Dr. Ulf-Christian Dißars, Prof. Dr. Stefan Müller
Das sicherlich wichtigste Gesetz mit unmittelbaren Auswirkungen auf die steuerliche Gewinnermittlung war im Jahr 2024 das Wachstumschancengesetz v. 27.3.2024 (BGBl. 2024 I Nr. 108). Das Wachstumschancengesetz hat hierbei im Gesetzgebungsverfahren einiges an Bedeutung verloren. Die endgültige Gesetzesfassung stellt einen Kompromiss dar, der kaum in der Lage sein dürfte, die großen Probleme der deutschen Wirtschaft zu lösen. Hierfür bedürfte es eines großen Wurfs – jenseits ideologischer Gräben – doch dazu erscheint die derzeitige Bundesregierung nicht in der Lage. Positiv ist anzumerken, dass das größte Bürokratiemonster, das im Entwurf enthalten war, nämlich die Einführung einer innerdeutschen Meldepflicht für sogenannte Steuergestaltungen, zumindest vorerst nicht umgesetzt wurde. Von den umgesetzten Maßnahmen in der Endfassung des Wachstumschancengesetzes, die die steuerliche Gewinnermittlung betreffen, sind zu nennen:
Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG dürfen in der bisherigen Fassung des Gesetzes Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, den Gewinn nicht mindern, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 EUR übersteigen. Dieser Betrag von 35 EUR soll künftig auf 50 EUR angehoben werden. Die Änderung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG soll erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden sein, die nach dem 31.12.2023 beginnen (§ 52 Abs. 6 Satz 10 EStG). Angesichts der Preisentwicklung der letzten Jahre ist diese Anpassung sicherlich zwingend.
Nach der Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 3 EStG gilt grundsätzlich die 1 %-Regelung bei der privaten Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs. Handelt es sich um ein Fahrzeug, dass keine CO2-Emissionen hat (reine Elektrofahrzeuge, inkl. Brennstoffzellenfahrzeuge) werden nur 25 % der Bemessungsgrundlage (Bruttolistenpreis) und nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG (Fahrtenbuchregelung) nur 1/4 der Anschaffungskosten oder vergleichbarer Aufwendungen berücksichtigt. Dies gilt bislang jedoch nur, wenn der Bruttolistenpreis des Kraftfahrzeugs nicht mehr als 60.000 EUR beträgt. Dieser Höchstbetrag soll auf 70.000 EUR (lt. Regierungsentwurf noch 80.000 EUR) angehoben werden. Dies gilt für Anschaffungen nach dem 31.12.2023.
Änderungen im Bereich der AfA (§ 7 EStG)
Gleich mehrere Gesetzesänderungen sind bei den Abschreibungen vorgesehen. Auch diese sollen dazu dienen, dass angeschaffte, hergestellte oder eingelegte Wirtschaftsgüter schneller abgeschrieben werden können.
Befristete Wiedereinführung der degressiven AfA (§ 7 Abs. 2 Satz 1 EStG)
Nachdem für die Jahre 2020 bis 2022 aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie vorübergehend die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens geschaffen wurde, soll die Inanspruchnahme der degressiven Abschreibung nunmehr wiederum vorübergehend ermöglicht werden. Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 EStG kann die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 31.3.2024 und vor dem 1.1.2025 angeschafft oder hergestellt worden sind, statt der linearen Abschreibung in Anspruch genommen werden. Der dabei anzuwendende Prozentsatz darf höchstens das Zweifache des bei der linearen Abschreibung in Betracht kommenden Prozentsatzes betragen und 20 % nicht übersteigen.
Befristete degressive AfA für Wohngebäude (§ 7 Abs. 5a EStG)
Zur Bekämpfung des Wohnraummangels soll eine degressive AfA für Gebäude befristet ermöglicht werden. Diese degressive Abschreibung soll nur für Wohngebäude zulässig sein, die in Deutschland oder der EU bzw. dem EWR gelegen sind. Die Herstellung des Wohngebäudes muss nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 begonnen werden. Maßgeblich ist die Baubeginnsanzeige. Sollten landesrechtlich im Einzelfall keine Baubeginnsanzeigen vorgeschrieben sein, hat der Steuerpflichtige zu erklären, dass er den Baubeginn gegenüber der zuständigen Baubehörde freiwillig angezeigt hat (§ 7 Abs. 5a Satz 3 EStG). Im Fall der Anschaffung ist die Inanspruchnahme der degressiven AfA nur dann möglich, wenn der maßgebliche Vertrag nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 rechtswirksam abgeschlossen wird.
Die AfA in fallenden Jahresbeträgen kann nach einem unveränderlichen Prozentsatz in Höhe von 5 % vom jeweiligen Buchwert (Restwert) vorgenommen werden (§ 7 Abs. 5a Satz 4 EStG). Anders als bei der degressiven AfA nach § 7 Abs 5 EStG ist für die hier geregelte geometrisch-degressive Abschreibung § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG anzuwenden (§ 7 Abs. 5a Satz 5 EStG). Das bedeutet, dass die degressive Absetzung nach § 7 Abs 5a EStG im Jahr der Anschaffung oder Herstellung zeitanteilig zu erfolgen hat. Solange die AfA in fallenden Jahresbeträgen nach § 7 Abs 5a EStG vorgenommen wird, sind Absetzungen für au...