Prof. Dr. Stefan Müller, Laura Peters
Rz. 127
Nach § 335 Abs. 1 Satz 1 HGB leitet das Bundesamt für Justiz gegen die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs einer Kapitalgesellschaft, die die in § 325 HGB niedergelegten Offenlegungsverpflichtungen (oder die in § 325a HGB vorgeschriebene Offenlegung von Rechnungslegungsunterlagen) nicht befolgen, wegen des pflichtwidrigen Unterlassens der rechtzeitigen Offenlegung ein Ordnungsgeldverfahren ein. Dabei werden Verstöße gegen die Offenlegungspflichten von Amts wegen und nicht nur auf Antrag hin verfolgt.
Rz. 128
Nach § 335 Abs. 1 Satz 2 HGB kann die Ordnungsgeldverfügung auch gegen die Gesellschaft selbst gerichtet werden.
Rz. 129
Zunächst wird den Mitgliedern des vertretungsberechtigten Organs der Kapitalgesellschaft bzw. der Gesellschaft selbst aufgegeben, innerhalb einer Frist von sechs Wochen vom Zugang der Androhung an ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen (oder gegen die Androhung Einspruch einzulegen). Erfolgt die Offenlegung sodann innerhalb dieser Frist, entfällt das angedrohte Ordnungsgeld in voller Höhe. Bereits mit der Androhungsverfügung werden dem Offenlegungspflichtigen allerdings die Verfahrenskosten auferlegt, die er unabhängig davon, ob es letztlich zur Festsetzung eines Ordnungsgeldes kommt, zu entrichten hat.
Rz. 130
Nach fruchtlosem Ablauf der 6-wöchigen Frist kann ein Ordnungsgeld zwischen 2.500 EUR und 25.000 EUR (für kapitalmarktorientierte Unternehmen nach § 335 Abs. 1a HGB auch deutlich höher, Rz. 257) festgesetzt werden. Zudem wird die ursprüngliche Verfügung unter Androhung eines erneuten, gegebenenfalls erhöhten Ordnungsgeldes wiederholt. Ein "Freikaufen" von der Pflicht zur Offenlegung ist daher nicht möglich. Vielmehr können Ordnungsgeldfestsetzungen so lange erfolgen, bis der Offenlegungspflichtige seiner Verpflichtung nachgekommen ist.
Rz. 131
Erfolgt die Offenlegung hingegen noch zwischen dem Fristablauf und der Festsetzung des Ordnungsgeldes, wird nur ein reduziertes Ordnungsgeld erhoben. Im Nachgang zur Einführung der Kleinstkapitalgesellschaften durch das MicroBilG hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Änderung des Ordnungsgeldverfahrens nach § 335 HGB eine Abstufung der Mindestordnungsgelder entsprechend der Größenklassen vorgenommen. Für solche Kleinstkapitalgesellschaften, die ihre Rechnungslegungsunterlagen lediglich beim Bundesanzeiger hinterlegen, gilt nunmehr ein Mindestordnungsgeld von nur noch 500 EUR. Wählt die Kleinstkapitalgesellschaft hingegen die Möglichkeit der Offenlegung im Bundesanzeiger (und handelt damit wie eine kleine Kapitalgesellschaft), beträgt für sie das Mindestordnungsgeld wie bei den kleinen Kapitalgesellschaften 1.000 EUR. Für mittelgroße und große Kapitalgesellschaften gilt weiterhin das Mindestordnungsgeld in Höhe von 2.500 EUR. Erfolgt die Offenlegung nicht vor der Festsetzung des Ordnungsgeldes, findet grundsätzlich auch keine Reduzierung des Mindestbetrages statt. Allerdings hat das Bundesamt für Justiz bei lediglich geringfügiger Überschreitung – bis zu einer Woche – geringere Ordnungsgelder festzusetzen.
Rz. 132
Gegen die Festsetzung des Ordnungsgeldes kann der Offenlegungspflichtige Einspruch einlegen.
War jener unverschuldet daran gehindert, innerhalb der 6-wöchigen Nachfrist Einspruch einzulegen oder seiner Offenlegungsverpflichtung noch nachzukommen, besteht nunmehr die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Der Antrag ist binnen einer Frist von 2 Wochen nach Wegfall des Hindernisses schriftlich beim Bundesamt für Justiz zu stellen. Wird dem Antrag stattgegeben, setzt das Bundesamt kein Ordnungsgeld fest und gewährt eine erneute Frist von 6 Wochen, um die versäumte Handlung nachzuholen.
Verwirft das Bundesamt für Justiz einen Einspruch gegen seine Ordnungsgeldentscheidung oder lehnt es einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab, kann dagegen Beschwerde eingelegt werden, über die, sofern das Bundesamt für Justiz dieser nicht abhilft, das Landgericht Bonn entscheidet. Der Gesetzgeber hat nunmehr zugleich den Instanzenzug verlängert, indem er gegen die Entscheidung des Landgerichts Bonn eine Rechtsbeschwerde zum Oberlandesgericht eingeführt hat. Allerdings muss das Landgericht Bonn diese zunächst in seiner Entscheidung wegen grundsätzlicher Bedeutung oder zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsprechung zulassen.