicht.
4. Daß das Berufungsgericht die von der Klägerin vorgelegten Rechnungen einer Firma U. GmbH für Beratungsleistungen nicht als ersatzfähige Entsorgungsleistungen im Sinne von § 10 des Anteilskaufvertrages berücksichtigt hat, dürfte ebenfalls nicht zu beanstanden sein. Der hiergegen gerichtete Angriff der Anschlußrevision verkennt, daß das Berufungsgericht nicht in Zweifel gezogen hat, daß die Beratungsleistungen im Zusammenhang mit der Entsorgung von Reststoffen erfolgt sind. Das Berufungsgericht hat die Ersatzfähigkeit der Rechnungsbeträge jedoch deshalb verneint, weil nach § 10 des notariellen Vertrages die Beklagte lediglich die Kosten der reinen Entsorgungsleistungen und nicht auch Kosten der damit zusammenhängenden Beratungsleistungen schulde. Daß diese Auslegung des Berufungsgerichts im Rahmen einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung zu beanstanden wäre, zeigt die Anschlußrevision nicht auf.
5. Auch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, ein Ausgleich der von der Klägerin geltend gemachten Personalvorhaltekosten sei von der Beklagten nicht geschuldet, wendet sich die Anschlußrevision vergeblich. Das Kammergericht hat § 10 des notariellen Vertrages, der allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, dahingehend ausgelegt, daß nur die tatsächlichen Personalaufwendungen für Entsorgungsarbeiten, nicht aber eventuelle Vorhaltekosten für das bei den Entsorgungsarbeiten einzusetzende Personal von der Beklagten zu ersetzen sei. Diese Auslegung dürfte ebenfalls revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, im übrigen interessengerecht sein. Eine Verpflichtung, sich der bisherigen Fachkräfte des Unternehmens zu bedienen, bestand nämlich nach § 10 Abs. 3 Satz 1 des notariellen Vertrages nur für die Beklagte als Verkäuferin. Die Klägerin selbst war hierzu nicht verpflichtet, so daß sie die Arbeitskräfte nicht vorhalten mußte. Deshalb kann sie einen Ersatz der dafür entstandenen Kosten nicht verlangen.
Unterschriften
Dr. Deppert, Dr. Hübsch, Dr. Beyer, Ball, Dr. Leimert
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 29.03.2000 durch Zöller, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen