2.3.1 IDW PS 202 n. F. (08.2023) – Pflichten des Abschlussprüfers bei Aufnahme eines von ihm geprüften Abschlusses in einen Prospekt
Im Zusammenhang mit der Aufhebung und Ablösung des IDW PS 202 durch den ISA [DE] 720 (Revised) "Verantwortlichkeiten des Abschlussprüfers im Zusammenhang mit sonstigen Informationen" wird bzw. würde innerhalb der IDW Verlautbarungen ein "regulatorisches Vakuum" entstehen. Dieses Vakuum beruht auf dem Umstand, dass sonstige Informationen, die in Angebotsunterlagen, einschließlich Prospekten, enthalten sind, ausdrücklich aus dem sachlichen Anwendungsbereich des ISA [DE] 720 (Revised) ausgeklammert sind (Scope-out nach dessen Tz. 7 Buchst. b). Ungeachtet dessen verlangt das sog. Disassoziierungsgebot, d. h. die berufsrechtliche Pflicht, als Wirtschaftsprüfer nicht mit irreführenden Informationen in Verbindung gebracht zu werden, von den Berufsangehörigen, vor der Veröffentlichung eines Prospekts grundsätzlich (d. h. wenn und soweit ihnen bekannt und zugänglich) diejenigen sonstigen (Prospekt-)Informationen kritisch zu lesen, die neben dem oder den von ihnen geprüften (oder prüferisch durchgesehenen) Abschlüssen in dem Prospekt enthalten sein sollen. Daher ist der Entwurf einer Neufassung des IDW Prüfungsstandards: Pflichten des Abschlussprüfers bei Aufnahme eines von ihm geprüften Abschlusses in einen Prospekt (IDW PS 202 n. F. (08.2023)) notwendig. IDW PS 202 n. F. (08.2023) ist pflichtgemäß ab dem 1.11.2023 anzuwenden.
2.3.2 IDW PS 980 n. F. (09.2022) zur Prüfung von Compliance Management
Der HFA des IDW hat den umfassend überarbeiteten IDW Prüfungsstandard: Grundsätze ordnungsmäßiger Prüfung von Compliance Management Systemen (IDW PS 980 n. F. (09.2022)) zur Ausgestaltung und Prüfung von Compliance Management Systemen verabschiedet. Mit der Überarbeitung werden die Fortentwicklungen bei der Einrichtung (z. B. durch neue CMS-Rahmenkonzepte) sowie der Prüfung von Compliance Management Systemen (CMS) seit der Veröffentlichung des IDW PS 980 im Jahr 2011 und die zwischenzeitliche Rechtsprechung im Bereich "Compliance" berücksichtigt. Zudem waren Anpassungen an die neueren Verlautbarungen der IDW PS 980er-Reihe (u. a. Berücksichtigung des IASE 3000 (Revised), Fortentwicklung des Prüfungsvorgehens und der Berichterstattung sowie Entfall der Auftragsart einer sogenannten Konzeptionsprüfung) erforderlich.
2.3.3 Inhaltliche Prüfung mit begrenzter Sicherheit der nichtfinanziellen (Konzern-)Berichterstattung außerhalb der Abschlussprüfung (IDW EPS 991 (11.2022))
Die Prüfung durch einen unabhängigen Abschlussprüfer von Rechnungslegungsinformationen erhöht deren Glaubwürdigkeit und steigert damit auch deren Entscheidungsnützlichkeit. Der europäische Richtlinien- und der deutsche Gesetzgeber haben allerdings bislang die inhaltliche Prüfung der nichtfinanziellen Berichterstattung nicht verpflichtend durch einen Dritten, sondern lediglich vom Aufsichtsrat gefordert. Es besteht aber die Möglichkeit zur freiwilligen Hinzuziehung eines Abschlussprüfers. Zudem wird mit der in Kraft getretenen EU-Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie ab dem Geschäftsjahr 2024 nun eine inhaltliche Prüfung durch einen unabhängigen Dritten zumindest mit begrenzter Sicherheit verlangt. Das IDW hat auf diese Entwicklungen reagiert und den Entwurf IDW EPS 352 (08.2022) für die inhaltliche Prüfung der nichtfinanziellen (Konzern-)Erklärung im Rahmen der Abschlussprüfung sowie die Entwürfe IDW EPS 991 (11.2022)/IDW EPS 990 (11.2022) für die inhaltliche Prüfung mit begrenzter/hinreichender Sicherheit der nichtfinanziellen (Konzern-)Berichterstattung außerhalb der Abschlussprüfung veröffentlicht, die nach Entscheidung vom 15.8.2023 nicht mehr final verabschiedet, sondern unmittelbar zur Anwendung kommen sollen, da die anstehende Gesetzesänderung diese in wenigen Monaten obsolet werden lässt. Beide Standards bauen auf ISAE 3000 (Revised) "Assurance Engagements Other Than Audits or Reviews of Historical Financial Information" auf und stellen Besonderheiten bei der freiwilligen inhaltlichen Prüfung der nichtfinanziellen (Konzern-)Berichterstattung dar.
Der Aufbau der jeweiligen Vermerke orientiert sich in Abweichung von der bisherigen Praxis von Vermerken i. S. v. ISAE 3000 (Revised) an IDW PS 400 n. F. (10.2021), da auch im laufenden EER-Projekt des IAASB die Beispielvermerke an die Struktur der Bestätigungsvermerke in den ISA angenähert werden sollen. Analog zu IDW EPS 352 (08.2022) gibt der Wirtschaftsprüfer das Prüfungsurteil sowohl zur Übereinstimmung mit den einschlägigen deutschen gesetzlichen und europäischen Vorschriften als auch mit den von den gesetzlichen Vertretern des Unternehmens in der nichtfinanziellen Berichterstattung dargestellten konkretisierenden Kriterien ab.
2.3.4 Die Prüfung des Vergütungsberichts nach § 162 Abs. 3 AktG ((IDW PS 870) (09.2023))
Mit dem Ziel der Vereinheitlichung mit Begrifflichkeiten der neuen, vom IDW festgestellten deutschen Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung hat der HFA zunächst den IDW PS 870 (08.2021) verabschiedet. Die wesentlichen Änderungen der Überarbeitung im September 2023 betreffen die Verwendung der Begriffe "frei von wesentlichen falschen Darstellungen aufgrund von dolosen Handlungen oder Irrtümern" anstelle von "frei von wesentlichen – beabsichtigten oder unbeabsichtigten – falschen Darstellungen" und "Nutzer" anstelle von "Adressat" in Anlehnung an IDW PS 400 n. F. (10.2021), die Ergänzung der Definiti...