Kommentar

Werden aufgrund einer Außenprüfung oder Steuerfahndungsprüfung Lohnsteuer- und Sozialversicherungsbeiträge nachgefordert, weil der Arbeitgeber an seine Beschäftigten Schwarzlöhne gezahlt hat, stellt sich die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Nachzahlungen in der Bilanz zu erfassen sind. Da die Passivierungsgrundsätze für Sozialabgaben und hinterzogener Lohnsteuer voneinander abweichen , können sich – trotz gleicher Ausgangslage – unterschiedliche Bilanzierungszeitpunkte ergeben. Die Verpflichtung zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen ist eine dem Grunde und der Höhe nach gewisse Verbindlichkeit , da der Arbeitgeber Schuldner des Gesamtbeitrags ist. Bilanziell muß diese Verpflichtung als sonstige Verbindlichkeit ausgewiesen werden, und zwar nicht erst zu dem Zeitpunkt, in dem die Hinterziehung aufgedeckt wird, sondern rückwirkend für das jeweilige Entstehungsjahr der Schuld.

Für die hinterzogene Lohnsteuer ist der Arbeitgeber dagegen nicht unmittelbar der Schuldner. Es besteht lediglich die Möglichkeit, ihn für diese Beträge in Haftung zu nehmen. Das Finanzamt kann sich die Lohnsteuer aber auch beim Arbeitnehmer selbst oder – im Fall einer GmbH – beim Geschäftsführer des Unternehmens holen. Aufgrund dieser Auswahlmöglichkeit des Finanzamts liegt bei der betroffenen Firma eine ungewisse Verbindlichkeit vor, für die nach § 249 HGB eine Rückstellung ab dem Zeitpunkt gebildet werden muß, ab welchem der Schuldner mit seiner Inanspruchnahme ernsthaft zu rechnen hat. Dies bedeutet, daß die Rückstellung erst zum Ende des Wirtschaftsjahres eingestellt werden darf, in dem die Prüfungs- oder Fahndungsmaßnahme begonnen wurde, z. B. Wirtschaftsjahr = Kalenderjahr: Beginn Fahndungsprüfung am 1. 6. 1996 für 1990 bis 1995; Rückstellung für hinterzogene Lohnsteuerbeträge erstmals zum 31. 12. 1996 ( GmbH , Haftung , Lohnsteuer ).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 16.02.1996, I R 73/95

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