Mangel im Exposé, Maklerlohn futsch? – nicht unbedingt
Wird der Käufer bei Abschluss eines Grundstückskaufvertrages durch einen vollmachtlosen Vertreter vertreten, kommt es für seine Kenntnis vom Mangel auf den Zeitpunkt an, zu dem er den Vertrag genehmigt; solange er die Genehmigungserklärung nicht in den Verkehr gebracht hat, muss er neu gewonnene Kenntnisse über Mängel der Kaufsache gegen sich gelten lassen.
Bundesgerichtshof, Urteil v. 6.5.2022 – V ZR 282/20
Maklerprovision: Kenntnis des Mangels trotz Vorbehalt
Ein vom klagenden Makler auf Provisionszahlung in Anspruch genommener Bauträger verweigert die Zahlung der Maklerprovision in Höhe von 95.200 Euro, da er sich auf einen Mangel des Objektes beruft. Im Exposé des Maklers wurde angegeben, dass das bisher als Bürogebäude genutzte Objekt eine vermietbare Fläche von etwa 1.704 Quadratmetern hat.
Der Kauf wurde im April 2019 notariell beurkundet, wobei hier die Besonderheit bestand, dass für die Verkäuferpartei und den Bauträger vollmachtlose Vertreter auftraten. Eine Sachmängelhaftung war im Kaufvertrag ausgeschlossen. Nachdem der Verkäufer den Vertrag genehmigt hatte, ließ der Geschäftsführer der beklagten Bauträgerfirma seine Bewilligung sodann am 15.4.2019 notariell beglaubigen. Eine Zusendung an den Notar erfolgte aber noch nicht.
Am 6.5.2019 erfuhr der beklagte Bauträger, dass die Flächenangaben im Exposé nicht korrekt waren. Die Wohnfläche betrug nur 1.412 Quadratmeter und auch die Fläche des Hinterhofgebäudes war kleiner. Mit Schreiben vom 29.5.2019 übersandte die Bauträgerfirma dem beurkundenden Notar dennoch die notariell beglaubigte Genehmigung vom 15.4.2019. Dabei wies sie darauf hin, dass diese "ohne jedes Präjudiz und unbeschadet etwaiger Ansprüche gegenüber Verkäufer und / oder Makler unter anderem wegen unzutreffender Angaben zum Kaufgegenstand", deren Geltendmachung sie sich vorbehalte, erklärt worden sei.
Genehmigungserklärung: Zeitpunkt ist entscheidend
Der Käufer konnte sich nicht mehr auf diesen Mangel des Objektes berufen, da allein Zeitpunkt der Genehmigungserklärung des Käufers (hier: 29.5.2019) entscheidend ist. Der Makler hat einen Anspruch auf Provision und die Bauträgerfirma keinen Anspruch auf Schadensersatz, da sie vor der Übersendung der notariell beglaubigten Genehmigungserklärung an den beurkundenden Notar (29.5.2019) Kenntnis von den Flächenabweichungen erlangt hatte.
Da die beklagte Bauträgerfirma bei Abschluss des Grundstückskaufvertrags durch einen vollmachtlosen Vertreter vertreten wurde, ist für ihre Kenntnis vom Mangel der Zeitpunkt der abgegebenen Genehmigungserklärung (Mai 2019) erheblich. Der Bauträger hat in Kenntnis des Mangels den Vertrag zustande kommen lassen, obwohl er das hätte verhindern können, indem er die Genehmigung nicht abgesandt hätte und in neue Verhandlungen mit dem Verkäufer getreten wäre.
Der ausdrücklich erklärte Vorbehalt führt zu keinem anderen Ergebnis, denn der beklagte Bauträger wollte den Vertrag unzweifelhaft genehmigen und sich dabei lediglich bestimmte gesetzliche Rechte vorbehalten. Darin liegt keine Bedingung, die der Wirksamkeit der grundsätzlich bedingungsfeindlichen Genehmigungserklärung entgegenstehen könnte. Jedenfalls bewirkt der Vorbehalt nicht, dass der Kaufvertrag unwirksam ist und der Makler seine Provision nicht verdient.
Praxishinweis
Bei gestreckten Vertragsschlüssen kann die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten wegen solcher Mängel, die der Käufer bei Abgabe des Angebots nicht kannte, nicht als widersprüchliches Verhalten angesehen werden. Ausgeschlossen sind nur Mängel, die der Käufer bei Abgabe seines Angebots kannte. Das ist bei einem gestreckten Vertragsschluss die Übersendung der beglaubigten Genehmigung an den zuständigen Notar.
Der Beitrag erschien im Fachmagazin "Immobilienwirtschaft", Ausgabe 09/2022.
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